OGH 1Ob580/52

OGH1Ob580/5222.10.1952

SZ 25/266

Normen

ABGB §302
ABGB §1409
Drittes Rückstellungsgesetz §6
Drittes Rückstellungsgesetz §10
ABGB §302
ABGB §1409
Drittes Rückstellungsgesetz §6
Drittes Rückstellungsgesetz §10

 

Spruch:

Verpflichtung des Rückstellungswerbers zur Bezahlung der Zwischenschulden des rückgestellten Unternehmens unter Beschränkung der Haftung auf das Unternehmen.

Bei Veräußerung (Rückstellung) eines Teilbetriebes eines einheitlichen Unternehmens haftet der Erwerber für alle zum Gesamtbetrieb gehörigen Schulden vorbehaltlich seines Regreßanspruches gemäß der die Teilbetriebsinhaber intern treffenden Belastung.

Entscheidung vom 22. Oktober 1952, 1 Ob 580/52.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Dr. Wilhelm W. und Dr. Hermann St. haben die Wiener Heilanstalten Goldenes Kreuz, Brünnlbad und Fango-Heilanstalt arisiert und diese Unternehmungen unter der Firma "Kuranstalt und Sanatoriumsbetrieb Doktor Wilhelm W. und Dr. Hermann St." als offene Handelsgesellschaft betrieben. Kläger hat diese offene Handelsgesellschaft dauernd mit Kohle beliefert.

Die genannte offene Handelsgesellschaft wurde im Rückstellungsverfahren verurteilt, der Drittbeklagten das Unternehmen Fango-Heilanstalt, dem Viertbeklagten das Brünnlbad zurückzustellen. Kläger begehrt nun von den beiden Beklagten zur ungeteilten Hand Bezahlung von 27.638 S samt 5% Zinsen seit 10. Jänner 1951 für an die oben erwähnte offene Handelsgesellschaft vor der Rückstellung für Zwecke des Brünnlbades und der Fango-Heilanstalt gelieferte Kohle, ferner aufgelaufene Verzugszinsen in der Höhe von 5244.49 S.

Die erste Instanz hat die Dritt- und den Viertbeklagten zur ungeteilten Hand mit den Gesellschaften der oben erwähnten offenen Handelsgesellschaft zur Zahlung von 27.638 S samt Nebengebühren verurteilt und das Begehren auf Zahlung von 5244.49 S abgewiesen.

Das Berufungsgericht hat bezüglich des Dritt- und Viertbeklagten aufgehoben.

Der Oberste Gerichtshof hob den Aufhebungsbeschluß rücksichtlich des Teilbetrages von 27.638 S samt Nebengebühren auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Streitentscheidend ist, ob und inwieweit der geschädigte Eigentümer für die vom Entzieher aufgenommenen Zwischenschulden haftet.

Der Erstrichter hatte die Haftung des geschädigten Eigentümers auf § 1041 ABGB. gestützt. Das Berufungsgericht hat die Versionshaftung offen gelassen. Sie ist zu verneinen, weil die Versionsklage nur gegen den gerichtet werden kann, der zur Zeit der Leistung des Aufwandes der Eigentümer war, nicht aber gegen seinen Singularsukzessor (vgl. Entscheidung des Brünner OG. vom 11. Dezember 1931, Slg. OG. 11252). Da die Lieferung der Kohle schon vor der Rückstellung der beiden Unternehmungen an die dritt- und viertbeklagte Partei erfolgte, so kommt § 1041 ABGB. überhaupt nicht zur Anwendung.

Der Anspruch des Klägers kann auch nicht auf eine Geschäftsführung ohne Antrag zugunsten der Dritt- und des Viertbeklagten gestützt werden, weil die öffentlichen Verwalter des Unternehmens nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Verwaltergesetz die Rechte der Personen (Personengemeinschaften) vertreten, für deren Unternehmungen sie zu öffentlichen Verwaltern bestellt worden sind. Wenn daher ein öffentlicher Verwalter eines Unternehmens eine Bestellung gemacht hat, so hat er als Vertreter des Eigentümers gehandelt - wenn auch die Bestellung zum Verwalter mit Rücksicht auf die bevorstehende Rückstellungspflicht erfolgt ist - und nicht als Geschäftsführer ohne Auftrag des Rückstellungsberechtigten. Daher hafte der Eigentümer für die während der öffentlichen Verwaltung eingegangenen Schulden und nicht der geschädigte Eigentümer (Erkenntnis des VerwGH. vom 22. 2. 1952, Zl. 2612/51, ÖJZ. 1952 S. 419). Die entgegenstehende Entscheidung vom 13. Dezember 1950, 3 Ob 507/50, kann daher vom entscheidenden Senat nicht übernommen werden, weil das Nichtigkeitsgesetz keine Rechtsänderung bewirkt, sondern nur ein Programm für den Gesetzgeber aufgestellt hat und die von den Rückstellungsgesetzen statuierte Nichtigkeit eine sogenannte relative Nichtigkeit ist, die nur zwischen den Parteien wirkt und dritten Personen keine Rechte gegen den geschädigten Eigentümer gewährt. Im gleichen Sinne auch das Erkenntnis der Obersten Rückstellungskommission vom 12. Juli 1952, Rkv. 136/52.

