OGH 1Ob508/76

OGH1Ob508/7628.1.1976

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Petretto, Dr. Schragel, Dr. Petrasch und Dr. Schubert als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma J*, vertreten durch Dr. Karl Zingher, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei F*, Kaufmann, *, vertreten durch Dr. Fritz Czerwenka, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung bzw. Abgabe einer Erklärung (Streitwert 119.090 S) infolge der Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 23. Oktober 1975, GZ. 1 R 247/75‑10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 15. Februar 1975, GZ. 18 Cg 243/74‑6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0010OB00508.76.0128.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.459,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon 259,20 S Umsatzsteuer und 960 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

 

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei ist zu 50.960/173.400, der Beklagte zu 23.080/173.400 Anteilen Miteigentümer der Liegenschaft EZ. 502 Katastralgemeinde *; mit den Miteigentumsanteilen ist Wohnungseigentum an bestimmten Räumen des auf der Liegenschaft errichteten Hauses * verbunden. Die Räume wurden wie alle anderen mit Ausnahme der Kanzlei des Rechtsanwaltes Dr. H* mit Hilfe eines Darlehens des Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds errichtete Am 6./11. 12. 1961 schlossen die damaligen Miteigentümer, darunter auch die Streitteile und Dr. H*, der damals noch nicht wußte, daß für seine Räume kein Darlehen des Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds gewährt werde, ein Übereinkommen, mit dem sie vereinbarten, daß die an den Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds zu leistenden Tilgungsbeträge nicht nach den Miteigentumsanteilen, sondern im Verhältnis der Baukosten zu berechnen seien. Die klagende Partei, die nach ihren Miteigentumsanteilen 29,38869 % der Tilgungsbeträge bezahlen hätte müssen, wurde nur zur Zurückbezahlung von 18 % der Darlehenssumme verpflichtet, der Beklagte zu 5 %. Von der Zuzählung des Darlehens des Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds wurde der Anteil des Miteigentümers Dr. H*, der seine Wohnung als Rechtsanwaltskanzlei verwendete, ausgeschieden, worauf sich das ursprünglich vorgesehene Darlehen von 14,010.630 S auf 13,905,570 S verringerte. Letztere Summe war auf die übrigen Räume unter Ausschluß der Räume des Dr. H* aufzuteilen, sodaß der Beklagte entsprechend dem Übereinkommen vom. 6./11. 12. 1961 5,037 % des Darlehens zurückzuzahlen hat.

Das Übereinkommen vom 6./11. 12. 1961 wurde dem Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds vom Vertragsverfasser und Bevollmächtigten der Miteigentümer Dr. H* nicht zur Kenntnis gebracht. Als einzelne Miteigentümer ihre Darlehensanteile begünstigt an den Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds zurückzahlten, errechnete dieser daher die rückzuzahlenden Beträge auf Grund der Miteigentumsanteile. In. den letzten Jahren ist teilweise auch ein Wechsel in den Personen der Miteigentümer eingetreten.

Die klagende Partei beabsichtigt, nunmehr ebenfalls von der Möglichkeit der begünstigten Rückzahlung des auf ihre Räume entfallenden Darlehensanteiles an den Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds Gebrauch zu machen. Sie will jedoch nur die auf Grund des Übereinkommens vom 6./11. 12. 1961 auf sie entfallenden 18,132 % des Darlehensbetrages bezahlen. In Beantwortung ihrer Anfrage vom 19. 3. 1973 teilte der Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds dem Vertreter der klagenden Partei mit:

„Der Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds kann die im Wohnungseigentumsvertrag vom 6. 12. 1961, Punkt II vereinbarte Aufteilung und Rückzahlung des seinerzeit zugezählten Fondsdarlehens für seinen Rechtsbereich nur dann anerkennen, wenn dieser Vertrag von sämtlichen Mit- und Wohnungseigentümern rechtsverbindlich auch für die Nachfolger im Eigentum der Liegenschaftsanteile beglaubigt unterfertigt ist. Weiters müßte für die Anerkennung dieses Vertrages eine tabellarische Aufstellung in zweifacher Ausfertigung, welche folgende Angaben beinhalten muß, dem Fonds vorgelegt werden:

Top. Nr.

