Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Das Strafbezirksgericht Wien hat mit Urteil vom 16. 11. 1957, 2 U 270/57-17, die Klägerin von der gegen diese von Katharina, Herbert und Georg M***** erhobenen Privatanklage wegen Übertretung gegen die Sicherheit der Ehre gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Dieses Urteil wurde vom Landesgericht für Strafsachen Wien mit Urteil vom 19. 2. 1958, 12 a Bl 122/58-11, bestätigt. Auf Antrag der Klägerin bestimmte das Erstgericht mit Beschluss vom 26. 6. 1958, 2 U 270/57-24, deren Kosten mit 1.618,31 S und trug den Privatanklägern die Zahlung dieses Betrages auf. Gegen diesen Beschluss brachten Katharina M***** und Gen. rechtzeitig eine Beschwerde ein, die jedoch durch ein Versehen der Kanzleibeamtin dem Richter nicht vorgelegt wurde. Dieser musste daher annehmen, dass der erwähnte Kostenbestimmungsbeschluss in Rechtskraft erwachsen war und erteilte am 9. 9. 1958 irrtümlich die Vollstreckbarkeitsbestätigung. Auf Grund dieser vollstreckbaren Beschlussausfertigung hat die Klägerin die Fahrnisexekution gegen Katharina, Herbert und Georg M***** beantragt, die das Exekutionsgericht Wien mit Beschluss vom 30. 9. 1958, GZ 4 E 8043/58-1, bewilligt hat. Die Verpflichteten haben hierauf am 22. 10. 1958 beim Exekutionsgericht Wien zu 4 C 24/58 eine Klage auf Aufhebung der Exekutionsbewilligung eingebracht. Diese Klage stützte sich darauf, dass der Kostenbestimmungsbeschluss noch nicht vollstreckbar sei, da er rechtzeitig mit Beschwerde angefochten und über die Beschwerde noch nicht entscheiden worden sei. Die Klage sowie die Verständigung von der für 27. 11. 1958 anberaumten Tagsatzung wurde der Klägerin am 7. 11. 1958 zu eigenen Handen zugestellt, nachdem bereits am 6. 11. 1958 deren Rechtsvertreter Dr. Tlapek von der Aufschiebung der Exekution verständigt worden war. Der Vertreter der Klägerin beantragte, obwohl er sich durch Einsichtnahme in den Akt 2 U 270/57 des Strafbezirksgerichtes Wien von der Richtigkeit der Klagsausführungen hätten überzeugen können, nicht die Einstellung der Exekution noch vor der mündlichen Streitverhandlung, sondern anerkannte erst bei dieser den Klagsanspruch und begehrte den Zuspruch der Kosten dieser Tagsatzung, weil die Beklagte (Vera P*****) vor der Klagsführung nicht zur Einstellung der Exekution aufgefordert worden sei. Nach Einschränkung des Klagebegehrens auf die Kosten verurteilte das Exekutionsgericht Wien mit Urteil vom 5. 12. 1958, 4 C 24/58-7, die Beklagte (nunmehrige Klägerin) zur Zahlung der mit 464,45 S bestimmten Kosten der Kläger und begründete dies damit, dass die Beklagte (Vera P*****) genügend Zeit gehabt hätte, vor der Verhandlung dem Klagebegehren zu entsprechen und die Exekution einzustellen.
Auf Grund dieses Sachverhalts erhob die Klägerin zu 38 Cg 12/59 des Erstgerichtes die Amtshaftungsklage auf Zahlung von 785,05 S. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus den Kosten von 464,45 S zuzüglich der Urteilsgebühr von 12,60 S, ferner aus 308 S an Kosten der Klägerin für den genannten Rechtsstreit. Überdies begehrte sie die Kosten der Exekutionsführung im Betrag von 159,80 S.
Mit Entscheidung vom 15. 6. 1959, 38 Cg 12/59-6, wies das Erstgericht die Klage hinsichtlich des Teilbetrages von 159,80 S zurück, weil insoweit die beklagte Partei zur Anerkennung des Ersatzanspruches nicht aufgefordert worden war (§ 8 AHG). Von den übrigen begehrten 785,05 S sprach das Erstgericht nur 45,42 S zu und wies das Mehrbegehren ab, weil die Klägerin durch einen rechtzeitigen Einstellungsantrag die Kosten hätten vermeiden können. Den Zurückweisungsbeschluss ließ die Klägerin unbekämpft; ihre Berufung blieb erfolglos.
Mit Schreiben vom 25. 6. 1959 forderte der Klagevertreter die Finanzprokuratur zur Anerkennung des Ersatzanspruches von 159,80 S auf. Ohne dass ihr eine Erklärung über ihr Begehren zugegangen wäre, erhob die Klägerin am 21. 9. 1959 die nun vorliegende Amtshaftungsklage auf Zahlung der 159,80 S.