Verfehlt ist auch die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß aus § 10 Drittes Rückstellungsgesetz der Grundsatz zu entnehmen sei, daß jene Schulden zu übernehmen sind, die einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der rückzustellenden Sache haben. § 10 Drittes Rückstellungsgesetz bestimmt, daß gewisse dingliche Rechte bestehen bleiben; alle anderen mit dem Rang zwischen Entziehung und Rückstellung eingetragenen dinglichen Rechte Dritter erlöschen. Von den Personalschulden ist überhaupt keine Rede. Es kann daraus weder gefolgert werden, daß die Personalschulden unter gar keinen Umständen gegen den Rückerwerber geltend gemacht werden können, wie dies die herrschende Lehre (Kastner, ÖJZ. 1948, S. 342; Wolff bei Klang, 2. Aufl., zu § 1409 ABGB., S. 359; Klang, JBl. 1948, S. 448 und Wellacher, Schuldenhaftung des Übernehmers bei Übergang von Vermögen und Unternehmungen, S. 16; a. M. Berg, ÖJZ. 1948, S. 90 und Schinnerer, ÖJZ. 1952, S. 191 f.) annimmt, noch daß umgekehrt sich aus § 10 ergebe, daß der geschädigte Eigentümer die persönlichen Verbindlichkeiten des Entziehers, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Sachen stehen, übernehmen müsse. Das wäre ein weit über § 1409 ABGB. hinausgehendes privilegium odiosum des geschädigten Eigentümers, das dazu führen könnte, daß dieser persönlich zur Zahlung von Schulden, die der Entzieher eingegangen ist, auch dann verpflichtet wäre, wenn sie den Wert der rückgestellten Sache um ein Vielfaches übersteigen. Eine Anordnung der persönlichen Haftung kann aus der Anordnung des Übergehens der dinglichen Pfandhaftung für gewisse Schulden niemals abgeleitet werden. Da hat immer noch das argumentum a majori ad minus der herrschenden Lehre mehr für sich, obwohl die Personalhaftung gegenüber der dinglichen Haftung kein Minus, sondern ein Aliud ist (Entsch. vom 5. Dezember 1951, 1 Ob 827/51). Es kann ihr aber jedenfalls soviel zugegeben werden, daß aus der Regelung der §§ 10

f. Drittes Rückstellungsgesetz ein schwaches unterstützendes Argument gegen die Anwendbarkeit des § 1409 ABGB. auf Zwischenschulden entnommen werden kann, aber auch nicht mehr. Daß der Auffassung des Berufungsgerichtes nichtsdestoweniger bis zu einem gewissen Grade ein richtiger Rechtsgedanke zugrunde liegt, wird bei Besprechung der Gesamtsachenhaftung dargelegt werden. Der Oberste Gerichtshof hat sich mit dem Problem der Zwischenschulden bereits einmal in der Entscheidung vom 25. Juni 1950, SZ. XXIII/209, beschäftigt und damals unter Berufung auf § 25 HGB. - Fortführung der Firma des Entziehers durch einige Zeit - die Haftung des geschädigten Eigentümers bejaht. Dabei hat der Oberste Gerichtshof ausdrücklich hervorgehoben, daß die Voraussetzungen der Haftung nach § 25 HGB. und nach § 1409 ABGB. wohl unterschieden werden müssen. Aus der Bejahung der Haftung nach § 25 HGB. durch den Obersten Gerichtshof kann daher nicht erschlossen werden, daß auch der Rückstellungswerber nach § 1409 ABGB. hafte. Daß es sich hier um zwei vollständig verschiedene Tatbestände handelt, ist bereits lange vor der Entscheidung SZ. XXIII/209 von Kastner, ÖJZ. 1948, S. 243, hervorgehoben worden.

§ 25 HGB. ist ein Abkömmling der rezeptionsrechtlichen Auffassung eines Unternehmens als universitas, die, in den einzelnen Rechten verschieden, mit einer teils persönlich, teils auf das Unternehmen beschränkten Haftung des Übernehmers verbunden gedacht wurde, wobei darauf, ob die universitas im Vertrags-, Erbwege oder auf welche Weise immer überging, kein Gewicht gelegt wurde, um nur den charakteristischen Unterschied gegenüber § 1409 ABGB. hervorzuheben. Rückfall eines Unternehmens infolge Nichtigkeit des Erwerbsaktes und dergleichen begrunden daher die Haftung nach § 25 HGB., während diese Fälle, wie weiter unten dargelegt wird, nicht unter § 1409 ABGB. subsumiert werden können. Es ist daher verfehlt, wenn behauptet wird, daß der Oberste Gerichtshof durch die Bejahung der Haftung nach § 25 HGB. bereits auch die Anwendbarkeit des § 1409 ABGB. bejaht habe.

