OGH 1Ob31/11g

OGH1Ob31/11g31.3.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Elisabeth M***** und 2. Hans ***** M*****, vertreten durch Dr. Widukind W. Nordmeyer und Dr. Thomas Kitzberger, Rechtsanwälte in Wels, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen Feststellung (Streitwert 36.340 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 16. Dezember 2010, GZ 1 R 68/10s-39, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wels vom 22. Februar 2010, GZ 8 Cg 166/08w-33, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Kaufvertrag vom 15. 4. 1994 erwarb die Erstklägerin aus dem Gutsbestand einer Liegenschaft mehrere Grundstücke, für welche im Grundbuch eine eigene Einlagezahl eröffnet wurde. Diese Grundstücke bilden in der Natur das Schloss K***** samt Schlosspark und Zufahrtswegen. Das vor mehreren Jahrhunderten auf einer Insel errichtete Schloss wird seit altersher von einer (im A*****see gelegenen) äußeren und inneren „Pilotenreihe“ (= Palisaden-/Pfahlreihe) umgeben. Diese „Piloten“ fungieren als Wellenbrecher und dienen der Entlastung der Uferbefestigung. Baulich bilden das Schloss und die im A*****see vorgelagerte Wellenbrecheranlage eine notwendige Einheit. Die Erhaltung der Wellenbrecheranlage ist aus statischen und wirtschaftlichen Überlegungen für den Fortbestand des Schlosses unbedingt erforderlich.

Der Zweitkläger ist aufgrund des Schenkungsvertrags vom 28. 6. 1996 Miteigentümer der Liegenschaft „Schloss K*****“.

Die beklagte Partei ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ 541 GB *****, öffentliches Gut A*****seefläche, in welcher auch das Grundstück 1782/87 Gewässer (See) eingetragen ist. Der A*****see ist öffentliches Gewässer im Sinn des § 2 Abs 1 WRG. Beim Grundstück 1782/87 handelt es sich in der Natur um den das Schloss K***** umgebenden Teil des A*****sees (bis zur äußeren „Pilotenreihe“) im Ausmaß von 8.548 m².

Im Zuge eines 1903 vor der k.k. Bezirkshauptmannschaft V***** geführten Verfahrens äußerte sich die Gemeindevorstehung S***** dahin, dass der Bevollmächtigte der damaligen Besitzerin des Schlosses K***** die Erklärung abgebe, ihm sei nicht bekannt, ob die „Piloten“ im See das Eigentum des Schlosses K***** seien oder nicht. Das Eigentumsrecht sei unter den heutigen Verhältnissen, nachdem der A*****see vor einigen Jahren als öffentliches Gut erklärt worden sei, schwer herauszufinden; diese Piloten seien vielleicht vor einem halben Jahrhundert hergestellt worden.

Ein Kaufvertrag aus 1936 (richtig: 1925), der von Rechtsvorgängern der Kläger abgeschlossen wurde, enthält keinen Hinweis auf die nunmehr das Grundstück 1782/87 bildende Seefläche. Weitere (bis ins 16./17. Jahrhundert zurückreichende) Rechtsvorgänger oder deren zeitliche Abfolge können nicht festgestellt werden.

Während das Schloss im Eigentum eines Rechtsvorgängers der Kläger stand, wurde das Grundstück 1782/87 neu gebildet. 1963 wurde dem Grundbuchgericht mit Anmeldungsbogen (vom Vermessungsamt) mitgeteilt, dass dieses Grundstück zum Gutsbestand des Rechtsvorgängers der Kläger gehört. Das Grundbuchgericht lehnte die Zuschreibung des strittigen Grundstücks zur Liegenschaft des Rechtsvorgängers der Kläger ab, sodass es grundbücherlich auch weiterhin im Eigentum der beklagten Partei blieb.

Nicht festgestellt werden kann, dass Rechtsvorgänger der Kläger vor 1870 oder 1894 oder 1830 Handlungen betreffend die nunmehr das Grundstück 1782/87 bildende Seefläche setzten, in welchen sich deren Alleinbesitz daran manifestierte.

