European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0010OB00035.14Z.0327.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 768,24 EUR (darin enthalten 128,04 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Text
Begründung
Nach der Scheidung ihrer Ehe hatten der Kläger und seine ehemalige Ehegattin die gemeinsame Obsorge für ihre beiden 1993 und 1995 geborenen Kinder. Am 28. 8. 2007 erteilte die Mutter der als Jugendwohlfahrtsträger zuständigen Bezirkshauptmannschaft nach § 212 Abs 2 ABGB aF die schriftliche Zustimmung zur Festsetzung und Durchsetzung der Unterhaltsansprüche der beiden Kinder, die damals bei ihr wohnten. Der Kläger wurde mit Beschluss des zuständigen Pflegschaftsgerichts vom 7. 12. 2010 zu monatlichen Unterhaltszahlungen für die Kinder zu Handen der Bezirkshauptmannschaft als gesetzlichen Vertreters verpflichtet. Seit 31. 5. 2011 wohnt seine Tochter, seit 30. 6. 2011 auch sein Sohn bei ihm. Am 29. 9. 2011 überwies er entsprechend seiner rechtskräftig festgesetzten Unterhaltsverpflichtung an die Bezirkshauptmannschaft rückständige Unterhaltsbeträge für den Zeitraum ab 1. 1. 2009 bis zum Zeitpunkt der jeweiligen Übersiedlung des Kindes. Er hielt fest, dass „die Zahlung ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Rückforderung erfolge“. Am Tag der Überweisung schrieb er an die Bezirkshauptmannschaft, dass aufgrund des Beschlusses vom 7. 12. 2010 die Unterhaltsbeiträge zu Handen des gesetzlichen Vertreters anzuweisen seien. Da die Kinder nunmehr bei ihm wohnten, ersuche er als gesetzlicher Vertreter, die von ihm überwiesenen Beträge auf die Konten der Kinder anzuweisen. Sollte die weitere Überweisung des Betrags innerhalb von 14 Tagen nicht auf die Konten der Kinder erfolgen, ersuche er um Rücküberweisung. Die Bezirkshauptmannschaft überwies von dem eingegangenen Unterhaltsbetrag 10.315 EUR an die Mutter und überwies den Differenzbetrag an den Kläger zurück.
Der Kläger begehrte die Zahlung des von der zuständigen Bezirkshauptmannschaft an die Mutter weitergeleiteten Unterhaltsbetrags. Die Vorinstanzen wiesen sein Begehren ab. Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil keine Judikatur des Obersten Gerichtshofs zum Umfang der privatwirtschaftlichen Haftung des Jugendwohlfahrtsträgers aus behaupteten Schäden der Eltern bestehe.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist entgegen dem nach § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
Um seine Rechtsrüge gesetzmäßig auszuführen, muss sich der Revisionswerber nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS‑Justiz RS0043603 [T9]) mit den Argumenten des Berufungsgerichts konkret auseinandersetzen, das bloße Aufstellen (unrichtiger) Rechtsbehauptungen reicht dazu nicht aus (RIS‑Justiz RS0043603 [T6]). Diesen Anforderungen wird der Kläger in seiner Revision nicht gerecht:
Zunächst befasst er sich allgemein mit der gesetzlichen Verpflichtung der öffentlichen Jugendwohlfahrt, die Familie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben in der Pflege und Erziehung durch Beratung zu unterstützen, und führt aus, dass sich der öffentliche Jugendwohlfahrtsträger sowohl bei der freiwilligen als auch der nicht freiwilligen Erziehungshilfe zur Erfüllung der persönlichen Pflichten gegenüber dem Minderjährigen wie Pflege und Erziehung regelmäßig Dritter bedienen müsse. Diese Überlegungen münden ohne Bezugnahme auf den festgestellten Sachverhalt in die Schlussfolgerung, dass im konkreten Fall ein Vertragsverhältnis (des Klägers) zum Jugendwohlfahrtsträger vorliege. Er beharrt auf seiner Ansicht, dass sein mit der Überweisung der Unterhaltsbeträge verbundener Auftrag an den Jugendwohlfahrtsträger, die überwiesenen Beträge direkt an die Kinder weiter zu überweisen, ein Auftragsverhältnis mit daraus resultierenden vertraglichen, aber auch nebenvertraglichen Schutz‑, Sorgfalts‑ und Aufklärungsverpflichtungen des Jugendwohlfahrtsträgers begründet habe, der nach § 1313a ABGB auch für ein Fehlverhalten seiner Mitarbeiter hafte. Dabei bleibt allerdings zur Gänze offen, aufgrund welcher konkreter übereinstimmender Willenserklärungen ein Vertragsverhältnis mit den vom Kläger gewünschten Rechtsfolgen begründet worden sein sollte. Mit seiner allgemeinen, im festgestellten Sachverhalte nicht gedeckten Behauptung der Begründung eines Vertragsverhältnisses hat der Revisionswerber der ausführlichen rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach die als Jugendwohlfahrtsträger zuständige Bezirkshauptmannschaft nach § 212 Abs 2 ABGB aF als gesetzlicher Vertreter für die Festsetzung oder Durchsetzung der Unterhaltsansprüche der Kinder nur deren Interessen, nicht aber die in den meisten Fällen sogar entgegengesetzten Interessen des Unterhaltspflichtigen wahrzunehmen habe, nichts entgegenzusetzen. Das Gleiche gilt für die Begründung seines vermeintlichen Amtshaftungsanspruchs. Beide Vorinstanzen haben dargelegt, dass der Jugendwohlfahrtsträger als gesetzlicher Vertreter des Kindes bei der Festsetzung oder Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen nicht hoheitlich in Vollziehung der Gesetze (§ 1 Abs 1 AHG) handelt (siehe nur Kathrein in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang 3 § 212 ABGB Rz 1 mwN und Rz 10; Schragel , AHG 3 Rz 108; vgl auch RIS‑Justiz RS0049082 [rechtsgeschäftliche Übertragung eines Teils der Vertretungsmacht]). Dem hoheitlichen Handeln als Grundvoraussetzung für einen Amtshaftungsanspruch widmet der Kläger in der Revision kein Wort. Er befasst sich vielmehr ausschließlich mit den Fragen des angeblich rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens von Mitarbeitern der Bezirkshauptmannschaft.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Die beklagte Partei hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen.
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