Das Hauptargument des Berufungsgerichtes, das die Dritt- und den Viertbeklagten zur Zahlung der vom Entzieher aufgenommenen Zwischenschulden verurteilt hat, ist, daß § 1409 ABGB. anwendbar sei. Das Schwergewicht der Argumentation des Berufungsgerichtes liegt auf Erwägungen, die sich aus der Gesamtsachennatur des Unternehmens ergeben. Diese Ausführungen liegen auf einer anderen Ebene wie die Haftung nach § 1409 ABGB., da die Gesamtsachenhaftung, wie der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung vom 25. Feber 1931, NotZtg. 1931, 73, dargelegt hat, sich z. B. auch auf die Haftung des Legatars für die auf dem vermachten Unternehmen haftenden Schulden bezieht, während § 1409, wie die Entscheidung vom 24. Jänner 1934, SZ. XVI/19, hervorhebt, sich auf die Übergänge von Todes wegen überhaupt nicht bezieht; es kann daher zu diesen Ausführungen an dieser Stelle die sich nur mit der Frage des § 1409 ABGB. befaßt, nicht Stellung genommen werden. Die beiden Haftungsgrunde nach § 1409 ABGB. und Haftung bei Übertragung einer Gesamtsache müssen vielmehr scharf auseinander gehalten werden.

Hier kann der Oberste Gerichtshof daher nur zu den Ausführungen des Berufungsgerichtes Stellung nehmen, die sich mit § 1409 ABGB. und seiner Auslegung befassen. Die vom Berufungsgericht vorgebrachten Gründe sind nicht geeignet, die im Schrifttum gegen die Anwendung des § 1409 auf Zwischenschulden vorgebrachten Argumente zu erschüttern. Die Judikatur hat sich bisher, wie bemerkt, mit dieser Frage nicht beschäftigt.

In erster Reihe stützt sich das Berufungsgericht auf § 6 Abs. 3 Drittes Rückstellungsgesetz, daß das Unternehmen mindestens in jenem Ausmaß rückzustellen ist, in dem es sich am 31. Juli 1946 befunden hat; daraus soll sich ergeben, daß das Unternehmen mit sämtlichen Aktiven und Passiven zurückzustellen ist. Das Berufungsgericht übersieht, daß die im § 6 Abs. 3 statuierte Rückstellungspflicht nur das innere Verhältnis zwischen Rückstellungswerber und Rückstellungsgegner betrifft und daß aus der Rückstellungspflicht daher ein Schluß auf die Haftung des geschädigten Eigentümers für die Schulden, die der Entzieher eingegangen ist, nicht gezogen werden kann. Auch spricht § 6 Abs. 3 nur davon, daß das Vermögen mindestens in dem Ausmaß und Zustand zurückzustellen ist, in dem es am 31. Juli 1946 bestanden hat. Schon aus dieser Erwägung muß es als ausgeschlossen angesehen werden, daß diese Mindestrückstellungsanordnung auch die Verpflichtung des Erwerbers umfasse, die Zwischenschulden mitzuübernehmen. Nicht minder verfehlt ist das weitere Argument, § 1409 diene dem Schutz des Publikums. Das ist gewiß richtig: Daraus kann aber nur gefolgert werden, daß, soweit § 1409 gilt, vertragliche Abänderungen nicht zulässig sind. Es kann aber aus dem Schutzcharakter dieser Norm nicht erschlossen werden, daß § 1409 über seinen Wortlaut und die ratio dieser Bestimmung hinaus in Rückstellungssachen zur Anwendung zu kommen habe.

Der Wortlaut des § 1409 ist eindeutig. Er spricht nicht nur von Übergabe und Übernahme, sondern auch von der fortdauernden Haftung des "Veräußerers", ein Ausdruck, der im § 1409 Abs. 2 und § 187 III. TeilNov. wiederholt wird, was eindeutig auf eine rechtsgeschäftliche Veräußerung hinweist. Auch die ratio des Gesetzes spricht für diese Auslegung; es sollte gerade mit Rücksicht auf die Gefahren, die mit der Veräußerung eines Vermögens verbunden sind, wodurch die Gläubiger durch Machenschaften der Vertragspartner geschädigt werden können, eine zusätzliche persönliche Haftung des Unternehmenserwerbers statuiert werden. Es fehlt jeder Anlaß, diese Ausnahmevorschrift über den Wortlaut des Gesetzes hinaus auf außervertragliche Übertragungen zu erstrecken, weil hier die Gefahr von Machenschaften nicht oder nur in geringerem Umfang besteht.

Abwegig ist auch die weitere Erwägung des Berufungsgerichtes, daß § 1409, obwohl keine vertragliche Vermögensübernahme vorliegt, angewendet werde müsse, weil der öffentliche Verwalter eine Person sei, welche die Verwaltung im Interesse des geschädigten Eigentümers zu führen habe und daher als gesetzlicher Treuhänder einem Bevollmächtigten des geschädigten Eigentümers gleichzuachten sei, der in seinem Interesse zu handeln habe. Die Unrichtigkeit der Anschauung, die im Falle der Verwaltung des Vermögens im Interesse dritter Personen den Verwalter zum akzessorischen Schuldner im Sinne des § 1409 stempelt, wird durch die Regelung des § 55c AO. dargelegt, die eine Liquidation des Ausgleichsvermögens nach Aufhebung des Ausgleichsverfahrens durch einen Sachwalter vorsieht, der die im Ausgleich angeordnete Vermögensliquidation im Interesse der Ausgleichsgläubiger durchzuführen hat. Auch wenn dem Sachwalter zum Zwecke der Erfüllung des Ausgleiches Vermögen des Schuldners übertragen wird, findet § 1409 keine Anwendung (§ 55c Abs. 2 AO.). Obwohl der Gesetzgeber hier offenbar nur an den Ausschluß einer persönlichen Haftung des Sachwalters denkt, ist bisher noch niemand auf den Gedanken verfallen, die Gläubiger persönlich haften zu lassen, obwohl die Liquidation allein in ihrem Interesse erfolgt. Auch außerhalb des Ausgleichsverfahrens finden stille Liquidationen in der Weise statt, daß ein von einem Kreditschutzverband zu nominierender Treuhänder die Abwicklung durchführt. Obwohl der Schuldner an dem Ergebnis der Versilberung seines Vermögens nicht weiter interessiert ist, da von vornherein feststeht, daß eine Hyperocha nicht zu erzielen ist und die Gläubiger in solchen Fällen auf die Nachzahlung des Ausfalles zu verzichten pflegen, so kann doch keine Rede sein, daß die Gläubiger, in deren Interesse die Abwicklung durchgeführt wird, persönlich für die mit der Abwicklung verbundenen Schulden haften. Die vom Berufungsgericht angenommene Erwägung ist daher nicht geeignet, die angebliche Haftung des geschädigten Eigentümers für die Zwischenschulden gemäß § 1409 zu begrunden.

