Normen
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1295
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1313a
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1338
AHG §1
AHG §18
Bundesverfassungsgesetz Art23
Bundesverfassungsgesetz Art103 Abs1
Bundesverfassungsgesetz Art120
Wohnungsanforderungsgesetz §18 Abs3
Wohnungsanforderungsgesetz §21
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1295
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1313a
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1338
AHG §1
AHG §18
Bundesverfassungsgesetz Art23
Bundesverfassungsgesetz Art103 Abs1
Bundesverfassungsgesetz Art120
Wohnungsanforderungsgesetz §18 Abs3
Wohnungsanforderungsgesetz §21
Spruch:
Für gesetzwidrige Handlungen der Landes- oder Gemeindeorgane im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung haftet der Bund, für gesetzwidrige Handlungen der Gemeindeorgane in Ausübung des vom Lande übertragenen Wirkungskreises haftet das Land.
Entscheidung vom 27. Feber 1953, 1 Ob 565/52.
I. Instanz: Landesgericht Salzburg; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.
Text
Die Klägerin war Inhaberin einer Wohnung in Salzburg. Das Wohnungsamt inSalzburg forderte diese Wohnung mit dem Bescheid vom 30. August 1949 rechtskräftig an. Mit dem Bescheid vom 7. Feber 1950 ordnete der Magistrat Salzburg an, daß die Klägerin ihre Wohnung binnen 14 Tagen zu räumen habe, widrigenfalls die Räumung auf ihre Kosten angeordnet würde. Gleichzeitig wurde die Räumung für den 15. Tag angeordnet. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin fristgerecht die Berufung an die Landesregierung in Salzburg. Diese gab der Berufung Folge und hob den Bescheid vom 27. Feber 1950 als gesetzwidrig auf (mit dem Bescheid vom 14. April 1950). Inzwischen wurde aber die Klägerin am 16. März 1950 durch Organe der beklagten Partei delogiert. Durch die in Abwesenheit der Klägerin vorgenommene Delogierung bekamen fremde Personen Zutritt zu den Wohnräumen. Es wurden der Klägerin auf diese Weise aus ihrer Wohnung 350 S gestohlen. Die Täter blieben unbekannt.
Die Beklagte hat lediglich den Mangel ihrer Passivlegitimation eingewendet, im übrigen aber den Schadenersatzanspruch in Höhe von 350 S anerkannt.
Die Klägerin begehrt Schadenersatz von der beklagten Statutargemeinde, weil der Bürgermeister-Stellvertreter der genannten Gemeinde den von ihm gemäß § 18 Abs. 1 WAG. erteilten Räumungsauftrag, entgegen den Bestimmungen des § 18 Abs. 3 WAG. durch die Exekutionsorgane der Gemeinde habe vollstrecken lassen, statt, wie dies die genannte Gesetzesstelle vorschreibt, sich darauf zu beschränken, bei Gericht den Räumungsantrag nach der Exekutionsordnung zu stellen, wodurch, wie unbestritten, der Klägerin ein Schaden in der Höhe des Klagsbetrages entstanden ist. Da nach § 21 Abs. 2 WAG. der Landeshauptmann als Berufungsbehörde gegen Anordnungen der Gemeinde nach dem Wohnungsanforderungsgesetz einschreitet, so folge daraus, daß die Anordnung des Bürgermeister-Stellvertreters, deren Rechtmäßigkeit bestritten wird, im Sinne des § 39 Abs. 1 des Landesverfassungsgesetzes vom 20. April 1949, LGBl. Nr. 54, für Salzburg (Stadtrecht der Landeshauptstadt Salzburg), als in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes getroffen anzusehen sei. Das ist auch zwischen den Parteien nicht strittig, wenn sie auch in Verkennung der durch das Salzburger Stadtrecht von 1949 geschaffenen Rechtslage irrig vom übertragenen Wirkungskreis der Gemeinde im Sinne des Art. 6 des Reichsgemeindegesetzes vom 5. März 1862, RGBl. Nr. 18, sprechen.
Der Streit der Parteien geht nur darum, ob bei rechtswidrigen Verfügungen einer Gemeinde im übertragenen Wirkungskreis die Gemeinde oder der Bund gemäß § 1 AHG. hafte.
Die erste Instanz hat entschieden, daß die Gemeinde hafte, und daher der Klage stattgegeben, die zweite Instanz hingegen ist der Auffassung, daß der Bund der richtige Beklagte sei, und hat infolgedessen die Klage abgewiesen.
Die Klägerin ficht dieses Urteil mit Revision an, in der nur der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend gemacht wird.
Die Revision der Klägerin blieb ohne Erfolg.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Im vorliegenden Fall handelt es sich um die Frage ob die Gemeinde Salzburg für den durch eine fehlerhafte Amtshandlung des Bürgermeister-Stellvertreters dieser Gemeinde verursachten Schaden hafte. Der Oberste Gerichtshof hat sich daher bei der Entscheidung des vorliegenden Rechtsfalles auf die Analyse des Salzburger Stadtrechtes zu beschränken und kann es dahingestellt lassen, ob diese Ausführungen auch für andere Gemeinden gelten. Daraus ergibt sich bereits, daß das von der Beklagten vorgelegte Rechtsgutachten außer Betracht zu bleiben hat, weil dieses Gutachten nur mit den Begriffen des Reichsgemeindegesetzes von 1862 operiert, während das Reichsgemeindegesetz - richtiger, da dieses immer nur ein Grundsatzgesetz war, die auf dieser Grundlage erlassene Gemeindeordnung für Salzburg - durch das Salzburger Stadtrecht in der zur Entscheidung stehenden Frage auf eine neue, dem derzeitigen Verfassungsrecht angepaßte Grundlage gestellt worden ist.