Im Vorverfahren 1 Cg 214/94d des Erstgerichts begehrte die Erstklägerin die Einwilligung der beklagten Partei in die grundbücherliche Übertragung des Grundstücks 1782/87 in den Gutsbestand ihrer Liegenschaft und damit die Einräumung des tatsächlichen Besitzstands an diesem Grundstück. Sie habe mit Kaufvertrag vom 15. 4. 1994 auch dieses Grundstück miterworben. Ihr Rechtsanspruch auf Übertragung des Grundstücks 1782/87 leite sich aus einer 1960 geschlossenen Vereinbarung samt Anerkenntnis zwischen ihrem Rechtsvorgänger und der beklagten Partei ab. Darüber hinaus gehöre dieses Grundstück seit undenklichen Zeiten zum Schloss und stehe jedenfalls seit mehr als 40 Jahren vor dem 1. 1. 1934 im Eigentum und Besitz ihrer Rechtsvorgänger, sodass als weiterer Rechtsgrund Ersitzung durch die jeweiligen Eigentümer des Schlosses geltend gemacht werde.

Das Erstgericht stellte in diesem Verfahren unter anderem fest, dass die „Piloten“ (von den jeweiligen Eigentümern des Schlosses) gewartet und - falls erforderlich - erneuert wurden. Es wies dieses Klagebegehren ab; das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung der Erstklägerin nicht Folge; der Oberste Gerichtshof wies die von der Erstklägerin erhobene Revision zu 1 Ob 229/97a zurück. Der Oberste Gerichtshof führte dazu aus, dass im Jahr 1960 keine rechtswirksame Veräußerung der strittigen Seefläche stattgefunden habe und die Wissenserklärung des für das Land Oberösterreich eingeschrittenen Beamten keinesfalls als Zustimmung durch das für die Genehmigung einer Veräußerung zuständige Bundesministerium für Finanzen gewertet werden könne. Eine solche Wissenserklärung des Bediensteten bringe nicht den Willen des Grundstückseigentümers (beklagte Partei) zum Ausdruck, das Eigentum an der strittigen Seefläche entgeltlich oder unentgeltlich zu übertragen. Eine Ersitzung der strittigen Seefläche habe ebenfalls nicht stattgefunden. Besitzhandlungen in Bezug auf die Seefläche, die den alleinigen Besitz der Rechtsvorgänger der Erstklägerin dokumentieren würden, seien weder behauptet noch festgestellt worden. Aus der Tatsache, dass die in den Seeboden gerammten „Piloten“ von den jeweiligen Schlosseigentümern gewartet und auch erneuert worden seien, könne keine Ersitzung des Eigentumsrechts an der zwischen der äußeren „Pilotenreihe“ und dem Schlossgrundstück befindlichen Seefläche abgeleitet werden. Der Erstklägerin könnten gegebenenfalls Nutzungsrechte in Bezug auf die „Pilotenreihen“ zustehen; aus der Nutzung der als Wellenbrecher dienenden Einrichtungen könne aber nicht schon das Eigentumsrecht am Gewässer „erfließen“.

Mit der nunmehrigen Klage begehren die Kläger die Feststellung, dass die beklagte Partei nicht Eigentümerin des Grundstücks 1782/87 sei; in eventu, dass die grundbücherliche Eintragung des Eigentumsrechts der beklagten Partei zu Unrecht bestehe; in eventu, dass die beklagte Partei keinen Titel zum Rechtserwerb des Grundstücks habe; in eventu, dass die Kläger Eigentümer seien; in eventu, dass die Grenze der Liegenschaft der Kläger entlang der äußeren „Pilotenreihe“ unter Einschluss des Grundstücks 1782/87 verlaufe, und in eventu, dass die Bildung einer eigenen Grundstücksparzelle Nr 1782/87 zu Unrecht bzw ohne Rechtsgrund erfolgt sei und diese Seefläche bis zur äußeren „Pilotenreihe“ seit altersher zum Schloss K***** und nicht zum (restlichen) A*****see gehöre.

