Spruch:
Den Revisionen wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Prozeßkosten.
Text
Begründung
Am 13. Juli 1975 verstarb Alfred H***, der Ehemann der Erstklägerin und Vater der damals noch minderjährigen Zweitklägerin, nach einem Unfall, der sich auf der Halleiner Landesstraße ereignet hatte. Wenige Tage später erteilte die Erstklägerin im eigenen Namen und als Vormund der Zweitklägerin dem Beklagten Vollmacht. Am 12. Juli 1977 brachte der Beklagte namens der Klägerinnen gegen den Unfallsgegner, den norwegischen Staatsbürger Darre B***, und gegen den V*** DER V*** Ö***
beim Landesgericht Salzburg eine Schadenersatzklage ein. Die dortigen beklagten Parteien anerkannten die Ansprüche dem Grunde nach, bestritten aber deren Höhe. Der V*** DER
V*** Ö*** brachte unter anderem vor,
seine Haftung sei auf Grund der Bestimmungen des Kraftfahrzeuggesetzes beschränkt. Dieser Einwendung trug der Beklagte Rechnung; er modifizierte in der Tagsatzung vom 17. Jänner 1978 den Urteilsantrag dahin, daß die Haftung des V*** DER V*** Ö*** entsprechend
dem Kraftfahrgesetz 1967 beschränkt sei. Mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 10. Juli 1980, 1 Cg 246/77-41, wurden Darre B*** und der V*** DER V***
Ö*** zur ungeteilten Hand unter anderem schuldig erkannt, der Erstklägerin den Betrag von S 110.292,43 s.A. und ab 1. Jänner 1978 für die Dauer des Witwenstandes, längstens jedoch bis 2. Mai 2004, eine monatliche Rente von S 4.889,72 sowie der Zweitklägerin den Betrag von S 53.112,96 und für denselben Zeitraum, allerdings begrenzt mit ihrer Selbsterhaltungsfähigkeit, eine monatliche Rente von S 2.345,06 zu bezahlen. Es wurde ausgesprochen, daß die Haftung des V*** DER V*** Ö***
entsprechend dem Kraftfahrzeuggesetz 1967 beschränkt sei. Dieses Urteil wurde rechtskräftig.
Mit Schreiben vom 2. September 1982 teilte die Haftpflichtversicherung des Darre B*** der Erstklägerin mit, daß die Zahlungen an sie und an ihre Tochter die gesetzliche Pflichtdeckungssumme von S 1 Mill. überschritten hätten. Mit Schreiben vom 12. November 1982 ersuchte der Beklagte das norwegische Anwaltsbüro N*** UND P*** um die Vertretung der Klägerinnen in Norwegen; er ersuchte um Übersendung entsprechender Vollmachten und um Mitteilung, welche Unterlagen zur Exekutionsführung gegen Darre B*** in Norwegen benötigt würden. Mit Schreiben vom 10. Dezember 1982 und vom 15. Februar 1983 teilte das norwegische Anwaltsbüro mit, daß auf Grund des österreichischen Urteiles in Norwegen eine Zwangsvollstreckung nicht möglich sei, die Möglichkeiten, dasselbe Resultat wie im österreichischen Urteil zu erreichen, seien aber überwältigend; die Klage gegen Darre B*** sei mit heutigem Tag eingebracht worden. In diesem Verfahren wendete Darre B*** Mitverschulden des Alfred H*** sowie Verjährung ein, er bekämpfte auch die Höhe der geltend gemachten Ansprüche. Dieses Begehren wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Strömmen vom 19. Oktober 1983, bestätigt mit Urteil des Schwurgerichtes Eidsivating, wegen Verjährung der Ansprüche abgewiesen. Der Beklagte besprach nach Erhalt der Berufungsentscheidung die Lage mit der Erstklägerin; er erklärte ihr, es sei ihrer Entscheidung überlassen, ob das Oberste Gericht in Norwegen angerufen werden solle. Die Erstklägerin lehnte zunächst ein weiteres Rechtsmittel ab, in der Folge wandte sie sich aber telefonisch direkt an das norwegische Anwaltsbüro und beauftragte dieses mit der Einbringung eines Rechtsmittels. Ihr wurde aber erklärt, es sei eine schriftliche Auftragsbestätigung durch den Beklagten gewünscht. Am 25. März 1985 ersuchte die Erstklägerin den Beklagten, die gewünschte Auftragsbestätigung abzuschicken. Da dieses Schreiben nicht in Norwegen einlangte, unterblieb die Einbringung eines weiteren Rechtsmittels, ein Wiedereinsetzungsantrag wurde abgewiesen. Die Erstklägerin begehrt den Zuspruch einer monatlichen Rente von S 4.889,42 vom 1. Oktober 1982 bis 1. Mai 2004, die Zweitklägerin von S 2.345,06 vom 1. Oktober 1982 bis 31. Dezember 1983. Beide Klägerinnen begehren die Feststellung, daß der Beklagte schuldig sei, ihnen alle künftigen, sich aus dem Tod des Alfred H*** ergebenden Schäden zur Gänze zu ersetzen. Ab 1. Oktober 1982 seien keine Rentenzahlungen durch die Haftpflichtversicherungsanstalt mehr erfolgt. Der Umstand, daß die Forderungen der Klägerinnen in Norwegen nicht durchsetzbar seien, sei auf mehrfache anwaltliche Fehlleistungen des Beklagten zurückzuführen. Der Beklagte habe es verabsäumt festzustellen, in welcher Höhe der V*** DER V*** Ö***