Der Oberste Gerichtshof sieht sich infolgedessen nicht veranlaßt, von seiner bisherigen überwiegenden Praxis (z. B. Entsch. vom 25. Feber 1931, NotZtg. 1931, S. 73 (in fine); 27. Feber 1934, ZBl., 1934 Nr. 238; 6. März 1934, ZBl., 1934 Nr. 212; 4. Mai 1934, RZ. 1934 S. 154 u. a. m., ferner die Entscheidung des VGH. bzw. BGH. z. B. 12. Oktober 1927, Budw. 14.262 (F), 16. Oktober 1929, F 131/2 Rspr. 1929 Nr. 418; Entscheidung des verstärkten Senats vom 12. Mai 1937, Slg. 1015 (F) u. a. m., abzugeben, daß § 1409 nur einen Veräußerungsvertrag voraussetzt, zumal da diese Auffassung in der Rechtslehre, wenn man von dem oben erwähnten Aufsatz von Schinnerer absieht, fast ausnahmslos geteilt wird (Löbl, ZBl. 1937, S. 690;

Hugo Strauß, Haftung des Geschäftsnachfolgers (1937), S. 13 f.;

Klang, RZ. 1937, S. 469 und JBl. 1948, S. 438; Wolff bei Klang 2. Aufl., zu § 1409 ABGB., S. 356; Wellacher, Schuldenhaftung, S. 9 und 32).

Demgegenüber kann auch nicht eingewendet werden, daß der Oberste Gerichtshof in einer Reihe von Entscheidungen den Standpunkt vertreten habe, daß § 1409 keine Veräußerung, sondern nur eine tatsächliche Vermögensübernahme voraussetze. Es ist richtig, daß der Oberste Gerichtshof bisweilen, diese Auffassung vertreten hat, doch läßt sich diese von der herrschenden Lehre abweichende Auffassung nach erneuter Überprüfung der Rechtslage nicht aufrechterhalten. Wie weiter unten dargelegt, sind alle diese entgegengesetzten Entscheidungen im Ergebnis im wesentlichen richtig, nur wären sie richtiger nicht unter Hinweis auf die akzessorische persönliche Haftung des Unternehmensübernehmers nach § 1409, sondern aus den Gedankengängen der Gesamtsachenhaftung zu begrunden gewesen. Der Fehler dieser Entscheidung liegt daher im wesentlichen in der Begründung, die von den praktisch nicht mehr bedeutsamen Unterschieden der Haftung nach § 1409 und der nach § 302 ABGB. absieht.

Man kann aber auch nicht, wie die Entscheidung vom 3. Dezember 1929, Rspr. 1930 Nr. 54, getan hat, durch analoge Anwendung des § 1409 zur Haftung eines jeden gelangen, der tatsächlich die in einem Unternehmen gebundenen wirtschaftlichen Werte übernimmt und zu seinem Vorteil nützt, also jeden haftbar machen, der sich auf welche Weise immer auch nur einseitig die mit einem Unternehmen verbundenen Vorteile zuwendet. Diese Auffassung scheitert daran, daß § 1409 auf einem synallagmatischen Vertragsverhältnis aufgebaut ist; ferner wäre bei einer Ausdehnung auf nichtvertragsmäßige Übernehmer die Einschränkung auf diejenigen Schulden, die der Übernehmer kannte oder kennen mußte, sinnlos. Sie hat ihren vernünftigen Sinn nur im Zusammenhang mit dem Schutz des Erwerbers, der vom Veräußerer, obwohl er alles getan hat, um den Schuldenstand zu erfahren, nicht entsprechend informiert worden ist. Ein nicht vertragsmäßiger Übernehmer z. B. ein Rückstellungsberechtigter oder sonstiger Anfechtungsberechtigter hat aber in der Regel gar keine Möglichkeit, vor der Übernahme in die Bücher Einsicht zu nehmen, auch trifft den Übergeber ohne Vertrag keine Informationspflicht. Er würde also in der Regel, da der Übernehmer die Schulden nicht kennen kann, gar nicht haften, es sei denn, er wäre ein naher Angehöriger im Sinne des § 187 III. TeilNov. Die strengere Haftung naher Angehöriger außerhalb einer vertragsmäßigen Übernahme läßt sich gleichfalls nicht vertreten. Diese Auffassung würde endlich zu dem Ergebnis führen, daß nahe Angehörige, die nach dem Tode des Unternehmers das Unternehmen, da keine Abhandlung stattgefunden hat, fortführen, de facto strenger, nämlich unbeschränkt, für die Geschäftsschulden des Erblassers haften würden, als die Erben, die eine bedingte Erbserklärung abgegeben haben und deren Haftung daher auf die Haftung pro viribus des Nachlasses beschränkt ist.

