OGH 1Ob2111/96i

OGH1Ob2111/96i25.6.1996

Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Herbert Walter U*****, vertreten durch Dr.Grosch & Partner, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wider die beklagte Partei und Gegner der gefährdeten Partei Roberto H*****, vertreten durch Dr.Heinrich Schmiedt, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wegen Einwilligung zur Einverleibung von Eigentumsrechten (Streitwert S 1,000.000,--) infolge Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 20.März 1996, GZ 3 R 5/96-12, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 6.Dezember 1995, GZ 9 Cg 255/95-5, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der rekursgerichtliche Beschluß, der im übrigen Umfang als nicht in Beschwerde gezogen unberührt bleibt bzw bestätigt wird, wird in seinem abweislichen Teil (grundbücherliche Anmerkung des Belastungs- und Veräußerungsverbots) dahin abgeändert, daß dieser Teil zu lauten hat:

"Das Bezirksgericht Kitzbühel als Grundbuchsgericht hat dieses Verbot im Lastenblatt der oben bezeichneten Einlagen anzumerken und im Eigentumsblatt ersichtlich zu machen."

Die klagende und gefährdete Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der am 23.11.1906 geborene Walter H***** ist nach dem Buchstand Eigentümer von drei Fünftelanteilen an den Liegenschaften EZ 128 und EZ 433 Grundbuch K*****. Er ist am 7.9.1990 unter Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung gestorben. In diesem Kodizill ordnete er unter anderem folgendes an:

"... 3. An den Liegenschaften, die meine Erben aufgrund dieser meiner letztwilligen Verfügungen gemeinsam besitzen werden, sind für meinen Sohn Roberto Carlo H***** und meine Ehefrau Rina H***** in dieser Reihenfolge/Rangfolge Vorrechte für jede Art entgeltlicher oder unentgeltlicher Besitzübertragung, sowie Verpachtung oder Vermietung für mehr als zehn Jahre (also Vorkaufs-, Vorschenks-, Vortausch-, Vorpachts-, Vormietrecht) grundbücherlich einzutragen. Für meinen außerehelichen Sohn Herbert Walter U***** gilt dies ebenfalls für sich und seine Kinder im Range nach meinem Sohn Roberto Carlo und meiner Frau Rina H*****, jedoch vor meinem Neffen Peter K*****. Derzeit bestehende Pacht- und Mietverträge gelten unbeschadet weiter. Betreffend die Liegenschaften/Grundbuchskörper, an deren Besitz mein Neffe Mag.Peter K***** zusammen mit Roberto Carlo und Rina H***** sowie ohne oder mit Herbert Walter U***** beteiligt ist, sollen auch ihm, Mag.Peter K*****, nachrangig zu meinen anderen Erben diese Rechte eingeräumt werden unter der Voraussetzung, daß er seinerseits die gleichen Rechte betreffend alle seine Anteile am gemeinsamen Besitz zugunsten Roberto Carlo H*****, Rina H***** und Herbert Walter U***** einräumt und eintragen läßt ...".

Im Punkt 6 des Kodizills verfügte der Erblasser, im Falle, daß die Erben diverse, im einzelnen taxativ aufgezählte Liegenschaften - darunter auch die EZ 128, 433 und 140 KG K***** - verkaufen, werde seinem unehelichen Sohn Herbert Walter U***** das unter Punkt 3 des Kodizills statuierte Vorkaufs- oder Vorerwerbsrecht zu einem bis zu 50 % verminderten Kaufpreis eingeräumt. Für den Fall, daß Herbert Walter U***** von diesem Recht keinen Gebrauch mache, hätten die verkaufenden Erben die Hälfte des erzielten Nettowertes an ihn oder seine Rechtsnachfolger zu bezahlen. Die Zahlungsverpflichtungen seiner Erben gegenüber Herbert Walter U***** und dessen Rechtsnachfolger verminderten sich nach Ablauf eines jeden Jahres nach seinem Tode von anfänglich 50 % jährlich um 3 1/3 %.

