OGH 1Ob32/61

OGH1Ob32/6130.8.1961

Der Oberste Gerichtshof hat durch den zweiten Präsidenten Dr. Fellner als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gitschthaler, Dr. Heidrich, Dr. Bachofner und Dr. Feistmantel als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F* P *, vertreten durch Dr. Wladimir Sekyran, Rechtsanwalt in Wien XXIII, wider die beklagten Parteien 1.) H*, 2.) Verlassenschaft nach F* B*, vertreten durch die erbserklärte Erbin H* B*, 3.) H* S*, 4.) A* B*, sämtliche vertreten durch Dr. Hanns Hügel, Rechtsanwalt in Mödling, wegen Einwilligung zur Übertragung von Mietrechten (Streitwert 15.000 S) infolge der Rekurse der klagenden und beklagten Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen. Wien als Berufungsgericht vom 25. Oktober 1960, GZ 46 R 752/60‑14, womit das Urteil des Bezirksgerichts Hernals vom 2. September 1960, GZ 4 C 170/60‑10, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1961:0010OB00032.61.0830.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Rekurswerber haben die Kosten ihrer Rechtsmittel selbst zu tragen.

 

Begründung:

Der Kläger begehrt, die Beklagten schuldig zu erkennen, in die Übertragung der ihm aufgrund des Mietvertrags vom 30. 6. 1953 an der Wohnung Nr 16 im Hause *, zustehenden Mietrechts an Frau K* L* zu willigen. Die vier Beklagten seien je zu einem Viertel Miteigentümer des Hauses, das vom konzessionierten Gebäudeverwalter F* S* verwaltet werde. Mit diesem habe der Kläger am 30. 6. 1953 einen schriftlichen Mietvertrag über die im Klagebegehren bezeichnete Wohnung abgeschlossen. Darin sei festgehalten, dass der Mietgegenstand nicht den Bestimmungen des Mietgesetzes, ausgenommen den Kündigungsschutz, und im Sinne des § 3 WAG auch nicht der Wohnungsanforderung unterliege. Überdies sei dem Kläger mit Rücksicht auf die von ihm bezahlte erhebliche Investitionsablöse und die von ihm beabsichtigten weiteren Investitionen das Recht zugestanden worden, seine Mietrechte an einen anderen Wohnungswerber abzutreten. Da der Kläger aus beruflichen Gründen übersiedle, wolle er von diesem Recht Gebrauch machen und habe dem Hausverwalter schriftlich als seinen Mietrechtsnachfolger Frau K* K* bekanntgegeben, um dem Hausverwalter Gelegenheit zur Prüfung allfälliger Einwendungen gegen die vorgeschlagene Person zu geben. Der Hausverwalter habe daraufhin eine ablehnende Antwort durch die Miteigentümerin H* S* angekündigt. Außerdem habe der Rechtsfreund des Klägers ein Schreiben des Rechtsanwalts Dr. Hügel erhalten, demzufolge der Genannte die Rechtsverbindlichkeit des Punktes 11 des Mietvertrags für die Miteigentümer A* B* und H* S* bestreite.

Die Beklagten wenden ein, dass F* S* zum Abschluss des Mietvertrags vom 30. 6. 1953 überhaupt nicht bevollmächtigt gewesen sei. S* habe zum Abschluss eines so weitreichenden Mietvertrags keine Berechtigung gehabt. Den Vertrag hätten die Beklagten auch nie genehmigt. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses habe die Preisregelung noch gegolten. Da eine Ablöse verlangt und bezahlt worden sei, sei der Vertrag nichtig.

Das Erstgericht hat im Sinne des Klagebegehrens erkannt, weil der Hausverwalter zum Abschluss des Mietvertrags berechtigt gewesen sei bzw der Kläger an die Bevollmächtigung des Hausverwalters habe glauben können, eine verbotene Ablöse nicht vorliege und die als Mietrechtsnachfolgerin des Klägers vorgeschlagene K* K* die Begründung des Kündigungstatbestands nach § 19 Abs 2 Z 3 MietG nicht erwarten lasse.

