Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Klägerin ist Landeslehrerin an einer Grazer Hauptschule. Ihr den Klagegrund bildender Sturz mit Verletzungsfolgen ereignete sich am 4. 3. 2005 um ungefähr 10 Uhr 15 auf dem Areal jener Schule im Bereich deren Innenhofs.
Das Erstgericht erkannte mit „Teil-Zwischenurteil", dass das auf den Titel des Schadenersatzes gestützte Leistungsbegehren der Klägerin von 23.499 EUR sA (ON 8 S. 1) dem Grunde nach zu Recht bestehe. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und ließ die ordentliche Revision nicht zu. Die Entscheidung hänge nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO ab. Die außerordentliche Revision der beklagten Partei ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
1. Normzweck
Die Vorinstanzen beurteilten § 24 Steiermärkisches Pflichtschulerhaltungsgesetz 2004 - (StPEG 2004, LGBl 2004/71) als Schutznorm, nach deren Zweck jedenfalls auch Lehrern ein sicherer und gefahrloser Zugang zur Schule ermöglicht werden solle, sind doch für den Schutz der Gesundheit von Landeslehrern auch Landesgesetze über die Schulerhaltung maßgebend (Novak, Sicherheit und Gesundheitsschutz in Dienststellen des Bundes, der Länder und Gemeinden, ASoK 2001, 92 [93 FN 6]). Dieses Ergebnis stützt im Besonderen auch der in den Urteilen der Vorinstanzen nicht erörterte Umstand, dass das Steiermärkische Bedienstetenschutzgesetz 2000 (St.- BSG) gemäß dessen § 1 Abs 2 Z 1 für Lehrer an öffentlichen Pflichtschulen nicht gilt. Ob im Weg über Regelungen des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes - (LDG 1984, BGBl 302 idgF [§§ 1, 111, 112, 113]) und des auf Landeslehrer in bestimmten Abschnitten anwendbaren Bundesbedienstetenschutzgesetzes (B-BSG BGBl I 1999/70 idgF) allenfalls auch eine andere Gebietskörperschaft als die beklagte Partei für Schadenersatzansprüche der Klägerin passiv legitimiert sein könnte, ist hier nicht zu beurteilen. Die beklagte Partei befasst sich mit solchen Fragen in ihrem Rechtsmittel auch nicht, sondern verficht zur Gesetzesauslegung bloß den Standpunkt, § 24 StPEG 2004 bezwecke lediglich die „Erhaltung des Schulgebäudes sowie der Schulliegenschaften an sich", weil sich im Kontext mit § 1 StPEG 2004 ergebe, dass nur „die erforderliche Infrastruktur, nämlich Schulgebäude, Einrichtung, Lehrpersonal etc." bereitgestellt werden solle, "um den schulpflichtigen Personen in der Steiermark eine qualitativ hochwertige Ausbildung zu ermöglichen". Wie indes dieses Ziel erreicht werden kann, ohne dass sich die Schulliegenschaft - so insbesondere auch im Bereich von Wegen - in einem sicheren, die körperliche Unversehrtheit von Schülern und Lehrern nicht gefährdenden Zustand befindet, bleibt nach den Rechtsmittelausführungen im Dunkeln. Wie nachgerade auf der Hand liegt, dient § 24 StPEG 2004 vielmehr eindeutig dem von der beklagten Partei selbst ganz allgemein ins Treffen geführten Gesetzeszweck, der die Gewährleistung der körperlichen Unversehrtheit von Schülern und Lehrern durch eine ordnungsgemäße Instandhaltung der Schulliegenschaft im zumutbaren Rahmen voraussetzt. Andernfalls wäre die „Erhaltung von Pflichtschulen, die Bereitstellung und Instandhaltung der Schulgebäude und der übrigen Schulliegenschaften" im Sinn des § 24 StPEG 2004 als Selbstzweck aufzufassen. Dass ein solches Auslegungsergebnis ausscheidet, bedarf wohl keiner näheren Begründung.