Name des Wohnungseigentümers

Liegenschaftsanteile lt. Grundbuch

tatsächlicher Anteil am Gesamtdarlehen

daraus resultierender Darlehnsteilbetrag für die jeweilige Eigentumswohnung:

 

Es wird jedoch zur Kenntnis gebracht, daß bisher nicht weniger als 21 Liegenschaftseigentümer den auf ihre Anteile entfallenden Darlehensrest schon vorzeitig rückgezahlt und dafür entsprechende Löschungserklärungen erhalten haben. Sollte nun eine andere Art der Berechnung für das seinerzeit gewährte Darlehen dem Fonds vorgelegt werden, müßten vor Anerkennung bzw. Beitritt des Fonds als Vertragspartner zu diesem Vertrag diese 21 Liegenschaftseigentümer den auf ihre Anteile entfallenden Differenzbetrag vorher an den Fonds nachzahlen.

Sobald eine „Interne Vereinbarung“ (schriftlicher Vertrag, dies kann auch der Wohnungseigentumsvertrag sein, falls die obigen Bedingungen darin erfüllt werden) dem Fonds vorgelegt wird, dem der Fonds, ohne Rechtsnachteile fürchten zu müssen, beitreten kann, werden die Differenzbeträge den Betroffenen bekanntgegeben werden.

Das Verlangen wiederholte der Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds trotz Bemühungen der klagenden Partei in zwei weiteren Schreiben.

Mit einem Rundschreiben forderte die klagende Partei die Miteigentümer der Liegenschaft EZ. 502 Katastralgemeinde *, darunter auch den Beklagten, zu verschiedenen Erklärungen auf, von denen den Beklagten nur die Aufforderung betraf, die Vereinbarung vom 6./11. 12. 1961 zu bestätigen und sich zu verpflichten, die Rückzahlung nach den in der beiliegenden Tabelle enthaltenen Prozentsätzen durchzuführen. Nach dieser Tabelle ergab sich für den Beklagten ein Prozentsatz von 5,037. Der Beklagte weigerte sich, die Vereinbarung zu unterfertigen.

Die klagende Partei begehrt die urteilsmäßige Feststellung, der Beklagte als Miteigentümer zu 25.080/173.400 Anteilen der Liegenschaft EZ. 502 Katastralgemeinde * sei gegenüber der klagenden Partei verpflichtet, das auf diesen Anteil entfallende Darlehen des Wohnhaus-Wiederaufbaufonds mit dem vereinbarten Prozentsatz von 5,037 zurückzuzahlen. Die klagende Partei stellte das Eventualbegehren, der Beklagte sei schuldig, der klagenden Partei gegenüber rechtsverbindlich zu erklären, daß er als Miteigentümer zu 23.080/173.400 Anteilen der Liegenschaft EZ. 502 Katastralgemeinde * verpflichtet sei, das auf diesen Anteil entfallende Darlehen des Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds mit dem vereinbarten Prozentsatz von 5,037 zurückzuzahlen. Der Beklagte wendete ein, den Bestand des Übereinkommens vom 6./11. 12. 1961 nie bestritten zu haben, sodaß für die klagende Partei kein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung bestehe; es bestehe aber auch keine Pflicht der Vertragsteile, die Neufassung des genannten Übereinkommens zu unterfertigen. Sollte seinerzeit das Übereinkommen dem Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds nicht vorgelegt worden sein, müsse sich die klagende Partei an den damaligen Vertragsverfasser Dr. H*, dem der Beklagte den Streit verkündete, halten.

Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren statt. Da die klagende Partei den Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds bei Nichtfertigung der von ihr geforderten Vereinbarung nicht zur Anerkennung der für sie günstigsten Berechnungsart der Darlehensrückzahlung veranlassen könne, die zwischen ihr und den anderen Miteigentümern vereinbart worden sei, habe die klagende Partei ein rechtliches Interesse an der urteilsmäßigen Feststellung der vom Beklagten nicht bestrittenen vertraglichen Verpflichtung. Der Beklagte sei nach Treu und Glauben zu jener Mitwirkung verpflichtet, die notwendig sei, damit das von ihm unterfertigte Übereinkommen tatsächlich im Sinne der Absicht der Vertragspartner durchgeführt werden könne. Unterlassungen des von allen Miteigentümern bevollmächtigten Vertragsverfassers hätte keineswegs die klagende Partei allein zu vertreten.

Über Berufung des Beklagten änderte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es das Feststellungsbegehren abwies und dem Eventualbegehren mit der Feststellung stattgab, daß der von der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes 1.000 S übersteige. Der Beklagte habe ohne jeden Vorbehalt anerkannt, daß er auf Grund des 1961 geschlossenen Übereinkommens nunmehr verpflichtet sei, 5,037 % des Fondsdarlehens zurückzuzahlen. Er habe keine Handlung gesetzt, der entnommen werden könnte, daß er dieser Verpflichtung nicht entsprechen wolle. Sohin habe das Verhalten des Beklagten nicht zu einer Gefährdung der Rechtslage der klagenden Partei geführt, sodaß ein rechtliches Interesse der klagenden Partei an der Feststellung ihres Rechtes gegenüber dem Beklagten verneint werden müsse. Der Beklagte vertrete nur den Standpunkt, daß er zur Abgabe der von ihm geforderten Willenserklärung nicht verpflichtet sei. Er verweigere also eine Leistung, die die klagende Partei von ihm unter Berufung auf einen Vertrag begehre. Die Durchsetzung dieser Leistung könne ohne weiteres mit Hilfe einer Leistungsklage erfolgen, was ebenfalls gegen die Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens spreche. Der Standpunkt des Beklagten, er sei auf Grund des Übereinkommens nicht verpflichtet, jedem beliebigen Miteigentümer gegenüber zu jedem beliebigen Zeitpunkt neuerlich eine Erklärung abzugeben, die im wesentlichen nur die Verpflichtung des Übereinkommens aus dem Jahre 1961 wiederhole, dies könne nur bei Vorliegen triftiger Gründe verlangt werden, treffe zu; solche triftige Gründe lägen aber vor. § 15 Abs. 7 WWG räume der klagenden Partei das Recht einer begünstigten Rückzahlung ein. Der Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds mache nunmehr die für die klagende Partei günstigere Berechnung nach dem Übereinkommen aus dem Jahre 1961 von der Vorlage einer auf den neuesten Stand gebrachten Vereinbarung abhängig. Wenn die Berufung den Standpunkt vertrete, der Fonds sei zu einer solchen Vorgangsweise nicht berechtigt, sondern müsse dem Wunsch der klagenden Partei nach günstiger Berechnung schon auf Grund des seinerzeitigen Übereinkommens entsprechen, übersehe sie die Bestimmung des § 15 Abs. 8 WWG, jetzt Begünstigungsgesetz BGBl. 1971/336, wonach der Miteigentümer, dem Wohnungseigentum an einer mit Fondshilfe nach Abs. 1 lit. a wiederhergestellten Wohnung (Geschäftsraum) eingeräumt sei, von seiner persönlichen Haftung für das Darlehen frei sei, wenn er den auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Darlehensbetrag zurückbezahlt habe. Da die klagende Partei weniger als den auf ihren Miteigentumsanteil entfallenden Darlehensbetrag rückbezahlen wolle, könne ein Ausgleich nur dadurch geschaffen werden, daß jene Miteigentümer, deren vertraglicher Anteil größer sei als ihr Miteigentumsanteil, entsprechende Nach- oder Rückzahlungsverpflichtungen gegenüber dem Bundesministerium für Bauten und Technik abgeben. Zu Recht mache daher das genannte Ministerium die von der klagenden Partei gewünschte Berechnung des von ihr zurückzuzahlenden Darlehensanteiles davon abhängig, daß sämtliche derzeitige Miteigentümer dieser Berechnung zustimmen. Die Forderung der klagenden Partei an den Beklagten sei daher nicht willkürlich. Jeder Vertragspartner sei verpflichtet, sämtliche Handlungen zu setzen, die für die Durchführung der Vereinbarung auch durch Ermöglichung einer optimalen Rückzahlung nach § 15 Abs. 7 WWG bzw. dem Begünstigungsgesetz 1971 erforderlich seien. Erfordere die Durchführung die Abgabe einer Erklärung, die nicht im Widerspruch zu dem Vertrag stehe, seien die Vertragspartner hiezu auf Grund des Vertrages verpflichtet. Das Übereinkommen aus dem Jahre 1961 zu Gunsten der klagenden Partei könne nur durchgeführt werden, wenn sämtliche Miteigentümer, darunter auch der Beklagte, die vom Bundesministerium für Bauten und Technik geforderte Erklärung abgeben. Aus diesem Grunde sei auch der Beklagte verhalten, der Forderung der klagenden Partei zu entsprechen.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richten sich die Revisionen beider Parteien, die die Abweisung des Feststellungsbegehrens bzw. die Stattgebung des Eventualbegehrens bekämpfen und den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend machen. Die klagende Partei beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich des Feststellungsbegehrens wiederhergestellt werde. Der Beklagte beantragt, das angefochtene Berufungsurteil dahin abzuändern, daß auch das Eventualbegehren abgewiesen werde, oder das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die klagende Partei beantragte, der Revision des Beklagten keine Folge zu geben. Der Beklagte erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionen sind nicht berechtigt.