Im Zuge des Abhandlungsverfahrens schlossen Rina und Roberto H***** sowie Mag.Peter K***** ein Erbteilungsübereinkommen, in welchem sie in teilweiser Abänderung der letztwilligen Anordnung vereinbarten, daß der eheliche Sohn Roberto Carlo H***** die drei Fünftelanteile des Erblassers an den Liegenschaften EZ 128 und 433 und von der Liegenschaft EZ 140 er fünf Sechstel- sowie die Witwe Rina H***** den restlichen Sechstelanteil übernehmen. Der Nachlaß wurde dem Beklagten gegen Entrichtung der angeordneten Vermächtnisse und unter Hinweis auf das Erbteilungsübereinkommen rechtskräftig eingeantwortet.

Der Kläger begehrte vom Beklagten die Einwilligung in die Einverleibung seines Eigentumsrechts auf den drei Fünftelanteilen des Erblassers an den EZ 128 und 433 KG K*****. Der Beklagte sei im Wege der Einantwortung Eigentümer der genannten Liegenschaftsanteile geworden. Bereits vor der Einantwortung habe er als erbserklärter Erbe und alleiniger Vertreter der Verlassenschaft wesentliche Teile der EZ 140 KG K***** und die drei Fünftelanteile an den Liegenschaften EZ 128 und 433 samt einem damit verbundenen Unternehmen verkauft. Laut Kaufvertrag hätten die Käufer der Liegenschaftsanteile hiefür S 7,150.000,-- bar zu bezahlen und die mit dem Gewerbebetrieb verbundenen Verbindlichkeiten von etwa 52 Mio S, soweit sie nicht ohnedies die Übernehmer beträfen, zu übernehmen. Tatsächlich sei nur ein Barbetrag von 4,5 Mio S zu entrichten gewesen. Dem Kläger stünden aufgrund des oben genannten Kodizills "Vorrechte" für jede Art entgeltlicher oder unentgeltlicher Besitzübertragung zu. Darüber hinaus habe der Verstorbene verfügt, daß der Kläger bei Veräußerung der Liegenschaften nach seiner Wahl bis zu 50 % des Werts der veräußerten Güter zu erhalten habe oder diese zu einem bis zu 50 % reduzierten Preis erwerben könne. Der Kläger habe das ihm zustehende Wahlrecht ausgeübt. Für die der EZ 140 KG K***** habe er 40 % des Veräußerungserlöses (S 1,840.000,--) begehrt, in Ansehung der Liegenschaften EZ 128 und 433 KG K***** habe er von seinem Aufgriffsrecht Gebrauch gemacht. Ausgehend von dem zu entrichtenden Barbetrag von 4,5 Mio S habe der Kläger dem Kodizill entsprechend 2,7 Mio S zu bezahlen. Die vom Beklagten für die Zeit zwischen dem Todestag und dem Veräußerungszeitpunkt aufgeschlagenen Schulden seien nicht zu veranschlagen; der Kläger könne sich bei Berechnung des Aufgriffspreises am Verkehrswert der veräußerten Güter orientieren. Der Beklagte habe zu Lasten der mit 52 Mio S bezifferten Verbindlichkeiten ungerechtfertigte Entnahmen, die er zurückzuzahlen habe, getätigt, sodaß der Kläger letztlich im Aufgriffsweg keine Zahlung zu leisten habe.

Erst nach Überreichung der Klage beantragte der Kläger eine einstweilige Verfügung, mit der dem Beklagten zur Sicherung des Anspruchs des Klägers auf Einverleibung dessen Eigentumsrechts auf den drei Fünftelanteilen des Erblassers an den Liegenschaften EZ 128 und 433 KG K***** die Belastung und Veräußerung dieser Liegenschaftsanteile verboten werde. Mit Schreiben vom 23.6.1995 habe er von seinem Aufgriffsrecht Gebrauch gemacht. Es bestehe die Gefahr, daß die Verwirklichung des eingeklagten Anspruchs vereitelt oder erheblich erschwert werden könnte. Der Beklagte habe nämlich die Liegenschaftsanteile am 28.12.1993 verkauft und zur Besicherung eines von ihm aufgenommenen Darlehens von etwa 65 Mio S verpfändet.

Das Erstgericht wies diesen Sicherungsantrag ab.

Über den eingangs dargestellten Sachverhalt hinaus stellte es fest, daß eine verlassenschaftsgerichtliche Genehmigung des Vertrags, mit dem die Liegenschaftsanteile EZ 128 und EZ 433 KG K***** verkauft worden seien, nicht erfolgt sei. Der Verkauf der Liegenschaftsanteile an der EZ 140 KG K***** durch die Verlassenschaft um 4,6 Mio S sei hingegen verlassenschaftsbehördlich genehmigt worden.

