Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Ehe der Eltern wurde mit Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg vom 9.4.1986, 4 Cg 82/86, aus gleichteiligem Verschulden rechtskräftig geschieden. Die beiden Söhne besuchten in Wien den 2. Jahrgang einer Privatschule für Datenverarbeitungskaufleute, der mj. Alexander mit gutem, der mj. Walter mit mäßigem bis schlechtem Erfolg. Offenbar intellektuell bedingte Reifungsmängel setzten den mj. Walter außerstande, sich den zum Erreichen des Klassenzieles notwendigen Wissensstand im Unterrichtsgegenstand Datenverarbeitung anzueignen. Er blieb daher während des laufenden Schuljahres mehrmals unentschuldigt der Schule fern; einmal wurde er von seinem Vater in einem Spielautomatenlokal im Wiener Prater angetroffen. Erst eine Benachrichtigung des Vaters vom schlechten Schulerfolg Walters bewirkte, daß dieser nun den Ernst und die Zielstrebigkeit aufbrachte, um wenigstens noch zu versuchen, das Klassenziel des 2. Jahrganges zu erreichen. Beide Elternteile sind sich auch darüber klar geworden, daß für Walter nun eine Berufswahl ansteht, die seinen mehr aufs Praktische ausgerichteten Neigungen entspricht. Nach der Scheidung der Ehe blieb der mj. Alexander gemeinsam mit dem Vater in der seinerzeitigen Ehewohnung. Die Großmutter führt den Haushalt. Der mj. Walter, der erklärte, bei der Mutter bleiben zu wollen, zog mit dieser in das Haus Pyhra 14. Die Behauptung der Mutter, den mj. Walter beim Arbeitsamt in Oberpullendorf für einen Lehrplatz als Installateur, allenfalls Kraftfahrzeugmechaniker, angemeldet zu haben, stellte sich als unrichtig heraus. In der Nacht vom 31.5. auf den 1.6.1986 besuchte der mj. Walter einen Heurigen in Niederleis. Dort warf er offenbar unter Alkoholeinwirkung einen Tisch mit Gläsern um und beschädigte schließlich das Blaulicht eines herbeigerufenen Einsatzfahrzeuges der Gendarmerie. Eine Strafanzeige wegen Verdachtes des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach § 126 StGB wird erstattet werden.
Der Vater beantragte, ihm das Sorgerecht für beide Kinder, die Mutter beantragte, ihr das Sorgerecht für den mj. Walter zuzuerkennen.
Das Erstgericht übertrug die aus § 144 ABGB hervorgehenden Rechte und Pflichten für beide Söhne dem Vater. Der mj. Walter sei in eine Entwicklungsphase eingetreten, in der die gestellten Erziehungsaufgaben erfahrungsgemäß eher vom Vater als von der Mutter gelöst und bewältigt werden könnten. Die Mutter erscheine hiezu weniger geeignet, weil sie in allgemeinen Belangen Nachsicht gegenüber ihrem Sohn übe und dabei so weit gegangen sei, vor dem Gericht Behauptungen über eine schon getroffene Berufswahl Walters aufzustellen, die sich als unrichtig erwiesen hätten; sie habe auch den Vorfall vom 31.5. auf den 1.6.1986 verschwiegen, um eine nachteilige Beurteilung ihrer Erziehungsfähigkeiten zu vermeiden. Hiezu komme, daß das Gericht vom mj. Walter den Eindruck gewonnen habe, seine eigenen Fähigkeiten und Begabungen nicht in der Weise einschätzen zu können, um eine für seinen künftigen Lebensweg entscheidende Berufswahl selbständig zu treffen. Der Vater habe mehr als ausreichendes Verständnis für die Reifungsproblematik seines Sohnes gezeigt, sodaß das Gericht überzeugt sei, er werde den für seinen Sohn Walter bestmöglichen Weg suchen und finden. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Mutter, mit dem sie die Übertragung des Sorgerechtes für den mj. Walter anstrebte, nicht Folge. Es billigte die Erwägungen des Erstgerichtes. Die Fakten, die im erstinstanzlichen Beschluß angeführt seien, würden von der Mutter nicht bekämpft. Sie führe lediglich aus, daß sie in geordneten Wohnverhältnissen lebe und dem Minderjährigen jenes Heim bieten könne, das er sich selber wünsche. Es fehlten aber jegliche Anhaltspunkte und Behauptungen dafür, daß beim Vater keine geordneten Wohnverhältnisse oder schlechtere als bei ihr vorliegen sollten, zumal der minderjährige Walter in den Haushalt zurückkehren solle, in dem er bis zur Ehescheidung aufgewachsen sei.
Rechtliche Beurteilung
Der unter Wiederholung des Rekursantrages erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der Mutter ist unzulässig. Die vom Gericht nach § 177 ABGB gemäß den gegebenen Umständen getroffene Entscheidung, welchem Elternteil künftig alle aus den familienrechtlichen Beziehungen zwischen Eltern und mj. Kindern erfließenden rein persönlichen Rechte und Pflichten allein zustehen sollen, kann, wurde das Wohl des pflegebefohlenen Kindes nicht außerachtgelassen, nicht offenbar gesetzwidrig sein (EFSlg.47.225, 44.655 bis 44.657 uva). Wenn auch einem mündigen Kind soweit als möglich nicht gegen seinen Willen die Erziehung durch einen Elternteil aufgezwungen werden soll (EFSlg.45.890), ist im Gesetz nicht angeordnet, daß eine solche Entscheidung nicht gegen den Willen des minderjährigen Kindes in seinem wohlverstandenen Interesse getroffen werden könnte. Der Wunsch des Kindes kann insbesondere dann nicht allein den Ausschlag geben, wenn seine Erfüllung der weiteren Entwicklung des Kindes abträglich wäre. Die Nichteinholung eines von der Revisionsrekurswerberin in den Vorinstanzen gar nicht beantragten jugendpsychologischen Gutachtens stellt weder eine Nullität dar noch einen Verfahrensverstoß, dem das Gewicht einer Nullität beizumessen wäre (EFSlg.47.246, 42.390 ua). Soweit die Mutter erstmals im Revisionsrekurs ausführt, daß der Vater aggressiv sei, dem Alkohol zuspreche, seine Erziehungsaufgaben nie ernst genommen habe und sein Antrag nur ein Revancheakt sei, das Kind habe schon in Asparn an der Zaya eine Lehre gefunden, handelt es sich um im Verfahren über einen außerordentlichen Revisionsrekurs nach § 16 AußStrG unzulässige Neuerungen (EFSlg.47.205, 44.637, 42.326 uva).
Der Revisionsrekurs ist zurückzuweisen.
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