Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Rechtsvorgänger der Klägerin im Eigentum der Liegenschaft EZ 671 KG Feldbach mit den Grundstücken 5/5 und 440/4 räumten den Rechtsvorgängern des Beklagten im Eigentum der Liegenschaft EZ 616 KG Feldbach mit den Grundstücken 5/3 und 440/1 mit Kaufvertrag vom 20.7.1931 das Recht der Dienstbarkeit des Geh- und Fahrweges und des Viehtriebes dergestalt ein, daß die jeweiligen Eigentümer der Grundstücke 5/3 und 440/1 sowie deren Hausgenossen und alle sonstigen auf diesen Grundstücken wohnenden oder sich sonst dortselbst aufhaltenden Personen oder dortselbst ein Gewerbe betreibenden Personen berechtigt sind, auf dem Weg, der über die Grundstücke 440/4 und 5/5 führt, gehen, mit Fuhren aller Art fahren und Vieh treiben dürfen. Im Zeitpunkt der Dienstbarkeitsbestellung wurden das herrschende und das dienende Gut landwirtschaftlich genützt; ein Gewerbebetrieb war damals nicht vorhanden. Mit der am 29.4.1988 überreichten Klage begehrte die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Unterlassung des Abstellens von Fahrzeugen, insbesondere von Lastkraftwagen und LKW-Zügen, auf dem Grundstück 5/5, um diese zu beladen. Das Verhalten des Beklagten stelle eine unzulässige Erweiterung der Servitut dar. Im Zeitpunkt der Dienstbarkeitsbestellung habe bestenfalls ein Stall versorgt werden müssen. Nunmehr würden alle geschlachteten Tiere eines industriellen Schlachthofes auf dem Grundstück der Klägerin verladen und dieses werde zur Gänze blockiert. Das Recht zum Abstellen der Fahrzeuge habe auch nicht ersessen werden können, weil die Rechtsvorgänger des Beklagten mangels Laderampe auf dem dienenden Gut keine Ladearbeiten hätten ausführen können.
Der Beklagte bestritt die behauptete Servitutserweiterung und wendete ein, Zweck der Dienstbarkeitsbestellung sei die Ausübung eines Gewerbes gewesen, womit auch das Recht zum Abstellen von LKW zu deren Beladung und Entladung auch über längere Zeiträume verbunden sei. Außerdem habe der Beklagte dieses Recht durch mehr als 30jährige Ausübung ersessen. Im Zuge des gewerberechtlichen Verfahrens zur Bewilligung des Betriebes des Beklagten habe die Klägerin überdies das Abstellen von Lastkraftwagen durch Unterlassung von Einwendungen und der Erhebung eines Rechtsmittels gegen die Entscheidung der Berufungsinstanz gestattet. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es stellte, soweit für die Erledigung des Rechtsmittels von Bedeutung, fest, auf dem Grundstück 5/5 befinde sich ein bereits vor 1928 teils unmittelbar an der Grenze zum Grundstück 5/3 errichtetes Haus; sonst werde das Grundstück als Garten genutzt. Der Servitutsweg schließe im Osten an das Haus bzw den Garten an. Auf dem Grundstück 5/3 sei im Zeitpunkt der Servitutsbestellung ein Stallgebäude errichtet gewesen, in dem ein Tor zum Servitutsweg eingelassen gewesen sei. Durch dieses Tor seien Rinder und Schweine über den Weg getrieben worden. Der Servitutsweg habe damals den Rechtsvorgängern des Beklagten sowie einem weiteren Nachbarn aber auch zur Zu- und Abfahrt von Fahrzeugen zum Beladen mit Vieh gedient. Am 20.7.1931 hätten die Brautleute Johann S*** und Anna J*** die Liegenschaft EZ 616 mit dem schon erwähnten Gutsbestand gekauft und den Verkäufern die Wegedienstbarkeit eingeräumt. Das Grundstück 5/3 sei mit Vertrag vom 14.1.1933 an die Eheleute Karl und Aloisia M*** verkauft und deren Eigentum am 17.1.1933 einverleibt worden. Mit Vertrag vom 13.9.1938 hätten die Eheleute Ignaz und Franziska P*** das Grundstück 5/5 gekauft; deren Eigentum sei am 14.12.1938 ins Grundbuch eingetragen worden. Karl M*** habe auf dem Grundstück 5/3 den Viehhandel betrieben und auf Grund einer gewerberechtlichen Bewilligung am 18.3.1947 im Stall eine Schlachtbühne errichtet. Der Viehtransport sei damals mit Pferdefuhrwerken, teilweise aber auch bereits mit Kraftfahrzeugen über den Servitutsweg erfolgt. Nach dem Tod Karl M*** sei dessen Nachlaß seiner Witwe eingeantwortet worden.
