Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit 24.581,25 S (darin 4.096,87 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Im Vorprozeß klagte die beklagte Partei dieses Rechtsstreits eine Gesellschaft m. b. H. auf Zahlung von 2,707.179,51 S sA. Sie brachte vor, der Gesellschaft Waren zu angemessenen Preisen geliefert zu haben. Die dafür gelegten Rechnungen seien in Höhe des Klageanspruchs unbeglichen. Die Gesellschaft wendete ein, einzelne Forderungen seien bereits getilgt, der noch offene Saldo sei infolge einer Stundungsvereinbarung nicht fällig, weil er in Monatsraten von 100.000 S zu decken sei. Zum Nachweis dafür berief sich die Gesellschaft u. a. auf die Vernehmung ihres Geschäftsführers als Partei und zweier Gesellschafter als Zeugen. Beim Verhandlungstermin vom 13. Oktober 1997, zu dem über Ladung auch der Geschäftsführer und die beiden Gesellschafter erschienen waren, wurde das Klagebegehren auf 2,387.376,51 S sA und 1.819,42 S (kapitalisierten Zinsen) eingeschränkt. Dieses Begehren wurde von der Gesellschaft anerkannt und sodann nachstehender gerichtliche Vergleich bedingt geschlossen:
"1. Festgestellt wird, daß die beklagte Partei der klagenden Partei nachfolgende Beträge schuldet:
1.1. Aus den im Verfahren ... Landesgericht Linz eingeklagten Rechnungen S 2,387.376,51 samt 7,86 p.a. Zinsen aus S 2,391.737,31 vom 20. 6. 1997 bis 20. 8. 1997 sowie aus S 2,387.376,51 seit 21. 8. 1997; ferner
1.2. laut der einen integrierenden Vergleichsbestandteil bildenden OP-Liste Beilage ./E den Betrag von S 523.845,30 samt 7,86 % p.a. Zinsen seit 13. 10. 1987,
sohin zusammen S 2,911.221,81 s.A.
2. Die Herren ... (der Geschäftsführer und die beiden Gesellschafter) ... anerkennen den aufrechten Bestand der in Punkt 1.1. und 1.2. beschriebenen Verbindlichkeiten und zwar dem Grunde und der Höhe nach und erklären, diesen Verbindlichkeiten als persönliche, unmittelbare und direkte Mitschuldner beizutreten und in deren ungeteilte Zahlungspflicht zu übernehmen.
3. Die beklagte Partei sowie ... (der Geschäftsführer und die beiden Gesellschafter) ... verpflichten sich nunmehr zur ungeteilten Hand, der klagenden Partei nachstehende Beträge bei sonstiger Zwangsfolge binnen 14 Tagen zu bezahlen:
3.1. S 2,387.376,51 samt 7,86 % p.a. Zinsen aus S 2,391.737,31 vom 20. 6. 1997 bis 20. 8. 1997 und aus S 2,387.376,51 seit 21. 8. 1997; ferner
3.2. den Betrag von S 523.845,30 laut der einen integrierenden Vergleichsbestandteil bildenden OP-Liste Beilage ./E samt 7,86 % p.a. Zinsen seit 13. 10. 1997; sowie
3.3. die mit S 100.367,71 verglichenen Prozeßkosten (darin enthalten S 9.966,28 USt sowie S 40.570,-- an Barauslagen).
4. Von dieser im Punkt 3. genannten Zahlungsverpflichtung können sich die beklagten Parteien sowie die Herren ... (der Geschäftsführer und die beiden Gesellschafter) ... durch Bezahlung eines Betrages von S 2,600.000,- (zweimillionensechs- hunderttausend Schilling) befreien, wobei die Bezahlung auf nachstehende Weise zu erfolgen hat:
4.1. Bis 31. 12. 1997 ist eine Teilzahlung von S 200.000,- (zweihunderttausend Schilling) abzugsfrei zu leisten; ferner
4.2. mit Wirkung ab 20. 1. 1998 sind monatliche Teilzahlungen per S 50.000,-- (fünfzigtausend Schilling) fällig bis zum 20. eines jeden Monats im vorhinein bei fünftägigem Respiro abzugsfrei zu leisten.
