OGH 1Ob27/01d

OGH1Ob27/01d27.4.2001

Der Oberste Gerichtshof hat in der Rechtssache der klagenden Partei E* Bank * Aktiengesellschaft, * vertreten durch Dallmann & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Lucia L*, geboren am *, und 2. Jakob L*, geboren am *, beide * vertreten durch Dr. Olaf Borodajkewycz, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,433.918,37 sA infolge Rekurses der klagenden Partei (Rekursstreitwert S 481.237,85) gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 16. Oktober 2000, GZ 14 R 34/00y‑88, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 24. November 1999, GZ 12 Cg 42/95z‑83, teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I. durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter am 27. März 2001 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2001:E61315

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Verstärkter Senat

 

Spruch:

Es liegen die Voraussetzungen des § 8 Abs 1 Z 2 OGHG vor; zur Entscheidung über den Rekurs ist deshalb ein verstärkter Senat berufen.

II. durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Maier, Dr. Angst, Dr. Petrag, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Ehmayr sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner den weiteren

Beschluss

gefasst:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

 

Begründung:

 

Die klagende Partei räumte der Erstbeklagten am 19. 8. 1991 auf einem bereits seit dem Jahre 1988 bestehenden Konto einen Kontokorrentkredit bis zum Höchstbetrag von S 750.000 ein. Am 5. 4. 1993 wurde das Kreditverhältnis bis zum 31. 12. 1993 prolongiert und der Kreditrahmen auf S 1,250.000 erhöht. Zur Besicherung des Kredits verpfändeten die Beklagten Liegenschaften bzw Liegenschaftsanteile, der Zweitbeklagte räumte eine Höchstbetragshypothek von 1 Mio S ein. Mit Schreiben vom 8. 8. 1994 kündigte die klagende Partei das Kontokorrentkreditverhältnis auf und forderte von der Erstbeklagten den Betrag von 1,526.191,97 S und vom Zweitbeklagten die Zahlung von 1 Mio S.

Die klagende Partei begehrte zuletzt von der Erstbeklagten die Zahlung von S 1,433.918,37 und vom Zweitbeklagten 1 Mio S bei Exekution in den von diesem verpfändeten Liegenschaftsanteil. Der Kontokorrentkredit sei weder prolongiert, noch eine Stundung des aushaftenden Betrags zugesagt worden. Die Parteien des Kreditvertrags hätten die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditinstitute (AGBKr) vereinbart. Gegen die ihnen quartalsmäßig übermittelten Kontoauszüge samt "Rechtsmittelbelehrung" hätten die Beklagten nie Einwände erhoben. Ein bereits am 27. 7. 1988 gewährter Kredit stehe nicht im Zusammenhang mit dem hier streitverfangenen Kredit. Der 1988 gewährte Kredit sei großteils getilgt worden, den aushaftenden Restbetrag mache die klagende Partei nicht mehr geltend.

Die Beklagten wendeten ein, es sei vereinbart worden, den Kredit zu prolongieren und ihn nicht fällig zu stellen. Die klagende Partei habe vereinbarungswidrig höhere Kreditzinsen verrechnet. Die vereinbarte Gleitzinsklausel sei im Hinblick auf § 6 Abs 1 Z 5 KSchG gesetz‑ und sittenwidrig. Dies treffe auch auf die den 1988 gewährten Kredit betreffende Gleitzinsklausel zu. Demnach habe zum Zeitpunkt der Gewährung des Kontokorrentkredits im Jahre 1991 ein Guthaben zu Gunsten der Erstbeklagten von S 481.237,85, zumindest aber von S 453.203,27 bestanden. Diese Beträge wendeten die Beklagten kompensationsweise gegen die Klagsforderung ein.

Das Erstgericht stellte die Klagsforderung gegen die Erstbeklagte mit S 1,433.918,37 sA und die Klagsforderung gegen den Zweitbeklagten mit S 1 Mio als zu Recht bestehend fest (Punkte 1 und 2 des Ersturteils), sprach aus, dass die Hauptgegenforderung von S 481.237,85 und die Eventualgegenforderung von S 453.203,27 nicht zu Recht bestünden (Punkt 3), erkannte die Erstbeklagte schuldig, der klagenden Partei S 1,433.918,37 sA zu zahlen (Punkt 4), und verurteilte schließlich den Zweitbeklagten zur Zahlung von 1 Mio S sA bei Exekution in dessen Liegenschaftsanteil (Punkt 5). "Spätestens anlässlich der Einräumung des verfahrensgegenständlichen Kontokorrentkredits" habe die klagende Partei mit der Erstbeklagten "die Anwendung" der AGBKr vereinbart. Das seit 1988 bestehende Kreditkonto sei alljährlich zum 31. 3., 30. 6., 30. 9. und 31. 12. abgeschlossen worden. Sämtliche Rechnungsabschlüsse seien der Erstbeklagten zugestellt worden; diese habe niemals schriftliche Reklamationen erhoben. Der Rechnungsabschluss zum 30. 6. 1994 habe einen Debetsaldo von S 1,526.191,97 ausgewiesen. Unter Zugrundelegung bestimmter Gleitzinssätze habe der Debetsaldo zum 22. 8. 1994 samt Zinsen und Kosten S 1,433.918,37 betragen. Eine Prolongierung des Kredits sei ebensowenig vereinbart worden wie eine Stundung. Es sei nicht feststellbar, dass die Streitteile für den Kredit die Anwendung des Hypothekarkreditzinssatzes vereinbart hätten.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, durch die unbeanstandete Annahme sämtlicher Rechnungsabschlüsse sei gemäß Punkt 10 der AGBKr der jeweils in den Abschlüssen aufscheinende Debetsaldo konstitutiv anerkannt worden. Die Haupt‑ und die Eventualgegenforderung bestünden nicht zu Recht, weil auf Grund der jahrelang anerkannten Debetsalden kein Kontoguthaben der Erstbeklagten existiere.

