Spruch:
Der angefochtene Beschluß, der in Ansehung der Verpflichtung des Beklagten und Gegners der gefährdeten Partei zur Unterhaltsleistung von monatlich S 3.000,-- für die mj. Sabrina P***** bestätigt wird, wird im übrigen dahin abgeändert, daß in Ansehung der klagenden und gefährdeten Partei der erstinstanzliche Beschluß wiederhergestellt, der vom Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei ab 1.8.1992 monatlich zu leistende vorläufige Unterhalt für die mj. Claudia P***** mit S 3.500,-- bestimmt und das Mehrbegehren abgewiesen wird.
Die klagende und gefährdete Partei, die die Kosten des Sicherungsverfahrens im Umfang der Stattgebung vorläufig und im Umfang der Abweisung endgültig selbst zu tragen hat, ist schuldig, dem Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei die mit S 3.264,-- (darin S 544,-- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Streitteile haben am 3.5.1985 vor dem Standesamt Fieberbrunn die Ehe geschlossen. Dieser Ehe entstammen die beiden Kinder Claudia P*****, und Sabrina P*****. Der Beklagte ist aus dem gemeinsam gebauten und bewohnten Haus am 19.7.1992 ausgezogen. Er verdient monatlich netto S 26.085,-- 14mal jährlich und leistet für das nunmehr von der Klägerin und den beiden Kindern allein bewohnte, in seinem Eigentum stehende Haus Rückzahlungen für Bausparkassen- und Wohnbauförderungsdarlehen von monatlich S 7.197,- -. Darüber hinaus kommt er für sämtliche Betriebskosten, Abgaben und Gebühren im Gesamtbetrag von monatlich durchschnittlich S 4.158,-- auf. Die Klägerin bezieht als Zahnarztassistentin monatlich S 8.500,-- netto 14mal jährlich.
Mit ihrer am 7.8.1992 beim Erstgericht eingelangten Klage verband die Klägerin den Sicherungsantrag, dem Beklagten aufzutragen, monatlich im vorhinein an Unterhaltsbeträgen für sie S 5.000,-- sowie für die in der Ehe geborenen Kinder Claudia S 4.000,-- und Sabrina S 3.500,-- zu bezahlen.
Nach Vernehmung der Parteien bestimmte das Erstgericht den monatlichen vorläufigen Unterhalt für die mj. Claudia mit S 2.570,-- und für die mj. Sabrina mit S 2.100,- -. Das Unterhaltsbegehren der Klägerin von S 5.000,-- wies es, ebenso wie das Mehrbegehren der Kinder ab. Rechtlich folgerte das Erstgericht, daß vom durchschnittlichen Monatsnettoeinkommen des Beklagten von S 30.433,50 die Darlehensrückzahlungen im Betrag von S 7.197,-- abzuziehen seien. Dieses anrechenbare monatliche Einkommen von S 23.236,50 ergebe unter Hinzurechnung des Durchschnittsverdienstes der Klägerin von S 9.917,-- ein monatliches Familieneinkommen von S 33.153,50, an welchem die Klägerin unter Berücksichtigung der den Beklagten treffenden Sorgepflicht für die beiden Kinder mit 32 %, somit S 10.609,-- teilhabe. Davon seien das eigene Einkommen der Klägerin sowie ein Drittel der vom Beklagten getragenen Betriebskosten als auf den Geldunterhalt anrechenbare Naturalleistungen in Abzug zu bringen, sodaß kein Unterhaltsanspruch der Klägerin verbleibe. Auch die beiden Kinder müßten sich auf ihren Unterhaltsanspruch von 17 bzw. 15 % des um die Darlehensrückzahlungen verminderten Einkommens des Beklagten je ein Drittel der von diesem getragenen Betriebskosten als Naturalunterhalt anrechnen lassen, sodaß sich die zugesprochenen Beträge ergeben.