hafte. Er hätte dann leicht wissen können, daß die Haftung mit S 1 Mill. begrenzt sei und dieser Betrag sehr bald überschritten werden würde. Der Beklagte habe es weiters unterlassen festzustellen, ob für diesen naheliegenden Fall das gegen Darre B*** ergangene Urteil des Landesgerichtes Salzburg in Norwegen vollstreckbar sei. Er hätte dann herausgefunden, daß das nicht der Fall sein werde. Es hätte daher von allem Anfang an gegen Darre B*** eine Klage in Norwegen eingebracht werden müssen, spätestens jedoch innerhalb eines Jahres ab Zustellung des Urteiles des Landesgerichtes Salzburg vom 10. Juli 1980, 1 Cg 246/77. Durch diese Unterlassungen, für die der Beklagte als Sach- und Rechtskundiger den Klägerinnen gegenüber hafte, aber auch weil er den Auftrag zur Überreichung des Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof in Norwegen nicht eingeschrieben abgesendet habe, hafte der Beklagte für allen Schaden, der den Klägerinnen dadurch entstanden sei und entstehe. Die Höhe der Versicherungssumme habe der Beklagte der Erstklägerin nicht mitgeteilt, die Erstklägerin sei auch nicht in Kenntnis der Begrenzung der Versicherungssumme mit S 1 Mill. gewesen. Über die Frage der Vollstreckbarkeit und der Verjährung der Ansprüche der Klägerinnen in Norwegen habe sich der Beklagte keine Gedanken gemacht, ein Vorgehen gegen Darre B*** in Norwegen sei nicht besprochen worden. Die Erstklägerin wäre in der Lage gewesen, einen solchen Prozeß in Norwegen zu finanzieren. Der Beklagte wäre verpflichtet gewesen, das Bestätigungsschreiben vom 25. März 1985 eingeschrieben abzusenden.
Der Beklagte wendete ein, er habe die Erstklägerin schon vor Einbringung der Klage in Österreich darauf aufmerksam gemacht, daß der V*** DER V*** Ö*** lediglich bis
zur Höhe der Versicherungssumme hafte. Er habe ihr auch Aufklärung gegeben, daß vom V*** DER V*** Ö***
eingewendet worden sei, die Haftung sei durch die Bestimmungen des Kraftfahrzeuggesetzes beschränkt. Dies sei auch in Anwesenheit der Erstklägerin bei einer Verhandlung vor dem Landesgericht Salzburg erörtert worden. Über die Höhe der Versicherungssumme sei gesprochen worden. Im Zusammenhang mit der Begrenzung der Haftungssumme durch den Versicherungsverband und den Umstand, daß Darre B*** seinen Wohnsitz in Norwegen gehabt habe, sei von Anfang an zwischen der Erstklägerin und dem Beklagten auch die Möglichkeit eines Vorgehens gegen Darre B*** in Norwegen besprochen worden. Die Erstklägerin habe aber nach mehreren Gesprächen schließlich die Meinung vertreten, daß sie einen Prozeß in Norwegen nicht finanzieren könne und Darre B*** mit Sicherheit bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung Vorkehrungen treffen werde, die eine zwangsweise Eintreibung von Forderungen unmöglich machen würden. Diesen Standpunkt der Erstklägerin habe der Beklagte zur Kenntnis genommen. Das Schreiben vom 25. März 1985 an das norwegische Anwaltsbüro habe er abgesandt. Dieses habe aber behauptet, das Schreiben nicht erhalten zu haben. Zu welchem Ergebnis das norwegische Gericht bei einer früheren Klage gekommen wäre, sei völlig offen, da gegen allfällige Ansprüche der Klägerinnen alle Einwendungen sowohl gegen den Grund des Anspruches als auch gegen die Höhe hätten erhoben werden können. Bei Verjährung der Ansprüche in Norwegen müßte das österreichische Gericht das norwegische Verfahren nachvollziehen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte fest, der Beklagte habe der Erstklägerin auseinandergesetzt, daß grundsätzlich