4.3. Sämtliche Teilzahlungen sind ausnahmslos auf das Konto der klagenden Partei bei ... einzuzahlen.
4.4. Diese Befreiungsmöglichkeit steht unter Terminsverlust. Für den Fall eines auch nur teilweisen Zahlungsverzugs tritt die Befreiungsmöglichkeit außer Kraft und leben die im Punkt 3. genannten Zahlungsverpflichtungen vollinhaltlich auf. Im Falle des Zahlungsverzugs ist die klagende Partei zur exekutiven Geltendmachung dieser Zahlungsverpflichtungen berechtigt.
5. Auf Dauer der fristgerechten und vollständigen Erfüllung der in diesem Vergleich festgehaltenen Zahlungsverpflichtungen durch die beklagte Partei bzw die Herren ... (der Geschäftsführer und die beiden Gesellschafter) ... erklärt die klagende Partei, von den in den Verfahren ... Landesgericht Wiener Neustadt und ... Landesgericht Wiener Neustadt erwirkten Wechselzahungsaufträgen keinen gerichtlichen, insbesondere keinen exekutiven Gebrauch zu machen und allfällige noch laufende Exekutionsverfahren vor dem Bezirksgericht Baden zur Einstellung zu bringen. Überdies erklärt die klagende Partei, die in Beilage ./E verzeichneten Forderungen, soweit sie Gegenstand dieses Vergleichs geworden sind, nicht gerichtlich geltend zu machen.
6. die mit der Errichtung und Protokollierung dieses Vergleichs verbundenen Pauschalgebühren werden - soweit diese Pauschalgebühren nicht bereits von der klagenden Partei bezahlt wurden - von der beklagten Partei und den Herren ... (der Geschäftsführer und die beiden Gesellschafter) ... zur ungeteilten Hand übernommen.
7. Dieser Vergleich erwächst in Rechtskraft, sollte er nicht mittels Schriftsatz bei Gericht einlangend bis spätestens 27. 10. 1997 von der beklagten Partei widerrufen werden."
Die Parteienvertreter beantragten je eine Ausfertigung des Vergleichs nach Eintritt dessen Rechtswirksamkeit. Für den Fall eines Vergleichswiderrufs faßte und verkündete das Gericht den Beschluß auf Schluß der Verhandlung und kündigte die Erlassung eines schriftlichen "Anerkenntnis-Urteils" an.
Der in Vollschrift abgefaßte Protokollteil enthält u. a. folgenden Wortlaut:
"Von der Beiziehung eines Schriftführers wird abgesehen und für den übrigen Teil des Protokolls ein Schallträger verwendet.
Die Parteien unterschreiben nach - Verzicht auf - Wiedergabe der Aufnahme."
Unterhalb handschriftlicher Vermerke des Richters über Ziffern, ein bestimmtes Bankkonto und Daten - so auch über die Geburtsdaten des Geschäftsführers und der beiden Gesellschafter - wurde das Protokoll vom Richter, den Parteienvertretern, dem Geschäftsführer und den beiden Gesellschaftern gefertigt. Überdies enthält das Protokoll einen Vermerk über das Erfordernis von 4 Protokollabschriften. Das später in Vollschrift übertragene Tonbandprotokoll wurde vom Richter unterfertigt. Ein Vergleichswiderruf unterblieb. Daraufhin wurden den Parteienvertretern Vergleichs- ausfertigungen und Protokollabschriften zugestellt. Der Verhandlungstermin hatte insgesamt rund 3 Stunden in Anspruch genommen. Die Prozeßparteien sowie der Geschäftsführer und die beiden Gesellschafter "hatten sich mit der Aufnahme des Verhandlungsprotokolls mittels Tonband einverstanden erklärt".
Die Kläger - der Geschäftsführer und die beiden Gesellschafter - begehrten, festzustellen, daß der gerichtliche Vergleich vom 13. Oktober 1997 ihnen gegenüber unwirksam sei; hilfsweise beantragten sie, den Vergleich insoweit für unwirksam zu erklären. Sie brachten vor, sie seien im Vorprozeß - trotz absoluten Anwaltszwangs - anwaltlich nicht vertreten gewesen. In Ermangelung einer solchen Vertretung hätten sie weder die Tragweite des Vergleichs noch seine prozessualen und materiellrechtlichen Auswirkungen erfaßt. Der Richter habe den Vergleich nicht in Vollschrift protokolliert. Sie hätten keine Protokollabschrift verlangt und eine solche auch nicht erhalten. Der Vergleich sei somit ihnen gegenüber unwirksam bzw nichtig.