Das Berufungsgericht bestätigte das in seinen Punkten 1 und 2 unangefochten gebliebene Ersturteil insoweit mit Teilurteil, als es die Erstbeklagte schuldig erkannte, der klagenden Partei S 952.680,52 sA zu zahlen und die Zahlungsverpflichtung des Zweitbeklagten unverändert ließ. Im Übrigen, also "in der Abweisung" der Haupt‑ und der Eventualgegenforderung der Erstbeklagten (S 481.237,85 bzw S 453.203,27) und deren darauf beruhenden Verpflichtung zur Zahlung weiterer S 481.237,85 sA hob es die erstinstanzliche Entscheidung auf; die Rechtssache wurde an das Erstgericht in diesem Umfang zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen. Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, dass sowohl die ordentliche Revision gegen das Teilurteil wie auch der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss zulässig seien. Die Unterlassung von Reklamationen gegen Auszüge über Verrechnungsperioden und Rechnungsabschlüsse habe nur ein deklaratorisches ‑ und nicht ein konstitutives ‑ Anerkenntnis zur Folge. Es sei daher zu prüfen, ob die Behauptung der Beklagten, der Kredit vom 27. 7. 1988 sei unrichtig abgerechnet worden und es bestehe ein Guthaben von S 481.237,85 zu Gunsten der Erstbeklagten, zutreffe. Es mangle an Feststellungen, ob die klagende Partei eine ungesetzliche, nämlich den Voraussetzungen des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG nicht entsprechende Zinsengleitklausel ausgenützt habe. Es sei auch nicht festgestellt, ob die Beklagten den Kreditvertrag vom 27. 7. 1988 betreffende Kontoauszüge erhalten hätten, ob die Geltung der AGBKr vereinbart gewesen sei, und ob die Beklagten keinen Widerspruch gemäß Punkt 10 erster Satz AGBKr erhoben hätten.

Der Rekurs der klagenden Partei gegen den Aufhebungsbeschluss ‑ das Teilurteil ist in Rechtskraft erwachsen ‑ ist zulässig.

 

Rechtliche Beurteilung

I. Verstärkungsbeschluss:

Das Erstgericht hat zwar ‑ entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts (S 15 der Berufungsentscheidung) ‑ festgestellt, sämtliche das seit 1988 existierende Konto betreffende Rechnungsabschlüsse seien der Erstbeklagten zugestellt worden und diese habe niemals eine schriftliche Reklamation erhoben (S 5 des Ersturteils), doch mangelt es an anderen wesentlichen Feststellungen, um den Sachverhalt abschließend beurteilen zu können. Ein aus Punkt 10 der AGBKr abzuleitendes Anerkenntnis ‑ welcher Art immer ‑ erforderte, dass die Anwendung der AGBKr auf das Kreditverhältnis vereinbart wurde. Dass eine solche Vereinbarung zwischen der klagenden Partei und der Erstbeklagten bereits 1988 getroffen worden sei, ist aber nicht festgestellt, hat doch das Erstgericht eine solche Vereinbarung mit der Wendung "spätestens anlässlich der Einräumung des verfahrensgegenständlichen Kontokorrentkredites" ‑ also des Kredits aus dem Jahre 1991 ‑ datiert (S 5 des Ersturteils). Für den Fall der Einbeziehung der AGBKr auch in das Kreditverhältnis für die Zeit von 1988 bis 1991 wird zudem zu klären sein, welche schriftlichen Hinweise die der Erstbeklagten zugekommenen Rechnungsabschlüsse enthielten, ob sie nämlich den Erfordernissen des § 6 Abs 1 Z 2 KSchG entsprachen.

Es ist aber trotz der schon deshalb unumgänglichen Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung sinnvoll, die für den Fall der Anwendbarkeit der AGBKr bedeutsame Frage, ob das Saldoanerkenntnis beim Kontokorrent konstitutiv oder bloß deklarativ wirkt, bereits jetzt zu beantworten, nicht zuletzt auch deshalb, weil die Vorinstanzen insoweit divergente Rechtsansichten vertraten.

Die aufgezeigte Rechtsfrage ist von grundsätzlicher Bedeutung. Sie wurde in der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht einheitlich beantwortet. Auch in der Lehre werden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Eine Klarstellung durch den Obersten Gerichtshof ist geboten, weshalb die Voraussetzungen für eine Senatsverstärkung nach § 8 Abs 1 Z 2 OGHG vorliegen.

II. Erwägungen des verstärkten Senats:

Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass gegen die Bestimmung des Punktes 10 der AGBKr, nach der der Bankkunde durch die Unterlassung rechtzeitiger Reklamationen seine Zustimmung erklärt, auch vom Standpunkt einer Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen aus keine Bedenken bestünden (2 Ob 251/00a; 7 Ob 182/99m; SZ 57/66; HS 14.424/27; EvBl 1979/45). Unterschiedlich wird hingegen die Frage beantwortet, ob das (fingierte) Saldoanerkenntnis beim Kontokorrent konstitutiv oder deklarativ wirkt.

In der Entscheidung 2 Ob 251/00a vertrat der Oberste Gerichtshof die Ansicht, durch die Unterlassung fristgerechter Reklamationen gegen fällig gestellte Kreditsalden trete die Rechtswirkung eines konstitutiven Anerkenntnisses ein. In der Begründung wurde lediglich auf die Entscheidungen 7 Ob 182/99m und 10 Ob 169/00a verwiesen.

In der Entscheidung 10 Ob 169/00a verwies der dort erkennende Senat auf das zu 7 Ob 182/99m ergangene Erkenntnis, und führte dazu lediglich aus, die zu überprüfende Entscheidung stehe mit dessen Rechtsauffassung im Einklang.