Während das Reichsgemeindegesetz 1862 und die darauf aufbauenden Landesgemeindeordnungen von einem selbständigen und einem übertragenen Wirkungskreis gesprochen haben unterscheidet das Salzburger Stadtrecht, ob die Gemeinde als Behörde (§§ 39 bis 42) oder als Selbstverwaltungskörper (§§ 43 bis 57) wirkt. Bei der Betätigung als Behörde wieder wird unterschieden, ob die Gemeinde in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes oder des Landes handelt oder in Angelegenheiten der auf Grund freien Beschlußrechtes zu erhebenden Abgaben. Die Ausübung des erstangeführten Wirkungskreises ist nach § 39 Abs. 1 monokratisch organisiert. Sie ist Aufgabe des Bürgermeisters, der bei der Ausübung dieses Wirkungskreises, je nachdem es sich um Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes bzw. des Landes handelt, im ersteren Falle dem Landeshauptmann, in letzterem der Landesregierung untersteht (§ 39 Abs. 2). Er ist hiebei an die Weisungen der genannten Organe gebunden und ihnen für seine amtliche Tätigkeit verantwortlich (Abs. 3). Der Stadtsenat kann beschließen, daß bestimmte Gruppen von Angelegenheiten im Namen des Bürgermeisters von dem Bürgermeister-Stellvertreter zu führen sind. Das ist im vorliegenden Fall offenbar geschehen, da der Bescheid, dessen Rechtswidrigkeit behauptet wird, vom Bürgermeister-Stellvertreter unterschrieben ist.
Durch die angeführten Bestimmungen des Salzburger Stadtrechtes, also eines Salzburger Landesverfassungsgesetzes, ist Art. IV des Reichsgemeindegesetzes (bzw. die alte Landesgemeindeordnung), die einen selbständigen und übertragenen Wirkungskreis unterschieden, derogiert. Da § 8 lit. f BVerfÜG. 1920 Änderungen in den Rechtsverhältnissen der Ortsgemeinden bis zur Erlassung des in Art. 120 B-VG. in Aussicht gestellten Bundesverfassungsgesetzes durch die Landesgesetzgebung nur insoweit gestattet, als hiedurch die in den Art. IV, V, VI ReichsgemeindeG. enthaltenen grundsätzlichen Bestimmungen zur Regelung des Gemeindewesens nicht berührt werden, so mußte der Oberste Gerichtshof erwägen, ob die vorerwähnte Regelung des Salzburger Stadtrechtes mit Art. 8 BVerfÜG. im Einklang steht oder ob der Oberste Gerichtshof nicht wegen vorliegender Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des Salzburger Stadtrechtes verpflichtet ist, die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über die Verfassungsmäßigkeit des genannten Salzburger Landesverfassungsgesetzes einzuholen.
Der Oberste Gerichtshof ist nach eingehender Erwägung zu dem Ergebnis gelangt, daß Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes, soweit es im vorliegenden Falle zur Anwendung gelangt, nicht bestehen. Die Agenden des Wirkungskreises in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes oder des Landes entsprechen im wesentlichen denen des übertragenen Wirkungskreises des Reichsgemeindegesetzes. Nur die Terminologie ist der der jetzt geltenden Bundesverfassung angepaßt. Zweifel könnten nur insofern bestehen, als gewisse nach Art. V ReichsgemeindeG. zum selbständigen Wirkungskreis der Gemeinde gehörige Berechtigungen in dem Salzburger Stadtrecht fehlen und daher in den in §§ 39 ff. geregelten Wirkungskreis fallen. Da aber diese Funktionen im vorliegenden Rechtsstreit nicht in Betracht kommen, weil die vom Bürgermeister-Stellvertreter getroffenen Maßnahmen auch nach dem Reichsgemeindegesetz als in den übertragenen Wirkungskreis fallend angesehen werden müßten, so findet der Oberste Gerichtshof keine Veranlassung, die Verfassungsmäßigkeit des Salzburger Stadtrechtes näher zu untersuchen, da keine der vorzitierten Einzelbestimmungen des § 39 ff. eine Änderung der grundsätzlichen Regelung gegenüber dem früheren Gemeinderecht, soweit sie in diesem Rechtsstreit bedeutsam ist, enthält.
Die zu entscheidende Rechtsfrage spitzt sich daher dahin zu, ob die Gemeinde wegen rechtswidriger Bescheide in Sachen des Wirkungskreises der Vollziehung von Angelegenheiten des Bundes als justus contradictor anzusehen ist.
Für die Entscheidung dieser Frage ist zunächst die Entstehungsgeschichte des Wortlautes des § 1 AHG. von Interesse.
Art. 12 des Staatsgrundgesetzes vom 21. Dezember 1867, RGBl. Nr. 145, über die Regierungs- und Vollziehungsgewalt, enthielt nur die allgemeine Bestimmung, daß sämtliche Staatsdiener für die Beobachtung der Gesetze und einer derselben entsprechenden Geschäftsführung verantwortlich sind und daß eine zivilrechtliche Haftung für die durch pflichtwidrige Verfügungen verursachten Rechtsverletzungen durch ein Gesetz normiert werde, das bekanntlich in der Monarchie nie erlassen worden ist. Das Staatsgrundgesetz dachte offenbar nur an die Staatsbeamten (arg. "Staatsdiener"), sodaß das Problem einer Verteilung der Haftung zwischen Kronländern und Staat noch nicht in den Gesichtskreis des Gesetzgebers trat.