Mit der sinngemäßen Anwendung des Grundsatzes des § 1409 läßt sich daher die Haftung des außervertraglichen Übernehmers eines Unternehmens gleichfalls nicht rechtfertigen.

Nur der Vollständigkeit halber sei endlich noch zu der Auffassung von Berg, ÖJZ. 1949, S. 90, Stellung genommen, der gegen die herrschende Lehre einwendet, daß nicht einzusehen sei, warum § 1409 nicht auf Rückstellungsfälle angewendet werden dürfe, wenn man zugebe, daß er dort analog anzuwenden sei, wo eine Vermögensübertragung durch öffentlich-rechtliche Verfügung angeordnet worden sei. Es ist Berg zuzugeben, daß diese Schlußfolgerung kaum zu widerlegen wäre, wenn man mit einzelnen Schriftstellern annehmen wollte, daß § 1409 bei öffentlichrechtlichen Eingriffen anwendbar ist. Der Oberste Gerichtshof hat aber diese Lehre immer abgelehnt und findet sich auch jetzt nicht veranlaßt, von seiner mehr als 30jährigen Praxis abzugehen, da er die für diese Auffassung vorgebrachten Argumente nicht für beweiskräftig erachtet. Es mag ohneweiters zugegeben werden, daß § 1409 nicht auf privatrechtliche Vermögensübertragungen beschränkt ist. Daraus folgt aber nur, daß § 1409 auch dann anwendbar ist, wenn die Vermögensübertragung auf Grund eines öffentlich-rechtlichen Vertrages stattgefunden hat, z. B. bei Gebietsabtretungen zwischen Gemeinden. Es ist aber ein Gedankensprung, wenn daraus, daß zwischen Veräußerung eines Vermögens durch privat-rechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Vertrag kein Unterschied gemacht wird, gefolgert wird, daß § 1409 auch bei obrigkeitlichen Verfügungen anzuwenden ist. Es entspricht nicht rationeller Gesetzesauslegung, zu behaupten, bei privat-rechtlichen Vermögensübernahmen müsse ein Vertrag vorliegen, bei öffentlich-rechtlichen Übertragungen sei das wesentliche, ob ein mit Schulden belasteter Vermögenskomplex in die Hände eines anderen Inhabers gelangt ist, als in die Hände dessen, der die Schulden gemacht hat.

Hält man aber mit dem Obersten Gerichtshof daran fest, daß § 1409 ABGB. bei privat-rechtlichen und öffentlich-rechtlichen Vermögensübertragungen ausnahmslos einen Vertrag voraussetzt, so entfällt auch das wesentliche Argument Bergs, mit dem er die herrschende Auffassung, daß § 1409 auf die Zwischenschulden des Entziehers nicht anwendbar sei, zu widerlegen versucht hat.

Wenn also auch der Oberste Gerichtshof § 1409 auf die Zwischenschulden anzuwenden ablehnt, so kommt doch auch das Revisionsgericht zu dem Ergebnis, daß die Zwischenschulden am Unternehmen kleben und mit ihm auf den geschädigten Eigentümer, wenn auch unter Beschränkung auf die Sachhaftung mit dem Unternehmen übergehen.

Dies ist erstmalig in der Entsch. v. 13. November 1924, SZ. VI/357 ausgesprochen worden. Unter Billigung des Obersten Gerichtshofes hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß es auch außerhalb einer dinglichen Haftung Fälle gibt, in denen ein Dritter in ein bestehendes Obligationsverhältnis eintritt, wenn er eine Sache erwirbt, auf die sich ein Forderungsrecht bezieht oder an das es geknüpft war. Hieher zähle insbesondere der Fall, wenn jemand durch Übernahme eines Unternehmens oder Vermögens den Deckungsfonds einer Obligation an sich ziehe und sich damit ein Subjektwechsel ohne Einwilligung und Mitwirkung des berechtigten Gläubigers vollziehe. Das Berufungsgericht bezeichnet die von ihm gewährte Klage ausdrücklich als ein jus scriptum in rem, will also offenbar dem Gläubiger keine persönliche Klage zusprechen, sondern nur einen auf das übernommene Vermögen oder Unternehmen beschränkten Anspruch zuerkennen.

Den gleichen Gedanken haben das Oberlandesgericht Graz in der Entsch. v. 9. Oktober 1930, 2 R 334/50, und der Oberste Gerichtshof in der die Entscheidung bestätigenden Entsch. v. 25. Feber 1931, NotZ. 1931 S. 73, aus dem Begriff des Unternehmens als einer Gesamtsache abgeleitet. Es handelte sich damals um die Frage, ob der Legatar, dem ein Unternehmen vermacht worden ist, die auf dem Unternehmen lastenden Geschäftsschulden zu tragen hat oder ob er vom Erben den Ersatz verlangen kann. Darüber, daß § 1409 nicht anwendbar ist, bestand kein Zweifel, da diese gesetzliche Bestimmung nur das Verhältnis vom Gläubiger zum Unternehmer betreffe. Beide Instanzen erweiterten aber den im § 1409 durchscheinenden Rechtsgedanken zu einer Schuldenaufteilung zwischen dem hier auf Grund eines Legats übernommenen Unternehmen und dem Restvermögen.

