OGH 1Ob568/89

OGH1Ob568/8914.6.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Kodek und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Ingeborg G***, Hausfrau, Wien 20., Treustraße 65/8/9, vertreten durch Dr. Adolf Kriegler, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Kurt G***, Dentist, Wien 5., Leopold

Rister-Gasse 5/10/56, vertreten durch Dr. Karl Mathias Weber, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 22.Dezember 1988, GZ 43 R 649/88-57, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 18.Mai 1988, GZ 3 F 4/85-44, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Soweit die Kostenentscheidung des Rekursgerichtes bekämpft wird, wird der Revisionsrekurs zurückgewiesen.

Im übrigen wird ihm nicht Folge gegeben.

Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin die mit S 9.887,50 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin enthalten S 1.648 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Begründung

Die am 15.9.1956 geschlossene Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 18.1.1985, 11 Cg 366/84-7, rechtskräftig gemäß § 55 Abs.3 EheG geschieden. Es wurde ausgesprochen, daß der Antragsgegner die Zerrüttung der Ehe allein verschuldete. Aus der Ehe entstammt ein bereits volljähriges Kind. Die häusliche Gemeinschaft war 1973 aufgehoben worden. Die Antragstellerin war während der Ehe nicht berufstätig. Sie führte den Haushalt und pflegte und erzog das 1957 geborene Kind. Während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft erwarb der Antragsgegner die Liegenschaft EZ 2077 KG Kottingbrunn mit den Grundstücken 1192/17 und 1192/18. Auf dem Grundstück 1192/17 wurde 1967 ein eingeschoßiges Wohnhaus errichtet. Mit Kaufvertrag vom 28.6.1977 veräußerte der Antragsgegner die Liegenschaft an Rosa P***, behielt sich aber Wohnungsrecht und Fruchtgenußrecht vor. Der derzeitige Wert der Liegenschaft unter Ausklammerung der nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft geschaffenen Zu- und Umbauten beträgt S 1,540.000. Zwischen den Streitteilen besteht Einigkeit, daß die Antragstellerin die Hauptmietrechte an der seinerzeitigen Ehewohnung in Wien 20., Treustraße 65/8/9 und das Eigentum an dem dort befindlichen Hausrat übertragen erhält, dem Antragsgegner aber die Einrichtung des Hauses in Kottingbrunn verbleiben soll. Strittig ist nur mehr die Höhe der vom Antragsgegner an die Antragstellerin zu leistenden Ausgleichszahlung.

Die Antragstellerin beantragt, diese Ausgleichszahlung mit S 1,000.000 festzusetzen.

Das Erstgericht setzte die vom Antragsgegner binnen zwei Monaten zu leistende Ausgleichszahlung mit S 770.000 fest. Der Beitrag beider Ehepartner zur Schaffung gemeinsamen Vermögens während der Ehe sei gleich gewesen. Maßgeblich sei unter Ausklammerung der nach Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft erfolgten Zu- und Umbauten, der jetzige Verkehrswert der Liegenschaft in Kottingbrunn. Da von der Gleichwertigkeit des bei jedem Teil verbliebenen Hausrates auszugehen sei, sei die Hälfte dieses Wertes der Antragstellerin als Ausgleichszahlung zuzuerkennen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners nicht Folge, den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erklärte es für zulässig. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Da durch § 232 Abs.2 AußStrG kein Weg zur Anfechtung der Kostenentscheidung des Rekursgerichtes eröffnet wurde (EFSlg.55.870; SZ 54/149 uva), ist der Revisionsrekurs des Antragsgegners, soweit er darin die Kostenentscheidung des Rekursgerichtes bekämpfte, als unzulässig zurückzuweisen.

Im übrigen ist sein Revisionsrekurs, in dem er nur mehr den Bewertungsstichtag und die Nichtberücksichtigung der Veräußerung seiner Liegenschaft bekämpft, nicht berechtigt.

Die Veräußerung der Liegenschaft in Kottingbrunn erfolgte zwar vor Einbringung der Scheidungsklage, aber nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß die Bestimmung des § 91 Abs.1 EheG, wonach eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse, die innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren vor Einbringung der Ehescheidungsklage bzw. Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft veräußert wurden, in die Aufteilung einzubeziehen sind, wenn die Verringerung der Gestaltung der Lebensverhältnisse der Ehegatten während der ehelichen Lebensgemeinschaft widersprochen hat, auch auf den Fall anzuwenden ist, in dem die Vermögensverringerung nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft, aber vor Einbringung der Scheidungsklage erfolgte (EFSlg.51.809, 49.007/2, 41.415). Dafür, daß der Verkauf der Liegenschaft an Rosa P***, die nach den Behauptungen der Antragstellerin im Scheidungsverfahren die Lebensgefährtin des Antragsgegners gewesen sei, unter gleichzeitiger Einräumung eines Fruchtgenuß- und Wohnungsrechtes zugunsten des Antragsgegners eine Maßnahme gewesen sei, die nach den Umständen vermutlich auch bei aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft nicht anders getroffen worden wäre, hat der dafür beweispflichtige (EFSlg.49.002/2) Antragsgegner nicht einmal behauptet. Entgegen den Rekursausführungen entspricht es auch ständiger Rechtsprechung, daß bei der Ermittlung der einzelnen Vermögenswerte der Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz dann maßgeblich ist, wenn Wertsteigerungen zwischen dem Stichtag und dem Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz ohne besonderes Zutun eines der beiden Ehegatten eingetreten sind (EFSlg.54.638, 54.533, 51.728, 48.909 uva). Solche - fiktive - Wertsteigerungen sind aber auch dann zu berücksichtigen, wenn der Wert des Fehlenden nach § 91 Abs.1 EheG in die Aufteilung einzubeziehen ist (EFSlg.54.638), wäre doch sonst der geschiedene Ehegatte, der sich ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse begeben hat, bessergestellt als der, der die Vermögenswerte bewahrte. Beim Wert des Fehlenden handelt es sich daher um jenen Wert, den der Vermögensgegenstand im Zeitpunkt der Aufteilung gehabt hätte, würde er sich noch in der Aufteilungsmasse befinden (JAB 916 BlgNR 14.GP 19; SZ 55/192). Zwischenzeitig erfolgte Steigerungen des Verkehrswertes durch Um- und Zubauten des Hauses in Kottingbrunn wurden bei der Wertermittlung von den Vorinstanzen ohnedies nicht berücksichtigt. Die im Rahmen der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung erfolgten Aufwendungen, die unzulässigerweise vom Rekurswerber erstmals im Revisionsrekurs als Abzugspost geltend gemacht werden, können, da sie auch bei aufrechter Lebensgemeinschaft entstanden wären, nicht zur Verringerung der Aufteilungsmasse führen.

Die vom Rekurswerber ebenfalls geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens bildet gemäß § 232 Abs.1 AußStrG keinen tauglichen Anfechtungsgrund (EFSlg.55.864, 52.933 uva). Dem Rekurs ist der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 234 Abs.2 AußStrG. Da der Antragsgegner entgegen der Rekurserklärung mit seinem Abänderungsantrag die Herabsetzung der Ausgleichszahlung bloß auf S 510.000 anstrebt, war Bemessungsgrundlage der Differenzbetrag von S 260.000.

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