OGH 1Ob46/86

OGH1Ob46/864.3.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*** S*** W*** V***, Wien 1.,

Schottenring 30, vertreten durch Dr. Gertrud Hofmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Hermann N***, Installateur, Wien 4., Weyringergasse 22, vertreten durch Dr. Helmut Hoppel, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 396.132,52 samt Anhang infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 27. Juni 1986, GZ 13 R 129/86-87, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 31. Jänner 1986, GZ 17 Cg 317/81-f4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 13.996,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.185,15 Umsatzsteuer und S 960,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

In der Nacht vom 9. auf den 10. Jänner 1979 kam es durch Einfrieren der Wasserleitung im Dachbodenbereich des Hauses Wien 1., Hegelgasse 6, zu einem Ausrinnen von etwa 23.000 l Wasser. Hiedurch entstand in den von der Firma A*** P*** Feuerfestkonstruktionen Gesellschaft mbH (im folgenden: Firma A*** P***) in diesem Haus gemieteten Büroräumlichkeiten ein beträchtlicher Schaden. Die Firma A*** P*** begehrte deshalb von der damaligen Vermieterin und Hauseigentümerin Susanne Elisabeth L*** zu 47 C 482/79 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien die Bezahlung eines Schadeneryatzbetrages von S 504.967,01. Am 7. Juli 1981 schlossen die Parteien dieses Verfahrens einen Vergleich, mit dem sich Susanne Elisabeth L*** verpflichtete, der Firma A*** P*** den Betrag von S 225.915,88 samt Anhang zu bezahlen. Weiters wurde Susanne Elisabeth L*** mit Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 25. September 1981, 47 C 482/79-38, verpflichtet, der Firma A*** P*** einen Kostenbeitrag von S 51.031,52 zu bezahlen. Die klagende Partei war Haftpflichtversicherin der Susanne Elisabeth L***; sie bezahlte beide Beträge an die Firma A*** P***.