Das erste Gesetz, das auch zu dieser Frage Stellung nahm, war der Schlußsatz des Art. 23 Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes 1920, BGBl. Nr. 1/1920, der bestimmt: "Der Bund, die Länder oder die Gemeinden haften für die Rechtsverletzungen der von ihnen bestellten Personen".
Die Formulierung geht auf ausländische Vorbilder, insbesondere auf das preußische und deutsche Recht zurück.
Die deutsche Judikatur hatte schon frühzeitig, bevor noch besondere Amtshaftungspflichtgesetze erlassen worden waren, insbesondere in den Ländern, in denen französisches Zivilrecht galt, sich mit der Frage der Haftung der Gebietskörperschaft befaßt, weil die Gerichtspraxis die Bestimmung der Haftung des commettant nach Art. 1384 code civil auch auf das Verhältnis der öffentlich-rechtlichen Körperschaften für die Verfehlungen ihrer Beamten erstreckte. Dort tauchte auch zum ersten Mal das Problem auf, welche Gebietskörperschaft zu haften habe, wenn eine niedrigere Gebietskörperschaft kraft gesetzlicher Delegierung Amtsbefugnisse einer höheren Gebietskörperschaft ausübt. Das deutsche Reichsgericht entschied bereits in den Entscheidungen vom 28. Mai 1886 und 7. Feber 1888, wie RG. 54, 24 berichtet daß diejenige Körperschaft zu haften habe, die den Beamten angestellt hat.
An dieser Praxis hielt das deutsche Reichsgericht auch nach Erlassung des preußischen Gesetzes vom 1. August 1909 über die Haftung des Staates und anderer Verbände für Amtspflichtverletzungen von Beamten bei Ausübung der öffentlichen Gewalt, Ges.Slg. 1909, 691, fest. Als entscheidend wurde angesehen, in wessen Dienst der Beamte stand, auch wenn er bei einer Amtsausübung Hoheitsrechte einer anderen Person des öffentlichen Rechtes wahrgenommen hat (RG. 111, 12; 126, 83; 140, 127 u. a. m.). Wie RG. 111, 12 mitteilt, hatte man bei den Kommissionsberatungen auch die Frage in Erörterung gezogen, ob nicht die Haftung dem Verband aufzuerlegen wäre, dessen Machtbefugnisse anläßlich der Amtspflichtverletzungen betätigt worden waren, doch hat das Abstellen auf die Funktion, in der der Beamte tätig geworden ist, nicht die Billigung des preußischen Landtages gefunden. Nur beim Landrat wurde nach der Funktion, in der er amtsgehandelt hat, unterschieden, doch liegt hier nur eine scheinbare Ausnahme vor, weil die Judikatur immer wieder betont, daß er sowohl staatlicher wie kommunaler Beamter ist und im Dienste des Staates und seines Kreises steht (RG. 100, 188; 111, 13; 137, 44; 140, 127).
Der Gedanke, nur der Verband hafte, der den schuldtragenden Beamten angestellt hat, wurde mit aller Schärfe durchgeführt; das Reichsgericht ließ, wenn ein Beamter in einem unteren Verbande auf Grund einer Weisung eines höheren Verbandes gehandelt hat, ersteren nicht haften, weil dem an die Weisung gebundenen Beamten des nachgeordneten Verbandes keine Schuld angelastet werden könne, der schuldtragende Beamte also nur der dem höheren Verband angehörige weisungerteilende Beamte sei (RG. 7. März 1933, HRR. 1933 Nr. 1185).
Die Weimarer Verfassung hat in Art. 131 den gleichen Grundsatz übernommen, daß das Anstellungsverhältnis entscheide, und in diesem Sinne hat auch die Judikatur Art. 131 Weimarer Verfassung ausgelegt (z. E. 125, 12 ff.; 137, 39 u. a. m.). Auch Art. 34 des westdeutschen Grundgesetzes hat an diesen Grundsätzen nichts geändert.
Die österreichische Bundesverfassung von 1920 hat zunächst den Grundsatz der Weimarer Verfassung der Maßgeblichkeit des Anstellungsverhältnisses übernommen, ist aber bald davon abgerückt.
§ 13 der Bundesverfassungsgesetznovelle, BGBl. Nr. 268/1925, änderte den letzten Satz des Art. 23 Abs. 1, daß "die Gebietskörperschaften für die Rechtsverletzungen der von ihnen bestellten Personen haften", dahin ab, daß sie "für die Rechtsverletzungen der als ihre Organe handelnden Personen" haften. Die Motive der Regierungsvorlage zu §§ 12 und 13 der Novelle (327 der Anlagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates, II. Gesetzgebungsperiode) begrunden diese Änderung mit nachstehenden Worten: "Durch die Änderung soll die Haftpflicht von der Autorität, die die handelnde Person bestellt hat, übergehen auf die Autorität, als deren Organ die Person gehandelt hat. Die Änderung erscheint deshalb notwendig, weil andernfalls beispielsweise ein Land auch für die Amtshandlungen eines Landeshauptmannes in den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung haftpflichtig wäre, obwohl dieser allenfalls im konkreten Fall über Weisung des vorgesetzten Bundesministers vorgegangen ist. Die beantragte Konstruktion ist jedenfalls logisch und praktisch richtiger".