1951 habe Aloisia M*** das Grundstück 5/3 Franz K*** sen., dem Vater des Beklagten, zum Betrieb einer Lebendviehvermarktung verpachtet. Das Vieh sei von diesem über den Servitutsweg angeliefert und verladen worden. Ab 1955 habe der Vater des Beklagten einen eigenen LKW für seine Betriebszwecke eingesetzt. Zu diesem Zweck sei "der jeweilige Lastwagen auf der Zufahrt zur Stalltüre in Verlängerung des streitgegenständlichen Grundstücksteils abgestellt" worden. Dieser Vorgang sei von den Eigentümern des dienenden Guts nicht beanstandet worden. Franz K*** sen. und dessen Ehegattin hätten das Grundstück 5/3 schließlich mit Übergabsvertrag vom 10.2.1964 erworben. In der Zeit von 1968 bis 1970 habe der Vater des Beklagten den Betrieb auf Fleischvermarktung umgestellt. Schließlich habe er auch das Grundstück 5/10 östlich des Servitutsweges mit einer Halle hinzugekauft und am 28.11.1972 um die gewerberechtliche Erweiterung und Änderung der Steckbrücke angesucht. Es sei damals vorgesehen gewesen, daß die Anlieferung des Schlachtviehs sowie der Abtransport des Fleisches über die neu zu errichtende Laderampe erfolgen sollten. Im ehemaligen Stallgebäude waren die Aggregate für die Kühlmaschinen und die Schweineboxen untergebracht. Der Umbau wurde - ohne daß die Eigentümer des dienenden Gutes Einwendungen erhoben hätten - bewilligt. "Im strittigen Bereich" seien nur Schweine abgeladen und durch den Treibgang östlich des Aggregateraumes getrieben worden, wenn die Boxen im westlichen Bereich ausgelastet gewesen seien. Das sei wöchentlich fünf- bis zehnmal erfolgt. 1980 sei dem Beklagten auch die Errichtung einer Flüssiggasanlage bewilligt worden. Im gewerberechtlichen Verfahren habe die Klägerin Einwendungen erhoben; so habe sie ua vorgebracht, daß die Dienstbarkeit im bisherigen Umfang aufrechtbleiben und dies vom Beklagten anerkannt werden sollte. Diese Einwendungen hätten die Behörde jedoch nur zu zusätzlichen Auflagen bestimmt. Am 2.7.1982 habe der Kläger, der seit 17.1.1977 Alleineigentümer des Grundstückes 5/3 sei, um die Bewilligung der Änderung des Kühl- und Aggregateraumes angesucht. In diesem Verfahren habe die Klägerin eingewendet, daß durch die geplante Erweiterung Schäden an ihrem Haus, Geruchsbelästigungen und unsachgemäße Mistablagerung zu befürchten seien. Seit Beendigung der Umbauarbeiten im Jahre 1983 oder 1984 erfolge die Fleischverladung ausschließlich über den Servitutsweg. Wöchentlich würden 1000 Schweine bzw 20 bis 25 Rinder geschlachtet und verladen. Die Verladungen erfolgten von Montag bis Freitag, der Ladevorgang dauere je LKW-Zug zwischen 15 und 90 Minuten. Beim Verladen würden vier Kühlfahrzeuge des Beklagten sowie auch Fremdfahrzeuge eingesetzt. Rechtlich meinte das Erstgericht, gemäß § 484 erlaube eine Grunddienstbarkeit dem Besitzer des herrschenden Gutes, sein Recht auf die ihm gefällige Art auszuüben, doch sei er zu dessen schonender Ausübung verpflichtet. Der Art der Dienstbarkeitsbestellung sei zu entnehmen, daß damals bereits eine künftige Erweiterung der