Auszugehen ist davon, daß die Streitteile dadurch in Rechtsbeziehungen stehen, daß sie Miteigentümer der Liegenschaft EZ. 502 Katastralgemeinde * sowie Wohnungseigentümer in dem auf dieser Liegenschaft errichteten Haus sind und vertragliche Vereinbarungen zwischen ihnen und anderen Miteigentümern u.a. darüber bestehen, nach welchen Grundsätzen das vom Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds gewährte, auf der Liegenschaft intabulierte Darlehen zurückzubezahlen ist. Nach dem zwischen allen Miteigentümern, darunter den Streitteilen und Dr. H*, geschlossenen Übereinkommen vom 6./11. 12. 1961 sind die Tilgungsbeträge an den Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds nicht nach den Miteigentumsanteilen, sondern im Verhältnis zu den Baukosten zu berechnen. Durch diese Vereinbarung wurde nicht nur die klagende Partei, die bei einem Miteigentumsanteil von 29,38869 % nur zur Rückzahlung von 18 % der Darlehenssumme verpflichtet wurde, sondern auch der Beklagte begünstigt, der bei einem Miteigentumsanteil von 13,36794% nur zur Rückbezahlung von 5 % der Darlehenssumme verpflichtet sein sollte. Das Übereinkommen ging davon aus, daß der Wohnhaus-Wiederaufbaufonds allen Miteigentümern, also auch Dr. H*, ein Wiederaufbaudarlehen gewährte. In der Folge wurde Dr. H*, weil er seine Wohnung als Rechtsanwaltskanzlei verwendete, ausgeschieden, sodaß die Darlehenssumme um den für seine Räume bestimmten Betrag vermindert wurde. Gleichzeitig erhöhte sich auch der auf die übrigen Miteigentümer entfallende Prozentsatz (wenn auch nicht die tatsächliche Summe) des anteilsmäßig zurückzuzahlenden Darlehensbetrages beim Beklagten von 5 % auf 5,037 Eine Änderung des schriftlichen Vertrages vom 6./11. 12. 1961 unter Anführung des von den einzelnen Miteigentümern nunmehr zu bezahlenden Prozentsatzes der Darlehenssumme wurde nicht durchgeführt. Der Kläger will nun für seinen Anteil von den Vorteilen des Rückzahlungsbegünstigungsgesetzes, BGBl. 1971/336 in der derzeit geltenden Fassung, Gebrauch machen und die Einverleibung der Löschung des zu Gunsten des Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds intabulierten Pfandrechtes auf seinem Miteigentumsanteil erreichen. Grundsätzlich wäre dies nur möglich, wenn er den auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Darlehensbetrag, vermindert um den Nachlaß nach § 2 Abs. 2 des Rückzahlungsbegünstigungsgesetzes, zurückzahlt (§ 15 Abs. 8 WGG). Der Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds hat der klagenden Partei nun aber mitgeteilt, daß er bereit wäre, das Übereinkommen über die abweichend von der Größe der Liegenschaftsanteile erfolgte Verpflichtung der einzelnen Miteigentümer zur Darlehenstilgung anzuerkennen, aber nur, wenn die 21 Miteigentümer, die inzwischen ihre Darlehen auf Basis ihrer Miteigentumsanteile zurückgezahlt haben, die Differenz auf den nach dem Übereinkommen auf sie entfallenden Betrag nachzahlen, die neuen Miteigentümer, die noch nicht Parteien des Übereinkommens waren, dieses als auch für sich geltend anerkennen und die klagende Partei ein neues ergänzendes Übereinkommen aller Miteigentümer unter Berücksichtigung des Ausscheidens des Miteigentümers Dr. H* verlegt. Da der Beklagte schon Partner des Übereinkommens vom 6./11.12. 1961 war und den auf ihn entfallenden Darlehensbetrag dem Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds noch nicht zurückzahlte, war von ihm nur zu bestätigen, daß er an Stelle der im Übereinkommen genannten 5 % tatsächlich 5,037 % der Darlehenssumme zurückzubezahlen hat. Es ist begreiflich, daß der Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds, wenn er der klagenden Partei schon entgegenkommt und auch bereit ist, eine nur zwischen den Miteigentümern geschlossene Vereinbarung ohne ausdrückliche Verpflichtung ihm selbst gegenüber anzuerkennen, bei Bedachtnahme auf die große Zahl der Miteigentümer eine schriftliche Unterlage verlangt, aus der sich ergibt, daß jeder Eigentümer den auf ihn entfallenden neu errechneten Rückzahlungsprozentsatz anerkennt.

