OGH 1Ob26/09v

OGH1Ob26/09v26.2.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Margaretha K*****, vertreten durch Dr. Friedrich Oedl, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. Elisabeth R*****, und 2. Ing. Karl R*****, vertreten durch Dr. Johannes Hübner und Dr. Gerhard Steiner, Rechtsanwälte in Wien, wegen 500.000 EUR sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. November 2008, GZ 14 R 165/08z-22, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Wie eine Erklärung im Einzelfall aufzufassen ist, ob eine Offerte inhaltlich ausreichend bestimmt ist und insbesondere, ob in ihr ein endgültiger Bindungswille zum Ausdruck kommt, ist jeweils nur nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und stellt im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage dar (RIS-Justiz RS0042555). Dies gilt auch für die Frage, ob eine mit einem Vertragsantrag korrespondierende Annahmeerklärung vorliegt.

Die Auffassung des Berufungsgerichts, angesichts der festgestellten Korrespondenz sei von einer bindenden Einigung nicht auszugehen, stellt keine bedenkliche Fehlbeurteilung dar, die vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste.

2. Es wäre nun Aufgabe der Revisionswerberin, durch nachvollziehbare und schlüssige rechtliche Argumentation darzulegen, welche (schriftliche) Erklärung welchen Verhandlungspartners ihrer Ansicht nach als jene Annahmeerklärung zu qualifizieren wäre, die eine bindende rechtsgeschäftliche Willenseinigung mit einem bestimmten (welchem?) Inhalt zustandegebracht hätte. Ein derartiger Versuch ist ihren Revisionsausführungen jedoch nicht zu entnehmen. Die bloße (wiederholte) Behauptung, eine rechtsverbindliche Vereinbarung sei „im Wege der Anwaltskorrespondenz" zustandegekommen, vermag eine konkrete Darlegung, welche Erklärung denn nun als Angebot und welche als (korrespondierende) Annahme angesehen werden könnte, nicht zu ersetzen.

Wenn die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang etwa darauf hinweist, dass der nunmehrige Klagevertreter im Schreiben vom 7. 11. 2005 mitteilte, dass sein Mandant hiemit ausdrücklich die Zustimmung zu der getroffenen Vereinbarung bestätigt habe, lässt sie ganz außer Acht, dass zugleich mit dieser Erklärung ein Entwurf einer schriftlichen Vereinbarung mit teilweise vom Inhalt der Vorgespräche abweichenden Inhalt vorgelegt wurde. Dies kann nur dahin verstanden werden, dass der Verfasser des Schreibens entweder über den Inhalt der bisherigen Erklärungen des Rechtsvertreters der Beklagten unrichtige Vorstellungen hatte oder aber nur das grundsätzliche Einverständnis seines Mandanten bekannt geben, in Wahrheit aber ein neues Angebot zum Abschluss einer (inhaltlich abweichenden) schriftlichen Vereinbarung abgeben wollte. Wenn das Berufungsgericht unter diesen Umständen die Auffassung vertreten hat, es lägen keine für das Zustandekommen eines Vertrags geeigneten korrespondierenden Willenserklärungen der Verhandlungsparteien vor, kann darin eine bedenkliche Fehlbeurteilung nicht erblickt werden. Erklärt ein Verhandlungspartner zwar formell seine „Zustimmung zu der getroffenen Vereinbarung", legt er aber gleichzeitig eine vom (letzten) Vertragsoffert seines Verhandlungspartners abweichende, als „Vereinbarung" überschriebene schriftliche Urkunde vor - insbesondere wurde darin erstmals die Forderung nach Abtretung von Teilen der Kaufpreisforderung gestellt -, kann von einer Eindeutigkeit seiner Erklärung im Sinn des § 863 ABGB keine Rede sein, sodass entgegen der Auffassung der Revisionswerberin auch nicht gesagt werden kann, dass man sein Verhalten richtigerweise dahin hätte verstehen müssen, dass die „nicht unterfertigte Vertragsurkunde lediglich deklaratorisch den bereits erfolgten Vertragsabschluss bestätigen" hätte sollen.

