Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen, die in der Abweisung der Anträge dreier Erben, die Bestellung des Testamentsvollstreckers für unwirksam zu erklären und diesen zur Gänze seines Amts zu entheben (Punkt 3. des Beschlusses des Erstgerichts) unbekämpft sowie im Ausspruch über die vorläufige Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit (Punkt 4. des Beschlusses des Erstgerichts) als unanfechtbar in Rechtskraft erwachsen sind, werden im Übrigen aufgehoben. Dem Erstgericht wird in diesem Umfang die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Begründung
Die am ***** verstorbene Erblasserin setzte in ihrem Testament vom 1. 6. 2007 einen Neffen sowie drei Nichten als Erben ein. Das Testament enthält detaillierte Anordnungen zur Aufteilung des Liegenschaftsvermögens unter die Erben, an diese gerichtete Auflagen und die Verfügung mehrerer Vermächtnisse. In Punkt XIII. des Testaments vermachte die Erblasserin ihr „restliches Vermögen“ drei der eingesetzten Erben zu gleichen Teilen, dies mit der Auflage, es für die Erhaltung von Gebäuden auf einer Liegenschaft in P***** zu verwenden, sodass sich, solange ausreichende Mittel vorhanden seien, die Bildung einer Rücklage aus dem Ertrag erübrige und dieser ausgeschüttet werden könne. Sie ordnete an, dass die Geldmittel fruchtbringend anzulegen seien, „dies und ihre Verwahrung“ ausschließlich dem Testamentsvollstrecker und seinen Nachfolgern zustehe und die widmungsgemäße Verwendung durch den Hausverwalter erfolge. Diese Verwendung habe der Testamentsvollstrecker als weitere Aufgabe auch nach Ende seines Amts zu überwachen, nach ihm seine Nachfolger. Bei Nichterfüllung dieser und anderer, in Punkt V. enthaltener Auflagen sollten die Auflagenverpflichteten ihre Zuwendung des „restlichen Vermögens“ verlieren. In Punkt XV. berief sie ihren langjährigen Rechtsberater und Verwalter der in Punkt XIII. genannten Liegenschaft, einen Rechtsanwalt zum Testamentsvollstrecker. Dieser und seine Rechtsnachfolger sollten insbesondere berechtigt und verpflichtet sein, die Einhaltung aller Auflagen und sonstiger Verpflichtungen sowie eines Veräußerungs‑ und Belastungsverbots zu überwachen. Es sei ihr dringender Wunsch, dass der Testamentsvollstrecker als Berater und Vertreter ihrer Erben und als deren Machthaber das Verlassenschaftsverfahren auf schriftlichem Wege durchführen solle. Für seine Arbeit im Rahmen der Testamentsvollstreckung und der Verlassenschaftsabhandlung sei er unter Anwendung des Rechtsanwaltstarifs und der Allgemeinen Honorarkriterien des österreichischen Rechtsanwaltskammertags von den Erben allein zu entlohnen. Vorweg sei jedoch das restliche Vermögen heranzuziehen. Die Bestellung zum Testamentsvollstrecker und die Entlohnung solle durch eine allfällige Niederlegung seiner Rechtsanwaltschaft nicht berührt werden.
Der Testamentsvollstrecker wurde im März 2009 zum Sachwalter für die Erblasserin bestellt. Er war unter anderem mit der Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten betraut.
Alle vier eingesetzten Erben gaben bedingte, nachträglich durch die Angabe von Quoten bestimmte, bedingte Erbantrittserklärungen ab. Sie stimmten im April 2010 der Ausfolgung des „restlichen Vermögens“ im Sinn des Punkts XIII. des Testaments an den Testamentsvollstrecker zu. Diesem wurden mit Beschluss vom 27. 5. 2010 zum restlichen Vermögen gehörende, einzeln bezeichnete Vermögenswerte (Sparbücher, Wertpapierdepot etc) ausgefolgt.
