Rechtssatz
Bei der für die Beurteilung der Unheilbarkeit der Zerrüttung anzustellenden Prognose kommt es auf die vom Richter als außenstehenden Dritten zu erfolgende Überprüfung der Möglichkeiten an, ob ungeachtet der bestehenden Ehekrise in Zukunft angenommen werden kann, daß der Eheteil, der subjektiv die Bereitschaft zur Fortsetzung der Ehe derzeit ablehnt, die eheliche Lebensgemeinschaft wieder aufnehmen wird, ob es den Eheleuten somit möglich sein werde, eine entsprechende Form des Zusammenlebens erneut zu finden. Die Frage, ob eine Ehe bereits unheilbar zerrüttet ist, wird gerade dann besonders umsichtig zu prüfen sein, wenn während der Dauer des Scheidungsstreites die Eheleute räumlich nicht getrennt leben und in diesem Zeitraum vom Kläger Eheverfehlungen des beklagten Ehegatten nicht behauptet oder nicht festgestellt werden können. Erhofften sich etwa die Gatten eine mustergültige Ehe ohne Streit und Auseinandersetzung mit der völligen Befriedigung ihrer persönlichen Wünsche und scheitert diese Erwartung, so ist die Ehe dennoch nicht unheilbar zerrüttet, wenn angenommen werden kann, daß es ihnen gelingen werde, sich auf eine weniger idealistische gemeinsame Lebensform zu einigen und danach in Zukunft die Ehe zu gestalten.
8 Ob 88/17z | OGH | 24.08.2017 |
Vgl auch; Beisatz: Bei der rechtlichen Beurteilung, ob eine Ehe objektiv als unheilbar zerrüttet anzusehen ist, handelt es sich um eine vom Gericht aus objektiver Sicht zu treffende Prognose darüber, ob die Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft noch im Bereich des Möglichen liegt. (T1) |
Dokumentnummer
JJR_19900307_OGH0002_0010OB00518_9000000_001
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