Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende und gefährdete Partei ist schuldig, den beklagten Parteien und Gegnern der gefährdeten Partei die mit S 3.395,70 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (hievon S 308,70 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Begründung
Die klagende und gefährdete Partei (im folgenden: Kläger) beantragte zur Sicherung des inhaltsgleichen Klagebegehrens die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der den beklagten Parteien und Gegnern der gefährdeten Partei (im folgenden: beklagte Parteien) in der Zeit von 20 Uhr bis 8 Uhr jeder Betrieb der im Erdgeschoß des Hauses Salzburg, Steingasse 61, befindlichen gastgewerblichen Lokalitäten, sei es zu gewerblichen Zwecken, sei es zu Vereinszwecken, sowie gleichfalls in der Zeit von 20 Uhr bis 8 Uhr jeder Betrieb der zu diesen gastgewerblichen Lokalitäten gehörigen Entlüftungsanlage ab sofort verboten werde. Die einstweilige Verfügung wurde für die Zeit begehrt, bis der Kläger den Unterlassungsanspruch mittels Zwangsvollstreckung durchsetzen könne. Der Kläger führte zur Begründung des Klagebegehrens und des Antrages auf Erlassung der einstweiligen Verfügung aus, er werde als Eigentümer des Hauses Salzburg, Steingasse 59, durch den im Erdgeschoß des unmittelbar angrenzenden Hauses Steingasse 61 untergebrachten Gastgewerbebetrieb empfindlich in seiner Nachtruhe gestört. Obwohl der Betrieb gewerbebehördlich nur für die Zeit von 8 Uhr bis 20 Uhr genehmigt sei, werde in der Regel der Betrieb erst zwischen 24 Uhr und 2 Uhr früh beendet. Es werde auch eine Entlüftungsanlage betrieben, deren Abluftventilator sich in unmittelbarem Nahbereich seines (des Klägers) Schlafzimmers befinde. Durch die vom Gastgewerbebetrieb ausgehenden Lärmbelästigungen sei seine und seiner Gattin Gesundheit schwer angegriffen. Bei einer Fortdauer der Lärmeinwirkungen seien weitere unwiederbringliche gesundheitliche Schäden zu befürchten.
Die beklagten Parteien beantragten Abweisung des Klagebegehrens und des Antrages auf einstweilige Verfügung. Sie brachten vor, daß der Kläger die Ursächlichkeit zwischen der behaupteten Geräuschentwicklung und allfälligen Gesundheitsstörungen nicht hinreichend glaubhaft gemacht habe.
Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung und trug dem Kläger auf, für alle den beklagten Parteien dadurch verursachten Nachteile den Betrag von S 10.000,-- als Sicherheit zu erlegen. Die einstweilige Verfügung wurde für die Zeit, bis der Kläger den Anspruch durch Zwangsvollstreckung oder Exekution zur Sicherstellung geltend machen könne, bewilligt. Das Erstgericht nahm als bescheinigt an, der Antragsteller sei Eigentümer der Liegenschaft Steingasse 59, die erstbeklagte Partei sei Wohnungseigentümer der im Erdgeschoß des Nachbarhauses Steingasse 61 gelegenen Räumlichkeiten, in denen die zweitbeklagte Partei einen Restaurantbetrieb betreibe. Geschäftsführer der erst- und zweitbeklagten Partei sei der Viertbeklagte. Die drittbeklagte Partei habe ihren Sitz in diesen Räumlichkeiten. Der Betrieb des Lokals sei mit Bescheid des Amtes der Salzburger Landesregierung vom 17. Mai 1984 nur in der Zeit von 8 Uhr und 20 Uhr genehmigt worden; es sei auch der Betrieb einer Entlüftungsanlage genehmigt worden. Der Lokalbetrieb werde auch nach 20 Uhr fortgesetzt, zumeist bis 2 Uhr früh. Es komme zu Lärmbelästigungen, die beim Antragsteller zu einer Erhöhung der Blutdruckwerte, zu vegetativen Störungen und bisher nicht gekannten Einschlaf- und Durchschlafstörungen geführt hätten. Nach dem Inhalt des ärztlichen Attestes des Dr. Peter O*** bestehe kein Zweifel, daß die Ursache all dieser Beschwerden in der Lärmbelästigung durch den Lokalbetrieb zu suchen sei. Eine Fortdauer der Lärmbeeinträchtigung könne eine Verschlechterung dieses Krankheitsbildes nach sich ziehen. In rechtlicher Hinsicht führte der Erstrichter aus, da beim Kläger zufolge der Lärmentwicklung gesundheitliche Störungen aufgetreten seien und eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes bei Anhalten der Lärmbeeinträchtigungen zu erwarten sei, drohe dem Kläger ein unwiederbringlicher Schaden im Sinne des § 381 Z 2 EO, sodaß die beantragte einstweilige Verfügung zu erlassen gewesen sei. Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs der beklagten Parteien teilweise Folge. Es änderte die angefochtene Verfügung dahin ab, daß es den beklagten Parteien ab sofort bis zur rechtskräftigen Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache auftrug, jeweils in der Zeit von 20 Uhr bis 8 Uhr jede Lärmentwicklung sowohl im Zuge einer gastgewerblichen oder vereinsmäßigen Nutzung der im Erdgeschoß des Hauses Salzburg, Steingasse 61, gelegenen Lokalitäten als auch durch den Betrieb der Entlüftungsanlage zu unterlassen, soweit diese Einwirkungen das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß übersteigen. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren des Klägers, den Beklagten jeden Betrieb der im Erdgeschoß des Hauses Salzburg, Steingasse 61, befindlichen gastgewerblichen Lokalitäten, sei es zu gewerblichen Zwecken, sei es zu Vereinszwecken, sowie in der Zeit von 20 Uhr bis 8 Uhr jeden Betrieb der zu diesen gastgewerblichen Räumlichkeiten gehörigen Entlüftungsanlage zu unterlassen, wies es ab. Das Rekursgericht sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes, über den das Rekursgericht entschied, S 15.000,-- übersteigt, der Wert des gesamten Beschwerdegegenstandes aber S 300.000,-- nicht übersteigt. Das Rekursgericht erklärte den Revisionsrekurs für zulässig.
Das Rekursgericht stellte ergänzend fest:
Mit Bescheid des Amtes der Salzburger Landesregierung vom 17. Mai 1984, Zahl: 5/02-1473/3-1984, wurde der erstbeklagten Partei die Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung eines Gastgewerbebetriebes (Restaurant) für den Standort Salzburg, Steingasse 61, unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Dabei wurden die Verhandlungsschrift des Amtes der Salzburger Landesregierung vom 11. April 1984, Zahl: 5/02-1473/2-1984, und der vorgelegte technische Bericht und Plan für die Be- und Entlüftungsanlage zu einem integrierenden Bescheidbestandteil erklärt. Nach Punkt 1) des Auflagenkataloges darf das Gastlokal nur in der Zeit zwischen 8 Uhr und 20 Uhr geöffnet sein. Der erstbeklagten Partei wurde im Punkt 14 der Auftrag erteilt, um Erteilung einer Betriebsbewilligung gemäß § 78 Abs. 2 GewO 1973 anzusuchen.
In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, die Behörde habe zwar eine Betriebsanlagengenehmigung erteilt, jedoch gemäß § 78 Abs. 2 GewO 1973 angeordnet, daß die Anlage erst nach besonderer Betriebsbewilligung in Betrieb genommen werden dürfe (Kollaudierungsvorbehalt). Die beklagten Parteien hätten nicht bescheinigt, daß für den Gastgewerbebetrieb eine Betriebsbewilligung gemäß § 78 Abs. 2 GewO 1973 erteilt worden sei. Beim Betrieb der beklagten Parteien handle es sich daher um keine behördlich genehmigte Anlage im Sinne des § 364a ABGB, so daß der Kläger nicht auf die Geltendmachung des verschuldensunabhängigen, nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs beschränkt sei. Die Abwehr unzulässiger Immissionen oder unmittelbarer Zuleitungen nach § 364 Abs. 2 ABGB sei ein Fall der Eigentumsfreiheitsklage gemäß den §§ 354, 523 ABGB, der ein Klagebegehren auf Vornahme bestimmter Sicherungsmaßnahmen fremd sei. Der Kläger sei daher nicht berechtigt, vom Gegner bestimmte Vorkehrungen zur Unterlassung oder Verhinderung von Immissionen zu begehren, sondern habe die erforderlichen Schutzmaßnahmen dem Beklagten zu überlassen. Demgemäß komme eine einstweilige Verfügung des Inhalts, daß den beklagten Parteien der Betrieb des Gastgewerbes und der Entlüftungsanlage untersagt werde, nicht in Betracht. Der Antrag sei aber insoweit gerechtfertigt, als den beklagten Parteien jede Lärmentwicklung im Zuge einer