Das Gericht zweiter Instanz änderte diesen Beschluß dahin ab, daß es dem Beklagten auftrug, an vorläufigen Unterhaltsbeträgen monatlich für die Klägerin S 1.500,- -, für die mj. Claudia S 3.600,-- und für die mj. Sabrina S 3.000,-- zu bezahlen. Die Darlehensrückzahlungen für das nunmehr von der Klägerin und den Kindern allein bewohnte Haus könnten die Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht schmälern. Die Finanzierungskosten für die Ehewohnung seien weder auf den Kindes- noch auf den Ehegattenunterhalt als Naturalleistungen anzurechnen, es sei vielmehr diesbezüglich im Aufteilungsverfahren ein Ausgleich zu schaffen. Der Klägerin stehe daher vom Familieneinkommen von S 40.349,-- ein Anspruch von 32 % zu, welcher um das eigene Einkommen sowie ein Drittel der vom Beklagten getragenen Betriebskosten zu vermindern sei, sodaß ein Restbetrag von S 1.609,-- verbleibe. Für die Kinder ergebe sich unter Anwendung der bereits vom Erstgericht herangezogenen Prozentkomponenten und nach jeweiligem Abzug der weiteren Drittelanteile der Betriebskosten Beträge von S 3.787,-- und S 3.179,- -. Alle Unterhaltsansprüche seien geringfügig abzurunden, da die Klägerin und ihre Kinder derzeit völlig mietfrei die Ehewohnung benützen könnten und der einstweilige Unterhalt in Ansehung der Kinder außerdem deutlich über den Regelbedarfssätzen liege.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen erhobene Revisionsrekurs des Beklagten ist zulässig und berechtigt.
Dem Rekursgericht ist insoweit beizupflichten, als Leistungen eines Ehegatten für die Ehewohnung ausschließlich das familienrechtliche Verhältnis der Ehepartner betrifft. Diese Leistungen sind kein für den Unterhaltspflichtigen abzugsfähiger Naturalunterhalt für die auch in der Wohnung wohnenden Kinder. Die Weiterbenützung der (vormaligen) Ehewohnung des Beklagten durch seine Gattin und seine Kinder nach seinem Auszug aus der Wohnung stellt die Erfüllung einer aus § 97 ABGB abgeleiteten Verpflichtung gegenüber seiner Gattin dar, nicht aber die Erfüllung einer Naturalunterhaltsverpflichtung gegenüber den Kindern (EvBl. 1992/108; EFSlg. 61.933; EFSlg. 40.128). Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes kann aber nicht gesagt werden, daß die Darlehensrückzahlungen durch den Beklagten auf den Unterhaltsanspruch der Ehegattin keinen Einfluß hätten, da diese Leistung direkt der Klägerin erbracht wird, ihr und ihren Kindern erst die Weiternutzung der (vormaligen) Ehewohnung ermöglicht und sie der Notwendigkeit enthebt, anderweitig Zahlungen für Wohnraumbeschaffung zu leisten. Müßte sie derartige Zahlungen erbringen, wäre deren Gegenwert Teil der Unterhaltsverpflichtung des Beklagten. Es ist nicht zu erkennen, wieso in dem Falle, daß der Beklagte die Wohnmöglichkeit von sich aus finanziert, diese Zahlungen den Unterhaltscharakter verlieren sollten. Da sich somit im Rahmen des § 382 Z 8 lit.a EO der durch das Wohnen bewirkte Unterhaltsbedarf auf die Bemessung der Höhe des einstweilen zu leistenden Unterhalts auswirkt, vermindert sich dann, wenn der andere Eheteil die Kosten der Wohnung trägt, wegen Deckung eines Teiles der Lebensbedürfnisse der Geldunterhaltsanspruch (SZ 60/97; EFSlg. 64.353).
Hiebei wird nicht übersehen, daß das nunmehr von der Klägerin und den Kindern allein bewohnte Haus im Eigentum des Beklagten steht und somit durch die Bezahlung der Kreditraten in dessen Sphäre Vermögensbildung erfolgt. Die ehemalige Ehewohnung ist aber Gegenstand des Aufteilungsverfahrens gemäß § 81 EheG, sodaß die durch die Bezahlung bewirkte Vermögensbildung auch der Klägerin zugutekommt. In Anbetracht dieses Umstandes erscheint es angemessen, etwa die Hälfte dieser Rückzahlungsraten als Naturalunterhalt der Klägerin zu veranschlagen (vgl 7 Ob 529/93).