Die Bezeichnung eines Unternehmens als Gesamtsache ist rezeptionsrechtliche Tradition (vgl. Ansaldus, Discursus legales de commercio, disc. 98, Nr. 40, der nicht nur im Veräußerungsfall nur das Unternehmen haften läßt, sondern auch dann, wenn ein Einzelkaufmann ein Unternehmen betreibt, die Haftung auf das Unternehmen beschränkt). Auch Zeiller, der sich mit diesem Fragenkomplex freilich nicht näher befaßt, führt zu § 302 ABGB. den Kramladen als Beispiel einer Gesamtsache an. Winiwarter, II, 19, geht schon etwas näher auf die einschlägigen Probleme ein und erörtert das Warenlager als Beispiel einer universitas rerum, bei der es nicht auf die Individualität der Bestandteile ankommt und die immer die gleiche bleibt, auch wenn alle Einzelsachen wechseln. Besonders eindringlich haben die italienischen Kommentare zum ABGB. auf den Charakter eines Unternehmens als einer Gesamtsache hingewiesen, besonders Taglioni (1817), 191, Nr. 206, und Carozzi (1820), VIII, 53, Nr. 26; aber auch Mattei (1853) und Foramiti (1853) zu § 301 ABGB. Es ist also altösterreichische Tradition, die bis in die Zeiten der Erlassung des ABGB. zurückgeht, wenn die Entsch. v. 25. Feber 1931, NotZtg. 1931 S. 73, deren Bedeutung erst jüngst wieder von Weiss bei Klang, 2. Auflage, zu § 662 ABGB. S. 561 hervorgehoben wurde, das Unternehmen als Gesamtsache bezeichnet. Aus dem Charakter des Unternehmens als Gesamtsache leitet aber der Oberste Gerichtshof ab, daß der Legatar eines Unternehmens auch die auf dem Unternehmen lastenden Personalschulden übernehme und sich im Fall ihrer Bezahlung nicht am Erben regressieren könne. Es widerspräche dem Wesen eines Unternehmens als einer rechtlichen und wirtschaftlichen Einheit, wenn der Erwerber eines Unternehmens bloß die Aktiven desselben erhielte, nicht aber für die Passiven aufzukommen hätte. Übrigens hatte bereits die Entsch. v. 11. Jänner 1927, SZ. IX/22, ein Sondervermögen als einen Inbegriff bezeichnet, der sich aus Rechten und Pflichten zusammensetze, ähnlich die Entsch. v. 8. Juni 1933, ZBl. 1933 Nr. 293. Es müsse sich um ein Sondervermögen, einen Inbegriff von Rechten und Pflichten handeln, mit dem seiner Zweckbestimmung nach besonders gehaftet wird. Die juristische Bedeutung des Sondervermögens wird also in der Sachhaftung des Sondervermögens erblickt, das wenigstens wirtschaftlich bisher zum Deckungsfonds des Sondervermögensgläubigers gehört hat; ebenso Entsch. v. 6. Oktober 1937, RZ. 1937 S. 527; sie spricht vom "Inbegriff von Sachen, mit denen besonders gehaftet wird". Auf den Deckungsfonds verweist auch die Entsch. v. 7. April 1936, RZ. 1936 S. 140, "Inbegriff der Aktionen des früheren Vermögensinhabers, die die Grundlage seines bisher genossenen Personalkredits gebildet hat".

Mit dieser Auffassung des Unternehmens als Gesamtsache steht nur die Entsch. des RG. v. 16. Jänner 1943, RG. 170, 292, im Widerspruch, die den Unterschied von Gesamtsachen mit wechselndem und unverändertem Bestande verkennt und daraus im Widerspruch mit der österreichischen Tradition dem Unternehmen den Gesamtsachencharakter aberkennt.

Hält man dagegen mit der Praxis des Obersten Gerichtshofes daran fest, daß ein Unternehmen eine Gesamtsache ist, und daß jeder, der die Gesamtsache erwirbt, zugleich auch mit der Gesamtsache die darauf haftenden Schulden übernimmt und verpflichtet ist, aus der Gesamtsache diese Schulden zu zahlen, so folgt daraus, daß der Erwerber eines Unternehmens, auch wenn die Voraussetzungen des § 1409 ABGB. nicht vorliegen, zwar nicht, wie dies § 1409 vorsieht, persönlich mit einem übrigen Vermögen, aber doch mit dem Unternehmen für die Schulden, die auf dem Unternehmen lasten, haftet. Er haftet daher insbesondere, wenn ein Veräußerungsvertrag dem Erwerb nicht zugrunde liegt als Gesamtsachenübernehmer, aber bloß cum viribus. Ob er die Schulden gekannt hat oder nicht, ist bedeutungslos, ebenso ist es rechtlich irrelevant, ob er ein naher Angehöriger des früheren Inhabers war, weil § 1409 nicht zur Anwendung gelangt.