Zu 7 Ob 182/99m wurde unter Hinweis auf mehrere Entscheidungen ausgeführt, der Oberste Gerichtshof habe bereits mehrfach ausgesprochen, dass einem Saldoanerkenntnis die Wirkung eines konstitutiven Anerkenntnisses (Feststellungsvertrag) zukomme. Die Revisionsausführungen wurden dort allerdings damit abgetan, dass eine Rechtsrüge zur Rechtsnatur des Saldoanerkenntnisses in zweiter Instanz nicht erstattet worden sei und die insoweit unterbliebene Rechtsrüge in dritter Instanz nicht mehr mit Erfolg nachgeholt werden könne.

In der Entscheidung 2 Ob 617/87 wertete der Oberste Gerichtshof die reklamationslose Annahme eines vierteljährlichen Rechnungsabschlusses ‑ unter Hinweis auf mehrere Vorentscheidungen ‑ als konstitutives Anerkenntnis des jeweiligen Saldos.

In dem zu SZ 57/66 wiedergegebenen Urteil führte das Höchstgericht aus, nach Lehre und Rechtsprechung komme mit der unbeanstandeten Annahme periodischer Rechnungsabschlüsse jeweils schlüssig ein Feststellungsvertrag mit der Wirkung eines konstitutiven Anerkenntnisses zustande, was (in dem zu entscheidenden Fall) von den Beklagten nicht mehr in Zweifel gezogen worden sei.

Unter Hinweis auf die Entscheidung EvBl 1979/45 sprach der Oberste Gerichtshof auch in HS 14.424/27 aus, durch die vierteljährlich erfolgte Abrechnung eines Kontos und die unbeanstandete Annahme der Abrechnungen durch den Beklagten seien schlüssig Feststellungsverträge mit der Wirkung konstitutiver Anerkenntnisse zustande gekommen.

Im Erkenntnis EvBl 1979/45, auf das in mehreren der zuvor zitierten Entscheidungen Bezug genommen wurde, führte der Oberste Gerichtshof aus, die Frage, ob ein deklaratorisches oder ein konstitutives Anerkenntnis vorliege, sei durch Auslegung des Parteiwillens im Einzelfall zu ermitteln. Dabei seien vor allem die mit dem Anerkenntnis verfolgten Zwecke, die beiderseitige Interessenlage und die allgemeine Verkehrsauffassung über die Bedeutung eines solchen Anerkenntnisses maßgebend. Die genannten Kriterien führten für das zwischen den Parteien bestehende Kontokorrentverhältnis zum Ergebnis, dass durch die Übersendung und die unbeanstandete Annahme der Rechnungsabschlüsse bzw der Auszüge über Verrechnungsperioden schlüssig ein Feststellungsvertrag mit der Wirkung eines konstitutiven Anerkenntnisses zustande gekommen sei. Es entspreche der Pflicht des Kunden, den übermittelten Rechnungsabschluss entgegenzunehmen, die Verrechnung zu überprüfen und etwaige Beanstandungen vorzunehmen. Ein konstitutiv anerkannter Saldo könne nur bei Schreib‑ oder Rechenfehlern, bei von der Bank listigerweise hervorgerufenem oder ausgenütztem Irrtum oder bei Vorliegen unverzichtbarer Einwendungen, wie etwa der der Sittenwidrigkeit, angefochten werden.

Von all diesen Entscheidungen ist lediglich das letztzitierte Erkenntnis (etwas) ausführlicher begründet.

Im Gegensatz dazu hat der Oberste Gerichtshof in mehreren Entscheidungen deutlich zum Ausdruck gebracht, das Saldoanerkenntnis beim Kontokorrent habe lediglich deklaratorische Wirkung:

In einem obiter dictum führte der 8. Senat aus, die Zustellung der vierteljährlichen Salden an den Beklagten könne lediglich zu einem zusätzlichen deklarativen Anerkenntnis der Saldenhöhe führen (ÖBA 1999, 552 mit zustimmender Besprechung von Apathy).

In seinem Urteil vom 19. 12. 1990 führte der 3. Senat aus, die Bedeutung der Unterlassung der nach Punkt 10 der AGBKr geforderten Reklamation beschränke sich auf die Genehmigung der richtigen Verbuchung abgewickelter Geldbewegungen; aus dem Umstand, dass der Bankkunde auf die Kontoauszüge nicht reagiert habe, dürfe nicht geschlossen werden, dass er der Kreditaufnahme (durch einen Kontomitinhaber) und der Abwicklung über das Gemeinschaftskonto zugestimmt habe (SZ 63/226).

In der Entscheidung SZ 62/153 wertete das Höchstgericht das Schweigen des Kontoinhabers als Reaktion auf die übermittelten Rechnungsabschlüsse nicht als konstitutives Anerkenntnis der Aufnahme eines Überziehungskredits durch die zeichnungsberechtigte Lebensgefährtin.

Unmissverständlich führte schließlich der 8. Senat in seiner Entscheidung vom 15. 2. 1990 aus, Klauseln, die zum Ausdruck bringen, dass eine Abrechnung, werden gegen diese innerhalb einer bestimmten Frist keine Einwendungen erhoben, als anerkannt gelte, bewirkten, ohne dass im Zeitpunkt der "Forderungsanerkennung" ein konkreter Streit über die Berechtigung der Forderung bestünde, kein konstitutives (abstraktes) Anerkenntnis als selbstständigen Verpflichtungsgrund mit Einredeausschluss. Der Unterlassung von Einwendungen gegen die Abrechnung komme diesfalls nur deklaratorische Wirkung zu (WBl 1990, 316).