Infolge Berufung der Beklagten hob das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht ist der Meinung, dass der Vertrag selbst dann, wenn der Hausverwalter nicht von der Drittbeklagten und vom Viertbeklagten zum Abschluss ermächtigt gewesen wäre, gemäß § 1016 ABGB als genehmigt angesehen werden müsste. Die Beklagten bekämpften nicht die Feststellung, dass auch die Drittbeklagte und der Viertbeklagte einen Teil des Betrags von 24.000 S erhielten. Schon aufgrund des Empfangs dieser Beträge hätten die dritt‑ und viertbeklagte Partei vom Mieterwechsel Kenntnis erlangen müssen. Durch die Annahme der Beträge von je 1.500 S und durch die jahrelange Belassung des Klägers als Mieter hätten sie sich einen Vorteil aus dem Geschäft zugewendet und mindestens stillschweigend den Vertrag genehmigt. – Bei Prüfung der Frage, ob der Mietvertrag wegen des Verstoßes gegen preisrechtliche Vorschriften als nicht beurteilt werden müsse, sei jedoch das erstinstanzliche Verfahren mangelhaft geblieben. Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien unterliege das Bestandverhältnis nicht der Mietzinsbildung gemäß dem Mietergesetz. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags habe noch die Verordnung des Rechtsstatthalters vom 9. 3. 1939 in der Fassung der Kundmachungen des Bundesministeriums für Inneres vom 10. 12. 1949, 17. 11. 1951 sowie 11. 7. 1952 gegolten. Die inzwischen eingetretene Aufhebung dieser Vorschriften habe für den Rechtsstreit keine Bedeutung, da eine nach ihnen unwirksame Vereinbarung aufgrund des Zinsstopgesetzes weiterhin unwirksam geblieben sei. Daraus ergebe sich, dass der ganze Bestandvertrag nichtig sei. Befinde sich aber das Bestandobjekt in einem Gebäude mit bedeutenden Kriegsschäden, so hätten die Preisregelungsvorschriften keine Anwendung zu finden. Das Erstgericht habe es unterlassen, die Parteien aufzufordern, ihre Behauptungen zu konkretisieren und hiefür Beweise anzubieten. Die Aussagen der Zeugen und des Klägers als Partei stimmten nicht überein. Während Rechtsanwalt Dr. M* als Zeuge aussage, dass 24.000 S als Baukostenbeitrag und für verschiedene Investitionen auf dem Wege über das Realbüro H* an den Vermieter Dr. K* bezahlt wurden, gebe der Hausverwalter als Zeuge an, dass die Hauseigentümer 8.000 S für tatsächlich geleistete Wiederaufbauarbeiten erhielten, 15.000 S L* S* als Tochter der inzwischen verstorbenen M* S* bekam und er (der Zeuge) sich den Rest von 1.000 S als Provision behielt. Der Kläger wiederum sage als Partei aus, dass er 24.000 S als Wiederaufbaukostenbeitrag leistete, da die Wohnung kriegsbeschädigt gewesen und als § 3 Wohnung verkauft worden sei. Die Feststellung, dass die Hauseigentümer 8.000 S aufgrund vorliegender Rechnungsbelege für tatsächlich geleistete Wiederaufbauarbeiten erhielten, nehme das Erstgericht vor, ohne die entgegenstehenden Beweisergebnisse zu erörtern und, ohne überprüft zu haben, um welche Aufwendungen es sich gehandelt habe, und ob die Belege tatsächlich vorhanden seien. Außerdem gehe das Erstgericht von der Rechtsansicht aus, dass die Überlassung eines Betrags von 24.000 S an den Vormieter rechtlich belanglos sei.

