OGH 1Ob526/81

OGH1Ob526/818.4.1981

SZ 54/50

Normen

KO §1
KO §3
KO §1
KO §3

 

Spruch:

Die aus der vom Gemeinschuldner nach Konkurseröffnung vorgenommenen Veräußerung von Gegenständen, die als nicht der Exekution unterworfen nicht zur Konkursmasse gehören, entstehende Forderung auf den Erlös fällt in die Masse; Zahlungen an den Gemeinschuldner kommt schuldbefreiende Wirkung nur unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 KO zu

OGH 8. April 1981, 1 Ob 526/81 (KG Wels R 704/80; BG Gmunden 3 C 494/79)

Text

Die Ehe der Beklagten mit Ernst U wurde mit Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 5. April 1976 geschieden. Ein halbes Jahr nach der Scheidung der Ehe nahmen die Beklagte und Ernst U die häusliche Gemeinschaft wieder auf und lebten bis Anfang 1979 in der früheren ehelichen Wohnung, in der die Beklagte nach der Scheidung der Ehe verblieben war, zusammen. Bei Aufnahme der häuslichen Gemeinschaft brachte Ernst U eine Reihe von Gebrauchsgegenständen (eine Sitzgarnitur, Bettzeug und Geschirr), die er nach Scheidung der Ehe aus der Wohnung entfernt hatte, wieder in diese zurück. Mit Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 27. April 1979, S 25/79, wurde über das Vermögen des Ernst U der Konkurs eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Nach der neuerlichen Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft kam es am 7. Juni 1979 zwischen Ernst U und der Beklagten zu einer Vereinbarung, gemäß der die Beklagte ihrem früheren Gatten den Betrag von 14 000 S, mit dem Ansprüche des Ernst U auf Hausrat und Einrichtungsgegenstände abgegolten sein sollten, zu bezahlen hatte. Die Beklagte bezahlte den Betrag von 14 000 S auch an Ernst U in Kenntnis der erfolgten Konkurseröffnung. Ernst U verwendete diesen Betrag zur Anschaffung von Bettwäsche und nötigem Geschirr.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Bezahlung des Betrages von 14 000 S mit der Begründung, der Zahlung der Beklagten komme keine schuldbefreiende Wirkung zu, weil sie sie in Kenntnis der erfolgten Konkurseröffnung an den Gemeinschuldner geleistet habe.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens, weil auf die vom Gemeinschuldner zurückgelassene Sitzgarnitur nur ein Betrag von 3 000 S entfalle; den restlichen Betrag habe sie ihrem geschiedenen Gatten geschenkt. Im übrigen könne der Kläger nur die Herausgabe der Sitzgarnitur, nicht aber Bezahlung des Geldbetrages begehren.

Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab und führte aus, bei den gegenständlichen Sachen, für deren Überlassung die Beklagte den Betrag von 14 000 S an den Gemeinschuldner bezahlt habe, handle es sich um solche, die gemäß § 251 EO der Exekution entzogen seien und daher nicht in die Konkursmasse gehören. Über diese Gegenstände sei der Gemeinschuldner weiterhin verfügungsberechtigt geblieben; auch die Forderung von 14 000 S gehöre demnach nicht in die Konkursmasse, so daß die Beklagte mit schuldbefreiender Wirkung an Ernst U habe Zahlung leisten können.

Das Berufungsgericht änderte das angefochtene Urteil dahin ab, daß es dem Klagebegehren stattgab. Das Berufungsgericht ging davon aus, daß durch die Vereinbarung der Beklagten mit Ernst U dessen Ansprüche auf Überlassung von Hausrat abgegolten werden sollten. Auf Grund der novierenden Wirkung des Vergleiches sei dem Gemeinschuldner eine Forderung entstanden, die in die Konkursmasse falle. Die Beklagte habe daher nicht mit schuldbefreiender Wirkung an den Gemeinschuldner Zahlung leisten können.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Gemäß § 1 Abs. 1 KO wird durch die Eröffnung des Konkurses das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Konkurses erlangt (Konkursmasse), dessen freier Verfügung entzogen.

Zur Konkursmasse gehört demnach nur das der Exekution unterworfene Vermögen des Gemeinschuldners. Das der Exekution entzogene Vermögen ist nicht Bestandteil der Konkursmasse (Bartsch - Pollak[3] I, 19; Wegan, Österreichisches Insolvenzrecht, 92; Heller - Berger - Stix in Neumann - Lichtblau[4], 1640). Nur Rechtshandlungen des Gemeinschuldners über Massebestandteile sind den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam. Auf Rechtshandlungen hingegen, die das konkursfreie Vermögen betreffen, übt die Konkurseröffnung keinen Einfluß (Petschek - Reimer - Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht, 458; Wegan a.a.O., 92; Jaeger, KO[9], § 7 RdZ 4). Die Vorinstanzen stellten fest, daß mit dem Betrag von 14 000 S Ansprüche des Ernst U auf Hausrat bzw. Einrichtungsgegenstände abgegolten werden sollten. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte der Erstrichter - unbekämpft - aus, daß es sich bei den der Beklagten überlassenen Gegenständen um Hausratsgegenstände gehandelt habe, die gemäß § 251 Z. 1 EO der Exekution entzogen gewesen seien. Über sie konnte Ernst U also wirksam verfügen. Entscheidende Bedeutung kommt daher der Frage zu, ob auch die aus der Verwertung der exekutionsfreien Gegenstände resultierende Forderung des Gemeinschuldners gegen die Beklagte konkursfreies Vermögen darstellt oder ob diese Forderung in die Masse fällt. Nur dann, wenn die Zahlung eine nicht zur Masse gehörige Forderung betrifft oder die Ausnahmen des § 3 Abs. 2 KO vorliegen, wird der Schuldner durch Zahlung an den Gemeinschuldner von seiner Verbindlichkeit befreit (Bartsch - Pollak a.a.O. I, 52).