Aus dem Umstand, daß der zitierte Motivenbericht zur Verdeutlichung der Bedeutung der Novelle nur auf die Amtshandlungen des Landeshauptmannes hinweist, kann nicht geschlossen werden, daß die Gesetzesverfasser von der Auffassung ausgegangen sind, daß die neu eingeführte Organhaftung nur rücksichtlich der Landesverwaltung oder gar nur ihrer obersten Spitze gelten sollte. Vielmehr führt der Motivenbericht die Haftung des Bundes für die Amtshandlungen eines Landeshauptmannes in den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung nur "beispielsweise" an, woraus sich ergibt, daß man es damals als selbstverständlich angenommen hat, daß bei der Auslegung der neuen Fassung des Art. 23 die gleichen Folgerungen auch für die übrigen im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung tätigen Organe, also auch für die Gemeindevertreter, gezogen werden muß.
Die 2. Bundesverfassungsnovelle, BGBl. Nr. 392/1929, hat den von der Bundesverfassungsnovelle 1925 neu eingeführten Gedanken der Haftung für die als Organ handelnden Personen unverändert gelassen (§ 10).
Die durch die Bundesverfassungsnovelle 1929 eingeführten Abänderungen des Art. 23 B-VG. sind für das hier erörterte Problem bedeutungslos.
Die Gesetzesausgabe von Fröhlich - Adamovich, 2. Aufl. hat die Auslegung des Motivenberichtes zur Novelle 1925 übernommen (Anm. 3 zu Art. 23 B-VG.): "Maßgebend ist somit der Kompetenzbereich, innerhalb dessen ein Organ handelt. Für gesetzwidrige Handlungen von Landes- oder Gemeindeorganen im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung haftet daher der Bund, für gesetzwidrige Handlungen der Gemeindeorgane in Ausübung des vom Lande übertragenen Wirkungskreises haftet das Land". Diese Bemerkung kehrt auch in allen folgenden Auflagen, auch in den von Adamovich allein bearbeiteten, wieder, auch in Anm. 2 zu Art. 14 der Ständeverfassung 1934. Nur in der unmittelbar vor Kundmachung des Amtshaftungsgesetzes erschienenen 7. Auflage ist sie - offenbar weil im Zeitpunkt der Herausgabe dieser Auflage das vom Nationalrat beschlosseneBundesverfassungsgesetz noch nicht kundgemacht war - weggelassen. In der 8. Auflage ist sie als Anm. 4 wieder aufgenommen und als Begründung hinzugefügt, daß die betreffenden (Landes-, Gemeindebehörden) im übertragenen Wirkungskreis funktionell als Organ des Bundes bzw. des Landes handeln.
Art. 23 in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. Nr. 19/1949, hat den entscheidenden Wortlaut (Haftung für die als Organe haftenden Personen) unverändert gelassen; auch § 1 AHG. hat die Fassung der Novelle 1925 übernommen. Trotz Festhalten an dem Wortlaut der Verfassungsnovelle 1925 ist aber der Ausschußbericht (siehe Amtsblatt der Justizverwaltung 1949, S. 13) zu einer anderen Auslegung gelangt, als der Motivenbericht 1925 und Fröhlich - Adamovich die Novelle 1925 verstanden haben.
Der Ausschußbericht führt aus: "Das Gesetz bestimmt, daß diejenige Körperschaft haftet, als deren Organ der Schädigende gehandelt hat. Damit ist auf die funktionelle Stellung des Handelnden zum Rechtsträger abgestellt. Das Organ einer Gemeinde oder einer Kammer, das in Vollziehung des diesen Körperschaften übertragenen Wirkungsbereiches tätig ist, handelt somit als Organ der Gemeinde bzw. der Kammer. Der Landeshauptmann, der in Vollziehung der mittelbaren Bundesverwaltung tätig ist, ist aber Organ des Bundes und nicht des Landes. Der Organbegriff bestimmt sich daher nicht nach der dienstrechtlichen Stellung der handelnden Personen ...".
Der Auffassung des Motivenberichtes zum B-VG., BGBl. Nr. 19/1949, haben sich Stradal, GemeindeZ. 1948, H, 8 S. 7 und 1949 H. 15 S. 13, Saulich ebenda 1948, H. 16 S. 13 und Oberhuber ebenda 1949, H. 12 S. 1 angeschlossen; ferner Kaniak, JBl. 1949, S. 145, und in dem von ihm gemeinsam mit Loebenstein herausgegebenen Kommentar zum Amtshaftungsgesetz, S. 39 und 71. Die Ausführungen in den JBl. beschränken sich auf eine Paraphrase des zitierten Motivenberichtes; im Kommentar wird unter Hinweis auf deutsche Literatur ohne weitere Begründung die Behauptung aufgestellt, daß der übertragene Wirkungskreis der Selbstverwaltungskörperschaften nicht dem Bürgermeister oder dem Präsidenten einer Kammer übertragen sei, sondern der Selbstverwaltungskörperschaft, während nach Art. 102 B-VG. nicht das Land, sondern der Landeshauptmann und die ihm unterstellten Landesbehörden die Vollziehung des Bundes ausüben. Die Verfassung habe den Organen der Selbstverwaltungskörperschaften die Funktion als Organ der Selbstverwaltungskörperschaft belassen, aber der Körperschaft ein Stück der Bundesvollziehung als übertragene Aufgabe zugewiesen. In der mittelbaren Bundesverwaltung trete aber der Landeshauptmann aus seiner funktionellen Stellung als Organ des Landes heraus und übernehme die funktionelle Stellung eines Organs des Bundes (sog. Funktionstheorie).