Die Kläger brachten vor, ihren Rechtsvorgängern habe bis 1875 der gesamte A*****see als Besitztum des Schlosses K***** gehört. 1875 sei zwar der A*****see zum öffentlichen Gut erklärt worden, die Seefläche rund um das Schloss K***** innerhalb der äußeren „Pilotenreihe“ sei aber selbstverständlich beim Schloss verblieben. Noch 1960 sei die Grenze des Schlosses mit der äußeren „Pilotenreihe“ festgelegt und zur Klarstellung das Grundstück 1782/87 geschaffen worden, um es zum Eigentum des Schlosses einzutragen. Dennoch sei das Grundstück 1782/87 irrtümlich und rechtsgrundlos in den nächsten Jahren dem (restlichen) A*****see und damit der beklagten Partei zugeschrieben worden. Die dem Grundstück 1782/87 entsprechende Seefläche habe seit jeher als notwendiges Zubehör bzw integrierender Bestandteil den jeweiligen Eigentümern des Schlosses gehört, weshalb die Grundbuchseintragung der beklagten Partei ohne Rechtstitel erfolgt sei. Hilfsweise werde vorgebracht, dass die Rechtsvorgänger der Kläger bereits lange vor der Erklärung des A*****sees zum öffentlichen Gut die Seefläche rund um das Schloss innerhalb der äußeren „Pilotenreihe“ ersessen hätten, weil sie diese Seefläche legitim als ihren Sachbesitz uneingeschränkt und unwidersprochen angesehen, „erklärt“ und genutzt hätten.

Ihre Rechtsvorgänger hätten das Eigentumsrecht an der Seefläche innerhalb der „Pilotenreihe“ durch die Erklärung des A*****sees zum öffentlichen Gut nicht verloren. Die Kläger seien aufgrund ununterbrochener Titelkette Eigentümer des Schlosses und damit auch der strittigen Seefläche als notwendigem Zubehör.

Die beklagte Partei wendete ein, dass das Grundstück 1782/87 nicht „irrtümlich und rechtsgrundlos“ der A*****see-Einlage „zugeschrieben“ worden, sondern durch Teilung eines Grundstücks innerhalb der EZ 541 der beklagten Partei entstanden sei, sodass dieses Grundstück bereits davor in ihrem bücherlichen Eigentum gestanden sei und eine Eigentumsverschiebung nicht stattgefunden habe. Aus den von den jeweiligen Schlosseigentümern durchgeführten Wartungs- und Erneuerungsarbeiten bei den „Piloten“ könne eine Ersitzung des Eigentumsrechts an der Seefläche innerhalb der äußeren „Pilotenreihe“ nicht abgeleitet werden.

Der A*****see sei ab dem Zeitpunkt der Geltung des Reichswasserrechtsgesetzes 1869 nicht mehr im Eigentum der Rechtsvorgänger der Kläger, sondern im grundbücherlichen Eigentum der beklagten Partei gestanden. Die im Grundbuch erliegenden Verträge würden die von den Klägern behauptete geschlossene Titelkette nicht bestätigen, weil mit keinem Vertrag ein Teil des A*****seegrundstücks 1782/87 übertragen bzw erworben worden sei.