In der deutschen Lehre wird die Rechtsmeinung vertreten, daß die Verfügung über konkursfreie Vermögen dem Gemeinschuldner frei stehe und eine hieraus entstandene Forderung nicht in die Konkursmasse falle (Jaeger, KO[8] § 1 RdZ 18 und 53; Mohrbutter, Handbuch des gesamten Vollstreckungs- und Insolvenzrechts[2], 663). Unter Bezugnahme auf die Lehrmeinung Jaegers führen Bartsch - Pollak[3] I, 19 aus, daß bei Verfügungen des Gemeinschuldners über konkursfreies Vermögen vor Eröffnung des Konkurses der Erlös ebenso wie die Forderung auf den Erlös in die Masse falle, woraus der Schluß gezogen werden könnte, daß nach Konkurseröffnung - wie im deutschen Recht - auch die daraus resultierende Forderung nicht in die Masse fällt, so daß vom Schuldner mit schuldbefreiender Wirkung an den Gemeinschuldner bezahlt werden könnte. Daß Bartsch - Pollak aber nicht diesen Umkehrschluß ziehen wollten, ergibt sich aus ihren weiteren Ausführungen (a.a.O. I, 21), wonach die Ausnehmung der Exekution entzogener Gegenstände aus der Konkursmasse nur so lange gilt, als die Gegenstände die ihre Ausschließung bedingende sachliche Eigenschaft haben, so daß das Entgelt für vom Gemeinschuldner veräußerte, nicht der Konkursmasse gehörige Gegenstände in die Masse fällt. Dem deutschen Konkursrecht liegt auch ein anderer Begriff der Konkursmasse zugrunde; gemäß § 1 Abs. 1 dKO fällt - anders als gemäß § 1 Abs. 1 öKO - nur das im Zeitpunkt der Konkurseröffnung dem Gemeinschuldner gehörende, der Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen in die Konkursmasse, nicht aber späterer Erwerb des Gemeinschuldners. Nur bei dieser Gesetzeslage ist es folgerichtig anzunehmen, daß auch eine Forderung, die aus der Verwertung konkursfreien Vermögens entsteht, nicht mehr in die Konkursmasse fällt. Wegen des anders gearteten Massebegriffs des österreichischen Rechts kann die deutsche Lehre in diesem Punkte aber nicht maßgebend sein. Die exekutionsfreien Objekte sind der Exekution nur aus Gründen der Erhaltung der Arbeitskraft, der wirtschaftlichen Persönlichkeit des Verpflichteten bzw. aus Gründen der Religion, der Sitte oder der Pietät entzogen (Pollak, Zur Lehre von den Exekutionsobjekten, 27; Heller - Berger - Stix a.a.O., 1640), also weil sie vom Gesetz bestimmten Zwecken dienen. Es werden nicht die Werte bestimmter Vermögensstücke, sondern nur die Stücke selbst von der Zwangsvollstreckung befreit und damit auch aus der Konkursmasse ausgenommen. Veräußert also der Gemeinschuldner einen der Exekution nicht unterliegenden Gegenstand, fällt der Grund der Herausnahme aus dem Massevermögen weg. Die durch die Veräußerung entstandene Forderung wird während des Konkurses erlangt und gehört damit zur Konkursmasse (§ 1 Abs. 1 KO). Dabei muß es gleichgültig sein, ob der Gemeinschuldner beabsichtigt, mit dem Erlös der exekutionsfreien Sachen wieder der Exekution nicht unterliegendes Vermögen anzuschaffen, weil der Anspruch aus der Veräußerung sofort Massevermögen wird und demnach der Disposition des Gemeinschuldners nicht mehr unterliegt. Dem Gemeinschuldner kann der Erlös nur mehr vom Masseverwalter zur Anschaffung notwendiger Gebrauchsgegenständen überlassen werden. Demnach konnte aber die Beklagte die aus der Überlassung konkursfreier Gegenstände entstammende Verbindlichkeit nicht mit schuldbefreiender Wirkung durch Leistung an den Gemeinschuldner erfüllen; da die Ausnahmen des § 3 Abs. 2 KO nicht vorliegen, ist das Klagebegehren gerechtfertigt.

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