Die gegenteilige Meinung (sog. Organtheorie) vertreten 1. ohne nähere Begründung Hellbling, JBl. 1949 S. 183, und 2. insbesondere Spanner, ÖJZ. 1950 S. 50 ff. und JBl. 1951 S. 327. Auch Spanner beruft sich im erstangeführten Aufsatz gleich Kaniak auf den Motivenbericht, wo von derfunktionellen Stellung der Handelnden zum Rechtsträger die Rede sei; daraus sei aber zu folgern, daß es nicht darauf ankomme, wessen Organ (organisatorisch), sondern in wessen Namen und für wen (funktionell) das Organ tätig sei. Das müsse nicht nur vom Landeshauptmann und von den ihm unterstellten Landesorganen gelten, sondern auch von den Organen der Gemeinde oder anderen Einrichtungen der Selbstverwaltung. Der entscheidende Gesichtspunkt Spanners, den er nicht aus dem Gesetz, sondern aus dem Motivenbericht ableitet, ist kurz gesagt der, man kann das Land nicht anders behandeln als die anderen Selbstverwaltungskörper. In den JBl. 1951 S. 327 wiederholt Spanner zunächst das Argument, daß ihm die Stellung eines Bürgermeisters, der im übertragenen Wirkungskreis Bundesaufgaben erfülle, nicht entscheidend von der Stellung eines Landeshauptmannes oder eines Bezirkshauptmannes in der mittelbaren Bundesverwaltung verschieden erscheine. Er sei ebenso an Weisungen der obersten Bundesbehörden gebunden. Auch räume das BV-ÜG. in § 8 Abs. 5 lit. e dem Bund eine gewisse Aufsicht über die Tätigkeit der Gemeinden ein.
Die Judikatur hat bisher zu dem Problem nicht Stellung genommen, wohl aber läßt sich eine gewisse Tendenz der Rechtsprechung aus einzelnen Entscheidungen erkennen, die noch in die Zeit der Monarchie zurückgehen.
Die erste Entscheidung stammt vom Reichsgericht (Entscheidung vom 8. April 1913, Hye 2005). Es handelte sich damals um die Auslegung des Schlußsatzes des § 61 Abs. 1 Tierseuchengesetz 1909, wonach die aus Anlaß der Epidemiebekämpfung auflaufenden Kosten dem Staatsschatz zur Last fallen, soweit sie nicht den Gemeinden obliegende Amtshandlungen betreffen. Die Statutargemeinde Brünn verlangte nun vom Staat Ersatz gewisser Aufwendungen, die sie als Statutargemeinde, da sie zugleich politische Verwaltungsbehörde erster Instanz war, hatte aufwenden müssen, die sie aber nicht zu tragen gehabt hätte, wenn sie nicht eine Stadt mit eigenem Statut gewesen wäre. Das Reichsgericht gab dem Begehren Folge, weil es sich nicht um eine Amtshandlung gehandelt habe, welche der Gemeinde als solcher oblag, sondern um eine Amtshandlung derselben als politischer (Bezirks-) Behörde erster Instanz für ihr Territorium. Wenn daher vom Beklagtenvertreter der Ersatz der aufgewendeten Desinfektionskosten der Stadtgemeinde Brünn aus dem Staatsschatz deshalb abgelehnt wurde, weil die Durchführung derselben der Stadtgemeinde Brünn als einer Statutargemeinde mit Rücksicht auf ihren Wirkungskreis als politische Behörde erster Instanz oblag, so könne dieser Ablehnungsgrund nicht als stichhältig angesehen werden. Dasalte Reichsgericht ging also von dem Grundsatz aus, daß einer Statutargemeinde nicht aus diesem Gründe allein höhere Lasten auferlegt werden können, als einer gewöhnlichen Gemeinde.