Seine Gesamthandhaftung entfällt dann, wenn ein Spezialgesetz die Haftungsübernahme regelt, so bei der vertraglichen Übernahme nach § 1409 oder der Übernahme des Nachlasses im Erbwege. Hat aber eine Abhandlung nicht stattgefunden oder ist ein Unternehmen einem Vermächtnisnehmer im Legatswege zugefallen, so haftet er cum viribus für die Unternehmensschulden, aber nie über den Wert des Unternehmens im Zeitpunkt des Erwerbes hinaus, weil in der Haftung cum viribus immer die Einschränkung pro viribus eingeschlossen ist.

Die Haftung cum viribus verwandelt sich nur dann in eine Haftung pro viribus, wenn sich der Erwerber des Unternehmens, das den Haftungsstock für die Unternehmensgläubiger bildet, entäußert. Das ist auch sonst im österreichischen Recht für analoge Fälle in der Rechtsprechung anerkannt; so haftet z. B. der Ehegatte, dem aus der Aufteilung einer Gütergemeinschaft ein Vermögen zugefallen ist, grundsätzlich nur cum viribus, bis zum Werte des Erhaltenen aber dann, wenn er das ihm zugefallene Vermögen nicht mehr besitzt (SZ. XIX/98); im wesentlichen die gleichen Grundsätze gelten bei Auflösung einer bürgerlichen Gesellschaft (vgl. Entsch. v. 22. April 1863, GZ. 1863, S. 510).

Durch diese Auslegung des § 302 ABGB. durch den Obersten Gerichtshof wird z. B. die Unbilligkeit vermieden, daß die erblasserische Witwe, die ein Unternehmen mit Witwenkonzession fortführt, ohne daß eine Abhandlung stattgefunden hat - weil, wie es wiederholt vorkommt, von dem Abhandlungsgerichte der Unternehmerwert in der Abhandlung nicht berücksichtigt wurde - die Warenschulden ihres verstorbenen Mannes nicht bezahlen muß und daß sie sich mit den von den Gläubigern ihres Mannes gelieferten Waren auf deren Kosten ein neues Unternehmen aufbauen kann. Sie muß sie zwar bezahlen, haftet aber nur mit dem Unternehmen für diese Schuld. Von diesem Gesichtspunkt aus ist es auch richtig, wenn im Falle der Umwandlung einer Gesellschaft m. b. H. in ein Einzelunternehmen oder umgekehrt, ohne daß eine förmliche Rechtsnachfolge nach § 1409 stattgefunden hat, das neuerrichtete Unternehmen für die Geschäftsschulden seines Vorgängers haftet (vgl. SZ. VII/333) oder wenn die Republik Österreich für Zahlung der Eisenbahnschulden des ehemaligen Wirtschaftskörpers der österreichischen Bundesbahnen verhalten wurde (Entsch. v. 30. Juni 1950, 2 Ob 321/50), unter Beschränkung auf die Haftung auf das übernommene Unternehmen.

Wer nach Nichtigerklärung eines Veräußerungsvertrages ein Unternehmen zurückerwirbt, muß deshalb auch die Zwischenschulden aus dem Unternehmen bezahlen, aber nicht über den Unternehmenswert am Tag der Rückerwerbung hinaus; dagegen braucht der Verpächter, der nach Ablauf der Pacht das Unternehmen zurücknimmt, die Schulden des Pächters nicht zu bezahlen, weil der Pächter nur ein eingeschränktes Recht am Unternehmen hatte und nicht Eigentümer im Sinne der §§ 285, 383 ABGB. des Unternehmens war. Das entspricht, wie die Entsch. v. 6. März 1934, ZBl. 1934 Nr. 212, hervorgehoben hat, auch der Vertragsgrundlage, weil bei einer Pachtübernahme nur das Pachtrecht die Kreditunterlage des Pächters bildet und nicht das Unternehmen selbst.

Diese Grundsätze müssen auch dann gelten, wenn ein Unternehmen an den geschädigten Eigentümer zurückgestellt wird. Er haftet zwar nicht persönlich wie der Erwerber unter Lebenden nach § 1409, aber doch mit dem Unternehmen; persönlich nur, wenn er das Unternehmen nicht mehr besitzt, und zwar nie mit mehr als bis zum Wert des Unternehmens am Tage des Rückerwerbes. Hat er Schulden in der Höhe des Wertes des übernommenen Unternehmens gezahlt, so ist jede weitere Haftung erloschen. Der Deckungsfonds, auf dem die Gläubiger des Entziehers Kredit gewährt haben, bleibt diesen nach wie vor verfangen. Sie können aber auch nie mehr erhalten, als sie vom früheren Besitzer aus dem Unternehmen erzielen konnten.

Jede andere Lösung wäre auch mit den allgemeinen Rechtsgrundsätzen und dem Aufbau des Rückstellungsrechtes, wie es von der Praxis entwickelt wurde, unvereinbar. Der geschädigte Eigentümer erhält das Unternehmen zurück, so wie es liegt und steht. Die vom Entzieher neu angeschafften Waren und Maschinen müssen ebenfalls zurückgestellt werden. Auch die ausständigen Forderungen gehen auf ihn über. Die ständige Praxis verpflichtet ihn sogar, Geschäftslokale, die er dazugemietet hat, ebenfalls dem geschädigten Eigentümer zurückzugeben. Alle diese Entscheidungen folgen aus dem Gedanken, daß das Unternehmen eine Einheit bildet, das immer dasselbe Unternehmen bleibt, auch wenn die einzelnen Bestandteile wechseln. Zu diesen Bestandteilen des Unternehmens, wenn auch auf der Passivseite, gehören auch die Unternehmensschulden, ganz gleichgültig, ob sie vor oder nach der Entziehung entstanden sind. Sie müssen daher auch aus dem Unternehmen, soweit sein Wert zureicht, bezahlt werden.