Der Beklagte bestreitet nun nicht, daß er, abweichend vom schriftlichen Übereinkommen vom 6./11. 12. 1961, nicht 5 % sondern 5,037 % der Darlehenssumme zurückzuzahlen hat, steht aber auf dem Standpunkt, er sei nicht verpflichtet, der klagenden Partei darüber die von ihr gewünschte schriftliche Erklärung als Ergänzung des Übereinkommens abzugeben. Dem Beklagten ist einzuräumen, daß eine allfällige schriftliche Ergänzung im Übereinkommen vom 6./11. 12. 1961 nicht vorgesehen war. Es war damals auch nicht vorauszusehen, daß der Miteigentümer Dr. H* als Darlehensnehmer und damit als zur Rückzahlung des Darlehens an den Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds Verpflichteter ausscheiden und sich dadurch der nach dem Inhalt des schriftlichen Übereinkommens auf den einzelnen Miteigentümer entfallenden Prozentsatz der Rückzahlungsverpflichtung geringfügig erhöhen werde. Allein darauf, was die Parteien, ausdrücklich vereinbarten, kommt es jedoch nicht an. Mit Recht wird gelehrt, daß auch die Erfüllung und Durchführung von Verträgen nach der Übung des redlichen Verkehrs, d.h. nach Treu und Glauben, zu erfolgen hat. Die Anforderungen von Treu und Glauben, die über die Pflicht zur Wahrung der guten Sitten hinausgehen, sind vor allem jenen gegenüber zu beachten, zu denen man in konkreten Rechtsbeziehungen steht. Innerhalb eines Gemeinschaftsverhältnisses besteht darüber hinaus eine noch weitergehende Treuepflicht, die unter Umständen sogar die tätige Wahrnehmung der Interessen des anderen Teiles erfordert (Gschnitzer. Schuldrecht Allgemeiner Teil 31. Einhellig wird außerdem die Auffassung vertreten, daß im Streitfälle sogar eine gerichtliche Vertragsergänzung Platz zu greifen hat, wenn späterhin Situationen eintraten, die die Parteien nicht voraussahen, ja nicht voraussehen konnten; in solchen Fällen hat der Richter nach den Grundsätzen von Treu und Glauben im Verkehr und nach den Richtlinien des im Vertrag für die ins Auge gefaßten Verhältnisse ausgedrückten Willens zu beurteilen, was für den eingetretenen, nicht vorhergesehenen Fall zwischen den Parteien rechtens sein soll (SZ 45/11; JB1 1973, 468; SZ 42/52; SZ 38/164; SZ 26/194 u.a.; Gschnitzer in Klang 2 IV/1, 408; Koziol-Welser 3 I 70; Ehrenzweig 2 I/1, 261). Eine solche vom Gericht im Streitfalle vorzunehmende Vertragsergänzung können selbstverständlich die Parteien, wenn die Voraussetzungen vorliegen, auch ohne Streit voneinander verlangen. Diese Verpflichtung kann auch in der Fertigung einer weiteren Vertragsurkunde bei einvernehmlicher Änderung des ursprünglich schriftlich abgeschlossenen Vertrages bestehen.