Die zweite hieher gehörige Entscheidung betraf die Auslegung des Hofdekretes vom 14. März 1806, JGS. 758 (Entscheidung vom 25. Mai 1904, GlUNF. 2703). Hier handelte es sich um die Frage, ob ein Gemeindewachmann, der Funktionen ausübte, die zweifellos Ausübung staatlicher Befugnisse sind, sich auf das Privileg der Nichtklagbarkeit, das das erst durch das Amtshaftungsgesetz aufgehobene Hofdekret vom 14. März 1806 den Staatsbeamten eingeräumt hat, berufen könne. Das Berufungsgericht bejahte und wies die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück, weil der Beklagte, wiewohl Gemeindewachmann, bei seiner Amtshandlung nach § 8 VogelschutzG. Geschäfte des Staates besorge also Dienste eines Staatsbeamten verrichtet habe. Der Oberste Gerichtshof bestätigte unter Hinweis auf die berufungsgerichtliche Begründung und in der Erwägung, daß, wenn auch der Ausdruck "Staatsbeamter" im Hofdekret vom 14. März 1806 nicht gleichbedeutend mit "öffentlicher Beamter", sondern im engsten Sinne genommen wurde, es doch sicherlich nur auf die Amtshandlung und nicht darauf ankommen könne, ob der betreffende Funktionär aus Staats- oder Gemeindemitteln bezahlt werde und daß gegebenenfalls die zum Gegenstand der Schadenersatzklage gemachte Amtshandlung des Gemeindewachmannes die Ausübung staatlicher Befugnisse, nämlich die den staatlichen politischen Behörden obliegende Handhabung des Vogelschutzgesetzes betroffen habe. Freilich gibt es auch Entscheidungen, welche die Haftung von Gemeindefunktionären für Schäden, die sie im Ausübung des übertragenen Wirkungskreises zugefügt haben, bejahen, weil sie auch wenn sie bei Ausübung obrigkeitlicher Gewalt als Organe des Staates amtshandeln, dochGemeindefunktionäre bleiben und nicht Staatsbeamte sind (Entscheidung vom 19. November 1907 GlUNF. 3981 und 18. Feber 1908, GlUNF. 4134). Es kann heute, nach Aufhebung des Hofdekretes von 1806 dahingestellt bleiben, ob der Ausdruck "Staatsbeamter" im genannten Hofdekret als Angestellter des Staates gemeint war oder als funktionelle Bezeichnung der Täter, der Oberste Gerichtshof erwähnt diese Kontroverse nur deshalb in diesem Zusammenhang, um anzudeuten, daß eine Richtung in der österreichischen Rechtsprechung schon vor der Bundesverfassungsgesetznovelle 1925 dahin gegangen ist, auf die funktionelle Tätigkeit mehr Gewicht zu legen, als auf das Angestelltenverhältnis des Beamten.
Faßt man die Ergebnisse der Darstellung des status controversiae und dergeschichtlichen Entwicklung zusammen, so kann jedenfalls gesagt werden, daß die Entstehungsgeschichte der heutigen Formulierung des Art. 23 B-VG. und des § 1 AHG. dafür spricht, die Wendung "die als ihre Person handelnden Organe" im Sinne der Organtheorie auszulegen. Wenn sich einer der oben angeführten Schriftsteller zur Widerlegung dieser Auffassung auf die deutsche Rechtslehre zu berufen sucht, so kann diesem Argument keine Durchschlagskraft zuerkannt werden, weil das deutsche Recht auf dem Stand unserer Verfassung von 1920 stehen geblieben ist und die Weiterentwicklung, die unsere Verfassung im Jahre 1925 erfahren hat, nicht mitgemacht hat.
Das Hauptargument der Revision, daß die Gemeinde auch für fehlerhafte Amtshandlungen im Wirkungskreis der mittelbaren Bundes- oder Landesverwaltung hafte, wird aus folgenden Erwägungen gezogen:
Bei der mittelbaren Bundesverwaltung führe der Landeshauptmann die Geschäfte der Bundesverwaltung in der Landesinstanz und nicht das Land bzw. die Landesregierung. Während in dem einen Falle die Gemeinde als Körperschaft mit der Führung der betreffenden Agenden betraut werde, sei im anderen Fall der Landeshauptmann als eine physische Person zur Besorgung der Geschäfte verpflichtet. Art. 102 B-VG. sage eindeutig, daß im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung der Landeshauptmann die Vollziehung des Bundes ausübe, wobei Art. 103 Abs. 1 B-VG. die Art der Durchführung der mittelbaren Bundesverwaltung durch den Landeshauptmann näher umschreibe. Abs. 2 gebe dem Landeshauptmann die Möglichkeit, zur Führung dieser Angelegenheiten auch Mitglieder der Landesregierung heranzuziehen. Anderseits räume Art. 115 B-VG., der allerdings mangels einer ausführenden Bestimmung noch rein programmatischen Charakter trage, den Gemeinden das Selbstverwaltungsrecht ein, das den Ländern nicht zustehe. Hiezu komme Art. IV Reichsgemeindegesetz, der einen doppelten Wirkungskreis der Gemeinde unterscheide: a) einen selbständigen, b) einen übertragenen. Art. VI ReichsgemeindeG. definiere den übertragenen Wirkungskreis geradezu als die Verpflichtung der Gemeinde zur Mitwirkung für die Zwecke der öffentlichen Verwaltung. Alle drei Gesetzesstellen sollen eindeutig besagen, daß der übertragene Wirkungskreis der Gemeinde selbst und nicht dem Bürgermeister eingeräumt werde.
Es mag dahingestellt bleiben, ob wirklich aus dem Reichsgemeindegesetz gefolgert werden muß, daß die Gemeinde und nicht der Gemeindevorsteher Subjekt der mit der Besorgung des übertragenen Wirkungskreises verbundenen Pflichten gewesen ist; ein so grundlicher Kenner des österreichischen Verwaltungsrechtes wie Prazak hat dies schon vor 60 Jahren mit gewichtigen Argumenten bezweifelt (Rakouske pravo ustavni I, (1895), 393). Da heute die Reichsgemeindeordnung in Salzburg durch das Salzburger Stadtrecht ersetzt worden ist, das nur mehr von mittelbarer Bundesverwaltung und nicht mehr von übertragenem Wirkungskreis spricht, genügt der Hinweis, daß dieses Landesverfassungsgesetz den Wirkungskreis des Bürgermeisters in § 39 ganz nach Analogie des Landeshauptmannes regelt. Es fehlt daher jeder Anlaß, Landeshauptmann und Gemeinde in einen begrifflichen Gegensatz setzen zu wollen.