Der 5. Senat hatte schon zu 5 Ob 505/80 ausgesprochen, durch die Unterfertigung der Klausel auf einem Rechnungsabschluss "Saldo überprüft und anerkannt" und durch Unterlassung rechtzeitiger Reklamationen dagegen, wie dies Punkt 10 der AGBKr zur Abwendung der Zustimmungsfiktion forderte, werde nur die richtige Verbuchung der abgewickelten Geldbewegungen genehmigt; es sei daraus jedoch kein Schluss auf die Berechtigung oder Nichtberechtigung des Klagsanspruchs (Saldo) zulässig.

Auch im Schrifttum werden unterschiedliche, ja gegenläufige Meinungen vertreten:

So führen Schinnerer/Avancini (Bankverträge I3 148 f) aus, die rechtliche Bedeutung der Saldofeststellung sei umstritten, sie stelle aber auf jeden Fall einen selbstständigen Verpflichtungsgrund dar. Nach herrschender Lehre sei das Saldoanerkenntnis ein Feststellungsvertrag, der wegen Irrtums über das Bestehen der anerkannten Forderung nicht angefochten werden könne.

Auch Holzhammer (Handelsrecht8, 185) meint, durch die Saldofeststellung würden die Einzelforderungen erlöschen und durch den Saldoanspruch ersetzt. Der Rechnungsabschluss werde der anderen Partei zur Prüfung und Anerkennung mitgeteilt; die Saldomitteilung sei ein Anbot zum Abschluss eines Schuldanerkenntnisvertrags, das darauffolgende Saldoanerkenntnis der anderen Partei der eigentliche Vertragsabschluss. Das Anerkenntnis, das einen selbstständigen Verpflichtungsgrund schaffe, könne auch stillschweigend erklärt werden. Der Streit, ob das Saldoanerkenntnis eine "Vollnovation" oder eine "abgeschwächte Novation" darstelle, sei praktisch bedeutungslos.

Reischauer (in ÖJZ 1982, 309) hält dafür, es biete keine Probleme, ob man der Saldoanerkennung nur bloß deklarative oder doch konstitutive Wirkung beimesse. Lasse man ein Saldoanerkenntnis selbst ohne "Zweifelhaftigkeit oder Strittigkeit" als selbstständigen Verpflichtungsgrund zu, so müssten bestellte Pfänder grundsätzlich weiter haften.

Hämmerle/Wünsch (Handelsrecht III3, 111 f und 124) vertreten die Ansicht, der das Kontokorrent beherrschende Feststellungs‑ und Anerkenntnisvertrag sei abstraktes Schuldversprechen und begründe eine abstrakte Saldoforderung, die keine Novationswirkung habe, sondern lediglich neben die durch die Verrechnung entstandene "kausale" Saldoforderung trete. Der Novationsgedanke sei abzuschwächen und festzuhalten, dass bei einer abgeschwächten Novation die Feststellung und Anerkennung des Saldos nicht zum Untergang der Einzelforderung führe, sondern dass die Einzelforderungen im Grund noch bestehen bleiben und ihnen durch diesen Saldo ein neuer Rechtstitel beigegeben werde. Der von den Kontokorrentpartnern festgestellte und anerkannte Saldo begründe einen neuen selbstständigen Rechtstitel, wobei es den Parteien freistehe, die Novierungswirkung zu verstärken oder auch auszuschließen. In der widerspruchslosen Hinnahme des Rechnungsabschlusses liege ein stillschweigendes Anerkenntnis des Saldos.

Canaris (Funktionen und Rechtsnatur des Kontokorrents, in FS Hämmerle, 57 f und 62) führt aus, auch für das österreichische Recht, das im Gegensatz zum BGB das Institut des abstrakten Schuldvertrags nicht ausdrücklich anerkenne, könne man angesichts des das österreichische Privatrecht beherrschenden Prinzips der Vertragsfreiheit die Gültigkeit abstrakter Schuldverträge unterstellen. Es bestehe ein gesteigertes Bedürfnis an der Zulassung der Abstraktion, was der Meinung Koziols ‑ die noch darzustellen sein wird ‑ entgegenzuhalten sei. Die Vereinfachungs‑ und die Vereinheitlichungsfunktion des Kontokorrents ziehe ganz konkrete Rechtsfolgen nach sich, was folgerichtig zur Lehre von der abstrakten Natur des Saldoanerkenntnisses führen müsse. Die Theorie vom abstrakten Schuldanerkenntnis sei der Lehre vom kausalen Feststellungsvertrag deutlich überlegen, insbesondere auch, weil die Ansicht der herrschenden Lehre praktikabler und einfacher sei.

Nach Krejci (Grundriss des Handelsrechts, 260 f) kann die Rechtsnatur des Saldoanerkenntnisses mit der Rechtsprechung und einem Teil der Lehre als Feststellungs‑ und Anerkenntnisvertrag verstanden werden, der dem Saldobetrag konstitutiv einen neuen Rechtsgrund gebe; dieser löse den bisherigen kausalen Saldoanspruch ab. Dabei sei zwar zu beachten, dass Anerkenntnisverträge im Allgemeinen strittige Rechtsfragen bereinigen, doch spreche nichts dagegen, einen Saldo auch dann anzuerkennen, wenn zwar zwischen den Parteien kein Recht strittig sei, die Vertragsteile aber aus Gründen vereinfachter Verrechnung oder auch zwecks Vermeidung eventueller künftiger Streitigkeiten einen neuen Rechtsgrund für die noch offene Saldoforderung schaffen wollen. Eine "das Postulat der Abstraktheit erheblich mindernde Ansicht" gehe davon aus, dass neben dem Saldoanerkenntnis auch noch die kausale Saldoforderung fortbestehe; diese Deutung habe für sich, einerseits das Ziel des Saldoanerkenntnisses, der Vereinfachung des Geschäftsverkehrs zu dienen, "durchaus zu fördern", andererseits aber den dadurch möglicherweise benachteiligten Betroffenen besser zu stellen als im Falle der Annahme, das Saldoanerkenntnis sei eine endgültige und uneingeschränkte Bereinigung der bisherigen Rechtslage.