Mit Schriftsatz vom 25. 7. 2011 beantragten zwei erbantrittserklärte Erben, dem Testamentsvollstrecker das zur Verwaltung übergebene „restliche Vermögen“ zu entziehen und seine Bestellung für unwirksam zu erklären oder ihn mit sofortiger Wirkung zu entheben. Sie behaupteten einen unzulässigen Zugriff auf die treuhändig zu verwahrenden Gelder. Der Testamentsvollstrecker habe Kautionssparbücher der Mieter der Liegenschaft in P***** ohne Kenntnis und Wissen der Eigentümer aufgelöst und 10.429,74 EUR zur Abdeckung von angeblichen Verlusten des Hauses verwendet. Er habe den Erben weder eine vollständige Darstellung über die Veranlagung des „restlichen Vermögens“ noch brauchbare Abrechnungen vorgelegt. Er entziehe sich der Kontrolle von Seiten der Erben. Nur einer der beiden anderen Erben trat diesem Antrag bei.
Der Testamentsvollstrecker beantragte die Abweisung sämtlicher Anträge. Er verwies auf eine ordnungsgemäße und den Erben bekannt gegebene Veranlagung des „restlichen Vermögens“. Dieses habe am 6. 9. 2011 289.843,22 EUR betragen und sich durch Tilgung seiner Forderung von insgesamt 36.454,59 EUR verringert.
Das Erstgericht entzog dem Testamentsvollstrecker die Befugnis, die „in Punkt XIII. des Testaments ... genannten“, einzeln bezeichneten Vermögenswerte, zu verwalten (Punkt 1.), trug ihm auf, diese beim Gerichtskommissär zu hinterlegen (Punkt 2.), wies die darüber hinausgehenden Anträge der drei Erben ab (Punkt 3.) und erkannte dem zweiten Punkt seiner Entscheidung vorläufige Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit nach § 44 AußStrG zu (Punkt 4.).
Der Umfang der Aufgabenbereiche des Testamentsvollstreckers ergebe sich aus der letztwilligen Verfügung. Neben dem „überwachenden“ Testamentsvollstrecker, dessen Aufgabe die Überwachung und Erfüllung von Auflagen sei, werde auch der „verwaltende“ Testamentsvollstrecker anerkannt. Erben hätten grundsätzlich die Möglichkeit, sowohl die verwaltende als auch die überwachende Funktion des Testamentsvollstreckers zu widerrufen, müssten dabei bis zur Einantwortung aber gemeinschaftlich vorgehen. Das Verlassenschaftsgericht selbst könne den Testamentsvollstrecker bei Vorliegen wichtiger Gründe wie beispielsweise bei Vorliegen von Interessenkollisionen entheben, oder ihm als vergleichsweise gelinderen Eingriff einzelne Befugnisse entziehen. Der Kern der Vorwürfe der drei antragstellenden erbantrittserklärten Erben ziele auf eine nicht ordnungsgemäße bzw nicht durchschaubare Gebarung des dem Testamentsvollstrecker im Sinn des Punkts XIII. des Testaments überlassenen Vermögens. Aus dem Umstand, dass der Testamentsvollstrecker als vormaliger Sachwalter eigene Forderungen gegen die Verlassenschaft stelle, ergebe sich eine Interessenkollision. Einerseits müsse er den Willen der Erblasserin befolgen, die eine sehr konkrete Verwendung der Geldmittel vorgesehen habe. Andererseits stelle er als vormaliger Sachwalter selbst Forderungen gegen die Verlassenschaft. Der Umstand, dass der Testamentsvollstrecker offenbar Vermögensbestandteile zur Begleichung eigener (wenn auch rechtskräftig festgestellter) Forderungen aus seinem Anspruch auf Entschädigung als Sachwalter entnommen habe, unterstreiche diese Erforderlichkeit, wenngleich die Erben der Begleichung der Sachwalterforderungen aus dem restlichen Vermögen zugestimmt hätten. Diese Interessenkollision sei auch zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments noch nicht absehbar gewesen. Der Wille der Mehrheit der Erben sei zumindest als unterstützender Grund berücksichtigungswürdig.