Wenngleich im Rahmen des Kindesunterhaltes die Finanzierungskosten der (früheren) Ehewohnung - wie bereits dargelegt - nicht als teilweise Naturalunterhaltsleistungen gewertet werden können, kann die Tatsache, daß das Einkommen des Beklagten durch Kreditrückzahlungen belastet ist, bei der gegebenen Sachlage nicht völlig unberücksichtigt bleiben, zumal er gemäß § 97 ABGB verpflichtet ist, für den Erhalt dieser Wohnung Sorge zu tragen. Tragender Grundsatz der zu einer derartigen Berücksichtigung führenden Überlegungen ist der Umstand, daß unterhaltsberechtigte Kinder durch die Trennung oder Scheidung der Ehegatten weder besser noch schlechter als bei Fortdauer der Ehe gestellt werden dürfen (BGH FamRZ 1982, 23 = NJW 1982, 232; FamRZ 1982, 678 = NJW 1982, 1641). Maßgeblicher Bezugspunkt für die Unterhaltsbemessung sind nämlich die "ehelichen Lebensverhältnisse". Allerdings ist insoweit ein objektiver Maßstab anzulegen, als leichtfertig und ohne verständigen Grund oder zu luxuriösen Zwecken eingegangene Schulden nicht als einkommensmindernd berücksichtigt werden können (BGH FamRZ 1982, 157 = NJW 1982, 380), weil den mj. Kindern stets ein für die Deckung ihrer Lebensbedürfnisse notwendiger Unterhalt zur Verfügung zu stellen ist und auch während aufrechter Ehe eine unnötige Verschuldung der Eltern ihnen nicht zur Last fallen darf. Die Kenntnis der Unterhaltsverpflichtung bei Begründung von Schulden verwehrt dem Unterhaltspflichtigen in der Regel eine Berufung auf völlige oder teilweise Leistungsunfähigkeit infolge dieser Schulden, es sei denn, es handelt sich um notwendige nicht anders finanzierbare Anschaffungen für den Beruf oder die allgemeine Lebensführung (vgl. BGH FamRZ 1982, 157 = NJW 1982, 380; Köhler in MünchKomm Rz 24 zu § 1603). Für eine Interessenabwägung, inwieweit Schulden eine Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage darstellen, ist sohin der Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung, der Zweck, für den sie aufgenommen worden sind, das Einverständnis des Ehepartners zu dieser Schuldaufnahme, die Dringlichkeit der Bedürfnisse des Verpflichteten und des Berechtigten und das Interesse an einer Schuldentilgung, um die Verbindlichkeit nicht weiter anwachsen zu lassen und dadurch die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten weiter herabzudrücken, maßgeblich. Eine Berücksichtigung von Schulden ist unter diesen Gesichtspunkten nach billigem Ermessen vorzunehmen (JBl. 1991, 720).
Zumindest für den Bereich des Provisorialverfahrens kann davon ausgegangen werden, daß die den Beklagten belastenden Darlehensrückzahlungen in nicht unüblicher Höhe der Tilgung von Kreditverbindlichkeiten dienen, die im Einverständnis der Ehegatten zur notwendigen Wohnraumbeschaffung eingegangen wurden. In Anbetracht dieses Umstandes und unter Berücksichtigung der bereits dargestellten Tatsache, daß die Zahlungen auch der Vermögensbildung des Vaters dienen, entspricht es der Billigkeit, die Hälfte dieser Aufwendungen als die Bemessungsgrundlage mindernd anzusehen, zumal in diesem Falle noch immer ein den Regelbedarf übersteigender Unterhalt für die Kinder verbleibt.