Diese Ansicht sei, wie aus Z 1.9 der schon zitierten Verordnung vom 9. 3. 1939 hervorgehe, unrichtig; denn darin seien ausdrücklich auch Leistungen an Dritte angeführt. Bezüglich des Betrags von 1.000 S gehe das Erstgericht entgegen seinen eigenen Feststellungen davon aus, dass die 1.000 S einen Teil der 8.000 S und nicht einen solchen des übrigen Betrags von 16.000 S bildeten. Unrichtig sei auch die in der Berufungsmitteilung vertretene Meinung, dass die Bezahlung der 16.000 S Gegenstand eines zweiten mit dem Vormieter abgeschlossenen Vertrags gewesen und mit dem Hausverwalter als Vertreter der Hauseigentümer nicht vereinbart worden sei. Nach den Beweisergebnissen sei das Gegenteil richtig. Es treffe auch nicht zu, dass sich die von den Beklagten erhobene Einwendung der Nichtigkeit des Bestandvertrags wegen Verstoßes gegen preisrechtliche Vorschriften nur auf den Betrag von 8.000 S bezogen habe. – Das Erstgericht werde die Parteien im fortgesetzten Verfahren aufzufordern haben, ihre Behauptungen über den Grund der Zahlung von 24.000 S zu konkretisieren und allenfalls weitere Beweisanträge zu stellen. Es werde auch klarzustellen sein, ob am gegenständlichen Gebäude wirklich ein bedeutender Kriegsschaden eintrat. Verneinendenfalls wäre zu prüfen, ob dem Betrag von 24.000 S entsprechende Leistungen gegenüberstehen. Bezüglich des Betrags von 8.000 S wäre allenfalls zu berücksichtigen, dass dem Kläger in den Punkten 10 und 11 des Mietvertrags außergewöhnliche Rechte eingeräumt wurden. Hinsichtlich des Restbetrags wäre allenfalls zu prüfen, ob er für den Kläger zugutegekommene Investitionen des Vormieters oder tatsächlichen Benützers der Wohnung gegeben wurde. Die Übergabe eines Betrags von 1.000 S an den Hausverwalter für die Beschaffung des Bestandobjekts wäre an sich unzulässig. Es ergebe sich aber die Frage, ob der Kläger überhaupt wusste, dass sich der Hausverwalter von den 16.000 S einen Betrag von 1.000 S zurückbehielt und dies Gegenstand des Vertrags war. In der Beilage ./G wurde auf einen Bestätigungsbrief Bezug genommen, in dem angeblich die Art der Verwendung der 24.000 S dargestellt werde.

Gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts haben beide Teile Rechtsmittel ergriffen.

Der Kläger nennt sein Rechtsmittel irrig Revision, statt wie es dem Gesetze (§§ 514, 519 ZPO) entsprechen würde, richtig Rekurs. Die Einrichtung eines Rechtsmittels als Berufung oder Revision statt als Rekurs oder Revisionsrekurs ist jedoch im Sinne des § 84 Abs 2 letzter Satz ZPO unerheblich, da das Begehren deutlich erkennbar ist (16. 2. 1915, Slg 7313; 9. 5. 1916, Amtl S 1740).

Rechtliche Beurteilung

Keiner der beiden Rekurse ist begründet.