Das Erstgericht wies sämtliche Feststellungsbegehren ab. Die von den Klägern vorgelegten Urkunden hätten weder die behauptete geschlossene Titelkette aller Rechtsvorgänger noch die behaupteten Rechtsvorgänger noch deren zeitliche Abfolge noch ein allfällig diesen zukommendes Eigentum auch an der strittigen Seefläche feststellen lassen. Der Antrag der Kläger auf Einholung eines Gutachtens eines (rechts-)historischen Sachverständigen sei im Umfang des behaupteten Rechtsgrundes der Ersitzung ein unzulässiger Erkundungsbeweis. Die Kläger hätten zur Ersitzung kein Vorbringen zu konkreten Handlungen der Rechtsvorgänger, in welchen sich der für eine Ersitzung erforderliche Alleinbesitz manifestiert haben könnte, erstattet. Soweit dieser Beweisantrag die behauptete geschlossene Titelkette betreffe, sei auf § 2 Abs 1 lit a iVm Anhang A 4 lit a WRG zu verweisen, wonach es sich beim A*****see um ein öffentliches Gewässer und damit um öffentliches Gut im Sinn von § 287 ABGB handle. Dies gelte bereits seit dem Reichswasserrechtsgesetz 1869 (RGBl Nr 93/1869; kurz: RWRG). Dessen § 3 habe (insbesondere) Seen zum öffentlichen Gut erklärt, insoweit sie nicht infolge gesetzlicher Bestimmungen oder besonderer Privatrechtstitel jemandem zugehören würden. Seither gelte der A*****see unstrittig als öffentliches Gut (vgl Peyrer Ritter von Heimstätt, Das österreichische Wasserrecht³ [1898] 128 ff). Einen besonderen Privatrechtstitel hätten die Kläger nicht vorlegen und beweisen können. Im Zusammenhang mit der 1960 erfolgten Neubildung des Grundstücks 1782/87 aus einem uneingeschränkt im Eigentum der beklagten Partei befindlichen Grundstück habe kein Zweifel am im Grundbuch zu Recht ausgewiesenen Eigentum der beklagten Partei bestehen können.

Das Berufungsgericht gab der von den Klägern erhobenen Berufung nicht Folge. Die als Verfahrensmangel gerügte Unterlassung sämtlicher beantragter weiterer Beweisaufnahmen (Sachverständigenbeweis und Einvernahme der Zeugen sowie Parteien) sei aus rechtlichen Gründen entbehrlich. Auf den Nachweis der geschlossenen Titelkette aller Rechtsvorgänger des Schlosses komme es rechtlich nicht an; zudem würde es sich um einen (unzulässigen) Erkundungsbeweis handeln.

Rechtlich führte das Berufungsgericht aus, ihren Rechtsstandpunkt, die beklagte Partei sei nie Eigentümerin der Seefläche innerhalb der äußeren „Pilotenreihe“ geworden, würden die Kläger schon durch ihre Klagsbehauptung, wonach der „gesamte“ A*****see bis 1875 zum Schloss gehört habe und danach zum öffentlichen Gut erklärt worden sei, widerlegen. Rechtsgrund der beklagten Partei für ihr Eigentum sei die durch das RWRG erfolgte Erklärung insbesondere der Seen zum öffentlichen Gut, wovon auch die Seefläche rund um das Schloss mitumfasst sei. Demnach sei diese Seefläche im Grundbuch in der A*****see-Parzelle enthalten gewesen. Das nach 1960 neu gebildete Grundstück 1782/87 sei nicht der EZ 541 der beklagten Partei zugeschrieben worden, sondern schon damals Teil der EZ 541 gewesen, die zwar geteilt worden sei, wobei aber das Grundstück in der genannten Einlage verblieben sei. Dass der A*****see als öffentliches Gut nur bis zur äußeren „Pilotenreihe“ reichen würde, sei weder dem RWRG noch dem geltenden WRG zu entnehmen. Die Rechtsvorgänger der Kläger hätten durch die Erklärung des A*****sees zum öffentlichen Gut ihr gesamtes Eigentumsrecht am See verloren. Hinsichtlich der behaupteten Ersitzung sei auf die Ausführungen im Vorverfahren zu verweisen. Über das Vorbringen im Vorprozess hinausgehende Behauptungen hinsichtlich vorgenommener Besitzhandlungen auf der strittigen Seefläche, die den alleinigen Besitz der Kläger dokumentieren könnten, seien nicht aufgestellt worden.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 30.000 EUR übersteige, und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist nicht zulässig.

Die Kläger wiederholen im Wesentlichen ihre Berufungsausführungen. Dazu kann auf die zutreffende Begründung des Berufungsgerichts verwiesen werden (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO).

