OGH 1Ob321/01i

OGH1Ob321/01i26.2.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Bentcho K*****, vertreten durch Dr. Georg Uitz, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen Feststellung des Nichtbestehens einer Kostenersatzpflicht gemäß § 31 Abs 3 WRG (Streitwert 47.374,86 S = 3.442,86 EUR) über den Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten vom 2. November 2001, GZ 7 R 98/01v, 7 R 99/01s-69, womit der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 11. Juli 2001, GZ 7 R 98/01v, 7 R 99/01s-65, und ihr Antrag auf Zulassung des ordentlichen Revisionsrekurses zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Eine Bezirkshauptmannschaft verpflichtete mit Bescheid vom 11. März 1996 den Antragsteller, einen bulgarischen Staatsangehörigen, der eine Kfz-Reparatur- und Lackierwerkstätte in Himberg betrieben hatte, als Eigentümer widerrechtlich - durch einen Dritten - beseitigter Abfälle gemäß § 31 Abs 3 iVm § 117 Abs 1 WRG zum Ersatz der Entsorgungskosten von 47.374,86 S; diese Kosten seien zur Vermeidung und Verminderung einer Gewässerverunreinigung durch Ablagerung von zum Teil gefährlichem Müll und Abfall auf einer näher bezeichneten, nicht dem Antragsteller gehörigen Liegenschaft aufgelaufen. Über Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 117 Abs 3 WRG behob das Erstgericht diesen Bescheid ersatzlos (obwohl die Entscheidung der Verwaltungsbehörde gemäß § 117 Abs 4 zweiter Satz WRG mit der rechtzeitigen Erhebung des Antrags auf gerichtliche

Entscheidung ex lege außer Kraft tritt [zuletzt 1 Ob 210/00i = JBl

2001, 320 = RZ 2001/27]), verhielt den Bund als Antragsgegner zum Kostenersatz von 11.792,16 S an den Antragsteller und den Antragsteller dazu, dem Antragsgegner die von diesem bereits bezahlten mit 25.810,40 S bestimmten Kosten "des für nichtig erklärten Verfahrens" zurückzuzahlen.

Über Rekurs der Antragsgegnerin hob das Rekursgericht den erstinstanzlichen Beschluss in der Hauptsache und in dessen Kostenentscheidung über 11.792,16 S auf und trug dem Erstgericht in diesem Umfang die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei (§ 14b AußStrG), wurde nicht ausgesprochen.

Mit dem nun angefochtenen Beschluss wies das Rekursgericht den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin bzw ihren Antrag "auf Zulässigerklärung des ordentlichen Revisionsrekurses" zurück. Zufolge den Verweisungen in § 117 Abs 6 WRG auf das EisbEG und in dessen § 24 auf das AußStrG habe über die Höhe der Entschädigung das örtlich zuständige Bezirksgericht im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden, wenn eine Partei mit der "Bestimmung durch die Verwaltungsbehörde" nicht "zufrieden" sei. Bei Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht (§ 14b AußStrG) sei § 14a AußStrG nicht anzuwenden. Eine Abänderung des Ausspruchs finde daher nicht statt. Nach § 16 Abs 1 AußStrG sei ein Revisionsrekurs, der aus einem anderen Grund als wegen Fehlens der Voraussetzungen nach § 14 Abs 1 AußStrG unzulässig sei, vom Gericht erster Instanz, allenfalls vom Gericht zweiter Instanz, zurückzuweisen. Der Rechtsansicht der Antragsgegnerin, dass die Bestimmungen des Außerstreitverfahrens über die Anrufung des Obersten Gerichtshof nicht anzuwenden seien, könne nicht beigetreten werden, weil § 24 Abs 1 EisbEG ausdrücklich auf die Anwendung des Verfahrens außer Streitsachen verweise.

Sofern allenfalls im Antrag der Antragsgegnerin ein Abänderungsantrag nach § 14a AußStrG enthalten sein sollte, sei dieser unzulässig. Darüber hinaus lasse der Antrag nicht hinreichend erkennen, warum die Antragsgegnerin den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig erachte.

Der Rekurs der Antragsgegnerin ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Der Streitwert im vorliegenden Verfahren richtet sich nach den Kosten der Ersatzvornahme durch den von der Behörde beauftragten Dritten in Höhe von 47.374,86 S, deren Ersatz von der Verwaltungsbehörde dem Antragsteller aufgetragen wurde. Daher könnte der Antrag im Revisionsrekurs der Antragsgegnerin nur als solcher nach § 14a AußStrG beurteilt werden, wenngleich er an den Obersten Gerichtshof und nicht an das Rekursgericht gerichtet ist.

b) Gemäß § 117 Abs 6 WRG 1959 idgF sind auf das Verfahren nach § 117 WRG die Bestimmungen des EisbEG 1954 BGBl 1954/71, zuletzt geändert durch BGBl 1993/91, sinngemäß anzuwenden. Nach § 24 Abs 1 EisbEG hat das Gericht alle für die Feststellung der Entschädigung maßgebenden Verhältnisse nach den Grundsätzen des Verfahrens außer Streitsachen an Ort und Stelle unter Beiziehung eines oder, wenn es die besonderen Verhältnisse erfordern, zweier Sachverständiger zu erheben. Nach stRsp sind daher für das auch hier zu beurteilende Neufestsetzungsverfahren nach § 117 WRG die Bestimmungen des Verfahrens außer Streitsachen "sinngemäß" anzuwenden (1 Ob 27/93 = SZ 67/6; 1 Ob 30/94 = SZ 68/41; 1 Ob 72/97p = SZ 70/159 u.a., zuletzt 1 Ob 212/00h u.a.).