Ob die streitgegenständliche Wohnung im Sinne des § 3 Z 1 WAG durch Kriegeseinwirkungen unbewohnbar geworden ist und zu ihrer Wiederherstellung erhebliche Aufwendungen ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel gemacht werden mussten, wird erst zu prüfen sein; die Feststellung im Punkt 12 des Mietvertrags vom 30. 6. 1953, dass das den Gegenstand des Mietvertrags bildende Objekt laut Bescheid der Magistratsabteilung 50 vom 6. 5. 1953, MA 50 – 838/R/53‑Sch, im Sinne des § 3 WAG als wohnungsanforderungsfrei erklärt wurde, genügt für die hier allein interessierende Frage, ob das Objekt nicht den Preisregelungsvorschriften unterlag, nicht, weil sie weder eine Außerstreitstellung der Parteien noch eine auf handfeste Beweise beruhende Feststellung in einem gerichtlichen Erkenntnis ersetzen kann. Die Bindung des Verwaltungsbescheids erstreckt sich nur auf die Anforderungsfreiheit. Der Umstand, dass der Kläger die bezahlte Ablöse nie zurückverlangte und auch nicht zurückbezahlt erhielt, der Vermieter auch niemals die Rückzahlung der Ablöse anbot, schließt die Möglichkeit nicht aus, dass zwischen dem Kläger und dem Hausverwalter S* abgeschlossene Rechtsgeschäft als nichtig zu befinden. – Der Rekurswerber meint, er könne den Betrag von 24.000 S, selbst wenn dieser zur Gänze eine verbotene Ablöse wäre, wegen Verjährung nicht mehr zurückfordern, und verweist hiebei auf § 17 Abs 2 MietG und § 9 Abs 4 Neuvermietungsgesetz. Dabei ist ihm entgangen, dass § 877 ABGB, wonach jeder das zurückstellen muss, was er aus einem aufzuhebenden Vertrag zu seinem Vorteil erhalten hat, für alle (auch für beiderseits erfüllte) nichtige (verbotene) Verträge gilt (19. 5. 1954, EvBl 1954: 273; 18. 9. 1952, EvBl 1952: 387; 17. 5. 1950, SZ XXXIII 159 ua) und § 1487 ABGB weder bei behaupteter Ungültigkeit des Vertrags wegen mangelnden Konsenses (§ 869 ABGB) noch für die Geltendmachung der Nichtigkeit eines Vertrags nach § 879 ABGB gilt (25. 10. 1905, Slg VIII 3195; 20. 3. 1936, SZ XVIII 51). Demgemäß sind die vermögensrechtlichen Nichtigkeitsklagen in der Regel unverjährbar (Ehrenzweig Allgemeiner Teil, § 126 S 302). – Im Weiteren vertritt der Rekurswerber den Standpunkt, dass Sinn und Zweck der Preisregelungsvorschriften nur der Schutz des Mieters sein könnte. Wenn nunmehr der Vermieter die Nichtigkeit des Vertrags wegen Übertretung der Preisregelungsvorschriften mit dem Endziel geltend mache, die erhaltende Ablöse zu behalten, die vermietete Wohnung zurückzugewinnen und sich den Ersatz der Investitionen, die der Mieter während der Mietdauer tätigte, zu ersparen, so wurde zu dem Unrecht der Empfangnahme einer unzulässigen Ablöse das weitere Unrecht der Abnahme der für die unzulässige Ablöse erbrachten Gegenleistungen kommen, der Mieter also nicht nur die gesetzlich unzulässige Ablöse bezahlt haben, sondern auch die erhaltene Wohnung, die er nach dem Gesetze ohne Ablöse hätte erhalten sollen, verlieren. Ein solches Ergebnis widerspräche den guten Sitten. Den Beklagten fehle aber auch die rechtliche Legitimation zur Geltendmachung einer Nichtigkeit, die in der Verletzung einer Schutzbestimmung zugunsten des Mieters liege und durch die der Kläger neuerlichen Schaden erleiden würde. Diesen Ausführungen kann deshalb nicht gefolgt werden, weil die Beklagten in Wirklichkeit das Ziel, das sie nach Meinung des Rekurswerbers erreichen wollen, gar nicht erreichen können. Mögen auch Bestimmungen wie § 17 MietG, § 9 Neuvermietungsgesetz und einschlägige Preisregelungsvorschriften zum Schutz der Wohnungssuchenden geschaffen worden sein, so ist doch nicht zu verkennen, dass alle diese Schutzbestimmungen auch öffentlichen Interessen dienen. Der Oberste Gerichtshof hält an der ständigen Judikatur fest, dass ein Verstoß gegen eine im allgemeinen Interesse erlassene Vorschrift grundsätzlich Nichtigkeit gegenüber allen Vertragspartnern zur Folge hat (12. 7. 1961, 1 Ob 328/61; 2 Ob 252/59, JBl 1959 S 412; 7 Ob 322/57, JBl 1955 S 70 ua). Der Hinweis auf die im Rekurs bezogenen Entscheidungen geht deshalb fehl, weil diese ganz andere Sachverhalte betreffen. Die Geltendmachung der behaupteten Nichtigkeit des Vertrags widerspricht deshalb nicht den guten Sitten, weil bei angenommener Nichtigkeit jeder das zurückzustellen hat, was er aus einem solchen Vertrag zu seinem Vorteil erhalten hat (§§ 877, 1447 ABGB). Im Übrigen nimmt der Kläger gegenüber seinem vorgeschlagenen Rechtsnachfolger dieselbe Stellung ein, die die Hauseigentümer ihm gegenüber einnahmen, dh auch er verlangt, wenn dem Vorbringen der Beklagten gefolgt wird, verbotene Ablöse. Bei Annahme einer bloßen Teilnichtigkeit müsste jedenfalls auch die Vereinbarung über die für die Ablöse eingeräumten besonderen Rechte des Mieters, so vor allem auf Übertragung der Mietrechte auf eine dritte Person als nichtig angesehen werden. Ganz oder gar unverständlich sind die Ausführungen, mit denen der Rechtsmittelwerber dartun will, dass durch die Aufhebung der Preisregelungsvorschriften im Jahre 1954 und dadurch, dass die Streitteile es seither bei dem im Jahre 1953 geschaffenen Vertragszustand bewenden ließen, ein allenfalls früher nichtiger Vertrag konvalidiert sei. An der Nichtigkeit von Verträgen, die in der Zeit der Anwendbarkeit der Preisregelungsvorschriften nichtig waren, hat sich durch die Aufhebung der Preisregelungsvorschriften und durch das Zinsstopgesetz nichts geändert. Gewiss regelt das Zinsstopgesetz nicht das Problem der verbotenen Ablöse, es enthält aber auch keine Bestimmung, die vor Inkrafttreten des Zinsstopgesetzes getroffene nichtige Vereinbarungen gültig und wirksam machen würde. Nach der Anlage A des Preisregelungsgesetzes 1950, BGBl Nr 194/1950, sind Bestandobjekte in Gebäuden, die bedeutende Kriegsschäden erlitten haben, von der Preisregelung ausgenommen. Ein Kriegsschaden ist nach dem Gesetz dann als bedeutend anzusehen, wenn er den zweifachen Jahreszinsvertrag des Gebäudes im Zeitpunkt der Kriegseinwirkung übersteigt.

