OGH 1Ob24/23w

OGH1Ob24/23w21.3.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely‑Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. G*, 2. G*, beide vertreten durch die Niederhuber & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. K*, 2. M*, 3. I*, alle vertreten durch Venus & Lienhart, Rechtsanwälte in Fürstenfeld, und den Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Parteien Land *, vertreten durch Dr. Edwin Mächler, Rechtsanwalt in Graz, wegen 42.720,95 EUR sA, über den Revisionsrekurs der klagenden Parteien (Revisionsrekursinteresse 28.575 EUR) gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 15. Dezember 2022, GZ 6 R 41/22d‑18, womit der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 4. Juli 2022, GZ 35 Cg 32/22h‑11 (nunmehr 19 Cg 31/22v), bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0010OB00024.23W.0321.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den beklagten Parteien die mit 2.164,90 EUR (darin 360,82 EUR USt) und dem Nebenintervenienten die mit 1.984,70 EUR (darin 330,78 EUR USt) bestimmten Kosten ihrer jeweiligen Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Im Jahr 2016 ließen die Beklagten auf zwei in ihrem Miteigentum stehenden Grundstücken durch den Nebenintervenienten eine Tiefdrainage errichten. Ein Brunnen, der sich auf dem Nachbargrundstück der Kläger befindet, versiegte im Frühjahr 2016. Die Kläger strengten daraufhin ein wasserrechtliches Verwaltungsverfahren nach § 138 iVm § 40 WRG an, in dem sie die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands forderten. In diesem Verfahren unterlagen sie mit der Begründung, dass, obgleich die Beklagten eine wasserrechtliche Bewilligung für die Tiefdrainage nicht eingeholt hatten, eine solche Wiederherstellung nicht mehr möglich sei.

[2] Die Kläger begehren von den Beklagten Schadenersatz wegen der bewilligungslosen Errichtung der Tiefdrainage, die zu einer Trockenlegung ihres Brunnens geführt habe, insbesondere auch Kostenersatz für die anwaltliche Vertretung im wasserrechtlichen Verfahren von 15.465 EUR, für die Einholung von Sachverständigengutachten von 13.080 EUR und für die Einspruchsgebühr vor dem Landesverwaltungsgericht von 30 EUR.

[3] Die Beklagten wandten unter anderem die Unzulässigkeit des Rechtswegs ein.

[4] Das Erstgericht wies ein Teilklagebegehren von 28.575 EUR sA wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück. Der Ersatz von Kosten des Verwaltungsverfahrens (inklusive der Privatgutachten) könne im Zivilrechtsweg nicht begehrt werden.

[5] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ den Revisionsrekurs zu, weil – soweit überblickbar – neuere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs für Kosten des Verwaltungsverfahrens nicht vorliege.

Rechtliche Beurteilung

[6] Der Revisionsrekurs der Kläger ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 2 ZPO) – Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig:

[7] 1. Nach § 123 Abs 1 WRG findet ein Parteikostenersatz im (wasserrechtlichen) Bewilligungsverfahren einschließlich des Verfahrens über die Einräumung von Zwangsrechten und über den Widerstreit zwischen geplanten Wassernutzungen nicht statt. In anderen Angelegenheiten hat gemäß § 123 Abs 2 WRG die Wasserrechtsbehörde im Bescheid auf Antrag zu bestimmen, in welchem Ausmaße der Sachfällige die dem Gegner durch das Verfahren erwachsenen Kosten zu ersetzen hat. Hiebei hat die Behörde nach billigem Ermessen zu beurteilen, inwieweit die Aufwendung der Kosten, deren Ersatz verlangt wird, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig und inwieweit die Führung des Rechtsstreits durch den Sachfälligen etwa leichtfertig oder mutwillig war.

[8] § 123 Abs 2 WRG betrifft vor allem jene wasserrechtlichen Verfahrenstypen, die nachbarrechtlichen oder sonst streitigen Charakter haben; bei solchen Auseinandersetzungen kommt ein wechselseitig bestehender Kostenersatzanspruch, insbesondere bei mutwilliger Prozessführung, in Betracht (Berger in Oberleitner/Berger, WRG‑ON4.00 § 123 Rz 3). Als „andere Angelegenheiten“ im Sinn dieser Bestimmung werden im Schrifttum insbesondere Verfahren nach § 138 Abs 1 WRG genannt (Bumberger/Hinterwirth, Wasserrechtsgesetz3 § 123 WRG K1).

[9] 2. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs können jedenfalls dann, wenn das Verwaltungsverfahren einen Kostenersatz vorsieht, die Kosten dieses Verfahrens im Zivilrechtsweg nicht begehrt werden (RS0022786; 7 Ob 189/05b).

[10] 2.1. Die Ansicht des Rekursgerichts, dass die Kläger die „im Zuge des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht“ angefallenen Kosten nach § 123 Abs 2 WRG iVm § 74 Abs 2 AVG in diesem Verfahren hätten geltend machen müssen und der Zivilrechtsweg insoweit unzulässig sei, steht mit dieser Rechtsprechung in Einklang.

[11] 2.2. Eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung zeigen die Revisionsrekurswerber, die die Subsumtion des von ihnen geführten wasserrechtlichen Verfahrens unter „andere Angelegenheiten“ im Sinn des § 123 Abs 2 WRG nicht in Zweifel ziehen, nicht auf:

[12] Aus der Entscheidung 4 Ob 37/16v ist für sie nichts zu gewinnen, weil dort – anders als hier – eine Kostenersatzpflicht im Verwaltungsverfahren fehlte. Es kommt im vorliegenden Fall daher nicht mehr darauf an, ob die eingeklagten Kosten als „Rettungsaufwand“ zu qualifizieren sind.

[13] Es trifft zwar zu, dass der Oberste Gerichtshof schon ausgesprochen hat, dass „der Klagsweg zu beschreiten ist, wenn die Verwaltungsbehörde auf den Zivilrechtsweg verwiesen hat“ (6 Ob 94/20x unter Hinweis auf 6 Ob 17/70). Dieser Rechtsprechung liegt allerdings der Fall zugrunde, dass sich der spätere Kläger als Privatbeteiligter einem Verwaltungsstrafverfahren angeschlossen hatte und mit seinen dort geltend gemachten Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen worden war (weil die Verwaltungsbehörde zur Entscheidung über privatrechtliche Ansprüche nicht zuständig war; 3 Ob 638/36 = SZ 18/140; vgl 3 Ob 64/53).

[14] Bei der Bemerkung des Landesverwaltungsgerichts in seiner Entscheidungsbegründung, es stünde „den Beschwerdeführern ... frei, ihre Beeinträchtigungen in einem zivilgerichtlichen Verfahren geltend zu machen“, handelt es sich um nichts Dergleichen, schon gar nicht um einen Verweis auf den Zivilrechtsweg hinsichtlich der Kosten des Verwaltungsverfahrens, die dort gar nicht geltend gemacht wurden.

[15] 3. Der Revisionsrekurs ist daher mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von der Qualität des § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

[16] 4. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagten und der Nebenintervenient haben in ihrer jeweiligen Revisionsrekursbeantwortung ausdrücklich auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses der Kläger hingewiesen.

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