Die beklagte Partei wendete ein, im Zuge des Verhandlungstermins vom 13. Oktober 1997 hätten umfangreiche Erörterungen über eine Gesamtbereinigung aller - teilweise noch gar nicht eingeklagten - Forderungen stattgefunden. Um dem Ersuchen der Gesellschaft auf Gewährung eines zumindest teilweisen Schulderlasses zu entsprechen, sei in Punkt 4. des Vergleichs eine Befreiungsmöglichkeit durch Zahlung eines bestimmten Betrags in Raten vereinbart worden. Bei Erfüllung dieser Vereinbarung hätte sich die Gesellschaft immerhin rund 311.000 S erspart. Als Gegenleistung für diesen Schulderlaß seien der Vergleichsbeitritt der Kläger und deren ungeteilte Mithaftung für den reduzierten Forderungsbetrag vereinbart worden. Der mit anwaltlich nicht vertretenen Dritten im Anwaltsprozeß geschlossene Vergleich sei wirksam, er sei ein Exekutionstitel gemäß § 1 Z 5 EO und daher gegen solche Dritte vollstreckbar.
Das Erstgericht wies das Haupt- und das Eventualbegehren ab. Nach seiner Ansicht besteht für verfahrensfremde Dritte, die einem gerichtlichen Vergleich der Prozeßparteien im Gerichtshofverfahren beitreten wollen, kein Anwaltszwang. Die Kläger seien somit durch ihren Vergleichsbeitritt gebunden. Werde über eine Verhandlung ein Tonbandprotokoll aufgenommen, so genüge die Unterschrift der Parteien auf jenem Protokollteil, der gemäß § 212a Abs 1 Satz 2 ZPO auch bei Verwendung eines Schallträgers in Vollschrift anzufertigen sei, wenn die vom Richter gefertigte Übertragung des den Vergleichswortlaut enthaltenden Teils dem Protokoll in Vollschrift als Beilage angefügt und den Parteien über deren Antrag in Abschrift zugestellt werde. Alle Vergleichsparteien hätten sich mit der Aufnahme eines Tonbandprotokolls einverstanden erklärt und den in Vollschrift angefertigen Protokollteil unterfertigt. Die Übertragung des Vergleichswortlauts in Vollschrift sei den Parteienvertretern antragsgemäß zugestellt worden. Demnach seien sämtliche Formerfordernisse eines rechtswirksamen gerichtlichen Vergleichs nach den §§ 204 ff ZPO erfüllt. Aber selbst wenn diese Regelungen auf die Kläger nicht anwendbar wären, wäre für sie nichts gewonnen, weil eine Beurteilung nach den §§ 883 ff ABGB zum gleichen Ergebnis führe. § 884 ABGB zufolge beziehe sich der Parteiwille bei einem gerichtlichen Vergleich auf die Einhaltung der Schriftform. Die Parteien seien daher im Zweifel vor Unterfertigung nicht gebunden. Bei Auslegung dieser Zweifelsregel sei auf den Parteiwillen, den Bindungswillen und den Formzweck Bedacht zu nehmen. Der Übereilungsschutz sei - wie etwa auch im Falle einer Bürgschaftsverpflichtung nach § 1346 Abs 2 ABGB - eine wesentliche Funktion des Formzwecks. Aufgrund der "faktischen Identität" der Kläger mit der im Vorprozeß geklagten Gesellschaft seien sie über alle firmeninternen Vorgänge - so auch über die wirtschaftliche Lage des Gesellschaftsunternehmens - informiert gewesen. Nachdem der Vertreter der beklagten Partei in seiner Rolle als Klagevertreter im Vorprozeß stets nachhaltig darauf hingewiesen habe, einen gerichtlichen Vergleich nur unter der Bedingung eines Beitritts der Kläger als Solidarschuldner schließen zu wollen, die Kläger die im Vorprozeß geltend gemachten Forderungen nach einer Verhandlung in der Dauer von rund 3 Stunden sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach anerkannt hätten und dem Vergleich der Prozeßparteien schließlich beigetreten seien, sei jedwede Gefährdung deren Interessen durch Übereilung auszuschließen. Ihre Behauptung, "quasi alleingelassen, im juristischen Regen gestanden" zu sein, sei kühn, berücksichtige man, daß sie mit der nicht unerfahrenen Konzipientin des Vertreters der Gesellschaft mehrmals den Verhandlungssaal zwecks Erörterung der rechtlichen und wirtschaftlichen