Inanspruchnahme des dienenden Gutes für gewerbliche Zwecke vereinbart worden sei. Schon die Rechtsvorgänger der Klägerin hätten die Erweiterung des Betriebes durch Errichtung einer Schlachtbrücke geduldet. Auch vom Vater des Beklagten sei auf dem herrschenden Gut die Lebendviehvermarktung gewerblich betrieben worden. Weder die Rechtsvorgänger der Klägerin noch diese selbst hätten den weiteren Ausbau des Betriebes beanstandet. Im Verwaltungsverfahren habe die Klägerin gegen die verstärkte Nutzung der Dienstbarkeit keine Einwendungen erhoben. Sie habe der Inanspruchnahme der Dienstbarkeit so, wie sie der Beklagte nunmehr ausübe, daher zugestimmt.
Das Gericht zweiter Instanz hob das Urteil des Erstgerichtes auf, verwies die Rechtssache an dieses zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Rekurs zulässig sei. Der Umfang einer Wegeservitut richte sich nach Kulturgattung und Bewirtschaftungsart des herrschenden Grundstückes im Zeitpunkt der Dienstbarkeitsbestellung. Bei ungemessenen Dienstbarkeiten entscheide nicht das Bedürfnis bei Entstehung der Dienstbarkeit, sondern das jeweilige Bedürfnis des herrschenden Gutes, doch bestünden auch hier Schranken auf Grund des ursprünglichen Bestandes und der ursprünglichen Bewirtschaftungsart. Zwar berechtigte das Recht des Fahrweges als umfassendste Wegservitut zur Ausübung des Fahrrechtes für alle wirtschaftlichen Zwecke des herrschenden Grundstückes, umfasse jedoch lediglich das Recht zu gehen und zu fahren, nicht aber auch, das benutzte Fahrzeug dort abzustellen. Das Abstellen von Großfahrzeugen durch den Beklagten sei somit eine unzulässige Erweiterung der diesem eingeräumten Servitut. Zweck der Bestellung der Dienstbarkeit könne es immer nur gewesen sein, die Möglichkeit einer Zufahrt zum herrschenden Grundstück zu ermöglichen, auch wenn dort ein Gewerbebetrieb eröffnet werden sollte. Daß der Zweck der Dienstbarkeit schon bei deren Bestellung auf die Schaffung einer Abstellmöglichkeit für Fahrzeuge des Dienstbarkeitsberechtigten gerichtet gewesen sei, sei weder behauptet worden noch im Verfahren hervorgekommen. Zur Stützung seines Standpunktes könne sich der Beklagte daher auf einen ausdrücklichen Vertrag ebensowenig stützen wie auf eine entsprechende Auslegung des § 484 ABGB. Der Beklagte habe aber auch die Ersitzung behauptet. Die Dienstbarkeiten würden durch Ausübung eines qualifizierten Rechtsbesitzes ersessen. Die eigentliche Ersitzung dieser Rechte sei nur auf Grund solcher Rechtsgeschäfte möglich, die Titel zum Erwerb der Dienstbarkeit sein könnten; als solcher scheide der Bestandvertrag aus. Mieter könnten die ihnen überlassenen Sachen niemals ersitzen. Nun sei aber festgestellt, daß der Vater des Beklagten als Pächter den beim Verladen von wöchentlich sechs bis acht Rindern verwendeten Lastwagen schon ab 1955 auf der Zufahrt zur Stalltüre in Verlängerung des Grundstückes 5/5 abgestellt habe. Eigentümer des herrschenden Gutes sei der Vater des Beklagten jedoch erst 1964 geworden. Vertrete man die Auffassung, daß