sowohl in Österreich als auch in Norwegen die Klage eingebracht werden könne. Er habe aber zugleich als übliche Art des Vorgehens eine Klagsführung am Unfallsort, also in Österreich, genannt. Er habe dies im vorliegenden Fall empfohlen, zumal die Klägerinnen ohnehin in finanziellen Schwierigkeiten gewesen seien und eine Klagsführung in Norwegen mit erheblichen Kosten verbunden gewesen wäre. Er habe die Erstklägerin nicht darauf hingewiesen, daß ein zwischenstaatliches Abkommen zwischen Norwegen und Österreich österreichischen Staatsangehörigen auch in Norwegen die Möglichkeit einer Klagsführung im Rahmen der Verfahrenshilfe einräume. Nach der letzten Verhandlung im Verfahren vor dem Landesgericht Salzburg habe der Beklagte der Erstklägerin beim Weggehen gesagt, daß die Versicherungssumme des V*** DER V***
Ö*** mit S 1 Mill. begrenzt sei. Die Erstklägerin habe darauf erwidert, daß ihrer Information nach Darre B*** ohnehin gut versichert sei, nämlich mit S 8 Millionen. Der Beklagte habe darauf verwiesen, daß der Gegenvertreter selbst die Summe von S 1 Million genannt habe. Er habe sich über den von der Erstklägerin genannten Betrag gewundert. Der Beklagte sei jedoch dieser Frage nicht weiter nachgegangen. Es stehe fest, daß der Beklagte nach Abschluß des Verfahrens die Klägerinnen nicht darauf hingewiesen habe, daß in einigen Jahren die Versicherungssumme von S 1 Mill. ausgeschöpft sein würde und man dann nur mehr auf Darre B*** werde greifen können. Er habe weiters die Klägerinnen nicht darüber aufgeklärt, daß mit dem gegen Darre B*** in Österreich erwirkten Urteil in Norwegen nicht werde Exekution geführt werden können, daß sohin in offener Verjährungsfrist Darre B*** in Norwegen zu klagen sei. Er habe auch über die norwegischen Verjährungsbestimmungen keine Informationen gegeben. Es könne nicht festgestellt werden, daß das Bestätigungsschreiben vom 25. März 1985, eine Revision einzulegen, mit der Post weggegangen sei und ob es beim norwegischen Anwalt eingetroffen sei.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß sich die Haftung des Beklagten aus § 1299 ABGB ergebe. Der Beklagte habe es verabsäumt, die Klägerinnen auf die Notwendigkeit einer Klage gegen Darre B*** auch in Norwegen hinzuweisen. Durch Verjährung ihrer von einem inländischen Gericht bereits rechtskräftig festgestellten Ansprüche in Norwegen sei den Klägerinnen die Möglichkeit der Geltendmachung diese Ansprüche, soweit sie über die durch die Versicherung gedeckte Summe hinausgingen, abgeschnitten worden. Wenn der Beklagte nunmehr vorbringe, daß bei einem norwegischen Verfahren ein erhebliches Mitverschulden des Alfred H*** festgestellt worden wäre und daß weiters erkannt worden wäre, daß der Verdienstentgang der Klägerinnen bei weitem nicht so groß sei, wie er im österreichischen Urteil festgestellt worden sei, so sei dem entgegenzuhalten, daß eine solche Behauptung nicht zu beweisen sei, da z.B. schon nicht vorhersehbar wäre, wie die Beweiswürdigung des norwegischen Gerichtes ausgefallen wäre. Ebenso falle die Behauptung des Beklagten, daß von Darre B*** wegen zu geringen Pensionseinkommens ohnehin wenig oder nichts zu holen gewesen wäre, in den Bereich der Spekulation. Eine Beweisführung, daß von Darre B*** nie die Klagsbeträge zu holen gewesen wären, müsse als schlechthin unmöglich angesehen werden.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge. Es änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes zwischen der Zweitklägerin und dem Beklagten, über den es entschieden habe, S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige. Die Revision der Zweitklägerin erklärte es für nicht zulässig. Es nahm eine Beweisergänzung und Beweiswiederholung vor und traf folgende vom Erstgericht abweichende Feststellungen: Der Beklagte habe noch vor der Einbringung der Schadenersatzklage in Österreich mit der Erstklägerin gesprochen, daß die Haftung des Versicherungsverbandes mit der Höhe der Versicherungssumme (S 1 Mill.) begrenzt sei und daß eine in Norwegen durchsetzbare