Ganz abgesehen davon, hält es der Oberste Gerichtshof überhaupt nicht für angängig, die strittige Frage nur auf Grund von terminologischen Erwägungen zu entscheiden.
Der Oberste Gerichtshof hat vielmehr folgendes erwogen:
Organ im Sinne des § 1 Abs. 2 AHG. ist immer nur eine physische Person. Die Gemeinde an sich kann daher nie Organ sein, es kann nur eine Person als Organ der Gemeinde oder eines Dritten, dem die Handlung zugerechnet wird, handeln. Es ist nun eine petitio principii, daß ein Funktionär einer Gebietskörperschaft immer nur als Organ der betreffenden Gebietskörperschaft handeln kann. Wäre dies richtig, so wären auch die Amtshandlungen des Bezirkshauptmannes immer nur, obwohl er namens der mittelbaren Bundesverwaltung einschreitet, Organhandlungen des Landes, weil der Bezirkshauptmann nach den heutigen Landesorganisationen Landes- und nicht Bundesbeamter ist. Daß der Bezirkshauptmann dem Landeshauptmann, dem Chef der mittelbaren Bundesverwaltung unterstellt ist, kann daran nichts ändern. Ist man im Sinne der Funktionstheorie der Auffassung, daß trotz der durch die Bundesverfassungsgesetznovelle 1925 verfügten Änderungen sich die Haftung nach dem Anstellungsverhältnis eines Beamten bzw. bei gewählten Funktionären nachseiner Funktion richtet, so wird man auch entgegen der Auffassung des Motivenberichtes nicht umhin können, für Amtsvergehen eines Bezirkshauptmannes oder eines anderen Landesbeamten das Land haften zu lassen, auch wenn man dem Landeshauptmann mit Rücksicht auf den Wortlaut des Art. 103 Abs. 1 in seiner Eigenschaft als Organ des selbständigen Wirkungskreises eine Doppelstellung. einräumen will, wie dies die preußische Gesetzgebung beim Landrat angenommen hat. Denn auch die deutsche Judikatur hat nie daran gezweifelt, daß die nachgeordneten, dem Landrat unterstellten Beamten allein Angestellte bzw. Funktionäre des Kreises sind, sodaß daher nur der Kreis für ihre Amtsverletzungen haftet, auch wenn sie Amtshandlungen der staatlichen Verwaltung besorgen (z. B. RG. 140, 127; HRR. 1933, Nr. 1185).
Die Auffassung, daß der Bund für die Amtsverletzungen der dem Landeshauptmann untergeordneten Beamten hafte, ist daher unhaltbar, wenn man die Bestellung der Organe allein für maßgebend erachtet. Man kann daher keine Unterscheidung machen, je nachdem ein Landesbeamter oder ein Gemeindefunktionär als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung tätig wird. Man käme sonst zu dem sonderbaren Ergebnis, daß der Bund zwar haftet, wenn das Land die politische Bezirksverwaltung kommissarisch führt, nicht aber, wenn sich ein Funktionär einer Statutargemeinde, die nach dem Gesetz als Bezirksverwaltungsbehörde einschreitet, sich eine Amtspflichtverletzung zuschulden kommen läßt. Das wäre auch mit dem Gedanken der Entscheidung Hye 2005, daß die Durchführung der mittelbaren Bundesverwaltung die Gemeinde nicht in weitergehende Haftung verstricken kann, kaum vereinbar.
Der gedankliche Fehler, der zu dieser Unterscheidung führt, liegt darin, daß man deshalb, weil die Gemeinde eine Gebietskörperschaft ist, nicht aber die Bezirkshauptmannschaft, annehmen zu müssen glaubt, daß auch die Fehlhandlung der Behörde unter allen Fällen der Gemeinde als Gebietskörperschaft zugerechnet werden müsse.
Tatsächlich müssen die beiden Eigenschaften der Gebietskörperschaft:
a) Behördenqualität und b) öffentlich-rechtliche Korporation, scharf auseinandergehalten werden. Eine öffentlich-rechtliche Korporation muß nicht notwendigerweise auch behördliche Funktionen haben; eine Religionsgesellschaft z. B. kann als juristische Person öffentlichen Rechtes anerkannt sein, es können ihr auch öffentlich-rechtliche Befugnisse aller Art eingeräumt werden, z. B. Berechtigung zum Einschreiten als Partei, wenn die Kultusinteressen ihrer Mitglieder berührt werden, ja sie kann sogar die Abgabenhoheit besitzen, d. h. das Recht, ihre finanziellen Bedürfnisse durch eine Umlage zu decken, und dennoch muß sie deshalb noch keine Behörde sein, wenn z.
B. die Vorschreibung und Einholung der Umlage nur den staatlichen Behörden obliegt und die Religionsgesellschaft auf ein bloßes Antragsrecht beschränkt ist. Daß eine Behörde zugleich eine öffentlich-rechtliche Korporation ist oder eine öffentliche Korporation eine Behörde, ist demnach keine begriffliche Notwendigkeit; es kann daher aus der Verbindung dieser beiden Elemente niemals gefolgert werden, daß die Korporation deshalb, weil ihr zugleich behördlicher Charakter eingeräumt worden ist, notwendigerweise alle von ihren Funktionären als Behörde vorgenommenen Amtshandlungen auch zivilrechtlich verantwortet.