Das Erstgericht verwarf die von der beklagten Partei erhobene Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs und verurteilte. Es meinte, es sei nicht einzusehen, warum in dem Verfahren, in dem grundsätzlich die Verhältnisse im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz maßgebend seien, nicht auch davon ausgegangen werden könne, dass die allerdings im Zeitpunkt der Klagseinbringung unzulässige Klageführung (= Bestreitung des Rechtsweges) infolge fruchtlosen Ablaufes der Frist nicht schließlich zulässig geworden sei. Zu dem komme noch, dass die im § 8 AHG angeführte qualifizierte Mahnung bereits durch Zustellung der Klage 38 Cg 12/59 gegeben sei, denn aus dieser Klage habe die Finanzprokuratur bezüglich der Forderung von 159,80 S genau ersehen können, worauf sich diese Forderung stütze. Das Berufungsgericht gab dem Rekurs der beklagten Partei Folge und änderte den Beschluss, womit die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs verworfen worden war, dahin ab, dass dieser Einrede Folge gegeben wurde. Demgemäß wurde auch der Berufung Folge gegeben, die angefochtene Sachentscheidung und das Verfahren bis einschließlich der Zustellung der Klage aufgehoben und die Klage zurückgewiesen. Das Berufungsgericht lehnte es ab, auf den Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung abzustellen und die vorangegangene Klage als Aufforderungsschreiben nach § 8 AHG gelten zu lassen. Den berufungsgerichtlichen Zurückweisungsbeschluss bekämpft die Klägerin mit Revisionsrekurs.
Der Revisionsrekurs ist nicht begründet.
Rechtliche Beurteilung
Die Meinung, dass der Geschädigte schon vor Ablauf von drei Monaten nach Einlangen der Aufforderung zur Anerkennung des Ersatzanspruchs beim Rechtsträger seinen Anspruch durch Klage geltend machen könne und dass es genüge, wenn die dreimonatige Frist bis zum Schluss der Verhandlung erster Instanz abgelaufen sei, wird im Revisionsrekurs nicht mehr vorgetragen. Sie ist auch abzulehnen. Dies ergeben bereits die Entscheidungen vom 15. 3. 1950, 2 Ob 155/50, SZ XXIII/68, und vom 29. 11. 1950, 1 Ob 469/50, SZ XXIII/349. Sodann hat der Oberste Gerichtshof auch noch in einem dem jetzt zu entscheidenden gleichgelagerten Fall ausgesprochen, dass nach dem klaren Wortlaut des § 8 AHG der Geschädigte vor Ablauf der dreimonatigen Frist seien Ersatzanspruch durch Klage nicht geltend machen könne; seine vor Ablauf dieses Zeitraums eingebrachte Klage sei daher wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückzuweisen; § 406 ZPO könne nicht herangezogen werden; maßgebend sei nur, ob im Zeitpunkt der Klageeinbringung die formellen Voraussetzungen des § 8 AHG für die Zulässigkeit des Rechtswegs erfüllt seien; die Einhaltung der Bestimmungen des § 8 AHG sei keine materielle Voraussetzung des Anspruchs, sondern eine prozessuale Voraussetzung für die Klage (siehe 12. 10. 1955, 1 Ob 546/55). An dieser Auffassung hält der Oberste Gerichtshof fest. Aus ihr ergibt sich aber bereits, dass die weitere Frage, ob eine vorangegangene Klage die schriftliche Aufforderung nach § 8 AHG ersetzen könne, verneint werden muss. Die Aufforderung gemäß § 8 AHG kann nicht mit einer Mahnung, die - wie im Revisionsrekurs an sich richtig ausgeführt wird - in der Regel durch die Klage ersetzt werden kann, verglichen werden. Es handelt sich bei dieser Aufforderung nicht um eine Mahnung, durch die der Ersatzanspruch fällig gestellt werden soll, sondern um eine formalrechtliche Erklärung, die eine Bedingung für die Eröffnung des Rechtsweges darstellt (Loebenstein-Kaniak, Kommentar zum AHG S 106 und die bereits zitierten Entscheidungen). Diesen Umstand bringt das Gesetz auch schon in sprachlicher Beziehung dadurch zum Ausdruck, dass es den Ausdruck Mahnung vermeidet und von Aufforderung spricht. Durch die Gleichstellung der Vorausklage mit der Aufforderung nach § 8 AHG würde auch der Zweck der Bestimmung vereitelt werden. Die Aufforderung soll den Rechtsträger veranlassen, zunächst im eigenen Bereich den behaupteten Anspruch zu prüfen und gegebenenfalls anzuerkennen, damit ein Rechtsstreit vermieden werden kann. Wurde nun ohne vorangegangene Aufforderung ein Rechtsstreit eingeleitet, so kann sich - wie schon das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - die beklagte Partei auf die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs beschränken. Schon dieses Verhalten muss gemäß § 8 AHG zur Erledigung des Rechtsstreits durch Zurückweisung der Klage führen, so dass die beklagte Partei zunächst keinen Anlass hat, auf die materielle Prüfung des Anspruchs einzugehen. Diese soll vielmehr durch die Aufforderung gemäß § 8 AHG, die trotz der vorangegangenen Klage notwendig bleibt, herbeigeführt werden.
Dem Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu geben. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf §§ 40, 50 ZPO.
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