Implikationen "unter insgesamt acht Augen" verlassen hätten. Das deklarierte Ziel und entscheidende Motiv aller Kläger für deren Vergleichsbeitritt als Solidarschuldner sei die Sicherung des wirtschaftlichen Überlebens des Gesellschaftsunternehmens gewesen. Auch der Umstand, daß der Vergleich vorerst nur bedingt abgeschlossen und von der Gesellschaft, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Drittkläger sei, nicht widerrufen worden sei, indiziere unzweifelhaft, daß die Parteien des Vorprozesses und die Kläger ihren Bindungswillen durch die Unterfertigung des Teilprotokolls noch ohne den Vergleichswortlaut dokumentiert hätten. Gerade wegen der engen Bindung zwischen den Klägern und dem Gesellschaftsunternehmen sei für erstere die Tragweite ihres Handelns erkennbar gewesen. Eine "Erhöhung des Schutzniveaus" sei demnach nicht gerechtfertigt. Im Falle eines Tonbandprotokolls genüge gemäß § 884 ABGB auch bei einem bedingt geschlossenen Vergleich die Unterschrift unter dem Teilprotokoll in Vollschrift, wenn die Übertragung des Vergleichswortlauts dem Protokoll angefügt und den Parteien antragsgemäß eine Protokollabschrift zugestellt worden sei. Der gerichtliche Vergleich vom 13. Oktober 1997 sei somit auch im Verhältnis zu den Klägern wirksam und gegen sie vollstreckbar.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige, ließ die ordentliche Revision zu und erwog in rechtlicher Hinsicht, der Oberste Gerichtshof habe in der Entscheidung SZ 56/98 unter Bezugnahme auf Vorjudikatur ausgesprochen, daß für einen prozeßfremden Dritten, der einem Prozeßvergleich beitrete, kein Anwaltszwang bestehe. Nach deren Sachverhalt habe eine im Gerichtshofprozeß zur Verhandlung geladene Zeugin einen gerichtlichen Vergleich mit den Verfahrensparteien geschlossen. Dieser Sachverhalt gleiche dem im Anlaßfall. Die Kläger hätten daher dem Vergleich der Verfahrensparteien im Vorprozeß auch ohne anwaltliche Vertretung wirksam beitreten können..
Für den Abschluß eines gerichtlichen Vergleichs werde eine Schriftformvereinbarung im Zweifel vermutet. Danach seien die Parteien vor Erfüllung dieser Form nicht gebunden. Im Vorprozeß hätten sich nicht nur die Verfahrensparteien, sondern auch die nunmehrigen Kläger mit der Aufnahme eines Tonbandprotokolls einverstanden erklärt und den auch bei Verwendung eines Schallträgers in Vollschrift anzulegenden Protokollteil unterschrieben. Da jedoch die Kläger weder eine Protokolls- noch eine Vergleichsabschrift begehrt hätten, sei zu klären, von welchen allfälligen weiteren Umständen sie ihre Bindung an den Vergleich hätten abhängig machen wollen. Ein bloßer Vorwand, die Gegenseite zum Vergleichsschluß zu bewegen, um einen solchen Vergleich dann auf die Prozeßparteien zu "reduzieren", könne den Klägern nicht unterstellt werden. Ein Vergleich nur im Verhältnis der Verfahrensparteien wäre jedoch im Vorprozeß vermutlich gar nicht bzw nur unter ungünstigeren Bedingungen für die Gesellschaft zustande gekommen. Schon daraus sei abzuleiten, daß die Kläger ihren Bindungswillen bereits durch Unterfertigung des in Vollschrift aufgenommenen Protokollteils zum Ausdruck gebracht hätten. Daß die Unterschrift der Prozeßparteien dort als Vollendung der für den gerichtlichen Vergleich vereinbarten Schriftform zu qualifizieren sei, habe der Oberste Gerichtshof bereits mehrmals ausgesprochen (3 Ob 64/90; SZ 59/170; EFSlg 52.165/5). Wenngleich die Kläger nicht Parteien des Vorprozesses gewesen seien, sei der Vergleich dennoch in einer Verhandlung geschlossen worden. Es würden aber auch für außerhalb einer Verhandlung aufgenomme Protokolle - demzufolge auch für solche über prätorische Vergleiche analog § 433 ZPO - die Bestimmungen der §§ 209 bis 215 ZPO (§ 216 Abs 2 ZPO) gelten.