Welser/Foglar‑Deinhardstein (Die Bedeutung von Sicherungszession, Kontokorrent und Anfechtung im Geschäftsverkehr der Banken, ÖZW 1976, 75 [77 f]) vertreten die Ansicht, die novierende Wirkung des Saldofeststellungsvertrags sei für das österreichische Recht "wohl unentbehrlich". Gehe man davon aus, dass es im österreichischen Recht kein abstraktes Anerkenntnis gebe, so blieben auch beim konstitutiven Anerkenntnis die bisherigen Rechtsgründe bestehen. Zur Schaffung einer neuen einheitlichen Causa bedürfe es somit der Novation. Andererseits würde diese allein der Sicherstellungsfunktion nicht genügen, weil sie nur so weit wirke, als die alten Forderungen bestanden hätten. Man werde deshalb für Österreich im Saldoanerkenntnis einen Feststellungsvertrag sehen müssen, der sowohl die Elemente einer Novation als auch jene eines konstitutiven Anerkenntnisses in sich schließe.

Harrer/Heidinger (in Schwimann, ABGB2 § 1375 Rz 7) referieren lediglich, nach der Rechtsprechung komme im Falle eines Kontokorrentkreditverhältnisses durch die Übersendung und die unbeanstandete Annahme der Rechnungsabschlüsse bzw Auszüge über Verrechnungsperioden schlüssig ein Feststellungsvertrag mit der Wirkung eines konstitutiven Anerkenntnisses zustande; sie verweisen auf die Gegenmeinung Avancinis (aaO), der ‑ wie noch zu erörtern sein wird ‑ in einem solchen Fall Novation, verbunden mit einem wechselseitigen deklarativen Anerkenntnis, annehme.

Differenzierend fasst P. Bydlinski (Die Bürgschaft im österreichischen und deutschen Handels‑, Gesellschafts‑ und Wertpapierrecht, 123 ff) seine Stellungnahme zu diesem Problem wie folgt zusammen: Man werde auch für das österreichische Recht vertreten können und müssen, dass die Saldofeststellung im Kontokorrent zu einer in gewissem Sinn abstrakten Verpflichtung des jeweiligen Schuldners führe, die neben die durch schlichte Verrechnung gewonnene Kausalforderung trete. Sie sei insoweit einheitlich und abstrakt, als sie einer einheitlichen Verjährung, einem Gerichtsstand und einem Erfüllungsort unterliege, und grundsätzlich der Nachweis der Saldofeststellung zur Substantiierung in der Klage genüge; indes bleibe dem Schuldner ‑ abgesehen von Sondervereinbarungen ‑ der Beweis der Unrichtigkeit des anerkannten Saldos möglich.

Jedenfalls bloß deklarativen Charakter wollen nachstehende Autoren dem Saldoanerkenntnis beimessen:

"Zur Gültigkeit abstrakter Schuldverträge im österreichischen Recht" führt Koziol (GS Gschnitzer, 233 ff, insbesondere 237 und 241) unter Berufung auf Larenz (Schuldrecht II8 § 59 I) aus, der Richter sei bei Zulassung eines abstrakten Vertrags nicht mehr in der Lage, zu erkennen, ob etwa der Gültigkeit des Ursprungsgeschäfts rechtliche Bedenken entgegen stünden; er spricht sich gegen die Zulässigkeit auch nur "abgeschwächt abstrakter" Verträge aus und meint, es bestehe auch kein besonderes Verkehrsbedürfnis an solchen Verträgen. Die geminderte Abstraktheit des Versprechens führe im Ergebnis zu einer starken Einschränkung der Überprüfbarkeit des Geschäfts in Bezug auf Verbotenheit oder Sittenwidrigkeit und damit zu einer Beeinträchtigung des Grundsatzes, dass die Rechtsordnung der Durchsetzung derartiger Geschäfte ihre Hilfe verweigere. Bei kausalen Verträgen könne es dazu nicht kommen, weil hier der Kläger einen bestimmten Rechtsgrund angeben müsse und sich daher auf ein verbotenes oder sittenwidriges Verhalten berufen müsste. Nur bei kausalen Verträgen sei daher eine umfassende Überprüfbarkeit der Verbots‑ und Sittenwidrigkeit der Rechtsgeschäfte gewährleistet, und nur diese entsprächen daher dem in der Rechtsordnung vielfach zum Ausdruck gelangenden Prinzip der Inhaltskontrolle.

Ostheim (Probleme des österreichischen Bankenrechts, JBl 1977, 352 [357 f]) kritisierte die Ansicht von Schinnerer/Avancini (aaO), durch Unterlassung einer gemäß Punkt 10 der AGBKr gebotenen Beanstandung eines Rechnungsabschlusses (als "Angebot zur Feststellung des Saldos") komme ein rechtsgeschäftliches Anerkenntnis in Form eines Feststellungsvertrags zustande, weil es "ein Geheimnis bleibt", wie durch eine solche Wissenserklärung auch nur konkludent ein Vertrag zustande kommen sollte. Es könne sich beim Saldoanerkenntnis nicht um ein konstitutives Anerkenntnis mit Bereinigungswirkung handeln, weil in diesem Anerkenntnis kein "Nachgeben" zu erblicken sei; vielmehr werde das Anerkenntnis deshalb abgegeben, weil man glaube, der errechnete Saldo sei richtig. Für das österreichische Recht biete die Deutung des Saldofeststellungsvertrags als Neuerungsvertrag einen "sehr brauchbaren Lösungsansatz für manche Probleme des Kontokorrents".