§ 14 Abs 4 AußStrG idFd WGN 1989 entsprach dem schon früher in der ZPO vorgesehenen "Rechtskraftvorbehalt", der durch die WGN 1989 in der ZPO durch den Ausspruch, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, ersetzt wurde; dem Außerstreitverfahren war eine solche Regelung vor der WGN 1989 fremd. Fehlte ein solcher Ausspruch, dann war (wie bisher bei Fehlen eines "Rechtskraftvorbehalts") der Aufhebungsbeschluss jedenfalls unanfechtbar und auch ein "außerordentlicher" Rekurs an den Obersten Gerichtshof, wie der Justizausschussbericht ausdrücklich hervorhob (991 BlgNR 17.GP zu Z 33.4.), unzulässig.

Auf nach dem 31. Dezember 1997 ergangene Rechtsmittelentscheidungen sind die mit der Erweiterten Wertgrenzennovelle 1997 BGBl 1997/140 (WGN 1997) novellierten Verfahrensbestimmungen anwendbar. Gemäß § 14b Abs 1 erster Satz AußStrG idFd WGN 1997 ist ein Beschluss, mit dem das Rekursgericht einen Beschluss des Gerichts erster Instanz aufgehoben und diesem eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen hat, nur dann anfechtbar, wenn das Rekursgericht - anders als hier - ausgesprochen hat, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist. § 14b Abs 1 AußStrG entspricht inhaltlich völlig der zuvor geltenden Rechtslage des § 14 Abs 4 AußStrG. Nach Art XXXII Z 6 der WGN 1997 gilt Art II Z 1 bis 13, der u.a. § 14b AußStrG regelt, in Verfahren außer Streitsachen, die - wie hier (§ 117 WRG, EisbEG 1954) - nicht im Außerstreitgesetz geregelt sind, nur, wenn in diesen Gesetzen das Außerstreitgesetz für anwendbar erklärt wird und diese Gesetze keine von diesem abweichende oder dieses ergänzende Regeln für die Anrufung des Obersten Gerichtshofs enthalten. Gelten für solche Verfahren dazu abweichende oder ergänzende Regeln, so sind, soweit durch dieses Bundesgesetz geänderte Gesetze hilfsweise heranzuziehen sind, diese in der bisherigen Fassung anzuwenden.

Das EisbEG enthält in der Tat dazu Sondervorschriften: Nach dessen § 30 kann eine Entscheidung mit Rekurs angefochten werden (Abs 2), die Rekursfrist beträgt 14 Tage (Abs 3) und eine Ausfertigung des Rekurses ist dem Gegner des Beschwerdeführers zuzustellen, dem es gestattet ist, seine Äußerung binnen 14 Tagen zu überreichen (Abs 4). Die vorstehenden Bestimmungen gelten auch für die Anfechtung der Entscheidung des Landesgerichts (Abs 5). Der erkennende Senat hat bereits ausgesprochen, dass für Revisionsrekurse im Verfahren nach § 117 WRG die §§ 13 ff AußStrG maßgebend sind (1 Ob 268/98p, 1 Ob 212/00h u.a.). Auch die Frage, ob die Regelungen des § 30 Abs 3 bis 5 EisbEG auf Aufhebungsbeschlüsse gemäß § 14 Abs 1 AußStrG anzuwenden seien, wenn das Gericht zweiter Instanz aussprach, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, wurde von ihm bereits - wenngleich noch vor Inkrafttreten der WGN 1997 - bejaht (1 Ob 507/96 = SZ 69/74 = JBl 1996, 799 [Klicka] = ecolex 1996, 674 zu einer Entschädigung nach § 77 Abs 1 Oö JagdG; RIS-Justiz RS0103731). Im vorliegenden Fall ist hingegen ein Ausspruch über die Zulässigkeit des Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof unterblieben. Gegen die Anwendung des § 14b Abs 1 AußStrG idFd WGN 1997 im außerstreitigen Verfahren nach § 117 WRG bestehen schon deshalb - entgegen den Rechtsmittelausführungen - keine Bedenken, wenngleich in diesem Verfahren die Bestimmungen des AußStrG nur durch die Verweisung auf das EisbEG "sinngemäß" anzuwenden sind, weil § 30 EisbEG zum Revisionsrekurs oder Rekurs an den Obersten Gerichtshof und seine Zulässigkeit im Besonderen gegen eine aufhebende Entscheidung der zweiten Instanz ohne Ausspruch über die Zulässgkeit gar nicht Stellung nimmt, somit insoweit keine von den Bestimmungen der §§ 13 ff AußStrG abweichende oder diese ergänzende Regeln für die Anrufung des Obersten Gerichtshofs enthält. § 14b AußStrG ist deshalb auch im außerstreitigen Verfahren nach § 117 WRG anzuwenden. Der Hinweis auf die Entscheidung des erkennenden Senats 1 Ob 210/00i (= JBl 2001, 320) ist verfehlt, hat dort doch die zweite Instanz keine kassatorische Entscheidung getroffen.

Dem Rechtsmittel kann kein Erfolg beschieden sein.

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