Der gerichtliche Vergleich in einer Tagsatzung müsse im Falle eines einverständlich aufgenommenen Tonbandprotokolls nicht in Vollschrift festgehalten werden (§ 212a Abs 1 ZPO). Der auf Schallträger aufgezeichnete Protokollteil sei vielmehr in Vollschrift zu übertragen, vom Richter zu fertigen und dem Protokoll als Beilage anzufügen (§ 212 Abs 5 in Verbindung mit § 212a Abs 2 ZPO). Die Übertragung in Vollschrift gemäß § 212 Abs 5 ZPO entfalle, wenn die Rechtssache in der Tagsatzung durch Vergleich erledigt und keine Protokollabschrift begehrt werde. Dann sei der Vergleich in Vollschrift zu protokollieren (§ 212 Abs 6 in Verbindung mit § 212a Abs 2 ZPO). Die Wortfolge "in solchem Falle" belege eindeutig, daß die Protokollierung in Vollschrift durch den zweiten Satz nur angeordnet werde, wenn keine Protokollabschrift begehrt worden sei; andernfalls wäre diese Wendung sinnlos bzw hätte als Gesetzeswortlaut "in jedem Falle" Verwendung finden müssen. Somit sei ein Vergleich nur dann in Vollschrift zu protokollieren, wenn dessen Übertragung in Vollschrift entfalle (6 Ob 2285/96i; SZ 59/170; EFSlg 52.165/5). Im Vorprozeß sei die Vergleichsprotokollierung in Vollschrift deshalb nicht erforderlich gewesen, weil - wenn auch nicht von den Klägern als Prozeßfremde - Protokollabschriften begehrt worden seien und der bedingt geschlossene Vergleich nicht prozeßbeendend gewirkt habe (so 6 Ob 2285/96i). Selbst wenn aber der Vergleich in Hinsicht auf die Kläger als solcher außerhalb einer Verhandlung zu qualifizieren wäre, wäre für deren Prozeßstandpunkt nichts gewonnen, weil § 212 Abs 6 ZPO, wonach die Übertragung in Vollschrift entfalle, wenn die Rechtssache durch Vergleich, Zurücknahme der Klage oder Anerkenntnisurteil bei der Tagsatzung erledigt und keine Protokollabschrift begehrt werde, auf prätorische Vergleiche nicht anwendbar sei, werde doch durch einen solchen Vergleich kein Rechtsstreit beendet. Maßgeblich sei daher nur § 212 Abs 5 ZPO, wonach eine Übertragung in Vollschrift anzufertigen, vom Richter zu fertigen und dem Protokoll als Beilage anzufügen sei.
Daraus folge, daß die Unterschrift der Kläger auf dem in Vollschrift aufgenommenen Protokollteil die für den gerichtlichen Vergleich vereinbarte Schriftform vollendet und die konkrete Protokollierung den Bestimmungen der Zivilprozeßordnung entsprochen habe. Der Vergleich sei demnach ein Exekutionstitel nach § 1 Z 5 EO. Soweit das Klagebegehren auch auf die Feststellung bzw Unwirksamerklärung des materiellrechtlichen Vergleichs abziele, fehle es an ausreichenden Behauptungen. Nicht erörtert werden müsse, ob nur ein Teil des Vergleichs für rechtsunwirksam erklärt werden und der Rest, der nach den Behauptungen der beklagten Partei ohne einen Beitritt der Kläger so nicht geschlossen worden wäre, aufrecht bleiben könne. Das Erstgericht habe daher das Haupt- und das Eventualbegehren ohne Rechtsirrtum abgewiesen. Die ordentliche Revision sei in Ermangelung einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den Formvorschriften eines gerichtlichen Vergleichs mit einem prozeßfremden Dritten zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.