der Pächter ein Dienstbarkeitrecht nicht ersitzen könne, so scheide eine Ersitzung des erweiterten Dienstbarkeitsrechtes schon mangels Zeitablaufes aus. Vertrete man dagegen die Ansicht - auch hiefür gebe es Rechtsprechung -, daß der für die Ersitzung erforderliche Besitz auch durch den Bestandnehmer ausgeübt werden könne, bestehe insofern ein Feststellungsmangel, als das Erstgericht nicht mit der gebotenen Deutlichkeit festgestellt habe, wo der Vater des Beklagten als Pächter den LKW nun tatsächlich abgestellt habe. Berücksichtige man die Einwendung der Klägerin, die Rechtsvorgänger des Beklagten hätten Ladearbeiten mangels Vorhandenseins einer Laderampe auf dem Dienstbarkeitsweg nicht bewerkstelligen können, ferner die Feststellung, daß sich der Stall im südlichen Bereich des Grundstückes des Beklagten befunden habe, und schließlich die Behauptung der Klägerin, daß Vorrichtungen zur Beladung der Kühlwagen im fraglichen Bereich erst vor fünf Jahren geschaffen worden seien, könne die Feststellung auch so gedeutet werden, daß der Vater des Beklagten den LKW damals nicht auf dem Dienstbarkeitsweg abgestellt habe.
Schließlich stütze der Beklagte die Änderung des Dienstbarkeitsumfanges auch auf die Untätigkeit der Klägerin im gewerberechtlichen Verfahren. Bei Annahme einer stillschweigenden Willenserklärung sei jedoch besondere Vorsicht geboten. Das Verhalten der Beteiligten müsse nämlich zu dem zwingenden Schluß führen, daß sie einen Vertrag schließen oder ändern wollten. Diese Frage könne jedoch nicht abschließend geklärt werden, weil das Erstgericht nicht alle Einwendungen der Klägerin im Verwaltungsverfahren beachtet habe. Insbesondere habe das Erstgericht sich nicht damit auseinandergesetzt, welches Vorbringen die Klägerin im Verfahren über die Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldbach vom 4.2.1983 gegen die Ladetätigkeit auf dem Servitutsweg erstattet habe. Die bekämpfte Feststellung, die Klägerin habe sich im Verwaltungsverfahren nicht gegen eine Ladetätigkeit ausgesprochen, bedürfe daher einer noch zu erweiternden Sachverhaltsgrundlage. Dies hätte auch für die Frage des redlichen Besitzes des Beklagten Bedeutung. Auch habe die bloße Unterlassung von Abwehrmaßnahmen in einem Verwaltungsverfahren ein in jeder Beziehung einwandfreies Privatrechtsverhältnis zwischen den Beteiligten nicht schaffen können. Von einer Zustimmung der Klägerin zur Servitutserweiterung könne derzeit nicht gesprochen werden.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs des Beklagten ist im Ergebnis nicht berechtigt. Nach wie vor beharrt er auf seinem Standpunkt, da schon bei der Dienstbarkeitsbestellung mit Kaufvertrag vom 20.7.1931 die Aufnahme eines Gewerbebetriebes auf dem herrschenden Gut in Aussicht genommen worden sei und das Abstellen von Fahrzeugen deshalb im Umfang der - ungemessenen - Wegedienstbarkeit Deckung finde, sei das Klagebegehren schon in Auslegung des § 484 ABGB abzuweisen. Schon das Gericht zweiter Instanz hat zutreffend darauf verwiesen, daß der Beklagte dabei das Wesen der ungemessenen Servitut verkennt:
Das Recht, auf dem Weg gehen, mit Fahrzeugen aller Art fahren und Vieh treiben zu dürfen, ist eine ungemessene Wegedienstbarkeit, weil deren Ausmaß und der Umfang der dem Berechtigten zustehenden Befugnisse im Titel nicht eindeutig umgrenzt sind. Der Inhalt eines solchen Rechtes wird zwar durch die jeweiligen Bedürfnisse des herrschenden Gutes, aber doch nur in den Grenzen des ursprünglichen Bestandes und der ursprünglichen Bewirtschaftung bestimmt, sodaß eine Änderung der Benützungsart des herrschenden Gutes eine Änderung im Inhalt des Rechtes nur insoweit bewirken kann, als es die Anpassung an die fortschreitende technische Entwicklung gebietet oder wenn die damit verbundene Mehrbelastung des dienenden Gutes nicht ins Gewicht fällt (SZ 54/154; MietSlg 35.048 uva; Klang in Klang2 II 564; Petrasch in Rummel, ABGB2 § 484 Rz 1 und § 492 Rz 1). Nun ist zwar die Änderung der Bewirtschaftungsart des herrschenden Gutes von einer Landwirtschaft in den Betrieb eines Gewerbes durch den Titel gedeckt; damit ist aber noch nicht ohne weiteres die Ausdehnung des Rechtes auf im Titel nicht genannte Verhaltensweisen des Besitzers des herrschenden Gutes in bezug auf das dienende Gut verbunden. Zutreffend verweist das Gericht zweiter Instanz in diesem Zusammenhang, daß das Recht des Fahrweges als die umfassendste Wegeservitut zur Ausübung des Fahrrechtes für alle wirtschaftlichen Zwecke des herrschenden Gutes auch im Rahmen des darauf betriebenen Unternehmens berechtigt, jedoch nur das Recht umfaßt, zu gehen bzw zu fahren, ohne daß es dabei im allgemeinen auf die Beschaffenheit des eingesetzten Fahrzeuges ankäme, ferner auch, andere Menschen zu sich kommen zu lassen, nicht aber auch, das benützte Fahrzeug auf dem dienenden Gut abzustellen (MietSlg 39.035; Petrasch aaO § 492 Rz 1). Das Abstellen von Fahrzeugen auf dem dienenden Gut aus welchem Grund immer, besonders aber zum Beladen von - wie hier - Großraumfahrzeugen mit Fleisch, ist eine vom Befahren des Servitutsweges gänzliche verschiedene Art der Benützung, mit der eine ganz erhebliche Mehrbelastung des dienenden Gutes schon deshalb verbunden ist, weil damit der Weg für die Dauer des Abstellens praktisch blockiert wird und diese Art des Gebrauches im allgemeinen eine ganz wesentlich längere Dauer der Benützung erforderlich macht. Erfolgen die Ladevorgänge - wie festgestellt (ON 14, S 9) - von Montag bis Freitag unter Einsatz von vier Kühlfahrzeugen des Beklagten und darüber hinaus auch noch unter Verwendung von Fremdfahrzeugen und dauert jeder Ladevorgang, abgesehen von der damit verbundenen Geruchs- und Lärmbelästigung, zwischen 15 und 90 Minuten, so kann an der von der Klägerin behaupteten unzulässigen Erweiterung der vertraglich bedungenen Wegeservitut kein Zweifel bestehen. Auf die Kaufvertragsbestimmung, mit welcher die Wegedienstbarkeit bestellt wurde, kann sich der Beklagte zur Dartuung seiner Befugnis zum Abstellen des Fahrzeuges auf dem dienenden Gut daher nicht berufen.