Wenn nun Miteigentümer einer Liegenschaft in einem schriftlichen Vertrag vereinbarten, daß sie abweichend von der Gesetzeslage intern die Rückzahlungsverpflichtungen an den Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds anders regeln wollen, und durch Ausscheiden eines Miteigentümers als Darlehensnehmer und Rückzahlungsverpflichteter unvorhergesehenerweise eine Änderung des im Vertrag angeführten Prozentsatzes der auf die einzelnen Miteigentümer entfallenden Verpflichtung eingetreten ist, kann dann aber, wenn die ursprüngliche Vereinbarung schriftlich getroffen wurde, grundsätzlich jeder Miteigentümer vom anderen auch die Fertigung einer ebenfalls schriftlichen Vertragsergänzung dahin verlangen, die nunmehr die richtigen Prozentsätze gegenseitig bestätigt. Gewiß wird nicht etwa schikanös bei jeder geringfügigen Veränderung eines schriftlichen Vertrages immer der Abschluß eines Ergänzungsvertrages verlangt werden können, wenn es keinen Zweifel über die wahre Vertragslage geben kann und mit der schriftlichen Niederlegung der Vertragsergänzung dann noch Gebühren und Kosten verbunden wären. Eine schriftliche Vertragsergänzung kann aber jedenfalls dann verlangt werden, wenn der Vertragspartner einen triftigen, wenn auch nur in seiner Person gelegenen Grund geltend machen kann. Als triftiger Grund auf Seite der klagenden Partei muß es anerkannt werden, wenn sie für sich einen finanziellen Vorteil in Anspruch nehmen kann, falls sie die vom Wohnhaus-Wiederaufbaufonds, der das Übereinkommen vom 6./11. 12. 1961 grundsätzlich sich gegenüber nicht anerkennen müßte, gestellten Bedingungen erfüllt und zu diesen das Verlangen gehört, die vom Übereinkommen abweichenden nunmehr geltenden tatsächlichen Prozentsätze der Rückzahlungsverpflichtung der einzelnen Miteigentümer von allen schriftlich bestätigt zu erhalten.