Ertl (in Rummel, ABGB2 § 1380 Rz 6) erblickt in der "gängigen Saldofeststellung im Bankkontokorrent" in der Regel eine Novation, verbunden mit einem beiderseitigen deklarativen Schuldanerkenntnis, wozu er auf die Lehrmeinung Avancinis (in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht I Rz 5/36 ff) verweist.

Schuhmacher (in Straube, HGB I2 § 355 Rz 27 ff) meint, es bestehe Einigkeit darüber, dass das Saldoanerkenntnis nicht nur deklarativ wirke, sondern dass damit ein neuer Verpflichtungsgrund entstanden sei. Dieser neue Verpflichtungsgrund trete neben die kausale Forderung aus dem Saldo. Das Saldoanerkenntnis könne durchaus auch "gemindert abstrakt" sein, dh der Gläubiger könne zwar ohne Angabe des Rechtsgrunds aus dem abstrakten Versprechen klagen, dem Schuldner blieben aber die Bereicherungseinreden aus dem Grundverhältnis erhalten. Dass solche gemindert abstrakten Verträge für das österreichische Recht überwiegend abgelehnt würden, überzeuge nicht. Gegen die Lehre vom konstitutiven Anerkenntnis spreche vor allem deren radikale Bereinigungswirkung. Es könne den Parteien des Kontokorrents kaum unterstellt werden, dass sie durch Anerkennung des Saldos auf die Geltendmachung von Einreden aus dem kausalen Saldo verzichteten.

Avancini (aaO) betont zunächst, dass sich die deutsche Rechtslage in der Frage nach der Zulässigkeit abstrakter Verpflichtungen erheblich vom österreichischen Recht unterscheide. In Deutschland sei ganz herrschend, dass die Saldofeststellung ein abstraktes Schuldanerkenntnis im Sinne von § 781 BGB sei (Rz 5/36). In Österreich werde die Saldofeststellung von der ständigen Rechtsprechung und von einem Teil der Lehre als konstitutives Anerkenntnis beurteilt (Rz 5/37). Ein solches konstitutives Anerkenntnis bilde einen neuen, selbstständigen Verpflichtungsgrund, doch sei in bloß zweipersonalen Beziehungen ein Anerkenntnis mit schuldbegründender Wirkung im österreichischen Recht nach richtiger Auffassung nur dann möglich, wenn es zwecks Bereinigung eines ernsthaft entstandenen, konkreten Streits oder Zweifels über den Bestand einer Forderung abgegeben werde. Die Bereinigungswirkung sei die Causa, die es ermögliche, das konstitutive Anerkenntnis vom abstrakten Schuldversprechen abzuheben, dem das österreichische Recht im zweipersonalen Verhältnis die Gültigkeit versage. Sei der Überschuss beim Bankkontokorrent unstreitig und unangezweifelt, dann gebe es nichts zu bereinigen, sodass die Bereinigungswirkung als Causa für ein konstitutives Anerkenntnis ausscheide. Das führe dazu, dass man in Österreich einer Saldofeststellung im Kontokorrent bei einem unstreitigen und unbezweifelten Überschuss nur deklarative Wirkung zubilligen könne (Rz 5/39 f). Eine Novation liege nach österreichischem Recht nur dann vor, wenn die alte Verbindlichkeit unter gleichzeitiger Begründung einer neuen aufgehoben werde. Die neue Verbindlichkeit entstehe indes nur dann, wenn die alte tatsächlich bestanden habe, sodass bei Ungültigkeit der alten Verbindlichkeit auch die neue ungültig sei. Im deutschen Rechtsbereich könne dagegen nach überwiegender Auffassung die Novation auch zu einem abstrakten Schuldverhältnis führen. Auch in diesem Punkte unterscheide sich die österreichische Rechtslage von der deutschen (Rz 5/42). Ein deklaratives Anerkenntnis als bloße Wissenserklärung stelle überhaupt keinen neuen Rechtsgrund dar. Ein konstitutives Anerkenntnis würde dagegen zwar einen solchen abgeben, es käme jedoch dabei nicht zu einer Auswechslung des Rechtsgrunds, weil der alte Rechtsgrund der anerkannten Forderung weiter bestehen bliebe. Deshalb könne man im österreichischen Recht selbst über ein konstitutives Saldoanerkenntnis nicht zu einer Vereinheitlichung der im Saldo enthaltenen (Teil‑)Forderungen kommen (Rz 5/43). Die Saldofeststellung im Bankkontokorrent werde in der Regel Novation sein, verbunden mit einem (beiderseitigen) Schuldanerkenntnis, das aber im Allgemeinen nur deklarative Wirkung habe (Rz 5/44), sodass sich die unrichtige Saldofeststellung durch den Beweis des richtigen Saldos korrigieren lasse (Rz 5/51).

Dullinger nimmt (sowohl in Jabornegg, Kommentar zum HGB [Rz 24 ff] wie auch im Handbuch der Aufrechnung [286 ff]) zu der hier strittigen Frage eingehend Stellung: Sei auch die Rechtsnatur der Saldofeststellung äußerst umstritten, so bestehe doch weitgehende Übereinstimmung über deren Wirkungen. Es entspreche der ganz herrschenden Ansicht, dass durch die einvernehmliche Feststellung des Saldos insofern ein neuer Verpflichtungsgrund geschaffen werde, also für die so festgestellte Forderung einheitliche Verjährungsregeln, ein einheitlicher Erfüllungsort und ein einheitlicher Gerichtsstand gelten, was dem Vereinfachungszweck des Kontokorrents entspreche. Einigkeit bestehe auch darüber, dass Sicherheiten, soweit sie für den auf Grund der Verrechnung entstandenen Saldo haften, durch dessen Anerkennung nicht erlöschen sollten. Strittig sei aber die dogmatische Begründung dieser Wirkungen, nämlich die Frage, welcher Rechtsfigur die Saldofeststellung zuzuordnen sei. Die Autorin geht extensiv auf die schon wiedergegebene Rechtsprechung und vor allem auf die verschiedenen Lehrmeinungen ein und kommt danach zum Schluss, das Saldoanerkenntnis sei als Novation im Sinne der §§ 1376 ff ABGB, verbunden mit einem (beiderseitigen) deklarativen Schuldanerkenntnis, anzusehen.

