European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0010OB00205.16B.1123.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.273,40 EUR (darin 378,90 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Der Kläger hatte den Plan, in Bosnien‑Herzegowina eine Tierfuttermittelfabrik zu errichten und zu betreiben und nahm mit dem Beklagten als möglichem Investor Kontakt auf. Mit einer als „Absichtserklärung“ bezeichneten notariell beglaubigten Urkunde erteilte der Beklagte dem Kläger die „Vertretungsbefugnis“, bei den „Behörden, Institutionen und Verbänden“ in Bosnien und Herzegowina, alle nötigen Unterlagen und Informationen bezüglich einer Firmengründung einzuholen. Er hielt fest, dass diese Absichtserklärung ihn in keiner Weise verpflichte, in Zukunft als Investor auftreten zu müssen; alle anfallenden Spesen und Ausgaben für das Einholen von Informationen, Vorprojekt, Projektausarbeitung, Übersetzung von Dokumenten und jegliche weiteren Ausgaben, die für die Projektausarbeitung anfallen, gingen zu Lasten des Klägers. Nachdem dieser im Zusammenhang mit dem Projekt verschiedene Ausgaben getätigt hatte – die er nun mit insgesamt 51.902 EUR beziffert –, schlossen die Parteien am 3. 11. 2010 eine schriftliche Vereinbarung, in der sich der Beklagte bereit erklärte, als „einziger Gründer“ der zu errichtenden Gesellschaft aufzutreten und einen Betrag von 1,5 Millionen EUR zur Verfügung zu stellen. Der Kläger sollte die Gesellschaft leiten und als Prokurist vertreten, aber kein fixes monatliches Einkommen erhalten. Vielmehr sollte sein Engagement vom Beklagten „adäquat am Ende jedes Geschäftsjahres nach Abschluss der Bilanz mit dem Rest des reinen Gewinneinkommens“ honoriert werden. In einer Zusatzvereinbarung vom 11. 3. 2011 wurde festgelegt, dass der Kläger für seine Tätigkeit vom Beklagten am Ende jedes Geschäftsjahres ein Drittel des „gesamten Restes des Reingewinn‑Einkommens“ erhalten werde. Solange die Voraussetzungen für die Realisierung dieser Vergütung nicht gegeben sind, werde dessen Engagement vom Beklagten mit einem monatlichen Betrag von 3.000 EUR unterstützt, welcher als Darlehen ausbezahlt wird, das vom Kläger zurückzuzahlen ist, sobald „die Voraussetzungen geschaffen werden“ und die bis dahin erhaltene Darlehenssumme aus dem Gewinnanteil des Klägers zurückgezahlt werden kann. Nachdem der Beklagte mehr als 600.000 EUR investiert hatte, erklärte er am 15. 9. 2011, den Vertrag mit dem Kläger aufzulösen und die ihm erteilten Vollmachten zu entziehen.
Der Kläger begehrte nun – soweit dies Gegenstand des Revisionsverfahrens ist – den Ersatz seiner Projektvorlaufkosten von 59.402 EUR sowie für die Monate August bis November 2011 weitere 12.000 EUR, weil der Beklagte die zugesagten „Darlehensbeträge“ von monatlich 3.000 EUR nicht geleistet habe. Aufgrund der getroffenen Vereinbarungen habe er mit größtem Einsatz an dem Projekt gearbeitet, ein Grundstück besorgt, Maschinen bestellt und das Projekt praktisch zum Abschluss gebracht; es hätte im Herbst 2011 in Betrieb gehen können. Die vom Beklagten erklärte Vertragsauflösung sei unwirksam. Er sei auch dadurch vertragsbrüchig geworden, dass er die zugesagten finanziellen Leistungen nicht weiter erbracht habe. Er habe im Vertrauen auf die Vertragszuhaltung umfangreiche Investitionen gemacht und einen finanziellen Schaden im geltend gemachten Ausmaß erlitten. Der Beklagte habe ihn schuldhaft um die Möglichkeit gebracht, in der Folge am Gewinn des Unternehmens zu einem Drittel beteiligt zu sein, womit auch die Geschäftsgrundlage entzogen worden sei. Der Beklagte habe für den dadurch entstandenen Schaden zu haften. Unter Hinweis auf zukünftige finanzielle Schäden und Nachteile erhob der Kläger auch ein (nicht revisionsgegenständliches) Feststellungsbegehren.