Der Beklagte kann sich aber auch nicht etwa deshalb auf eine stillschweigende Zustimmung der Klägerin zur Erweiterung der vertraglich bedungenen Servitut stützen, weil diese in gewerbebehörlichen Verfahren zur Genehmigung von Betriebsanlagen keine auf die Vertragslage gestützten Einwendungen bzw Rechtsmittel ergriffen habe. Gemäß § 863 Abs 1 ABGB darf aus einem bestimmten Verhalten nur dann auf eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung geschlossen werden, wenn dieses Verhalten mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln, übrigläßt. Der Konkludenz legt diese Gesetzesbestimmung somit einen strengen Maßstab an (Rummel in Rummel2 aaO, § 863 Rz 14). Zutreffend hat schon das Berufungsgericht hervorgehoben, daß bei Annahme einer stillschweigenden Willenserklärung besondere Vorsicht geboten ist und sie deshalb ein Verhalten voraussetzt, das gar keinen anderen Schluß zuläßt.
Davon kann bei der - behaupteten - Untätigkeit der Klägerin in einem Verfahren, das gar nicht die Erweiterung einer Dienstbarkeit zu ihren Lasten zum Gegenstand hatte und in dem hierüber auch gar nicht abgesprochen werden konnte, keine Rede sein. Wie dem bloßen Schweigen grundsätzlich kein Erklärungswert beizumessen ist, kann auch der - teilweisen - Untätigkeit in einem auf ganz andere Ziele gerichteten Verwaltungsverfahren nicht die Bedeutung einer vertraglichen Erklärung zukommen. Am allerwenigsten kann der Unterlassung eines Rechtsmittels gegen den dem Antrag des Genehmigungswerbers unter Auflage stattgegebenen Bescheid der Berufungsbehörde im gewerberechtlichen Verfahren der vom Beklagten behauptete Erklärungswert zugebiligt werden. Die behauptete Untätigkeit kann ebensogut auf der Erwägung, daß sich der Verpflichtete in diesem Verfahren keine Abhilfe verspricht oder die Klärung der anstehenden Fragen einem Verfahren vorbehalten will, in dem hierüber entschieden werden kann, oder überhaupt auf der Vorstellung beruhen, daß er durch entsprechende privatrechtliche Einwendungen der angestrebten verwaltungsbehördlichen Genehmigung ohnehin nicht wirksam entgegentreten könnte. Die Gewerbebehörde hätte letztlich die Klägerin mit ihrer Einwendung, daß die beabsichtigte Betriebsanlage der erforderlichen privatrechtlichen Grundlage entbehre, mangels Einigung der Parteien auf den Rechtsweg verweisen müssen (§ 357 GewO 1973), ohne daß die Klägerin die Genehmigung der Betriebsanlage hätte verhindern können (vgl Kinscher, GewO6 ÄMTAÜ Anm zu § 357). Mit der Unterlassung privatrechtlicher Einwendungen im gewerberechtlichen Betriebsanlagegenehmigungsverfahren sind auch keine dem Art XXXVII EGZPO vergleichbare Präklusionsfolgen für eine allfällige Unterlassungsklage verbunden. Der vom Berufungsgericht vermißten breiteren Sachverhaltsgrundlage bedarf es angesichts der Behauptungen des Beklagten nicht.
Dem Gericht zweiter Instanz kann aber auch bei der Lösung der Ersitzungsfrage - diesmal zugunsten des Beklagten - nicht uneingeschränkt beigepflichtet werden. Der Beklagte stützt die Ausübung seines Rechtes zur Abstellung von Fahrzeugen auf dem dienenden Gut zu deren Beladung im Rahmen seines Gewebebetriebes hilfsweise auch auf Ersitzung, weil er unter Einrechnung jenes Zeitraumes, innerhalb dessen sein Vater bereits gewerblich genutzte Fahrzeuge auf dem Servitutsweg zum gleichen Zweck abgestellt habe, die Servitut im behaupteten Umfang - also einschließlich des Abstellens seiner Fahrzeuge zu deren Beladen - schon mehr als 30 Jahre ausübe.