Während somit die Hälfte der Kreditrückzahlungen des Beklagten die Bemessungsgrundlage mindert, stellen die Aufwendungen für Betriebskosten hinsichtlich aller Benützer der Wohnung auf den Geldunterhalt anrechenbaren Naturalunterhalt dar, da diese Aufwendungen lediglich deshalb erbracht werden, um die von den Unterhaltsberechtigten benützte Wohnung in benützungsfähigem Zustand zu erhalten, weshalb sie der Beistellung von Wohnraum für die Unterhaltsberechtigten dienen (RZ 1992/66; 8 Ob 552/92). Allerdings kann die Ansicht der Vorinstanzen nicht geteilt werden, daß diese vom Beklagten erbrachten Betriebskosten zu dritteln wären. Da es sich bei diesen Kosten überwiegend um (fixe) Kosten handelt, die von der Familiengröße, wenn überhaupt, nur in geringfügigem Ausmaß abhängen darf, der Auszug des Beklagten nicht zu Lasten der in der Wohnung verbliebenen Unterhaltsberechtigten gehen. Insbesondere die Kinder müssen aufgrund der nunmehr geänderten Verhältnisse keine Minderung ihres Unterhaltsanspruches hinnehmen. Es ist daher auch bei Festsetzung des anrechenbaren Naturalunterhalts von den „ehelichen Lebensverhältnissen“ auszugehen, weshalb lediglich ein Viertel der vom Beklagten getragenen Betriebskosten auf die Unterhaltsleistungen anzurechnen ist.
Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich somit, daß der vom Rekursgericht errechnete Unterhaltsanspruch der Klägerin jedenfalls durch die als Naturalunterhalt zu wertende Hälfte der Darlehensrückzahlung durch den Beklagten aufgezehrt wird.
Für die Berechnung des Kindesunterhaltes sind die vom Vater getragenen monatlichen Rückzahlungsraten ebenfalls zur Hälfte von der Bemessungsgrundlage abzuziehen, sodaß S 26.835,-- verbleiben. Von den davon mit 17 % bzw. 15 % errechneten Unterhaltsbeträgen verbleiben nach jeweiligem Abzug eines Viertels der vom Vater getragenen Betriebskosten, das sind je S 1.040,- -, für die mj. Claudia monatlich S 3.500,-- und für die mj. Sabrina monatlich S 3.000,- -. Der Regelbedarf für Kinder der entsprechenden Altersgruppe beträgt für die Zeit vom 1.7.1992 bis 30.6.1993 S 2.830,-- bzw. S 2.220,-- (Purtscheller-Salzmann, Unterhaltsbemessung, Rdz 7).
Gelingt dem Beklagten die Abwehr des Sicherungsantrages, dann ist die Entscheidung über seine Kosten des Provisorialverfahrens nicht vorzubehalten. Er hat vielmehr Anspruch auf Ersatz dieser Kosten gemäß §§ 78, 402 EO, §§ 41, 52 Abs. 1 ZPO. Kann er nur einen Teil des Sicherungsantrages abwehren, dann sind zufolge § 393 Abs. 1 EO, welcher einen Zuspruch von Kosten an den Kläger im Provisorialverfahren nicht ermöglicht, die Vorschriften der ZPO über die Kostenteilung nicht anzuwenden. Der Beklagte hat vielmehr in einem solchen Fall Anspruch auf Ersatz der Kosten in jenem Ausmaß, in dem er im Provisorialverfahren erfolgreich war (ÖBl. 1991, 64). Der Beklagte, der sich erstmals durch Erhebung des Revisionsrekurses am Sicherungsverfahren beteiligt hat, hat daher Anspruch auf Kosten auf der Basis der Differenz zwischen dem Zuspruch des Gerichtes zweiter Instanz und jenem durch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes. Dies ergibt unter Anwendung des § 9 Abs. 3 RATG eine Bemessungsgrundlage von S 19.200,-- und somit einen Honoraransatz von S 1.700,- -.
Die die Klägerin betreffende Kostenentscheidung gründet sich auf § 393 Abs.1 EO.
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