Apathy (Das Schuldanerkenntnis nach österreichischem Recht, ÖBA 1999, 679 ff) qualifiziert die Saldofeststellung im Bankkontokorrent nach Darstellung von Rechtsprechung und Lehre sowie eingehender eigener Stellungnahme zu den Stimmen im Schrifttum als beiderseitiges deklaratorisches Anerkenntnis mit "antizipierter Novationsvereinbarung" (im Rahmen der Kontokorrentabrede), was sich im Ergebnis von der Auffassung Avancinis (aaO) und Dullingers (aaO), die Saldofeststellung sei als Novation, verbunden mit einem deklaratorischen Anerkenntnis, zu verstehen, nicht unterscheide.

Bei Abwägung aller für und gegen die Bejahung konstitutiver Wirkung des Saldoanerkenntnisses sprechenden Erwägungen erscheint dem verstärkten Senat namentlich die profunde Argumentation Apathys, die im Übrigen in den wesentlichen Belangen mit den Thesen Avancinis und Dullingers übereinstimmt, überzeugend:

Das konstitutive Anerkenntnis ist ein Feststellungsvertrag, mit dem der Schuldner die aufgrund einer ernstlichen Rechtsbehauptung des Gläubigers entstandene Unsicherheit durch die Erklärung beseitigt, die Verpflichtung auch für den Fall, dass sie bisher nicht bestanden haben sollte, zu begründen. Ein konstitutives Anerkenntnis kann auch schlüssig durch solche Handlungen erklärt werden, die unter Berücksichtigung aller Umstände keinen Grund, daran zu zweifeln, übrig lassen. Erforderlich ist aber, dass der Anerkennende seine Zweifel am Bestehen des vom Gläubiger behaupteten Rechts durch dessen Zugeständnis beseitigt. Liegen dagegen keine Zweifel des Schuldners am Bestand der Forderung vor, die durch den Willen beseitigt werden sollten, eine eigene Hauptschuld auch für den Fall zu begründen, dass eine solche bisher nicht bestanden haben sollte, so ist das Vorliegen eines konstitutiven Anerkenntnisses zu verneinen (ZIK 2001, 25 mwN uva). Ein konstitutives Anerkenntnis ist nur zur Bereinigung eines ernsthaft entstandenen konkreten Streits oder Zweifels über den Bestand einer Forderung möglich (SZ 71/94; ecolex 1990, 283; ZAS 1975, 100 ua; F. Bydlinski in Klang2 IV/2, 399; Ertl aaO). Liegt ein solcher Streit oder Zweifel nicht vor, so kann das Anerkenntnis nicht dazu verwendet werden, durch die Schaffung einer abstrakten Verbindlichkeit Zweifel und Streit präventiv auszuschließen (Ertl aaO). Das konstitutive Anerkenntnis des österreichischen Rechts ist ein Kausalvertrag, dessen Rechtsgrund die Streitbereinigung ist. Ein Anerkenntnis kann daher keine konstitutive Wirkung entfalten, wenn die anerkannte Forderung nicht zuvor vom Anerkennenden ernsthaft bestritten oder bezweifelt wurde (Apathy aaO 681).

Nun ist die von der Bank dem Kunden mitgeteilte Saldoforderung typischerweise weder strittig noch zweifelhaft, sodass die Bereinigungswirkung als Causa für ein konstitutives Anerkenntnis ausscheidet. Sollte in einem konkreten Fall wirklich ein Streit bestehen, so könnte dieser fraglos durch ein konstitutives Anerkenntnis bereinigt werden. Das heißt aber keineswegs, dass man einem Anerkenntnis des mitgeteilten Saldos diese Wirkung auch im erwähnten Regelfall zukommen lässt, obwohl von den Beteiligten ‑ damit ‑ kein Streit beigelegt wird (Apathy aaO 683). Den Lehrmeinungen Krejcis (aaO) und Reischauers (aaO) hält Apathy (aaO) zutreffend entgegen, ein Anerkenntnisvertrag könne nicht mit beliebigem Inhalt versehen werden; es bestehe auch kein Bedürfnis, einen neuen Typus von konstitutivem Anerkenntnisvertrag zu schaffen, der noch dazu dem Grundsatz kausaler Ausgestaltung von Rechtsgeschäften widerspräche. Hierin stimmt Apathy mit Ertl (aaO), Avancini (aaO Rz 5/44) und Dullinger (aaO) überein, deren Schlussfolgerungen darin zusammengefasst werden können, dass in der gängigen Saldofeststellung beim Bankkontokorrent in aller Regel eine mit einem beiderseitigen deklarativen Schuldanerkenntnis verbundene Novation zu erblicken sei. Auch Harrer/Heidinger (aaO § 1375 Rz 6) betonen, ein konstitutives Anerkenntnis müsse den Streit oder die Unsicherheit über den Bestand einer Forderung beseitigen; das Bestehen eines Rechtsverhältnisses müsse ernstlich behauptet worden sein, weil das Anerkenntnis sonst ein unzulässiger abstrakter Vertrag wäre.