Dem Beklagten sind gemäß § 1493 iVm § 1463 ABGB die Ersitzungszeiten seiner Rechtsvorgänger einzurechnen; zwischen Gesamt- und Einzelrechtsnachfolge wird dabei nicht unterschieden. Soweit der Ersitzungsbesitzer das Recht zum Gebrauch der Sache aus ihm vom Eigentümer dieser Sache eingeräumten Bestandrechten ableitet, liegt schon deshalb kein zur Ersitzung geeigneter (Rechts-)Besitz vor, weil der Bestandgeber dem Bestandnehmer die vertraglich gedeckte Rechtsausübung gar nicht verwehren könnte (EvBl 1987/134; vgl auch SZ 56/111; Schubert aaO § 1462 Rz 1). Anders liegt der Fall hingegen - wie hier -, wenn der den Gebrauch des dienenden Gutes ausübende Bestandnehmer seine Bestandrechte nicht vom Eigentümer des dienenden Gutes, sondern vom Eigentümer eines anderen Grundstückes ableitet, von dem der Bestandnehmer als Besitzmittler Besitzrechte erwerben kann, soferne sie ihrer äußeren Erscheinung nach zum Bestandgegenstand gehören und ihm wirtschaftlich zugeordnet sind (SZ 51/64; SZ 50/130; EvBl 1969/118;
ZVR 1968/128; ImmZ 1955, 295; Schey, Klang in Klang2 II 81 Anm 53;
Schubert aaO § 1460 Rz 3 und § 1493 Rz 1). Von einer widersprüchlichen Rechtsprechung kann insoweit entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes keine Rede sein. Die durch seine Gebrauchsausübung vermittelte Ersitzungszeit seines Rechtsvorgängers ist dem Bestandnehmer daher dann einzurechnen, wenn er von jenem das Eigentum am herrschenden Gut erworben hat (und die übrigen Ersitzungsvoraussetzungen vorliegen).
Der Beklagte könnte daher auch die Dauer des Pachtverhältnisses zwischen seinem Vater und der damaligen Eigentümerin des herrschenden Gutes für die Ersitzung der vertraglich bedungenen Dienstbarkeit in dem von ihm behaupteten erweiterten Umfang (einschließlich des Abstellens von Fahrzeugen im Rahmen seines auf dem herrschenden Gut betriebenen Unternehmens für Zwecke der Be- und Entladung) ins Treffen führen, wenn er beweisen könnte, daß sein Vater auch schon als Pächter des herrschenden Guts den Servitutsweg in diesem Umfang benützt hätte, weil dann die 30jährige Ersitzungszeit bei Klagseinbringung (1955 bis 29.4.1988) bereits abgelaufen gewesen wäre.
Das Berufungsgericht hält die erstinstanzlichen Feststellungen in diesem Zusammenhang selbst bei Unterstellung dieser Rechtsansicht nicht für ausreichend, weil das Erstgericht bloß festgestellt habe, daß der "jeweilige" Lastwagen auf der "Zufahrt zur Stalltüre in Verlängerung des streitgegenständlichen Grundstücksteils abgestellt worden" sei. Diese Formulierung läßt in der Tat auch den Schluß zu, daß der Vater des Beklagten als Pächter den Lastwagen (arg: "in Verlängerung") außerhalb des Servitutsweges (also möglicherweise auf gepachteter Grundfläche) abgestellt habe. Es muß deshalb zur Prüfung der Ersitzungsfrage auch schon deshalb mit der Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils sein Bewenden haben, weil der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, der Ansicht des Berufungsgerichtes nicht entgegentreten kann, daß der Sachverhalt in dieser Richtung noch nicht genügend geklärt sei. Im fortzusetzenden Verfahren wird das Erstgericht - nach Erörterung mit den Parteien - auch noch den Umfang der Servitutserweiterung zu klären haben, soferne es die Voraussetzungen für die Ersitzung bejahen sollte. Dabei wird zu beachten sein, daß es bei ersessenen Dienstbarkeiten zur Bestimmung deren Umfangs darauf ankommt, zu welchem Zweck das dienende Gut während der Ersitzungszeit verwendet wurde, was also der Besitzer bzw Vorbesitzer des herrschenden Gutes während dieser Zeit benötigte, ohne daß hiedurch das belastete Gut in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird (MietSlg 35.049). Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)