Nur der Testamentsvollstrecker bekämpfte diesen Beschluss. In seinem Rekurs beantragte er die Abweisung sämtlicher Anträge der Erben.
Das Rekursgericht gab seinem Rechtsmittel nicht Folge, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu.
Die vom Erstgericht angenommene Interessenkollision bestehe zwar nicht. Sämtliche Beteiligte seien im Lauf des bisherigen Verlassenschaftsverfahrens davon ausgegangen, dass es sich bei dem dem Testamentsvollstrecker zur Verwaltung überlassenen Vermögen um jenes handle, von dem die Nachlassverbindlichkeiten bereits in Abzug gebracht worden seien, somit um den verbleibenden Reinnachlass. Auch die Forderung des Testamentsvollstreckers aus seiner ursprünglichen Funktion als Sachwalter der Erblasserin und deren Einbehalt aus dem restlichen Vermögen spreche nicht für eine Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers. Es handle sich um eine Nachlassverbindlichkeit, die andernfalls von den Erben selbst anteilig zu tragen gewesen wäre. Diese hätten selbst dieser Entnahme ausdrücklich zugestimmt, sodass daraus nicht nachträglich eine Pflichtverletzung oder ein Verstoß gegen die Anordnungen der Erblasserin konstruiert werden könne. Zur Klärung, ob wichtige Gründe die Abberufung des Testamentsvollstreckers rechtfertigen könnten, hätte das Erstgericht weitere Erhebungen durchführen müssen, wie den Testamentsvollstrecker aufzufordern, über die erbrachten Leistungen und die Verwaltung des ihm überlassenden Vermögensteils Rechnung zu legen. Dies könne aber dahingestellt bleiben, weil die Vorwürfe der erbantrittserklärten Erben gegen den Testamentsvollstrecker eine Grundlage für die vom Erstgericht als Art einstweilige Anordnung erlassene Maßnahme darstellten, das dem Testamentsvollstrecker zur Verwaltung überlassene Vermögen der Erblasserin sicherzustellen. Dabei spiele auch eine Rolle, dass der ehemalige Rechtsanwalt nunmehr emeritiert und eine Haftungsgrundlage für eine Sicherstellung weggefallen sei. Dieser Umstand bescheinige eine mögliche Gefährdung und rechtfertige die rasche Maßnahme des Erstgerichts. Die erbantrittserklärten Erben hätten selbst keinen Rekurs erhoben, sondern nur eine Rekursbeantwortung eingebracht. Der darin gestellte Antrag, die Enthebung des Testamentsvollstreckers auszusprechen, sei nicht Gegenstand des Rekursverfahrens und allenfalls im erstinstanzlichen weiteren Verfahren näher zu prüfen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Testamentsvollstreckers ist zulässig und mit seinem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag berechtigt.
1. Der Testamentsvollstrecker hat die Erfüllung der Anordnungen des Erblassers zu überwachen und zu betreiben (RIS‑Justiz RS0006748 [T6, T9]); und dabei das Abhandlungsgericht zu unterstützen (2 Ob 105/98z mwN; RIS‑Justiz RS0106750 [T1]; Nemeth in Schwimann/Kodek , ABGB 4 III § 816 ABGB Rz 5; Sprung / Fink , Letztwillig angeordnete Nachlassverwaltung im österreichischen Recht, JBl 1996, 206 [207] mwN; Zankl , Vertretungs‑ und schadenersatzrechtliche Aspekte der Testamentsvollstreckung, JBl 1998, 293). Der Erblasser kann ihm aber auch Verwaltungsfunktionen übertragen (2 Ob 105/98z; 2 Ob 1/08y = SZ 2008/25 = iFamZ 2008/109, 217 [ Tschugguel ] = NZ 2008, 270 [ Mondel ]; weitere Nachweise bei Sailer in KBB 3 § 816 ABGB Rz 3; Sprung/Fink aaO 208; Zankl aaO 294). Das österreichische Recht anerkennt demnach neben dem „überwachenden“ auch den „verwaltenden“ Testamentsvollstrecker ( Spruzina in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON 1.00 § 816 Rz 4; vgl 2 Ob 105/98z, je mwN).
