Spruch:
Der Sachwalter im Ausgleichsverfahren, der die Erfüllung des Ausgleiches zu überwachen und hiezu von dem Schuldner unwiderrufliche Vollmacht zur Liquidation des Geschäftes erhalten hat, ist zum Rekurs gegen eine Exekutionsbewilligung legitimiert.
Entscheidung vom 1. September 1954, 1 Ob 325/54.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Aus Anlaß des von der verpflichteten Partei zu Sa 27/51 geschlossenen Ausgleiches verpflichtete sich die Ausgleichsschuldnerin, die Erfüllung dieses Ausgleiches durch mehrere Sachwalter überwachen zu lassen; sie erteilte daher den Sachwaltern die unwiderrufliche Vollmacht, ihr Geschäft und die damit verbundenen Rechte zugunsten ihrer Gläubiger - über die 40%ige Ausgleichsquote hinaus - liquidieren zu lassen, wogegen die Ausgleichsgläubiger auf das ihnen nach der AO. zustehende Recht des Terminverlustes und des Wiederauflebens für die Dauer der Liquidierung verzichteten. Der Ausgleich wurde bestätigt und das Ausgleichsverfahren auf Antrag der Gläubiger aufgehoben.
Das Ausgleichsgericht bewilligte der betreibenden Partei, einer Ausgleichsgläubigerin, die Exekution zur Hereinbringung von drei fällig gewordenen Ausgleichsraten durch Pfändung einer Forderung, ferner der Bestandrechte und der Gewerbeberechtigung der verpflichteten Partei.
Das Rekursgericht wies den von den drei Sachwaltern gegen die Exekutionsbewilligung erhobenen Rekurs als unzulässig zurück.
Der Oberste Gerichtshof gab dem gegen diese Zurückweisung von den Sachwaltern erhobenen Revisionsrekurs, richtig Rekurs, in dem sie behaupten, daß sie zur Bekämpfung der Exekutionsbewilligung berechtigt waren, Folge, hob den Beschluß des Rekursgerichtes auf und trug dem Rekursgerichte die Sachentscheidung auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung des Obersten Gerichtshofes:
Der Rekurs ist begrundet:
Das Rekursgericht gelangte deshalb zur Zurückweisung des Rekurses, weil die Sachwalter im Exekutionsverfahren keine Parteistellung einnehmen. Hiebei verweist das Rekursgericht auf die §§ 6 und 65 EO., was offenbar § 6 ZPO. und § 65 EO. heißen soll. Von diesem rein exekutionsrechtlichen Gedankengang abgesehen, beruft sich das Rekursgericht richtigerweise darauf, "daß der Sachwalter hinsichtlich des ihm übertragenen Vermögens im eigenen Namen Aktiv- und Passivprozesse führen und insbesondere Exekutionen in das Vorbehaltsgut abwehren könne". Für diese Rechtsansicht zitiert der angefochtene Beschluß Bartsch - Pollak II S. 479. Die betreffende Stelle lautet dort: Die Sachwalter können "die Abwehr von Exekutionen in das Vorbehaltsgut durchführen". Die zu diesem Zitat gehörige Anmerkung 56 beruft sich auf Pollak, System des Zivilprozeßrechtes, S. 120 und Sperl, Lehrbuch, S. 161. Diese Belegstellen besagen nichts zur Frage der Rekursberechtigung der Sachwalter, wohl aber die Ausführungen bei Bartsch - Pollak, a. a. O., die unmittelbar an die Anmerkung 56 anschließen und folgendermaßen lauten: "Man kann aber nicht sagen, daß der Sachwalter dabei etwas wie sonst eine Prozeßpartei sei; denn er macht keine eigenen Rechtsschutzansprüche als Berechtigter oder Verpflichteter geltend." Die sich daran unmittelbar anschließende Anmerkung 57 verweist auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Rechtsprechung 1931, Nr. 334 = Jahrbuch Höchstrichterlicher Entscheidungen, IV Nr. 2271, die ausspricht, daß ein im gerichtlichen Ausgleiche bestelltes Liquidationskomitee zur Rekurserhebung gegen Exekutionsbewilligungen in die Liquidationsmasse berechtigt sei. Auch dieser Entscheidung lag ein Antrag auf Exekutionsbewilligung zugrunde und wurde die Berechtigung zur Rekurserhebung geprüft, dies mit dem Ergebnisse, daß das Liquidationskomitee als Beauftragter - oder, wie der Oberste Gerichtshof an anderer Stelle auch sagte, als Treuhänder - des Verpflichteten und seiner Gläubiger handelt, weshalb es als Beauftragter, als Machthaber, des Verpflichteten berechtigt sei, die Rechte des Verpflichteten zu wahren, und zu diesem Zwecke den Rekurs zu erheben. Im vorliegenden Fall erhoben alle drei Sachwalter im eigenen Namen dieses Rechtsmittel, aber unter Berufung auf ihre Stellung als Sachwalter nach Aufhebung des Ausgleiches der verpflichteten Partei. Der vorliegende Fall ist somit mit dem zitierten Rechtsfall in der Frage der Rekursberechtigung wesensgleich. Der Oberste Gerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, von der in seiner Entscheidung vom Jahre 1931 ausgesprochenen Ansicht abzugehen. Die von den Rechtsmittelwerbern herangezogene Entscheidung SZ. IX/104, ist dagegen ebenso fehl am Platze, wie die in der Rechtsmittelschrift angeführten älteren Entscheidungen. Es war daher auch vom Rekursgericht, das meritorisch die Stellung des Sachwalters im wesentlichen richtig beurteilte, nicht richtig, die Rechtsmittelwerber auf die ihnen allenfalls zustehenden Klagen nach den §§ 36 und 37 EO. zu verweisen. Es ist vielmehr Aufgabe des Rekursgerichtes, den Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung sachlich zu überprüfen.
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