darüber hinausgehende Haftung des Darre B*** nur durch Führung eines zweiten Prozesses in Norwegen erreicht werden könne. Die Erstklägerin habe eine Prozeßführung in Norwegen abgelehnt, weil sie sich in einer schlechten finanziellen Lage befunden habe und das Prozeßrisiko nicht habe eingehen wollen. Außerdem habe sie befürchtet, daß sie nach langer Prozeßführung ihre Ansprüche gegen Darre B*** nicht werde durchsetzen können, weil dieser seine Vermögenswerte zwischenzeitig verbringen werde. Betrachte man die Situation der Klägerinnen vor Beginn des Verfahrens 1 Cg 246/77 des Landesgerichtes Salzburg als es überhaupt nicht absehbar gewesen sei, ob und in welchem Ausmaß ihnen eine Rente zuerkannt werden würde und die Ermittlung eines für die Klägerinnen günstigen Verdienstentganges eher wenig wahrscheinlich gewesen sei, den Klägerinnen zur Abdeckung der in Österreich geltend gemachten Ansprüche der Großteil der Haftpflichtsumme von S 1 Million zur Verfügung gestanden wäre, so erscheine es eher ungewöhnlich, wenn sich die Klägerinnen bei einer derartigen Situation auch zu einer Klagsführung in Norwegen entschlossen hätten, zumal in einem derartigen Prozeß auch die Mitverschuldensfrage hätte aufgeworfen werden können. Es dürften schließlich auch die sprachlichen Barrieren sowie die Entfernung zum erkennenden Gericht und die Unterschiede in den Rechtsordnungen nicht übersehen werden. Bei den der Erstklägerin nur in beschränktem Umfang zur Verfügung stehenden Mitteln sei es naheliegend, daß trotz der drohenden Verjährung ein zweiter Prozeß in Norwegen von ihr nicht riskiert werden wollte. Es sei unwahrscheinlich, daß die Erstklägerin die bitter erstrittenen Schadenersatzzahlungen in einem zweiten Prozeß im Ausland mit unbekanntem Abschluß neuerlich als Investitionen riskiert hätte. Die Erstklägerin habe angesichts der schwierigen Vorgeschichte schon des ersten Prozesses einen zweiten Rechtsstreit in Norwegen vermieden. Der Beklagte selbst hielt auch eine Prozeßführung in Norwegen nicht für zweckdienlich und hätte den Klägerinnen, wenn diese auf eine derartige Prozeßführung bestanden hätten, die Vollmacht gekündigt. Aus diesem Grunde habe er es auch nicht für nötig gehalten, sich durch die nunmehrige Erstklägerin bestätigen zu lassen, daß sie und ihre mj. Töchter von einer Klagsführung in Norwegen Abstand nehmen. Mit seinem Schreiben vom 12. November 1982 habe der Beklagte in erster Linie Auskunft über die norwegische Rechtslage erhalten wollen. Am 25. März 1985 habe die Erstklägerin den Beklagten ersucht, an das norwegische Anwaltsbüro die Auftragsbestätigung abzusenden. Der Beklagte habe ein solches Auftragsschreiben diktiert und den Auftrag gegeben, es abzusenden. Es sei in der Kanzlei des Beklagten frankiert und auch zur Post gegeben worden. Es könne nicht festgestellt werden, ob dieses Schreiben dann tatsächlich im norwegischen Anwaltsbüro eingetroffen sei. In seiner Beweiswürdigung ging das Berufungsgericht davon aus, es sei entgegen der Ansicht des Erstgerichtes zur Überzeugung gekommen, daß den Darlegungen des Beklagten zu folgen sei. Ob für die Gewährung der Verfahrenshilfe zwischen Norwegen und Österreich formelle oder materielle Gegenseitigkeit bestehe, sei nicht näher erörtert worden, zumal der Vorwurf, der Beklagte habe die Erstklägerin nicht über die Möglichkeit belehrt, für den Prozeß in Norwegen Verfahrenshilfe in Anspruch zu nehmen, in erster Instanz von den Klägerinnen gar nicht erhoben worden sei. Mit Ausnahme des Umstandes, daß der Beklagte das Schreiben an das norwegische Anwaltsbüro zwecks Erhebung der Revision nicht eingeschrieben aufgegeben habe, hätten sich alle Vorwürfe der Klägerinnen gegen den Beklagten nicht erweisen lassen. Der Beklagte sei aber nicht verpflichtet gewesen, das Schreiben eingeschrieben abzusenden, da man von einem gut funktionierenden Postverkehr zwischen Mitteleuropa und Skandinavien ausgehen könne, so daß ein allfälliger Verlust dieses Schreibens auf dem Postweg als nicht vorhersehbarer Zufall zu betrachten sei.