Der Berechnung der Jahreszinse ist bei Bestandobjekten, die hinsichtlich der Mietzinsbildung im Zeitpunkt der Kriegsentwicklung dem Mietergesetz unterlagen, der Hauptmietzins, bei anderen Bestandobjekten der Bruttomietzins zugrunde zu legen (Swoboda, Mietrecht, S 118). Ob diese zutrifft, steht nicht fest; es geht daher auch nicht an, jetzt schon vorwegzunehmen, was erst noch der Erörterung und Prüfung bedarf. Wenn auch der Zivilprozess vom Parteienbetrieb beherrscht wird, so hindere dies das Berufungsgericht nicht an der Aufhebung des erstgerichtlichen Urteils wegen vorhandener Feststellungsmängel. Zur Behebung solcher Mängel hat der Erstrichter von der materiellen Prozessleitungspflicht Gebrauch zu machen.

Da der Rekurswerber nichts Durchschlagendes zur Widerlegung der Begründung des angefochtenen Beschlusses vorzutragen wusste, konnte seinem Rekurs ein Erfolg nicht beschieden sein.

Die Beklagten fechten den Aufhebungsbeschluss insbesondere deshalb an, weil das Berufungsgericht zu Unrecht den Rechtsstandpunkt vertrete, dass die Sache nicht entscheidungsreif sei, und weil es die für das Erstgericht bindende Rechtsansicht ausspreche, die Überschreitung der Hausverwaltungsvollmacht des F* S* sei im Sinne des § 1016 ABGB, saniert. Um die Rechtswirkungen, die das Gesetz an die Genehmigung eines Vertrags durch die Gewalthaber knüpfte, auch bezüglich der Vorteilszuwendung Anwendung finden zu lassen, sei es, so meinen die Rekurswerber, notwendig, dass der Gewaltgeber sich den Vorteil aus dem Geschäft zuwendet, nicht aber einen Vorteil. Da die heutige Drittbeklagte und der Viertbeklagte zusammen nur 3.000 S erhielten, während ein Ablösebetrag von 24.000 S für die Wohnungsvergebung erzielt wurde, hätten sie nicht den Vorteil aus diesem Geschäft zugewendet erhalten. In tatsächlicher Hinsicht sei darauf zu verweisen, dass ihnen überhaupt nicht zum Bewusstsein gekommen sei, Beträge von je 1.500 S unter dem Titel eines Mieterwechsels erhalten zu haben. Sie könnten diese Beträge im Zuge von Jahresabrechnungen des Hausverwalters erhalten haben. Vom Erhalt des Mietvertrags mit dem Kläger hätte die Drittbeklagte im Jahre 1959, der Viertbeklagte erst im Zuge der Klagsführung Kenntnis erhalten. Da die Zuwendung des Vorteils nur ein Sonderfall der Genehmigung des Geschäfts durch den Gewaltgeber sei, somit die Regeln des § 863 ABGB zur Anwendung kämen, müsse geprüft werden, ob die Zuwendung von 3.000 S aus dem Abschluss des Bestandvertrags tatsächlich die Vollmachtsüberschreitung decken könne. Dadurch, dass der Hausverwalter im Mietvertrag unter Vollmachtsüberschreitung eine weitgehende Beschränkung der Gewaltgeber vorgenommen habe, könne nur eine Zustimmung zur Weitergabe der Wohnung gemäß § 863 ABGB erschlossen werden, nicht aber darüber hinaus eine Genehmigung der Aufnahme des Punktes 11, da dem Gewaltgeber die Aufnahme dieses Punktes in den Mietvertrag nicht bekannt gewesen sei.