1.1. Im vorliegenden Fall kamen dem Testamentsvollstrecker nach den Anordnungen der Erblasserin im Testament überwachende und verwaltende Funktion zu. Er sollte nicht nur die Einhaltung der in Punkt V. und XIII. der letztwilligen Verfügung erteilten Auflagen überwachen. Die Erblasserin trug ihm im Zusammenhang mit der in Punkt XIII. des Testaments enthaltenen Auflage der Erhaltung der Liegenschaft in P***** auf, Geldmittel (aus ihrem „restlichen Vermögen“) fruchtbringend anzulegen und zu verwahren. Diese Befugnis stand ausschließlich dem Testamentsvollstrecker und dessen allfälligen Nachfolgern zu, während die widmungsgemäße, vom Testamentsvollstrecker auch nach Ende seines Amts zu überwachende Verwendung dem Hausverwalter vorbehalten bleiben sollte. Testamentsvollstrecker und Hausverwalter waren zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments zwar identisch. Die Unterscheidung zwischen den Aufgaben des Testamentsvollstreckers und des Hausverwalters sowie der den Erben „ans Herz gelegte“ weitere Wunsch, den Testamentsvollstrecker persönlich oder eine Hausverwaltung, an der er beteiligt sei, auch weiterhin mit der Verwaltung der genannten Liegenschaft zu betrauen, solange er dies wünsche (Punkt XV. 9 des Testaments), zeigt, dass sich die Erblasserin, der Möglichkeit der Beendigung dieser Doppelfunktion nach ihrem Tod bewusst war, dem Testamentsvollstrecker aber auch für diesen Fall konkrete Verwaltungsaufgaben vorbehalten wollte.
2. Das Abhandlungsgericht kann einen Testamentsvollstrecker aus wichtigen Gründen abberufen (2 Ob 105/98z; 2 Ob 1/08y, je mwN). Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist ausschließlich die Beurteilung, ob wichtige Gründe die vom Erstgericht ausgesprochene Entziehung der Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers rechtfertigen könnten. Von dieser Enthebung des „verwaltenden“ Testamentsvollstreckers durch das Abhandlungsgericht von Amts wegen oder (wie hier) auf Antrag betroffener Erben (vgl 10 Ob 507/95 mwN = SZ 70/40 = NZ 1998, 79 [kritisch Zankl , NZ 1998, 71 ff]; Fritsch in Ferrari/Likar‑Peer , Erbrecht 247; Sprung/Fink , JBl 1996 215 f) ist der Widerruf der dem Testamentsvollstrecker vom Erblasser eingeräumten Verwaltungsbefugnis als gemeinschaftliches Recht aller erbantrittserklärten Erben (2 Ob 1/08y mwN; krit zum Widerrufsrecht der Erben Zankl , JBl 1998, 295 ff; ders , Testamentsvollstreckung und Nachlassverwaltung, Besprechung der Entscheidung 10 Ob 507/95, NZ 1998, 72 f) zu unterscheiden.