Rechtliche Beurteilung
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerinnen. Die Ansicht der Zweitklägerin, die Streitwerte beider geltend gemachten Ansprüche seien zusammenzurechnen, ist unrichtig. Es lagen zwei getrennte Aufträge zur anwaltlichen Vertretung durch die Erstklägerin und durch die Zweitklägerin, vertreten durch die Erstklägerin als ihren Vormund, vor. Da verschiedene rechtserzeugende Tatsachen gegeben sind, besteht eine Streitgenossenschaft nach § 11 Z 1 ZPO nicht. Damit liegt von der Zweitklägerin nur eine außerordentliche Revision vor, die aber zulässig ist.
Die Revisionen sind auch berechtigt.
Zu den Aufgaben des Rechtsanwaltes, der eine Vertretung übernimmt, gehört die Belehrung des meist rechtsunkundigen Mandanten (RdW 1986, 268; SZ 58/165; SZ 56/181 ua) und während eines Verfahrens die sorgfältige Ausführung aller ihm von der Partei erteilten Aufträge. Wer einen Rechtsanwalt betraut, darf annehmen, daß dieser in besonderem Maße geeignet ist, ihn vor Nachteilen zu schützen, und daher alle nach der Rechtsordnung erforderlichen Schritte zur Verwirklichung des ihm bekannten Zweckes unternehmen werde (5 Ob 613/82; 6 Ob 595/81). Ein Schaden des Mandanten bei Vernachlässigung dieser Pflichten, für den der Rechtsanwalt zu haften hat, tritt aber nur ein, wenn bei entsprechender Aufklärung oder bei sorgfältiger Durchführung der dem Rechtsanwalt erteilten Aufträge ein anderer Prozeßerfolg zu erwarten gewesen wäre. Der infolge mangelnder Aufklärung unterbliebene Prozeß oder der Erfolg eines auf Verschulden des Rechtsanwaltes unterbliebenen Rechtsmittels ist daher hypothetisch nachzuvollziehen. Es ist hiebei zu beurteilen, wie das Verfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit geendet hätte (WBl. 1987, 212; RdW 1987, 96; SZ 56/181; RZ 1977/27).