gastgewerblichen oder vereinsmäßigen Nutzung der Lokalitäten und durch den Betrieb der Entlüftungsanlage, soweit diese Einwirkungen das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß übersteigen, zu untersagen sei. Nach nunmehr ständiger Judikatur sei zwar der erlaubte Geräuschpegel im Unterlassungsurteil in der Maßeinheit dB(A) anzuführen und nicht unter Heranziehung des Gesetzeswortlautes zu bestimmen. Die Ermittlung der dem Kläger konkret zumutbaren Geräuschbelästigung an Ort und Stelle unter Berücksichtigung der erwähnten Maßeinheit sei jedoch nur durch Beiziehung eines Sachverständigen möglich. Die längere Dauer der Gutachtenserstattung schließe den gerichtlichen Sachverständigen als Bescheinigungsmittel im Provisorialverfahren in der Regel aus. Unter Berücksichtigung dieser Besonderheit des Provisorialverfahrens sei es ausreichend, den Gesetzeswortlaut des § 364 Abs. 2 ABGB in den Spruch der einstweiligen Verfügung aufzunehmen, obwohl damit praktische Probleme in das Exekutionsverfahren verlagert werden könnten. Die Gefahr eines unwiederbringlichen Schadens, einer gesundheitlichen Gefährdung, habe der Kläger ausreichend bescheinigt. Die Erlassung der einstweiligen Verfügung sei vom Erlag einer nach freiem Ermessen zu bestimmenden Sicherheit abhängig zu machen.
Der gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs des Klägers ist nicht gerechtfertigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Ausführungen des Rechtsmittelwerbers, eine Vollstreckung des Beschlusses des Rekursgerichtes könnte Schwierigkeiten begegnen, sind nicht von der Hand zu weisen; es käme aus diesem Grund nur eine Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes in Betracht, die der Kläger nicht anstrebt.
Bei der Klage nach § 364 Abs. 2 ABGB - als solche ist die vorliegende Klage zu werten - handelt es sich, wie das Rekursgericht zutreffend ausführte, um einen Anwendungsfall der negatorischen Eigentumsklage; das Begehren einer solchen Klage ist auf Unterlassung des Eingriffs (allenfalls "Verhinderung" bzw. Vorkehrungen zur Verhinderung"), nicht aber auf Vornahme bestimmter Sicherungsmaßnahmen zu richten (SZ 52/55; SZ 50/99; Klang in seinem Komm.2 II 173; Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 17 zu § 364 ABGB; Gschnitzer-Faistenberger-Barta-Call-Eccher, Österreichisches Sachenrecht2 67). Der Oberste Gerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, daß dem Gegner die zur Unterlassung oder Verhinderung von Immissionen erforderlichen Schutzmaßnahmen überlassen werden müssen und der Kläger daher nicht berechtigt ist, von ihm bestimmte Vorkehrungen zu deren Vermeidung zu begehren (3 Ob 595, 596/85, SZ 52/55; SZ 50/99; SZ 44/22; SZ 41/150; SZ 38/50; RZ 1965, 145). Das Begehren des Klägers zielt aber darauf ab, den beklagten Parteien eine bestimmte Maßnahme zur Vermeidung erhöhter Immissionen, die Betriebseinstellung, vorzuschreiben. Der Kläger hat aber bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 364 Abs. 2 ABGB nur Anspruch darauf, daß die beklagten Parteien weitere Immissionen unterlassen; wie sie dieser Verpflichtung nachkommen, ist ihre Sache. Daß unzulässige Immissionen nur im Wege einer Betriebseinstellung verhindert werden können, hat der Kläger nicht behauptet. Ein Begehren auf Stillegung des Betriebes ist dann im Gesetz nicht begründet (1 Ob 658/82; vgl. SZ 50/99). Mangelt einem Klagebegehren aber die gesetzliche Grundlage, kommt auch dessen Sicherung durch eine einstweilige Verfügung nicht in Betracht, da es dann an der vom Gesetz geforderten Anspruchsbescheinigung (§ 389 EO) fehlt. In Anbetracht der Unterlassung eines (rechtzeitigen) Revisionsrekurses der beklagten Parteien hat es bei der vom Rekursgericht getroffenen Entscheidung sein Bewenden.
Aus den dargelegten Gründen ist spruchgemäß zu entscheiden. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO, 78, 402 EO.
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