Einen auf seiner Seite bestehenden triftigen Grund, die begehrte schriftliche Erklärung dennoch verweigern zu müssen, konnte der Beklagte nicht geltend machen. Er behauptet zwar in seiner Revision, er habe nicht aus Mangel an Verständnis oder Verweigerung der Zusammenarbeit mit anderen Miteigentümern die Unterschriftsleistung verweigert und im gerichtlichen Verfahren die Verpflichtung zur Unterschriftsleistung bestritten, sondern vertrete seinen Standpunkt aus wohlerwogenen juristischen Gründen, ist jedoch nicht in der Lage, solche anzugeben. Seine Verpflichtung der klagenden Partei gegenüber kann er jedenfalls nicht unter Berufung auf die angebliche Pflicht seines eigenen damaligen Bevollmächtigten Dr. H*, den Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds vom Inhalt des Übereinkommens vom 6./11. 12. 1961 zu verständigen, vernachlässigen, zumal Dr.  H* seinerzeit nicht ohne Grund annehmen konnte, daß der Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds die internen Vereinbarungen der Miteigentümer sich gegenüber nicht gelten lassen werde. Daß der Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds die auf die einzelnen Miteigentümer entfallenden Prozentsätze selbst errechnen könnte, ist unerheblich; selbstverständlich ist die ausdrückliche Anerkennung durch den Verpflichteten gewichtiger als die bloße Berechnung durch den Anspruchsberechtigten; bei einer Maßnahme, zu der der Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds nach dem Gesetz nicht verpflichtet ist, ist es verständlich, daß er von Haus aus jeden Streit mit einem Miteigentümer über eine mathematische Berechnung vermeiden will. Den Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds auf die Verwaltungsverfahrensvorschriften zu verweisen, könnte entgegen der Auffassung der Revision unter keinen Umständen zielführend sein, zumal zwischen ihm und den Miteigentümern offenbar ohnehin ein privatrechtlicher Vertrag besteht (§ 19 Abs. 1 WGG). Hat die klagende Partei aus dem bestehenden Rechtsverhältnis zu den einzelnen Miteigentümern aber Anspruch auf Unterfertigung der Vertragskorrektur, ist es bei Durchsetzung des vertraglichen Anspruches dem Beklagten gegenüber rechtlich unerheblich, ob es der klagenden Partei gelingt, auch die sonstigen vom Wohnhaus‑Wiederaufbaufonds geforderten Erklärungen der anderen Miteigentümer zu erlangen. Wollte man fordern, daß die klagende Partei jedem belangten Miteigentümer zunächst nachweisen müßte, daß die anderen bereits die von ihnen erwartete Erklärung abgegeben hätten, könnte die klagende Partei wohl niemals zu ihrem Ziel, die Erklärungen aller Miteigentümer vorlegen zu können, gelangen. Eine wirklich ins Gewicht fallende „Vermehrung“ der vertraglichen Pflichten des Beklagten wird von der klagenden Partei entgegen der Auffassung der Revision nicht verlangt. Nicht einmal eine Gebührenbelastung des Beklagten kann eintreten, weil die durch das Rückzahlungsbegünstigungsgesetz veranlaßten Schriften von Stempelgebühren befreit sind (§ 13 Abs. 1). Das Verhalten des Beklagten grenzt damit an Schikane, da ihm jedes Interesse abgesprochen werden muß als das, der klagenden Partei Nachteile zuzufügen; jedenfalls aber konnte er keinen ins Gewicht fallenden Grund angeben, dem Wunsch der klagenden Partei nicht zu willfahren. Mangels Erhalts der begehrten schriftlichen Erklärung konnte die klagende Partei vom Beklagten dann aber urteilsmäßig und damit urkundlich nachweisbar die Verpflichtungserklärung, das auf seinen Anteil entfallende Darlehen des Wohnhaus-Wiederaufbaufonds mit dem Prozentsatz von 5,037 zurückzahlen zu müssen, verlangen. Mit Recht hat damit das Berufungsgericht dem Leistungsbegehren der klagenden Partei stattgegeben. Bietet damit aber der klagenden Partei das Leistungsbegehren all das, was sie mit dem Feststellungsbegehren anstrebt, fehlte ihr das rechtliche Interesse an einem Feststellungsbegehren, sodaß das Hauptbegehren vom Berufungsgericht mit Recht abgewiesen wurde. Die klagende Partei kann gegen die Auffassung des Berufungsgerichtes nichts Wesentliches anführen, sondern gibt selbst zu erkennen, die Revision nur aus prozessualer Vorsicht für den Fall, daß das Leistungsbegehren als nicht zulässig angesehen werden sollte, erhoben zu haben.

Beiden Revisionen ist demnach ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 40, 41, 50 ZPO. Die Parteien haben die Kosten ihrer erfolglosen Revisionen selbst zu tragen. Zu ersetzen sind nur die Kosten der Revisionsbeantwortung der klagenden Partei, da der Beklagte keine erstattete.

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