Diese Lösung ist auch billig; der geschädigte Eigentümer riskiert nie mehr als den Verlust des rückgestellten Unternehmens, ohne daß ihm eine bei der Rückstellung nicht übersehbare persönliche Haftung auferlegt würde.

Der Oberste Gerichtshof ist daher der Auffassung, daß ein Rückstellungswerber verpflichtet ist, die Schulden, die am Unternehmen, das er zurückerhält, kleben, zu bezahlen, wobei seine Haftung nur auf das Unternehmen und dessen Wert im Zeitpunkt der Rückstellung beschränkt ist.

Die Verrechnung zwischen Rückstellungsberechtigten und Rückstellungsverpflichteten wird dadurch nicht berührt, weil der Rückstellungsverpflichtete nach wie vor Primärschuldner bleibt und der Rückstellungsberechtigte erst dann, wenn er Zahlungen geleistet hat, vom Hauptschuldner Ersatz verlangen kann.

Im vorliegenden Falle ist die Sache nur insofern kompliziert, als es sich um mehrere entzogene Unternehmungen handelt, die vom Kläger mit Kohle beliefert wurden und nunmehr die Frage zur Erörterung steht, ob und in welchem Verhältnis die Kohlenschuld aufzuteilen ist. Der Oberste Gerichtshof ließ sich dabei von nachstehenden Erwägungen leiten.

Wenn ein einheitliches Unternehmen übernommen wird, so haftet der Übernehmer den Gläubigern nur für die zum Unternehmen gehörigen Schulden: das sind die Schulden, die mit dem Unternehmen in einem sachlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, die zum Zwecke des Erwerbes, der Verbesserung, Erhaltung oder Verwaltung zum Betriebe des Unternehmens eingegangen wurden (Entsch. v. 16. Mai 1934, SZ. XVI/108; RG. 23. Juni 1943, EvBl. 1943 Nr. 192). Wenn es sich also um die Rückstellung eines einheitlichen Unternehmens handelt, so ist es klar, daß nur die Schulden bezahlt werden müssen, die zu diesem Unternehmen gehört haben und nicht um Schulden, die mit einem anderen Unternehmen zusammenhängen, das zufällig derselben Person gehört und abgesondert von dem erstangeführten Unternehmen betrieben worden ist.

Darum handelt es sich diesmal aber nicht. Die Entzieher haben drei Unternehmungen zu einem verschmolzen und sie einheitlich in Form einer offenen Handelsgesellschaft betrieben. Wenn eine offene Handelsgesellschaft oder auch eine Einzelfirma mehrere Unternehmungen gemeinsam betreibt und Bestellungen macht, so kann man diese Bestellungen nicht auf einzelne bestimmte Betriebsstellen aufteilen. Man käme sonst zu dem Ergebnis, daß der mit dem Einkauf betraute Betrieb immer nur Schulden, der Verkaufsbetrieb nur Forderungen hätte. Man muß vielmehr sagen, daß alle Schulden eines einheitlich geführten Unternehmens alle Teilbetriebe mitbelastet, daß sie zu allen Teilbetrieben gehören, ohne daß man eine Aufteilung der Schulden auf die Teilbetriebe vornehmen könnte. Wird daher ein Teilbetrieb veräußert oder rückgestellt, so haftet der Erwerber für alle zum Gesamtbetrieb gehörigen Schulden (Entsch. v. 27. Dezember 1928, SZ. X/364) und bleibt es ihm überlassen, sich an den Teilbetriebsinhabern gemäß der sie intern treffenden Belastung zu regressieren.

Das Berufungsgericht hat daher mit Recht die Dritt- und den Viertbeklagten solidarisch für die Kohlenschulden für haftpflichtig erklärt, wenn auch seine Begründung, daß es darauf ankomme, ob die Gesellschafter des früheren Unternehmens solidarisch, quotenmäßig oder gar nicht (bei einer AG.) ihren Gläubigern gehaftet haben, nicht zugestimmt werden kann.

Zusammenfassend kommt daher der Oberste Gerichtshof zu dem Ergebnis, daß die Dritt- und der Viertbeklagte dem Kläger für die Kohlenschulden mit ihren rückgestellten Unternehmungen haftpflichtig sind. Ob sie die Kohlenschuld kannten, ist bedeutungslos. Da die Verurteilung nur auf Zahlung aus dem Unternehmen lauten kann, so kommt es auch im Prozeßverfahren nicht darauf an, ob die Kohlenschuld im Unternehmenswert Deckung findet. Daß mehr an Schulden bereits bezahlt wurden, als der Wert der rückgestellten Unternehmungen ausmacht, wurde in den unteren Instanzen nicht behauptet. Die Sache ist daher spruchreif und mußte infolgedessen in diesem Punkt der berufungsgerichtliche Aufhebungsbeschluß aufgehoben werden.

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