Die klagende Partei begehrt als Zessionarin gemäß § 67 VVG den Zuspruch des Betrages von S 396.132,-- samt Anhang, das sind die von ihr an die Geschädigte bezahlten Beträge zuzüglich der der Hauseigentümerin im Vorprozeß entstandenen eigenen Kosten, die sie getragen habe. Sie brachte vor, das Verschulden an dem Rohrgebrechen träfe den Beklagten. Der Beklagte sei von der Hausbesorgerin des Hauses Wien 1., Hegelgasse 6, am 2. Jänner 1979 verständigt worden, die Rohrleitung des Hauses sei eingefroren, es könne kein Wasser entnommen werden. Er habe schon am 2. Jänner 1979 seine Arbeiter geschickt, diese seien zwar jeden Tag tätig gewesen, sie hätten aber das Rohrgebrechen nicht finden können. Die Leute des Beklagten hätten erkennen müssen, daß die Dachbodenleitung eingefroren sei. Sie hätten nicht, was ihre Pflicht gewesen wäre, die gefährdete Leitung abgesperrt. Die Wasserentnahme zwischen dem 2. Jänner und 10. Jänner 1979 wäre möglich gewesen. Auf jeden Fall seien die Ventile einige Tage vor dem Schadensfall offen gestanden. Dies hätte dem Beklagten auffallen müssen. Die Leute des Beklagten hätten auch weder die Hausverwaltung noch die Hausbesorgerin von einem Absperren der Leitung verständigt. Der Beklagte habe auch nicht kontrolliert, ob die von seinen Leuten getroffenen Sicherheitsmaßnahmen eingehalten worden und die Ventile weiterhin abgesperrt geblieben seien. Mittels eines Auftau-Trafo wäre innerhalb kürzester Zeit die Leitung wieder eisfrei gewesen. Dem Hauseigentümer könne nicht mehr zugemutet werden, als einen befugten Gewerbetreibenden vom Einfrieren der Wasserleitung zu verständigen. Dessen Aufgabe wäre es gewesen, dem später eingetretenen Schadensfall vorzubeugen. Der Beklagte wendete ein, ihn und seine Leute träfe kein Verschulden am Auftreten des Rohrgebrechens. Er sei am 2. Jänner 1979 beauftragt worden, eine eingefrorene Wasserleitung aufzutauen. Seine Monteure hätten am selben Tag festgestellt, daß der Abfallsstrang des rechten Traktes des Hauses zugefroren sei. Mehrmalige Versuche, diesen Strang mit einem Elektro-Trafo aufzutauen, seien daran gescheitert, daß die aus Metall bestehenden Wasserleitungsrohre durch einen Plastikstutzen unterbrochen gewesen seien. Da die Versuche, die Leitung aufzutauen, gescheitert seien, sei von den Monteuren des Beklagten der Abfallsstrang des rechten Traktes abgesperrt worden. Dies sei den betroffenen Parteien mitgeteilt worden. Auch ein weiterer Versuch am 4. Jänner 1979, die Leitung aufzutauen, sei nicht erfolgreich gewesen. Daher sei die Wasserabsperrung belassen worden. Diese abgesperrte Wasserleitung sei von unbefugten Dritten geöffnet worden. Dadurch sei es zum Schadenseintritt gekommen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, bereits am 2. Jänner 1979 sei in der rechten Hälfte des Hauses Wien 1., Hegelgasse 6, ein Wasserbezug infolge Einfrierens der Leitung nicht möglich gewesen. Die Hausbesorgerin Olga C*** habe deshalb den Beklagten verständigt. Der Beklagte habe Monteure entsendet, um die eingefrorene Leitung mit einem Elektro-Transformator wieder aufzutauen. Die Monteure hätten sich in den Keller und schließlich auf den Dachboden begeben und hätten angenommen, daß der eingefrorene Teil der Leitung auf dem Dachboden liege. Sie hätten aber die genaue Stelle nicht lokalisieren können. Die Versuche, mit einem Elektro-Transformator die Leitung aufzutauen, hätten nicht zum Erfolg geführt, weil die Leitung teilweise aus Kunststoffrohr bestanden habe. Der Monteur Rudolf K*** habe das Strangabsperrventil abgesperrt, sodaß die Leitung, die auf den Dachboden geführt habe und dort in die Dachbodenverteilerleitung gemündet sei, abgesperrt gewesen sei. Er habe auf dem Dachboden das zugehörige Entleerungsventil und das Kugelventil geöffnet. Er habe der Hausbesorgerin eine Notiz hinterlassen, daß der Steigstrang wegen Einfrierens abgesperrt sei. Am 4. Jänner 1979 sei vom Beklagten der Monteur Walter C*** in das Haus geschickt worden, um die eingefrorene Leitung aufzutauen. Dieser habe die Ventile zu der eingefrorenen Leitung abgesperrt vorgefunden und sie aufgedreht, um festzustellen, ob Wasser komme. In der Folge habe auch er mittels eines Elektro-Transformators versucht, die eingefrorene Leitung aufzutauen, dies sei ihm nicht gelungen. Darauf habe er den Steigstrang mit dem Absperrventil gesperrt und das Entleerungsventil offengelassen. Das Kugelventil in der Dachbodenleitung habe er geöffnet, ebenso das dort befindliche Entleerungsventil. Schließlich habe er das Kugelventil wieder abgesperrt. Er habe sich überzeugt, daß das Absperrventil ordnungsgemäß schließe. Das Hauptabsperrventil sei nicht geschlossen worden, weil die übrigen Bereiche des Wasserversorgungssystems des Hauses von den Einfrierungen nicht betroffen gewesen seien. Nachdem entweder eine im Haus wohnhafte oder in den Räumlichkeiten des Hauses tätige Person in den Keller gelangt wäre und in der Absicht, den Wasserbezug wieder zu ermöglichen, das Ventil aufgedreht gehabt hätte, sei die abgesperrte Steigleitung wieder wasserführend geworden. In der Nacht vom 9. auf den 10. Jänner 1979 seien nach Einfrieren von Wasser im Kugelventil und in Teilen des Rohres der Dachbodenleitung und einem dadurch herbeigeführten Aufplatzen etwa 23.000 l Wasser ausgetreten.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß die Monteure des Beklagten alle gehörige Sorgfalt angewandt hätten. Sie hätten sowohl am 2. Jänner 1979 als auch am 4. Jänner 1979 nach Beendigung ihrer Auftauversuche die Steigleitung vom Keller auf den Dachboden abgesperrt und dadurch eine Wasserführung dieser Steigleitung verhindert. Am Öffnen dieses Ventils nach dem 4. Jänner 1979 vor dem Schadenseintritt in der Nacht vom 9. auf den 10. Jänner 1979 durch eine dritte Person, die nicht habe eruiert werden können, treffe sie kein Verschulden. Der Beklagte und seine Leute hätten alles getan, um einen Wasseraustritt bei Einfrieren zu verhindern.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es übernahm die wiedergegebenen Feststellungen des Erstgerichtes. Soweit die Berufung meine, ein Fehler der Monteure des Beklagten liege vor, weil sie die eingefrorene Leitung nicht täglich kontrollierten bzw. die vereiste Leitung nicht durch eine Behelfsleitung ersetzten, könne ihr nicht gefolgt werden, weil solche aufwendigen Maßnahmen ohne besonderen Auftrag des Hauseigentümers oder Hausverwalters nicht hätten vorgenommen werden müssen und durch das Absperren des von der Einfrierung betroffenen Teiles der Wasserleitung eine ausreichende Sicherung gegeben gewesen sei. Es könne aber auch ein Entfernen des Handrades des abgesperrten Ventiles im Keller, soferne dies überhaupt möglich gewesen wäre, von den Monteuren des Beklagten nicht verlangt werden, weil dies weder vorgeschrieben noch fachlich üblich oder angezeigt sei. Es sei daher weder ein Fehlverhalten der Monteure des Beklagten noch des Beklagten selbst Ursache des Wasserschadens, sodaß keine Haftung des Beklagten nach den §§ 1295 oder 1313 a ABGB für den eingetretenen Schaden bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt. Die klagende Partei macht als Legalzessionarin gestützt auf die Bestimmung des § 67 VVG jene Schadenersatzansprüche gegen den Beklagten geltend, die ihrer Versicherungsnehmerin, die als Hauseigentümerin Auftraggeberin aus einem mit dem Beklagten abgeschlossenen Werkvertrag war, zugestanden seien. Die Firma A*** P*** war als Mieterin vom Schutzzweck des zwischen der Hauseigentümerin und dem Beklagten abgeschlossenen Werkvertrages umfaßt (ImmZ 1975, 336; vgl. JBl. 1986, 452). Der Beklagte haftete dann gemäß § 1313 a ABGB auch für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen, wenn diese den Dritten, der vom Schutzzweck des Vertrages umfaßt war, schuldhaft schädigten (SZ 51/97; ImmZ 1975, 336 ua; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht 2 II 338). Nach den getroffenen Feststellungen ist aber dem Beklagten der ihm gemäß § 1298 ABGB obliegende Beweis gelungen, daß ihn und seine Erfüllungsgehilfen auch unter Beachtung der Vorschrift des § 1299 ABGB ein Verschulden an der Schädigung der Rechtsgüter der Firma A*** P*** nicht traf.