2.1. Der Testamentsvollstrecker hatte aus seiner Tätigkeit als früherer Sachwalter Forderungen auf Entschädigung und Entlohnung, die im Sachwalterschaftsverfahren rechtskräftig bestimmt wurden. Er deckte diese aus dem ihm zur Verwaltung überlassenen „restlichen Vermögen“. Wie schon das Rekursgericht zutreffend erkannte, begründete diese Vorgangsweise, der die Erben sogar zugestimmt hatten, keine Kollision seiner Interessen mit denen der Erblasserin. Sie hatte in ihrem Testament ja selbst angeordnet, dass Honoraransprüche des Testamentsvollstreckers unter anderem für seine Tätigkeit in dieser Funktion vorweg aus dem restlichen Vermögen zu decken seien (Punkt XV. 5). Der als Testamentsvollstrecker berufene Rechtsanwalt wurde erst im März 2009 zu ihrem Sachwalter bestellt, was erklärt, dass sie zum Zeitpunkt der Verfassung ihres Testaments im Juni 2007 Forderungen ihres zukünftigen Sachwalters nicht ausdrücklich erwähnte. Dem Testament ist ihr Wille, das „restliche Vermögen“ dürfe zur Begleichung nur der erwähnten Honoraransprüche ihres Rechtsberaters, nicht aber seiner rechtskräftig bestimmten Forderungen als Sachwalter herangezogen werden, nicht zu entnehmen, verwies sie doch selbst auf die langjährige gute Beratung ihres Rechtsvertreters und wünschte ausdrücklich seine weitere Tätigkeit als Hausverwalter. Dieses zum Ausdruck gebrachte Vertrauen spricht für ihre Bereitschaft, dem Testamentsvollstrecker weitgehend freie Hand zu lassen, wenn es um dessen berechtigte Forderungen geht.
2.2. Das Rekursgericht spricht im Zusammenhang mit der Emeritierung des Testamentsvollstreckers vom Wegfall einer Haftungsgrundlage für eine Sicherstellung des zur Verwaltung überlassenen Vermögens sowie der Bescheinigung einer möglichen Gefährdung. Wie der Revisionsrekurswerber zutreffend aufzeigt, muss ein Testamentsvollstrecker nicht Rechtsanwalt oder Notar sein, weshalb das Bestehen einer „Haftungsgrundlage“ (gemeint offenbar eine Berufshaftpflichtversicherung) für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit der vom Erblasser berufenen Person grundsätzlich keine Rolle spielt. Die Erblasserin berücksichtigte noch dazu im Testament den (eingetretenen) Fall der Emeritierung. Sie ordnete dafür ausdrücklich an, dass eine allfällige Niederlegung der Rechtsanwaltschaft die Bestellung zum Testamentsvollstrecker und dessen Entlohnung nicht berühre (Punkt XV. 6).
2.3. Fällt auch dieses Argument weg, ist unverständlich, welches als bescheinigt angenommene Verhalten des Testamentsvollstreckers den angeordneten Entzug seiner Verwaltungsbefugnis (noch dazu mit nach § 44 Abs 1 AußStrG zuerkannter, aber unbekämpfbarer und daher auch nicht als angefochten anzusehender vorläufiger Wirksamkeit) begründen sollte. Die von drei der vier erbantrittserklärten Erben erhobenen Vorwürfe blieben dagegen zur Gänze ungeprüft. Aus ihrem Vorbringen ergibt sich nicht eindeutig, ob sie sich auf eine Pflichtverletzung des Revisionsrekurswerbers in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker oder in der als weiterhin bevollmächtigter Hausverwalter berufen. Sie werfen ihm vor, Kautionssparbücher der Mieter der Liegenschaft in P***** ohne Kenntnis und Wissen „der Eigentümer“ aufgelöst und einen Betrag von 10.429,74 EUR zur Abdeckung von angeblichen Verlusten des Hauses verwendet zu haben. Nach der Aktenlage war die Erblasserin nur zu 4/9‑Anteilen Miteigentümerin dieser Liegenschaft. Ein bestellter Hausverwalter vertritt aber sämtliche Miteigentümer (vgl Sailer in KBB 3 § 837 ABGB Rz 1 mwN). Mit den Interessen der Eigentümer, die der Revisionsrekurswerber nach den Vorwürfen der Erben bei Auflösung der Kautionssparbücher verletzt haben soll, könnten auch jene der anderen Miteigentümer gemeint sein, die die Mehrheit bildeten. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht daher zunächst die Abgrenzung des Aufgabenbereichs/der Tätigkeit des Revisionsrekurswerbers als Testamentsvollstrecker und als (früherer) Hausverwalter mit den Parteien zu erörtern haben.