1. Die Kläger halten der Entscheidung SZ 56/98 entgegen, deren Begründung, daß sich ein verfahrensfremder Dritter, der sich an einem gerichtlichen Vergleich als Vertragspartei beteiligt habe, einerseits überhaupt nicht hätte vergleichen müssen und andererseits selbst hätte überlegen können, ob er einen Vergleich allein oder nur mit Unterstützung durch einen Rechtsanwalt schließen wolle, gehe "an der Realität und der besonderen Drucksituation einer Gerichtsverhandlung völlig vorbei". Ihnen seien ohne anwaltliche Vertretung "weder die Tragweite des Vergleiches noch dessen prozessualen und materiell-rechtlichen Auswirkungen klar" gewesen.
Dem ist zu erwidern, daß die Kläger einerseits keine konkreten Tatsachen behaupteten, die einer Vergleichsanfechtung aufgrund von Willensmängeln als taugliche Grundlage dienen könnten, und andererseits für sie im Anlaßfall aber auch die Vergleichstragweite - Begründung einer persönlichen Solidarhaftung für Gesellschaftsschulden durch Schuldbeitritt bei Vollstreckbarkeit dieser Verbindlichkeit in deren Vermögen - ohne besondere Mühe und spezifische juristische Kenntnisse unschwer erfaßbar war, weil diese Wirkungen unmißverständlich bereits aus dem Vergleichswortlaut hervorgehen. Daß sich die als Zeugen geladenen Gesellschafter "plötzlich ... in Vergleichsgespräche" involviert gefunden hätten, bei denen ihnen "von Klagsseite" für den Fall des Unterbleibens einer "Gesamtbereinigung" eine "Klage in Aussicht gestellt" worden sei, kann weder den Feststellungen noch dem Protokoll über den Verhandlungstermin vom 13. Oktober 1997 im Vorprozeß entnommen werden. Legt man den Maßstab der Kläger an, den sie der Geltendmachung des Revisionsgrunds der Aktenwidrigkeit zugrundelegen, so fehlt es an jedem Beleg für die von ihnen beklagte "Streßsituation in einer Gerichtsverhandlung". Nach den allein maßgeblichen Feststellungen kann somit gar nicht unterstellt werden, daß auf die Kläger im Zuge der Vergleichsverhandlungen durch Klageandrohung ein gewisser psychologischer Druck ausgeübt worden sei.
1. 1. Der erkennende Senat hält jedoch auch unabhängig von den Umständen dieses Einzelfalls an den Grundsätzen der Entscheidung SZ 56/98 fest, weil geschäftsfähige Personen - trotz eines von einer Prozeßpartei durch die Behauptung von Ansprüchen im Verhandlungsverlauf allenfalls ausgeübten psychologischen Drucks - dennoch frei und eigenverantwortlich darüber entscheiden können, ob sie als Prozeßfremde einen gerichtlichen Vergleich ohne vorherige rechtsanwaltliche Beratung etwa durch Übernahme einer Verbindlichkeit der anderen Prozeßpartei als Solidarschuldner schließen sollten und auch wollten. Allein der organisatorische Rahmen einer Gerichtsverhandlung verändert die Entscheidungsoptionen solcher Personen nicht, den gegen sie behaupteten Ansprüchen entweder eine vertragliche Grundlage zu verschaffen oder deren Herbeiführung - mangels vorheriger anwaltlicher Beratung - (zumindest derzeit) abzulehnen, haben sie doch außerhalb einer Gerichtsverhandlung als Voraussetzung ihrer privatautonomen Entscheidung - unter sonst gleichen Umständen - demselben psychologischen Druck standzuhalten und die gleichen Erwägungen anzustellen.