1. Die von den Klägern behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor, weil sich das Berufungsgericht mit der Mängelrüge der Kläger befasst hat (vgl RIS-Justiz RS0043144). Die in der Berufung gerügte Unterlassung sämtlicher beantragter weiterer Beweisaufnahmen (Sachverständigenbeweis und Einvernahme der Zeugen sowie Parteien) hielt das Berufungsgericht aus rechtlichen Gründen für entbehrlich und verwies auch auf die Unzulässigkeit eines Erkundungsbeweises.

2. Die Kläger argumentieren weiterhin zusammengefasst, dass sich ihr „besonderer Privatrechtstitel“ an der Seefläche innerhalb der „Piloten“ aus dem Eigentum am Schloss selbst ergebe. Eine separate Rechtsvorgänger- und Titelkette nur für die strittige Parzelle könne nicht verlangt werden; eine solche sei gar nicht möglich bzw beweisbar, wenn es sich seit jeher um selbstverständliches Zubehör zum Schloss handelte. Der Privatrechtstitel für das Eigentum am Schloss (den entsprechenden Landflächen) sei zugleich aufgrund der Zugehöreigenschaft „besonderer“ (vor dem Jahr 1870 entstandener) Privatrechtstitel auch für die Seefläche. Das trifft nicht zu.

2.1 Historische Rechtslage:

Nach § 3 erster Satz RWRG sind insbesondere Seen öffentliches Gut, insoweit sie nicht infolge gesetzlicher Bestimmungen oder besonderer Privatrechtstitel jemandem zugehören.

Auf den A*****see hatten sowohl der Fiskus als auch eine „private Herrschaft (Kogl)“ damals Eigentumsansprüche erhoben. Aus Anlass eines diesbezüglichen Rechtsstreits entschied der Oberste Gerichtshof, dass der A*****see im Sinn des § 287 ABGB und § 3 RWRG als öffentliches Gut anzusehen sei (31. 3. 1870, Zl 14.803 [nicht veröffentlicht]). Als diese Frage neuerlich zum Gegenstand eines Streits wurde, gab das Ackerbauministerium als damals oberste Forst- und Domänenbehörde mit Erlass vom 1. 2. 1875 namens des Forstärars jeden Anspruch auf das Eigentum bzw ausschließliche Benützungsrecht durch die Staatsforstverwaltung auf und anerkannte diesen See als öffentliches Gewässer (Peyrer Ritter von Heimstätt, Das österreichische Wasserrecht³ [1898] 129 FN 1; Haager-Vanderhaag, Das neue österreichische Wasserrecht [1936] 87 FN 12).

§ 3 RWRG sprach eine gesetzliche Vermutung für die Öffentlichkeit der Gewässer aus und „regulierte“ die Beweislast. Eine Ausnahme von der Regel bildeten neben - hier nicht bestehenden - gesetzlichen Bestimmungen „besondere“ Privatrechtstitel (Peyrer Ritter von Heimstätt aaO 130). Mit der Behauptung die Seefläche bis zur äußersten „Pilotenreihe“ sei „Zubehör“, wird aber kein solcher „besonderer“ Privatrechtstitel geltend gemacht (vgl Peyrer Ritter von Heimstätt, Das österreichische Wasserrecht² [1886] 129 f, 131 f). Zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, dass Rechtsgrund der beklagten Partei für ihr Eigentum am A*****see, das auch die Seefläche rund um das Schloss mitumfasst, § 3 RWRG ist. Einen anderen „besonderen“ Privatrechtstitel außer der Zugehöreigenschaft der strittigen Seefläche haben die Kläger nicht behauptet.