Den Ausführungen der Rekurswerber ist folgendes entgegenzuhalten: Das Berufungsgericht verweist darauf, dass die Beklagten die Feststellung des Erstgerichts nicht bekämpften, die Drittbeklagte und der Viertbeklagte hätten einen Teil des Betrags von 24.000 S erhalten.

Schon aufgrund des Empfangs dieses Betrags, so folgert das Berufungsgericht, hätten die dritt‑ und viertbeklagte Partei vom Mieterwechsel Kenntnis erlangt haben müssen. Durch die Annahme der Beträge von je 1.500 S und durch die jahrelange Belassung des Klägers als Mieter hätten sie den Vorteil aus dem Geschäft sich zugewendet. Soweit die Rekurswerber von diesen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts abweichende Behauptungen aufstellen, können sie nicht berücksichtigt werden, weil es sich um unzulässige Angriffe gegen die Beweiswürdigung handelt. Eine Genehmigung nach § 1016 ABGB liegt schon darin, dass sich der Vertretene den aus dem Geschäft entstandenen Vorteil zuwendet. Die Aneignung des Vorteils gilt selbstverständlich nur dann der Genehmigung gleich, wenn der Vertretene von dem ohne Vollmacht oder mit Überschreitung der Vollmacht geschlossenen Geschäft weiß (Ehrenzweig, Allgemeiner Teil, 2. Auflg, § 113). Die Genehmigung hat rechtsgestaltende Kraft; denn sie begründet hinsichtlich der Überschreitung das Vertragsverhältnis mit dem Dritten, und zwar rückwirkend auf den Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses. Voraussetzung ist, dass der Vertreter das Geschäft im Namen des Vertretenen abgeschlossen hat. Die Genehmigung kann nur so geschehen, wie der Vertrag geschlossen wurde (Swoboda, Recht der Schuldverhältnisse, S 231). Die Dritt‑ und der Viertbeklagte haben sich nach den getroffenen Feststellungen als Vorteil das angeeignet, was sie nach dem Vertrag zu erhalten hatten, nämlich die Beträge von je 1.500 S nebst dem Wohnungszins, richtig aliquoten Anteil am Wohnungszins. Damit ist aber der zweite Fall der Bindung des Gewaltgebers gemäß § 1016 ABGB gegeben.

Dieser Fall stellt die Fiktion einer Genehmigung dar, wie sie etwa auch § 477 Abs 2 ZPO oder § 10 Abs 2 AngG enthalten. Die Beklagten können bei der gegebenen Sachlage nicht gut den Standpunkt vertreten, dass sie sich nach der Vorteilszuwendung völlig passiv verhalten durften und sich um die Einzelbestimmungen des Vertrags nicht zu kümmern brauchten. – Im Weiteren fühlen sich die Rekurswerber durch die Rechtsansicht des Berufungsgerichts beschwert, dass die Feststellungen des Erstgerichts zur Entscheidungsfrage, ob die Voraussetzungen für die Nichtigkeit des Bestandvertrags zuträfen, nicht ausreichen. Richtig sei die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die schon mehrfach zitierten Preisregelungsvorschriften für Gebäude mit einem bedeutenden Kriegsschaden nicht anzuwenden seien. Diese Einschränkung treffe aber nur zu, wenn die Ablöse tatsächlich demjenigen zukomme, in dessen Vermögen sich der Schaden ereignet habe. Keineswegs hätte durch die Preisregelungsvorschriften die Möglichkeit geboten werden sollen, unter Hinweis auf einen bedeutenden Kriegsschaden Personen, die weder selbst den Kriegsschaden beseitigt haben, noch in deren Vermögen sich der Kriegsschaden ereignet hat, die Gelegenheit zu einem Geschäft mit einer solchen Wohnung zu bieten. Daraus ergebe sich, dass nicht zu prüfen sei, ob und in welcher Höhe ein Kriegsschaden eintrat, weil nach dem Ergebnis des Verfahrens erster Instanz bereits erwiesen sei, dass die Ablöse Personen zufloss, die selbst dann, wenn ein bedeutender Kriegsschaden vorläge, die Anwendung der Ausnahmebestimmung der Preisregelungsvorschriften nicht für sich in Anspruch nehmen könnten. Der Träger der Hauptmietrechte sei Dr. S* K*, der die Wohnung nie bewohnt habe, gewesen. Gewohnt habe dort Frau S*, die aber keine Hauptmietrechte besessen habe.