Es fehlt jeder Anhaltspunkt, den Bund haften zu lassen, wenn eine Landesbehörde Amtshandlungen der mittelbaren Bundesverwaltung vornimmt, nicht aber, wenn eine Gemeindebehörde einschreitet. Beide Fälle müssen gleich behandelt werden. Es kann nur die Frage sein, ob der Bund in beiden Fällen haftet oder in beiden nicht haftet. Für erstere Lösung spricht nicht nur die Entstehungsgeschichte des Art. 23 B-VG., sondern auch der Wortlaut und der Zweck des Amtshaftungsgesetzes. Aus § 1 Abs. 2 AHG. muß geschlossen werden, daß es vollkommen gleichgültig ist, wie eine physische Person dazu kommt, für eine Körperschaft öffentlichen Rechtes zu handeln. Es kommt nur darauf an, daß die Amtshandlung einer bestimmten Person auf Grund eines Gesetzes einer Körperschaft zugerechnet wird, mag die Berechtigung der handelnden Person auf welchem Rechtstitel immer beruhen. Es wäre nun wenig sinnvoll, eine auch nur für den einzelnen Fall bestellte Person, die z. B. von einem Bundesorgan innerhalb ihres Wirkungskreises zur Hilfeleistung herbeigezogen wird, als Organ im Sinne des § 1 AHG. anzusehen, nicht aber einen nach den bundesrechtlichen Organisationsvorschriften mit der Wahrnehmung der Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung ständig betrauten Funktionär eines Landes oder einer Gemeinde, der von diesen Gebietskörperschaften bestellt worden ist.
Das könnte man nur dann annehmen, wenn der Wortlaut oder die Entstehungsgeschichte des Gesetzes eine andere Deutung nicht zuließen. Gerade das Gegenteil ist aber der Fall, wie die Abänderung des Art. 23 B-VG. durch die Verfassungsgesetznovelle 1925 beweist.
Dazu kommen noch folgende Erwägungen:
Wenn der Landeshauptmann als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung tätig ist, so ist dem Land jedwede Einwirkung auf diese Amtsführung genommen, denn weder die Landesregierung als das höchste Vollzugsorgan des Landes, noch auch der Landtag als das gesetzgebende Organ des Landes sind berechtigt, dem Landeshauptmann in seiner Funktion als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung Aufträge zu erteilen, Beschlüsse zu fassen oder den Landeshauptmann zur Verantwortung zu ziehen.
Das gleiche gilt aber auch, wenn der Bürgermeister einer Gemeinde, der im Rahmen der mittelbaren Bundes- oder Landesverwaltung tätig wird. Er ist dann, obwohl Gemeindefunktionär, auschließlich als Organ des Bundes (Landes) tätig, er hat nur von den vorgesetzten Stellen der Bundes- (Landes-) Verwaltung Weisungen entgegenzunehmen. Er ist für seine Amtsführung ausschließlich den vorgesetzten Bundesbehörden, in Angelegenheiten der mittelbaren Landesverwaltung der Landesbehörde verantwortlich. Die Gemeinde als Gebietskörperschaft und Selbstverwaltungskörper darf gar nicht in diese Tätigkeiten des Bürgermeisters eingreifen. Weder die Gemeindevertretung als beschließendes Organ noch der Gemeindevorstand als das vollziehende Organ im selbständigen Wirkungskreis dürfen dem Bürgermeister eine Weisung bei Führung der mittelbaren Bundesverwaltung erteilen. Jeder Beschluß der Gemeindevertretung oder des Gemeindevorstandes, der sich eine solche Kompetenz im Rahmen der mittelbaren Bundes- (Landes-) Verwaltung anmaßen wollte, würde von der vorgesetzten Aufsichtsbehörde sistiert und aufgehoben werden.
Bei dieser Rechtslage wäre es wenig sinnvoll, eine Gebietskörperschaft nach dem Amtshaftungsgesetz haften zu lassen, die tatsächlich gar nicht in der Lage ist, ihrem Willen hinsichtlich der Führung der betreffenden Aufgaben auch nur Ausdruck zu verleihen, geschweige denn, diesen Willen auch durchzusetzen. Die Versuche, im Schrifttum diesem Einwand dadurch zu begegnen, daß der Gemeinde ein Regreß gegen den Bund (das Land) zuerkannt wird, scheitern daran, daß ein solches Regreßrecht in keinem Gesetz vorgesehen ist, ganz abgesehen davon, daß, wie das deutsche Reichsgericht seinerzeit richtig hervorgehoben hat, weder dem handelnden Beamten noch dem Land (Gemeinde) ein Verschulden zur Last gelegt werden kann, wenn ihr Funktionär gegen seinen Willen durch eine Weisung des Bundes gezwungen worden ist, die in Rede stehende Handlung zu setzen und daß überdies eine solche Regreßhaftung anstatt einer direkten Haftung - sie müßte wohl vor dem Verfassungsgerichtshof geltend gemacht werden - unrationell wäre und es kaum angängig ist, die Regreßklage auf die Fälle einer ausdrücklichen Weisung durch die vorgesetzte Behörde einzuschränken, sie aber dann zu versagen, wenn eine Weisung nicht erteilt wurde, der Bürgermeister aber in Kenntnis der Praxis der vorgesetzten Behörden im Sinne dieser Praxis gehandelt hat, um eine Abänderung des von ihm erlassenen Bescheides zu vermeiden.
Der Oberste Gerichtshof kommt daher zu dem Ergebnis, daß das Berufungsgericht den vorliegenden Rechtsfall richtig im Sinne der Organtheorie entschieden hat.
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