Nach F. Bydlinski (aaO) ist ein konstitutives Anerkenntnis nur zwecks Bereinigung eines ernsthaft entstandenen konkreten Streits oder Zweifels über den Bestand einer Forderung möglich und nur die nachdrückliche Abstellung auf die Causa der Streitbereinigung stimme mit dem allgemein anerkannten Prinzip überein, dass es im österreichischen Recht ‑ abgesehen von ganz wenigen gesetzlich ausdrücklich anerkannten Ausnahmen ‑ kein abstraktes Schuldversprechen gebe.

Vor allem das Argument, die übliche Saldofeststellung beim Bankkontokorrent entbehre des streitbereinigenden Charakters, der aber Voraussetzung für das wirksame konstitutive Anerkenntnis ist, rechtfertigt den Schluss, dass das nach Maßgabe von Punkt 10 der AGBKr (stillschweigend) erklärte Saldoanerkenntnis nicht mit konstitutiver Wirkung ausgestattet ist; gerade mit diesem Argument setzen sich übrigens die eine konstitutive Wirkung bejahenden höchstgerichtlichen Entscheidungen nicht auseinander.

Die vor allem in Deutschland vertretene Ansicht, der Saldofeststellung beim Kontokorrent sei "abgeschwächte abstrakte Wirkung" zuzubilligen (ausführlich dargestellt bei P. Bydlinski aaO), wird namentlich von Avancini, Koziol, Dullinger und Apathy (jeweils aaO) für den österreichischen Rechtsbereich zu Recht abgelehnt. Dass ein (völlig) abstraktes Schuldversprechen (vgl § 780 BGB) oder ein abstraktes konstitutives Schuldanerkenntnis (vgl § 781 BGB) dem österreichischen Recht (vgl § 937 ABGB) fremd ist, wird von niemandem bezweifelt. Koziol und Apathy weisen überzeugend nach, dass sich die Zulässigkeit gemindert abstrakter Schuldverhältnisse in zweipersonalen Beziehungen auch nicht einfach mit dem Grundsatz der Privatautonomie erklären lässt, trifft doch § 883 ABGB ‑ anders als die §§ 780 und 781 BGB ‑ für abstrakte Verträge keine spezielle, deren Formwirksamkeit betreffende Regelung; solche Verträge könnten deshalb in Österreich ‑ wären sie hier zulässig ‑ formlos vereinbart werden. Dies riefe einen offenkundigen Konflikt (Wertungswiderspruch) mit den Formvorschriften bei bestimmten Vertragstypen hervor, nicht zuletzt auch deshalb, weil die Abstraktheit eines Schuldversprechens die Inhaltskontrolle verhinderte, zumindest aber erschwerte, was jedoch dem anerkannten Grundsatz, dass die Rechtsordnung der Durchsetzung unzulässiger Rechtsgeschäfte die Hilfe verweigere, zuwiderliefe (Apathy aaO 685 mwN).

F. Bydlinski (aaO 400) betont in diesem Zusammenhang, es gehe nicht an, dass ein Schuldner ‑ vielleicht sogar noch stereotyp und formularmäßig ‑ beim Abschluss des Vertrags selbst oder alsbald danach zur Abgabe einer konstitutiven Anerkenntniserklärung veranlasst und dadurch aller Einwendungen gegen die Forderung beraubt werde: Eine solche ohne konkreten Anlass abgegebene Anerkenntniserklärung wäre gerade auf die Begründung einer vom Grundgeschäft losgelösten, also abstrakten Verpflichtung gerichtet, und mangels einer gesetzlichen Anerkennung solcher abstrakter Verpflichtungen unwirksam.

Auch Dullinger (aaO) befasst sich eingehend mit der Frage nach der Zulässigkeit "gemindert abstrakter Schuldvereinbarungen" im österreichischen Recht: Sie erteilt dabei den deren Zulässigkeit bejahenden Lehrmeinungen eine Absage. Sie hebt treffend hervor, bestimmte Spezialvorschriften sähen zwar Ausnahmen von der Ungültigkeit abstrakter Schuldversprechen vor, diese seien indessen nicht verallgemeinerungsfähig. Es bestehe auch kein praktisches Bedürfnis nach Anerkennung eines "gemindert abstrakten Vertrags", denn selbst bei Ablehnung des Saldoanerkenntnisses als Novation käme noch immer Schuldänderung im Sinne des § 1379 ABGB in Betracht.

Der verstärkte Senat gelangt daher zu folgendem Rechtssatz:

Wird die von Punkt 10 der AGBKr geforderte fristgebundene Reklamation gegen Rechnungsabschlüsse unterlassen, so kommt dem hiedurch bewirkten Saldoanerkenntnis im Regelfall nur deklarative Wirkung zu; ein konstitutives Anerkenntnis ist nur dann anzunehmen, wenn damit im konkreten Fall in der Tat ein ernstlicher Streit (oder Zweifel) beigelegt werden sollte.

Sollte sich im fortgesetzten Verfahren erweisen lassen, dass die AGBKr auch in das schon 1988 begründete Kreditverhältnis einbezogen waren, wird das Erstgericht ‑ gegebenenfalls nach weiterer Erörterung mit den Parteien - Feststellungen zu treffen haben, die unter Zugrundelegung der vorstehenden Erwägungen eine verlässliche Beurteilung der Berechtigung der noch strittigen Klagsforderung und deren Höhe zulassen. Dabei wird zu beachten sein, dass das Saldoanerkenntnis als mangels vorangegangenen Streits lediglich deklaratives Anerkenntnis und daher bloße Wissenserklärung keinen neuen Verpflichtungsgrund schafft. Es ist deshalb im Rechtsstreit nur ein Beweisumstand zugunsten des Bestehens der Forderung, kann jedoch durch andere Beweise widerlegt werden.

Dem Rekurs ist deshalb ein Erfolg zu versagen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

 

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