Rechtlich meinte es, der Kläger stütze seinen Anspruch auf Übertragung der Miteigentumsanteile auf ein ihm angeblich zustehendes Vorkaufsrecht, das er auch ausgeübt habe. Er habe seinen Anspruch auf Übertragung der mit dem Vorkaufsrecht belasteten Liegenschaften aber nicht "wirklich eingelöst", weil dazu die Ausübungserklärung allein nicht genüge. Damit sei der Anspruch des Klägers nicht bescheinigt.

Das Rekursgericht erließ die begehrte einstweilige Verfügung, trug dem Kläger aber auf, für alle dem Beklagten durch die einstweilige Verfügung verursachten Nachteile durch gerichtlichen Erlag von 1 Mio S Sicherheit zu leisten und drohte ihm an, sollte die Sicherheit nicht binnen vier Wochen nach Rechtskraft dieses Beschlusses erlegt werden, werde die einstweilige Verfügung aufgehoben werden. Den Antrag auf grundbücherliche Anmerkung des Verbots im Lasten- und im Eigentumsblatt der Liegenschaften EZ 128 und 433 je KG K***** wies es ab. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Kläger habe für die drei Fünftelanteile an den Liegenschaften EZ 128 und EZ 433 von seinem Aufgriffsrecht entsprechend den Bestimmungen des Kodizills Gebrauch gemacht. Er habe aber nicht bescheinigt, daß er das Aufgriffsrecht "wirklich eingelöst" habe. Die bloße Ausübungserklärung ohne Anerbieten der Zahlung sei in Analogie zum Vorkaufsrecht keine wirkliche Einlösung und daher unwirksam. Er habe auch nicht bescheinigt, daß anstelle des schriftlich vereinbarten Kaufpreises von 7,15 Mio S lediglich 4,5 Mio S zu entrichten gewesen seien und daß dieser Betrag bei der Berechnung des Aufgriffs heranzuziehen sei. Weiters habe er nicht bescheinigt, daß der Beklagte ungerechtfertigt Beträge aus dem Vermögen des Unternehmens zu Lasten des Debets von etwa 52 Mio S entnommen und Einnahmen aus der Vermietung eines Gebäudes nicht verrechnet habe. Er habe auch nicht behauptet, das auf den Liegenschaften befindliche Unternehmen (den Hotelbetrieb) samt den darauf lastenden Verbindlichkeiten übernehmen zu wollen. Schließlich mangle es an einer ausreichenden Bescheinigung der behaupteten Verwendung der Liegenschaften zur Besicherung der Darlehensschulden im Betrage von etwa 65 Mio S. Mangels genügender Bescheinigung des Anspruchs sei dem Kläger eine Sicherheitsleistung im Betrage von 1 Mio S aufzuerlegen, weil mit der Provisorialmaßnahme in die Interessen des Beklagten nachhaltig eingegriffen werde. Die Bescheinigung der Gefährdung durch Veräußerung der Liegenschaftsanteile ergebe sich bereits aus dem vom Beklagten als Vertreter der Verlassenschaft nach seinem Vater abgeschlossenen Kaufvertrag vom 28.12.1993. Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung der verfügten Provisorialmaßnahme sei die Sicherheitsleistung, die selbst bei ausreichender Anspruchs- und Gefahrenbescheinigung gerechtfertigt wäre, in entsprechender Höhe zu bemessen. Der Antrag auf Anmerkung des Veräußerungs- und Belastungsverbots sei abzuweisen, weil als grundbücherlicher Eigentümer der streitverfangenen Miteigentumsanteile nach wie vor der Erblasser aufscheine. Vor Einverleibung des Eigentumsrechts des Erben seien gegen ihn bücherliche Eintragungen auf die ererbte Liegenschaft nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Klägers, der sich gegen die Auferlegung einer Sicherheitsleistung und die Abweisung des Antrags auf bücherliche Anmerkung des Verbots richtet, ist teilweise berechtigt.