Im Revisionsverfahren geht es nur mehr um die Beurteilung der vom Beklagten unterlassenen Belehrung über die Ermöglichung der Gewährung der Verfahrenshilfe in Norwegen und der Unterlassung, das an das norwegische Anwaltsbüro gerichtete Schreiben zwecks Einbringung eines Rechtsmittels an die dritte und letzte Instanz eingeschrieben aufzugeben oder sich zumindest rechtzeitig zu erkundigen, ob dieses Schreiben in Norwegen auch eingelangt sei. Dem Berufungsgericht ist nicht in seiner Auffassung beizutreten, daß der auf die seinerzeit unterlassene Klagsführung in Norwegen gestützte Schadenersatzanspruch der Klägerinnen nicht auch die Nichtbelehrung der Erstklägerin über die Ermöglichung der Gewährung von Verfahrenshilfe in Norwegen umfaßt hätte. Die Klägerinnen stützen ihren Anspruch ausdrücklich darauf, daß mangelnde Aufklärung durch den Beklagten die Ursache dafür gewesen sei, daß sie nicht gleich auch gegen Darre B*** in Norwegen einen Prozeß angestrengt hätten. Unter dieses Vorbringen fällt auch die vom Erstgericht ausdrücklich festgestellte Unterlassung der Belehrung über die Möglichkeit der Gewährung von Verfahrenshilfe in Norwegen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichtes wollte aber die Erstklägerin angesichts der schwierigen Vorgeschichte des in Österreich eingeleiteten Verfahrens, wegen der Vermeidung von finanziellen Risiken bei einer Prozeßführung im Ausland, und der Gefahr, daß sie für den Fall eines für sie günstigen Ausganges des Verfahrens ihre Forderungen gegen Darre B*** nicht werde einbringlich machen können, ein weiteres Verfahren in Norwegen nicht einleiten. Dazu kommt, daß sie annehmen konnte, daß kein dauernder Unterhaltsentgang ihrer mj. Kinder wegen deren zu erwartender Selbsterhaltungsfähigkeit bestehen bleiben werde, aber auch daß ihr eigener Unterhalt, sei es durch Wiederverehelichung, sei es durch Aufnahme einer Beschäftigung, nicht auf Dauer entgehen werde. Aus den Feststellungen des Berufungsgerichtes ist rechtlich zu schließen, daß die unterlassene Aufklärung der Erstklägerin über die Möglichkeit der Gewährung von Verfahrenshilfe in Norwegen sich im Jahre 1977 nicht kausal auf die Unterlassung einer sofortigen Einbringung der Klage in Norwegen ausgewirkt hat. Die Belehrungspflicht eines Rechtsanwaltes reicht nur so weit, als für ihn aus deren Unterlassung der Eintritt eines Schadens für seinen Mandanten voraussehbar war (SZ 34/153; 3 Ob 606/83 ua). Anders ist die Rechtslage bei der Unterlassung der Vergewisserung des rechtzeitigen Einlangens des Auftrages zur Erhebung eines Rechtmittels an die letzte Instanz in Norwegen. Der Beklagte war als gewählter Rechtsfreund der Klägerinnen verpflichtet, sorgfältig darauf zu achten, daß die von ihnen gewünschten Verfahrensschritte in Norwegen rechtzeitig gesetzt wurden. Gegen diese Pflicht verstieß er schon dadurch, daß er den Brief mit dem Auftrag zur Einbringung des Rechtsmittels nicht eingeschrieben absandte; er mißachtete damit eine Vorsichtsmaßnahme, deren Ergreifen schon bei der Aufgabe von Rechtsmittelschriften in Österreich als selbstverständlich gilt. Er hat es auch unterlassen, zumindest nachträglich rechtzeitig telefonisch zu erheben, ob der von ihm abgesandte Brief rechtzeitig in Norwegen eingelangt war. Er machte damit die Beweisbarkeit einer allfälligen Nachlässigkeit der norwegischen Rechtsanwälte unmöglich. Dafür hat der Beklagte einzustehen.
Die Klägerinnen haben zwar kein ausdrückliches Tatsachenvorbringen dahin erstattet, daß bei rechtzeitiger Einlegung eines Rechtsmittels der von ihnen erstrebte Erfolg eingetreten wäre; ihr gesamtes Vorbringen kann aber nur dahin verstanden werden, daß sie bei rechtzeitiger Einlegung des Rechtsmittels mit überwiegender Wahrscheinlichkeit mit ihrer Prozeßführung gegen Darre B*** in Norwegen Erfolg gehabt hätten. Darüber trafen die Vorinstanzen, von jeweils anderen Rechtsansichten ausgehend, keine Feststellungen. Ob und welchen Erfolg das Rechtsmittel und bei dessen Stattgebung ein folgender Schadenersatzprozeß gehabt hätte, wird maßgeblich von dem in Norwegen anzuwendenden internationalen Privatrecht und bei Verweis auf norwegisches Recht dem anzuwendenden bürgerlichen Recht dieses Staates sowie weiters dem einzuhaltenden norwegischen Prozeßrecht abhängen. Dieses fremde Recht wird das Erstgericht im Sinne des § 4 Abs 1 IPRG unter Heranziehung der dort erwähnten Hilfsmittel, insbesondere auch unter Mitwirkung der Parteien, von Amts wegen zu ermitteln haben.
Beiden Revisionen ist Folge zu geben. Die Urteile der Vorinstanzen sind aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 50, 52 ZPO.
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