Für die Haftung des Sachverständigen ist gemäß § 1299 ABGB der Sorgfaltsmaßstab gegenüber der allgemeinen Regel des § 1297 ABGB verschärft. Während sonst auf den gewöhnlichen Grad der Aufmerksamkeit und des Fleißes abzustellen ist, ist nach § 1299 ABGB der für die übernommene Tätigkeit notwendige Grad des Fleißes entscheidend. Maßgeblich ist dann die übliche Sorgfalt jener Personen, die derartige Tätigkeiten ausüben. Einem Sachverständigen ist daher auch dann ein Schuldvorwurf zu machen, wenn es ihm an den erforderlichen Fähigkeiten mangelte. Der Sorgfaltsmaßstab wird durch die typische und demnach objektiv bestimmten Fähigkeiten eines Angehörigen des betreffenden Verkehrskreises bestimmt. Entscheidend ist der Leistungsstandard der betreffenden Berufsgruppe (SZ 57/140; SZ 54/13 mwN; Koziol aaO 182 f). Der Beklagte hatte den Auftrag, eine eingefrorene Stelle der Wasserleitung des rechten Haustraktes aufzutauen. Seine Monteure nahmen zwar richtig an, daß die von ihnen nicht näher lokalisierbare Schadensstelle auf dem Dachboden liegen müsse, es war ihnen aber nicht möglich, die Vereisung zu beseitigen. Sie sperrten daher den gesamten Strang in dem, wie die klagende Partei selbst immer wieder vorbrachte, äußerst schwer zugänglichen Keller ab und verständigten davon die Hausbesorgerin, die den Beklagten von dem eingetretenen Schaden verständigt hatte. Damit hatten sie auch bei Anwendung eines strengen Sorgfaltsmaßstabes alles getan, um einer Schädigung von Mietern vorzubeugen. Daß sie erkennen hätten können, jemand würde die Leitung wieder öffnen, ist nicht festgestellt. Wie oft sie im Haus waren, ist ohne Belang, wenn sie sich darauf verlassen konnten, es werde die Leitung abgesperrt bleiben.

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt, wie der Oberste Gerichtshof prüfte (§ 510 Abs 3 ZPO), nicht vor.

Der Revision ist der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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