2. Im angefochtenen Urteil wurden die auf die Frage der Erfüllung der Schriftform bezogenen Prämissen eines wirksamen gerichtlichen Vergleichs im Verhältnis der Prozeßparteien untereinander und dieser zu Verfahrensfremden für den Fall der Aufnahme eines Tonbandprotokolls - unter Berufung auf Vorentscheidungen des Obersten Gerichtshofs - in den Grundzügen zutreffend dargelegt. Insofern genügt gemäß § 510 Abs 3 ZPO ein Hinweis auf dessen Richtigkeit.
Ergänzend zu erörtern ist nur, unter welchen näheren Voraussetzungen die auf Prozeßparteien anwendbaren Grundsätze der Wirksamkeit eines gerichtlichen Vergleichs auch für prozeßfremde Dritte gelten, die einem solchen im Rahmen einer Gerichtsverhandlung als Vertragsparteien beitreten.
3. Nach Ansicht der Kläger könne für sie "die prozeßrechtliche Seite mit den dafür vorgesehenen Bestimmungen" als prozeßfremde Dritte "nicht zum Tragen kommen". Die bloße Unterschrift auf dem Deckblatt zum Tonbandprotokoll könne gegen Personen, die nicht Prozeßparteien seien, keine Rechtswirkungen entfalten, weil die Protokollierungsvorschriften der Zivilprozeßordnung wegen ihres rein verfahrensrechtlichen Charakters "nur im Verhältnis zwischen Gericht und Parteien" von Bedeutung seien. Sie hätten dagegen den Vergleichswortlaut nicht unterfertigt, ferner keine Protokollabschrift begehrt und eine solche auch nicht erhalten, sodaß es an der Vollendung der vereinbarten Schriftform im Verhältnis zu ihnen jedenfalls mangle.
Diesem Begründungsversuch ist aus nachstehenden Gründen nicht beizutreten:
Entschließt sich ein prozeßfremder Dritter, sich an einem gerichtlichen Vergleich der Prozeßparteien als Vertragspartei zu beteiligen, erklärt er sich - wie im Anlaßfall - mit der Aufnahme eines Tonbandprotokolls einverstanden und bekräftigt er dieses Einverständnis mit seiner Unterschrift unter dem ohne den Vergleichswortlaut in Vollschrift aufgenommenen Teil eines Tonbandprotokolls, so unterwirft er sich in der Frage der Einhaltung der Schriftform als konstitutive Grundlage einer gewillkürten Vergleichsbindung den im Verhältnis der Prozeßparteien maßgeblichen Verfahrensvorschriften, kann er doch als weitere vertragschließende Partei im Rahmen privatautonomer Gestaltung der Rechtsbeziehungen zu den Prozeßparteien gemäß § 884 ABGB auch solche Prämissen für die Vollendung der Schriftform vereinbaren, die dafür nach prozessualen Regelungen genügen. Insofern ersetzt also die gerichtliche Vergleichsbeurkundung nach den Regeln des im Verhältnis der Verfahrensparteien anwendbaren Prozeßrechts zufolge § 886 Satz 2 ABGB gleichzeitig das gegenüber einem prozeßfremden Dritten nach allgemeinen Privatrechtsregeln strengere Erfordernis der Schriftlichkeit durch eigenhändige Fertigung des bereits in Vollschrift beurkundeten Vertragswortlauts (zu letzterem Apathy in Schwimann, ABGB2 Rz 1 zu § 886; Rummel in Rummel, ABGB2 Rz 1 zu § 886). Dieser Gesichtspunkt - Parteienverzicht auf die Protokollierung des Vergleichswortlauts in Vollschrift vor Unterfertigung - wird bereits in der Entscheidung SZ 58/151 als mögliche Ausnahme zur dort erörterten, jedoch in der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (6 Ob 112/99k; 6 Ob 2285/96i; SZ 67/183; SZ 59/170; EFSlg 52.165/5) nicht mehr aufrechterhaltenen Rechtsansicht zur Erfüllung der Schriftform nach Regeln des Prozeßrechts in deren Überschneidungsbereich mit solchen des allgemeinen Privatrechts erwähnt.