3. Aber auch wenn man davon ausginge, dass der Inhalt des Schreibens des Rechtsvertreters der Beklagten vom 19. 10. 2005 zwischen den seinerzeitigen Vertragsparteien bindend vereinbart worden wäre - auch darin war allerdings die Unterfertigung einer „formellen schriftlichen Vereinbarung" vorgesehen -, wäre für den Rechtsstandpunkt der Klägerin nichts gewonnen. Danach sollte die nunmehr begehrte Zahlung Zug um Zug gegen Aushändigung einer grundbuchsfähigen Löschungsquittung erfolgen, und zwar „nach Maßgabe der Fälligkeit der Auszahlung des Kaufpreises" aus dem mit einem dritten Käufer abgeschlossenen Kaufvertrag; der nunmehrige Klagevertreter sollte eine grundbuchsfähige Löschungsquittung besorgen und - dem Beklagtenvertreter sowie der Käuferin - bestätigen, dass er über das Original verfügt und unwiderruflich beauftragt und bevollmächtigt ist, dieses gegen Erhalt der Zahlung auszufolgen. Zur Ausstellung der Löschungsquittung kam es jedoch nicht, weil der Berechtigte verstarb. Da die betreffenden grundbücherlichen Lasten durch den Tod des Berechtigten wegfielen, war eine Löschungsquittung auch nicht mehr erforderlich. Die Fälligkeit des Kaufpreises trat erst nach dem Tod ein. Ginge man nun von einer wirksamen Vereinbarung aus, wären die Beklagten zur Zahlung von 500.000 EUR verpflichtet gewesen, wogegen ihr Vertragspartner - Zug um Zug zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt - gehalten gewesen wäre, eine Urkunde zu übergeben, mit der (zu seinen Lebzeiten) eine Befreiung der Liegenschaft von bestimmten grundbücherlichen Lasten erfolgen hätte können. Wird bei einem entgeltlichen Vertrag die Erfüllung einer Verbindlichkeit durch einen Zufall unmöglich, führt dies gemäß § 1447 ABGB regelmäßig dazu, dass auch sein Vertragspartner nicht verpflichtet ist, die zugesagte Gegenleistung zu erbringen, bzw zu dessen Recht, eine bereits erbrachte Gegenleistung zurückzufordern (vgl nur Koziol/Welser II13, 48 f). Unstrittigermaßen wurde die Löschungsquittung nie ausgestellt. Da ein Nachholen aufgrund des Todes des seinerzeit grundbücherlich Berechtigten nicht mehr in Betracht kommt, liegt zweifellos endgültige Unmöglichkeit vor.

Ohne - aufgrund obiger Ausführungen - näher darauf eingehen zu müssen, sei der Vollständigkeit halber ausgeführt, dass es nach einer in der Lehre vertretenen Auffassung (Koziol/Welser II13, 47 mwN) auch einen Fall der Unmöglichkeit darstellt, wenn der geschuldete Erfolg schon ohne Zutun des Schuldners eingetreten ist (Zweckerreichung). Hier sind die mit der Vereinbarung angestrebten Rechtsfolgen, nämlich die Befreiung der Liegenschaft von bestimmten bücherlichen Lasten, ohne die geschuldete Leistung eingetreten, nämlich durch das zufällige Ereignis des bereits vorher eingetretenen Todes. Auch durch ein solches nachträgliches (zufälliges) Unmöglichwerden fällt der Vertrag im Sinn des § 1447 ABGB durch Aufhebung der vertraglichen Verbindlichkeiten weg, sofern nicht gesetzliche Sondernormen anderes anordnen. Angesichts dieser Spezialregeln wird für die Fälle der Zweckerreichung schließlich auch vertreten, dass die Auswirkungen auf das Fortbestehen des Schuldverhältnisses nicht nach generellen Grundsätzen, sondern vielmehr nach dem Parteiwillen bzw dem erkennbaren Vertragszweck zu beurteilen seien (Heidinger in Schwimann³ VI § 1447 ABGB Rz 9 mwN). Auch eine solche ergänzende Vertragsauslegung würde im vorliegenden Fall zu einem Wegfall der Zahlungspflicht der Beklagten führen, wurde diese doch erkennbar nur unter der Voraussetzung versprochen, dass der Berechtigte aktiv - durch Ausstellung einer Löschungsquittung - die Voraussetzungen für die Befreiung der Liegenschaft von bestimmten bücherlichen Lasten schaffen würde. Durch den vor Fälligkeit seiner Mitwirkungspflicht erfolgten Tod wurde nun die von ihm versprochene Leistung unmöglich (und unnötig); er war nicht mehr in der Lage, den Beklagten den ihnen zugesagten Vorteil zu verschaffen.

Inwieweit hier ein „aufschiebend bedingtes Recht (Anwartschaftsrecht)" verbleiben könnte, wie die Revisionswerberin meint, ist nicht verständlich. Gleiches gilt für den Vorwurf, die Zahlungsverweigerung verstoße gegen die „guten Sitten im Sinn des § 879 ABGB". Hat der bücherlich Berechtigte dem Liegenschaftseigentümer - willentlich - keinen Vorteil verschafft bzw aus in seiner Sphäre liegenden Gründen gar nicht mehr verschaffen können, kann er grundsätzlich auch keinen (vererblichen) Anspruch auf eine dafür vereinbarte Gegenleistung erwerben.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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