2. Schulliegenschaften
Die beklagte Partei will unter „übrigen Schulliegenschaften" nach § 24 StPEG 2004 nur Flächen verstehen, „die dem Unterricht dienen, wie insbesondere die Fußball- oder sonstigen Sportplätze". Allerdings kann nicht ernsthaft zweifelhaft sein, dass der Innenhof einer Schule aus dem vom Gesetzgeber in § 24 StPEG 2004 verwendeten Begriff „übrigen Schulliegenschaften" nicht auszuklammern ist, weil ein solcher Hof etwa auch dem Zugang zur Schule, dem (vorübergehenden) Aufenthalt von Schülern und Lehrern auf dieser Grundfläche, dem Erreichen schuleigener Sportplätze und dem Verlassen der Schule dient. Entspräche die Ansicht der beklagten Partei der Rechtslage, so hätte sie dort, wo sich der Sturz der Klägerin ereignete, keinerlei Instandhaltungspflichten. Ein solches Auslegungsergebnis kommt gleichfalls nicht in Betracht.
3. Verschulden
Nach den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen schob der Schulwart am 4. 3. 2005 gegen 7 Uhr den weiteren Neuschnee auf der Schulliegenschaft von etwa 2 cm (auch) im Bereich des späteren Sturzes der Klägerin im Verlauf seines zweiten Arbeitsgangs nur mehr „oberflächlich" beiseite, indem er bei der Räumung den „Schild des Räumtraktors nicht zur Gänze" abgesenkt hatte. Es unterblieb ferner eine weitere Splittstreuung. Jedenfalls war es dort „nach der letzten Tätigkeit" des Schulwarts „glatt und rutschig". Die Klägerin trug an diesem Tag „Winterstiefel". Sie hatte bereits um 7 Uhr 15, als sie in die Schule gekommen war, bemerkt, „dass der Schnee auf der Zufahrtstraße bzw dem Innenhofareal sehr glatt war". Zwischen 7 und 9 Uhr des 4. 3. 2005 fiel nochmals „weniger als 1 cm" Neuschnee. Weitere Räum- oder Streumaßnahmen erfolgten nicht mehr, weil der Schulwart das Schulgelände gegen 8 Uhr verlassen hatte und erst nach dem Sturz der Klägerin zurückkehrte. Angesichts solcher Tatsachen ist nicht zu erkennen, dass die Vorinstanzen die im Anlassfall aufgeworfenen Verschuldensfragen gravierend unrichtig gelöst hätten. Auf die Revisionsausführungen zur Frage nach einem allfälligen Mitverschulden der Klägerin ist bloß zu entgegnen, dass deren Wissen um die Schneeglätte um 7 Uhr 15 nicht eine unachtsame Gehweise um 10 Uhr 15 als Sturzursache indiziert. Dass sie der Sturzstelle über eine einigermaßen sicher begehbare Grundfläche hätte ausweichen können, ist dem maßgebenden Sachverhalt nicht zu entnehmen. Stark rutschige Bodenflächen können ferner durch einen dünnen Neuschneefilm ohne weiteres überdeckt werden.
4. Erhebliche Rechtsfrage
Obgleich es zu den unter 1. und 2. erörterten Fragen an einer Praxis des Obersten Gerichtshofs mangelt, hängt die Entscheidung insoweit nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO ab, ist doch, wie zuvor ausgeführt wurde, nur die im angefochtenen Urteil vorgenommene Gesetzesauslegung ernsthaft in Betracht zu ziehen (Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 502 ZPO Rz 47 mN aus der Rsp). Auch die Lösung von Verschuldensfragen wirft nur dann eine erhebliche Rechtsfrage auf, wenn dem Berufungsgericht eine gravierende Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (Zechner aaO § 502 ZPO Rz 82 mN aus der Rsp). Das ist hier jedoch nicht der Fall.
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