Frau L* S*, die Tochter der Frau S*, habe, obwohl sie nicht eintrittsberechtigte Mieterin im Sinne des § 19 Abs 2 Z 11 MietG gewesen sei, 16.000 S erhalten. K* habe tatsächlich keinerlei Aufwendungen gemacht bzw haben können. Darüber hinaus sei ein Betrag von 1.000 S dem Hausverwalter als unerlaubte Provision zugeflossen. Demnach stehe bereits fest, dass 2/3 des Betrags oder mehr völlig unberechtigte Personen bekommen hätten, welcher Umstand allein bereits die Nichtigkeit des Mietvertrags zur Folge habe, so dass es einer Aufhebung des Ersturteils gar nicht bedürfe, die Sache vielmehr im Sinne der Klagsabweisung spruchreif sei.

Die Rechtsmeinung der Rekurswerber, dass die Ausnahmebestimmung des Preisregelungsgesetzes dann nicht Platz greifen würde, wenn Personen, die weder selbst den Kriegsschaden beseitigt haben noch in deren Vermögen der Kriegsschaden eingetreten ist, die für den Bestandvertrag bezahlte Ablöse bekommen, findet im Gesetz keine Stütze. Nach § 1 Abs 1 des Preisregelungsprozesses unterlagen die Preise und Entgelte für die in der Anlage A zum Gesetz bezeichneten Sachgüter und Leistungen der Regelungen nach den Bestimmungen dieses Gesetzes. In der Anlage A heißt es unter II. Leistungen: 1. a) Vermietung von Bestandobjekten, bei denen die Mietzinsbestimmung nicht dem Mietergesetz unterliegt, ausgenommen Filmateliers, ferner Vermietungen, die nach § 16 Abs 2 und § 16a des Mietergesetzes erfolgen, soweit etwaige Vereinbarungen über das nach § 16 Abs 1 zweiter Halbsatz des Mietergesetzes zulässige Ausmaß getroffen sein sollten. b.) Ausgenommen von lit a sind Bestandobjekte in Gebäuden die bedeutenden Kriegsschaden erlitten haben ... Weder der Wortlaut, noch der Sinn des Gesetzes geben die Möglichkeit zu einer Auslegung, wie sie die Rekurswerber für richtig halten. Es ist lediglich abgestellt auf Bestandobjekte in Gebäuden mit bedeutenden Kriegsschäden nicht aber darauf, wer die Leistung aus der Vermietung erhält. Zu den weiteren Ausführungen des Rekurses ist nur so viel zu sagen, dass sie dem Ergebnis des erst noch abzuführenden Ergänzungsverfahrens vorgreifen. Erst nach Behebung der vom angefochtenen Beschluss aufgezeigten Mängel wird sich feststellen lassen, ob und inwieweit hier eine nichtige Vereinbarung vorliegt. Der Rekurs nimmt willkürlich vorweg, was erst nach allenfalls gründlicher Erhebung des Sachverhalts festzustellen sein wird. Es ergibt sich sonach, dass auch der Rekurs der Beklagten keine Berechtigung hat, ihm daher auch nicht teilweiser Erfolg zukommen konnte.

Die Kosten der erfolglosen Rechtsmittel haben die Rekurswerber selbst zu tragen. Kosten für die Revisionsbeantwortung waren nicht zuzusprechen, weil ein solcher Schriftsatz im Rekursverfahren nicht vorgesehen ist.

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