Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Mit Schriftsatz ON 69 gab der Vater bekannt, daß er mit seiner Vertretung im Pflegschaftsverfahren zwei Rechtsanwälte bevollmächtigt habe. Er ersuchte, die Bevollmächtigung beider Rechtsanwälte zur Kenntnis zu nehmen, und stellte den Antrag, sämtliche Zustellungen an beide ausgewiesene Rechtsanwälte vorzunehmen.
Das Erstgericht sprach mit Beschluß ON 71 aus, die Bevollmächtigung der beiden Rechtsanwälte zur Kenntnis zu nehmen, und wies den Antrag, es mögen künftige Zustellungen an beide ausgewiesene Rechtsanwälte vorgenommen werden, ab. Es stehe der Verfahrenspartei frei, sich zur Vertretung vor Gericht beliebig vieler Anwälte zu bedienen. Es könne ihr aber nicht gestattet werden, durch Beiziehung mehrerer Rechtsvertreter den Verfahrensaufwand zu vergrößern, weshalb nur Anspruch auf Zustellung gerichtlicher Entscheidung an einen Vertreter bestehe.
Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Gericht zweiter Instanz dem Rekurs des Vaters nicht Folge und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Die hier strittige Frage, ob im Falle einer Bevollmächtigung mehrerer Rechtsvertreter sämtliche Zustellungen an jeden Bevollmächtigten erfolgen müßten, finde weder in der Zivilprozeßordnung noch im Verfahren außer Streitsachen noch auch im Zustellgesetz eine ausdrückliche gesetzliche Regelung. Grundsätzlich habe aber jede Partei nur Anspruch auf einmalige Zustellung, wobei es dann dem Gericht überlassen bleibe, an welchen der mehreren Prozeßbevollmächtigten diese zu bewirken sei. Dadurch werde nicht in Rechte der Parteien eingegriffen, weil ohnedies der Lauf der Rechtsmittelfrist nur durch die erste Zustellung bestimmt werde. Die mehrfache Zustellung an verschiedene Prozeßbevollmächtigte sei geeignet, Rechtsunsicherheit zu schaffen, weil etwa bei Zustellungen und darauf folgender gesonderter Rechtsmittelerhebung am selben Tag die Frage geklärt werden müsse, welcher der beiden Rekurse unter Bedachtnahme auf die Einmaligkeit des Rechtsmittels vom Gericht zurückzuweisen sei.
Der dagegen erhobene (nur von einem der beiden Rechtsanwälte gefertigte) Revisionsrekurs des Vaters ist zulässig.
Rechtliche Beurteilung
§ 87 Abs.2 ZPO, enthalten im zweiten Titel „Zustellungen“ des zweiten Abschnitts des ersten Teils der Zivilprozeßordnung, normiert die Unzulässigkeit abgesonderter Rechtsmittel gegen Anordnungen nach diesem Titel. Bei der somit vorweg zu klärenden Frage der Zulässigkeit des sich gegen einen die Zustellung betreffenden Beschluß des Erstgerichtes richtenden Rechtsmittels des Vaters folgt der erkennende Senat der Ansicht von Walter/Mayer, Das österreichische Zustellrecht 162 f, daß mit den im Gesetz genannten „Anordnungen nach diesem Titel“ alle die Zustellung betreffenden Verfügungen gemeint sind, wie sie üblicherweise in der „Zustellverfügung“ (ZV) gemäß § 89 ZPO zusammengefaßt werden. Es handelt sich dabei um Anordnungen des Richters, die in Gemäßheit der §§ 123 ff Geo durch einen Beisatz zur Urschrift den Empfänger des Geschäftsstücks sowie den Weg und die Art der Zustellung bestimmen. Darüber hinausgehende Entscheidungen des Gerichts, wie etwa die Abweisung eines Antrags auf Zustellung von Beschlußausfertigungen, sind von der gesetzlichen Rechtsmittelbeschränkung nicht erfaßt, weil andernfalls Verfahrensbeteiligten die Rechtsmittelmöglichkeit auch gegen die in der Sache selbst ergehenden Beschlüsse abgeschnitten werden könnte. Nichts anderes kann nach dem Außerstreitgesetz gelten, dessen § 6 auf die Zustellregel des Streitverfahrens verweist.
Dem Revisionsrekurs kommt jedoch keine Berechtigung zu.
Auch im Außerstreitverfahren haben Zustellungen, wenn eine Partei einen Bevollmächtigten bestellt hat, an diesen zu erfolgen (EvBl 1964/329; NZ 1967, 77; EFSlg 34.838; 3 Ob 516/95 uva). War bereits der erste Zustellvorgang gesetzmäßig und wirksam, dann werden die dadurch eingetretenen Zustellwirkungen durch eine spätere neuerliche Zustellung nicht mehr berührt (JBl 1979, 210; NZ 1990, 451 ua). Ist eine Partei durch mehrere Bevollmächtigte vertreten, so beginnt ein von der Zustellung abhängiger Fristenlauf mit der zeitlich frühesten Zustellung an einen von ihnen (SZ 41/113; AnwBl 1992, 673; 6 Ob 1559/92). Die dargestellte Rechtsprechung hatte allerdings nie einen mit dem hier zur Beurteilung anstehenden Sachverhalt vergleichbaren Fall zur Grundlage, sondern hatte immer nur die Frage der Rechtzeitigkeit von Rechtsmitteln dann zu beurteilen, wenn vor Wirksamkeit des Widerrufs der Vollmacht des ersten Vertreters die Bevollmächtigung eines neuen Rechtsanwaltes angezeigt wurde.
Im vorliegenden Fall handelt es sich nicht um die kurzfristige Kollision des Wirkungskreises zweier Machthaber, sondern um die grundsätzliche Frage, ob in einem Verfahren regelmäßig an zwei (oder mehrere) gewillkürte Vertreter zugestellt werden kann. Dabei ist vorerst zu beachten, daß - wie das Gericht zweiter Instanz zutreffend dargestellt hat - die in der Rechtsprechung bisher erarbeiteten Grundsätze dann nicht mehr anwendbar wären, wenn die Zustellung an die beiden gewillkürten Vertreter am selben Tag erfolgt. Auch käme es zu einer Mehrbelastung der Gerichte, die vom Gesetzgeber nicht gewünscht ist, wie sich aus § 9 Abs.2 ZustG ergibt. Nach dessen zweitem Satz ist die Zustellung an eine Person, welche mehrere Zustellbevollmächtigte hat, nämlich schon dann bewirkt, wenn sie auch nur an einen von ihnen vorgenommen worden ist. Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers besteht daher keine Verpflichtung des Gerichts, an jeden Bevollmächtigten gesondert zuzustellen; es ist vielmehr ausschließlich Sache der mehreren Bevollmächtigten, das Einvernehmen untereinander herzustellen. Ebenso fällt es, da gemäß § 97 Abs.4 ZPO die Zweifelsregel des § 9 Abs.3 ZustG im gerichtlichen Verfahren nicht gilt, in ihren Aufgabenkreis, dem Gericht mitzuteilen, an wen die Zustellung bewirkt werden soll.
Es ist daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.
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