1. Zur grundbücherlichen Anmerkung:

Grundsätzlich sind gemäß § 21 GBG Eintragungen nur wider den zulässig, der zur Zeit des Ansuchens als Eigentümer der Liegenschaft oder des Rechtes, in Ansehung deren die Eintragung erfolgen soll, im Grundbuch erscheint oder doch gleichzeitig als solcher einverleibt oder vorgemerkt wird. Ist aber der Erbe, dem der Nachlaß eingeantwortet wurde, noch nicht als Eigentümer einer Nachlaßliegenschaft im Grundbuch einverleibt, dann können zur Sicherung von Forderungen der Gläubiger des Erblassers und der Erbschaftsgläubiger einstweilige Verfügungen analog § 75 der 3.TN zum ABGB erlassen werden. Ein nach § 75 der 3.TN beantragtes Belastungs- und Veräußerungsverbot ist auch vom Verbot des § 21 GBG ausgenommen und nach § 384 Abs.2 EO im Grundbuch anzumerken (JBl 1987, 329; SZ 53/32; SZ 53/132; SZ 38/58; SZ 24/334). Der Umstand, daß das Eigentumsrecht des Beklagten an der betroffenen Nachlaßliegenschaft trotz rechtskräftiger Einantwortungsurkunde bisher noch nicht einverleibt ist, steht der bücherlichen Anmerkung des mit einstweiliger Verfügung bewilligten Belastungs- und Veräußerungsverbots nicht entgegen (SZ 38/58), stünde es doch andernfalls geradezu im Belieben des Erben, die Einverleibung seines Eigentumsrechtes hinauszuzögern und damit die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit von Sicherungsmaßnahmen zu unterlaufen (JBl 1987, 329; SZ 53/132).

In Stattgebung des Revisionsrekurses ist demnach auch die Anmerkung des Verbots durch das Grundbuchsgericht anzuordnen.

2. Zur Sicherheitsleistung:

Der Kläger konnte tatsächlich nicht bescheinigen, welchen Betrag er im Zuge der Ausübung seines Aufgriffsrechts aufzuwenden haben wird bzw ob er im Wege der Kompensation zu einer Geldleistung an den Beklagten nicht verpflichtet wäre. Er gesteht im Rechtsmittel selbst zu, daß ihm die Feststellung des Schätzwerts der streitverfangenen Liegenschaften derzeit gar nicht möglich sei. Die vom Kläger vertretene Auffassung, die "wirkliche Einlösung", also die Bezahlung oder ein eindeutiges Zahlungsangebot könne beim gesetzlich nicht ausdrücklich geregelten Aufgriffsrecht (SZ 58/131) anders als beim Vorkaufsrecht (§ 1075 ABGB) als Voraussetzung für dessen wirksame Ausübung nicht gefordert werden, muß bei der gegebenen Sachlage erst gar nicht geprüft werden: Unzweifelhaft stellt das erlassene Belastungs- und Veräußerungsverbot wegen des Ausmaßes des Eingriffs in die Interessen des Beklagten eine Maßnahme dar, die den Erlag einer Sicherheitsleistung selbst bei voller Anspruchsbescheinigung rechtfertigt. Durch die Sicherheitsleistung wird hier die nötige Interessenabwägung zwischen der Gefährdung des Klägers und dem Eingriff in die Rechtssphäre des Beklagten vorgenommen und ein entsprechender Ausgleich bewirkt (1 Ob 558, 1589/93; MietSlg 33.754/28; ÖBl 1974, 14 uva). Die Sicherheitsleistung ist nach freiem Ermessen zu bestimmen (1 Ob 558, 1589/93; MietSlg 33.754/28; EvBl 1967/37 uva). Eine Sicherheitsleistung kann auch nicht durch den Hinweis auf Gegenforderungen des zur Sicherheitsleistung Verpflichteten ersetzt werden, deren Bestand nicht feststeht (RZ 1954, 16). Demgemäß versagt der Hinweis des Klägers auf die von ihm behaupteten Ansprüche auf Herausgabe eines Teils der Veräußerungserlöse bestimmter Liegenschaften, zumal noch gar nicht feststeht, ob ein Verkauf dieser Liegenschaften tatsächlich stattfinden wird. Eine Überschreitung des Ermessensspielraums durch das Gericht zweiter Instanz bei der Festsetzung der Sicherheitsleistung ist nicht zu erkennen (vgl 1 Ob 558, 1589/93).

In diesem Umfang ist dem Revisionsrekurs daher ein Erfolg zu versagen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 393 Abs 1 EO.

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