2.2 Geltende Rechtslage:

Gemäß § 2 Abs 1 lit a iVm Anhang A Z 4 lit a WRG ist der A*****see mit allen seinen Armen, Seitenkanälen und Verzweigungen öffentliches Gewässer. Die Aufnahme des A*****sees in den Anhang A erfolgte mit dem WRG 1934 (Haager-Vanderhaag aaO 85). Gemäß § 1 WRG bilden öffentliche Gewässer einen Teil des öffentlichen Guts (§ 287 ABGB). Solange die in § 11 Abs 2 ÜG 1920 in Aussicht gestellte Auseinandersetzung des Bundes mit den Ländern nicht erfolgt ist, bleibt es dabei, dass das staatliche Vermögen, also auch der A*****see, solches des Bundes ist, das im Grundbuch als Eigentum der „Republik Österreich (Österreichische Bundesforste)“ eingetragen ist (§ 1 BundesforsteG 1996; 1 Ob 193/10d; vgl Bumberger/Hinterwirth, WRG [2008] § 1 K 5).

Insoweit für die in § 2 Abs 1 WRG genannten Gewässer ein besonderer, vor dem Jahre 1870 entstandener Privatrechtstitel nachgewiesen wird, sind diese Gewässer als Privatgewässer anzusehen. Das Eigentum an den Ufergrundstücken oder dem Bette des Gewässers bildet keinen solchen Privatrechtstitel (§ 2 Abs 2 WRG). Das Eigentum der Kläger am Schloss K***** samt Schlosspark und Zufahrtswegen (also Eigentum an Ufergrundstücken) ist daher kein Privatrechtstitel, der dazu führt, dass die Seefläche rund um das Schloss als Privatgewässer anzusehen wäre.

Da Gewässer im Zweifel öffentliche Gewässer sind und ein Privatrechtstitel nachgewiesen werden muss, obliegt die Beweislast des Bestehens eines solchen Titels demjenigen, der ihn behauptet (RIS-Justiz RS0082049). Als Entstehungsart eines derartigen Privatrechtstitels kommen vor allem Privilegien, Schenkungen und Käufe (vom Staat), vor dem ABGB auch Ersitzung und Usurpation in Betracht, wobei jedenfalls das seinerzeit geltende Recht anzuwenden ist (1 Ob 7/78 = JBl 1979, 318 = EvBl 1979/23). Der Umstand, dass es sich bei der strittigen Seeparzelle um Zubehör des Schlosses handeln könnte, ist kein solcher Privatrechtstitel.

2.3 Zur „vor 1870 bzw 1894 bzw 1830“ abgeschlossenen Ersitzung - nach den Klagsbehauptungen soll der gesamte A*****see aber bis 1875 ihren Rechtsvorgängern gehört haben - brachten die Kläger vor, ihre Rechtsvorgänger hätten die Seefläche innerhalb der äußeren „Pilotenreihe“ ersessen, „indem sie diese Seefläche legitim als ihren eigenen (Sach-)Besitz uneingeschränkt und unwidersprochen ansahen, erklärten und nutzten“ (vorbereitender Schriftsatz ON 6, S 5). Ihre Rechtsvorgänger hätten die Seefläche mit Alleinbesitzwillen besessen und entsprechende Besitzhandlungen kontinuierlich vorgenommen, die deren Alleinbesitz an der gegenständlichen Seefläche zum Ausdruck gebracht habe (Verhandlung ON 32, S 2).

Ob im Hinblick auf den Inhalt der Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist, ist eine Frage des Einzelfalls, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung keine erhebliche Bedeutung zukommt, solange eine grobe Fehlbeurteilung nicht vorliegt (RIS-Justiz RS0042828 [T1, T15]). Die Auslegung des Berufungsgerichts dass die Kläger keine über das Vorbringen im Vorprozess hinausgehenden Behauptungen hinsichtlich vorgenommener Besitzhandlungen auf der strittigen Seefläche, die ihren alleinigen Besitz dokumentieren könnten, aufgestellt haben, ist nicht zu beanstanden. Darauf gehen die Kläger in der außerordentlichen Revision auch nicht näher ein.

3. Die Kläger vermögen keine Fehlbeurteilung der konkreten Umstände des Einzelfalls aufzuzeigen, weshalb eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO fehlt. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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