3. 1. Die Einbindung eines prozeßfremden Dritten in den gerichtlichen Vergleich der Verfahrensparteien stützt sich vor dem Hintergrund der Entscheidung SZ 56/98 insbesondere auch auf eine analoge Anwendung des § 433 ZPO, weil sich der Vergleichsgegenstand nicht im Streitgegenstand erschöpft, sondern darüberhinaus (noch) nicht prozeßverfangene Rechtsbeziehungen eines solchen Dritten zu den Verfahrensparteien betrifft. Insofern wird dort im Einklang mit Gedanken, die der späteren Entscheidung SZ 67/183 über einen Scheidungsfolgenvergleich - wenngleich nicht in Hinsicht auf einen verfahrensfremden Dritten - zugrundeliegen, das Fehlen einer prozeßbeendenden Vergleichswirkung hervorgehoben. In jedem derartigen Fall - so auch bei dem insofern einem prätorischen Vergleich rechtsähnlichen Vergleich der Verfahrensparteien mit einem prozeßfremden Dritten - muß aber für die Frage der Wirksamkeit eines gerichtlichen Vergleichs die Übertragung des den Vergleichswortlaut enthaltenden Tonbandprotokolls in Vollschrift samt dessen Unterfertigung durch den Richter genügen, wenn die Vertragsparteien den in Vollschrift aufgenommenen Protokollteil eines sonst durch Schallträger aufgezeichneten Protokolls - wie hier - unterschreiben und sich der verfahrensfremde Dritte nach den unter 3. erörterten privatautonomen Gesichtspunkten für die Erfüllung einer gewillkürten Schriftform rein prozessualen Erfordernissen unterwirft. In dieser Hinsicht bedarf es aber - auf dem Boden der grundsätzlichen Erwägungen der Entscheidung SZ 67/183 zum nicht prozeßbeendenden gerichtlichen Vergleich - auch keines Verlangens des verfahrensfremden Dritten nach Übermittlung einer Protokollabschrift, um damit erst die gewillkürte Schriftform für einen solchen gerichtlichen Vergleich, der in seiner Funktion gegenüber dem verfahrensfremden Dritten keine prozeßbeendende Wirkung haben kann, nach prozessualen Regeln des Tonbandprotokolls bewirken zu können.
Zusammenfassend ist demnach festzuhalten, daß die Erfordernisse der gewillkürten Schriftform nach dispositiven Regeln des allgemeinen Privatrechts auf die rein prozessualen Anforderungen an die Vollendung dieser Form bei Abschluß eines gerichtlichen Vergleichs reduziert werden, wenn sich der verfahrensfremde Dritte in privatautonomer Gestaltung seiner Rechtsbeziehungen solchen Schriftformerfordernissen unterwirft.
3. 2. Aus den Erwägungen unter 3. und 3. 1. ist für die Entscheidung des Anlaßfalls zweierlei abzuleiten: Einerseits wäre es im Vorprozeß an den Klägern gelegen, ihre Bindung an einen gerichtlichen Vergleich - entgegen der tatsächlich bewirkten Harmonisierung privat- und prozeßrechtlicher Gesichtspunkte - von der Erfüllung eines strengeren Erfordernisses für die gewillkürte Schriftform, also von der vollständigen Beurkundung des Vergleichswortlauts in Vollschrift vor dessen Unterfertigung, abhängig zu machen und den Vergleichsabschluß mangels Erfüllung einer solchen Voraussetzung zu unterlassen, andererseits ist der Umstand, daß die Kläger keine Protokollabschrift verlangten, für die Beurteilung der Vollendung der Schriftform nicht von Bedeutung. Der hier zu beurteilende gerichtliche Vergleich stellt daher auch im Verhältnis zu den Klägern einen Exekutionstitel gemäß § 1 Z 5 EO dar.
4. Die von den Klägern behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und die geltend gemachte Aktenwidrigkeit liegen nicht vor, was gemäß § 510 Abs 3 ZPO keiner weiteren Begründung bedarf. Angemerkt sei bloß, daß die Motive der Kläger, die ihre Beteiligung an dem gerichtlichen Vergleich im Vorprozeß bewirkt haben mögen, keinen Einfluß auf dessen auch sie bindenden Rechtswirkungen haben.
5. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 41 und § 50 Abs 1 ZPO.
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