2.4. Die weiteren Behauptungen der erbantrittserklärten Erben gehen in Richtung Verschleierung des dem Testamentsvollstrecker zur Verwaltung überlassenen Vermögens, indem sie ihm vorwerfen, keine brauchbare Abrechnung, insbesondere über die Veranlagung des Vermögens, vorzulegen. Auch zu diesem Punkt fehlen Feststellungen. Es lässt sich damit nicht beurteilen, ob der Testamentsvollstrecker derart gegen seine Pflichten verstoßen hat, dass ein Entzug seiner Verwaltungsbefugnis gerechtfertigt wäre.
2.5. Da im derzeitigen Verfahrensstadium die Feststellungen keinen Anhaltspunkt für gravierende Pflichtverletzungen des Testamentsvollstreckers bieten, reicht es für den Entzug seiner Verwaltungsbefugnisse nicht aus, dass die Mehrheit der erbantrittserklärten Erben vor Beschlussfassung erster Instanz seine Enthebung beantragte. Der Oberste Gerichtshof hat zwar bereits ausgesprochen, dass Spannungen zwischen einer Miterbin (Witwe des Erblassers) sowie deren Vertreter und dem Testamentsvollstrecker als Bevollmächtigtem anderer Miterben durch dessen Vorgehen Grund für dessen Abberufung seien, wenn eine vernünftige Weiterführung seines Amts nicht erwartet werden könnte. Es entspreche damit nicht dem Willen der Erblasserin, den eingesetzten Testamentsvollstrecker in seiner Stellung zu belassen, wenn dies für die glatte Durchführung der Abhandlung eher nachteilig als vorteilhaft erscheine (4 Ob 83/34 = SZ 16/189).
2.6. Der vorliegende Fall ist zwar ebenfalls nicht von einem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen dem Testamentsvollstrecker und den seine Enthebung anstrebenden Erben geprägt. Dessen vorrangige Funktion besteht nun aber darin, dem Willen der Erblasserin zum Erfolg zu verhelfen, die insbesondere zum Erhalt der Liegenschaft in P***** konkrete Vorstellungen hatte und diese in ihrem Testament nachdrücklich zum Ausdruck brachte. Meinungsverschiedenheiten zwischen Testamentsvollstrecker und Erben sind durch die, im Verlassenschaftsverfahren häufig anzutreffende, unterschiedliche Interessenlage bedingt und rechtfertigen nicht per se eine Abberufung.
2.7. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren konkrete Feststellungen zum Thema Pflichtverletzungen des Testamentsvollstreckers in dieser Funktion zu treffen und das Vorliegen eines wichtigen Grundes für den Entzug der Verwaltungsaufgaben neuerlich zu beurteilen haben. Ob es den in der Rekursbeantwortung von erbantrittserklärten Erben gestellten Antrag auf Abberufung des Testamentsvollstreckers allenfalls ‑ nach Erörterung mit den Parteien ‑ als konstitutiv wirkenden Widerruf der Verwaltungsvollmacht des Testamentsvollstreckers behandelt, bleibt seiner Beurteilung vorbehalten. Entgegen seiner Meinung wäre aber ein Widerruf der „überwachenden“ Funktion des Testamentsvollstreckers durch die Gemeinschaft der Erben nach der Judikatur jedenfalls nicht zulässig (2 Ob 1/08y mwN).
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