Der Beklagte wandte im Wesentlichen ein, das Projekt sei deshalb gescheitert, weil der Kläger nicht in der Lage gewesen sei, die für die Inbetriebnahme der Produktionsstätte erforderlichen Geschäftsbeziehungen herzustellen und das von ihm selbst ausgearbeitete Betriebskonzept umzusetzen. Es sei eindeutig vereinbart worden, dass die behaupteten Projektvorlaufkosten vom Kläger selbst zu tragen seien. Dass das Projekt gescheitert sei, sei unternehmerisches Risiko des Klägers und könne nicht auf den Beklagten überwälzt werden. Mit dem wirtschaftlichen Scheitern bzw der Erkenntnis der Unmöglichkeit der Umsetzbarkeit des Projekts seien die Geschäftsgrundlagen des Investitionsvertrags weggefallen, womit sich jegliche vertragliche Bindung aufgelöst hätte. Auch bei aufrechtem Investitionsvertrag hätte der Kläger keinen Anspruch auf Ersatz seiner behaupteten Projektvorlaufkosten. Diese seien zudem zur Gänze vor Abschluss der Verträge mit ihm aufgelaufen und hätten somit denkunmöglich durch Zusagen oder vertragliche Vereinbarungen mit ihm veranlasst sein können.
Das Erstgericht wies das (gesamte) Klagebegehren ab. Die geltend gemachten Schadenspositionen seien zur Gänze vor Unterfertigung des Vertrags mit dem Beklagten aufgelaufen. In dessen vorangegangener Erklärung sei ausdrücklich festgehalten worden, dass der Kläger keine Vorlaufkosten begehren könne. Es sei auch unerfindlich, worin das Verschulden des Beklagten liegen solle, sei es doch undenkbar, dass er bereits bei Unterfertigung der Absichtserklärung oder beim Abschluss der nachfolgenden Verträge schuldhaft seine vorvertraglichen Pflichten verletzt haben könnte. Überhaupt sei aus den getroffenen Feststellungen abzuleiten, dass der Beklagte gewichtige Gründe gehabt habe, von weiteren Investitionen Abstand zu nehmen. Abgesehen von der Verjährung einzelner Teilforderungen auf die begehrten Darlehensbeträge habe der Kläger nicht einmal vorgebracht, dass er weiterhin Aufwendungen gehabt hätte, die im Sinne der gewählten Darlehenskonstruktion bevorschusst hätten werden müssen. Vielmehr sei dessen Tätigkeit schlichtweg beendet gewesen, weshalb die Voraussetzungen für die Weitergewährung des Darlehens nicht mehr gegeben gewesen seien.
Das Berufungsgericht bestätigte mit Teilurteil die Klageabweisung im Umfang von 63.902 EUR samt Zinsen und erklärte die Revision für zulässig. Auch wenn noch nicht abschließend geklärt sei, ob der Beklagte zu Recht die Vertragsauflösung erklärte, habe der Kläger jedenfalls keinen Anspruch auf die begehrten Projektvorlaufkosten von 51.902 EUR sowie „Darlehenszahlungen“ von 12.000 EUR. Allfällige Forderungen für Oktober und November 2011 seien bereits verjährt; für August und September 2011 habe er bei seiner Berechnung der Klageforderung den Betrag von 6.000 EUR doppelt berücksichtigt. Hinsichtlich der Vorlaufkosten sei vereinbart worden, dass der Kläger diese selbst zu tragen habe. Er habe zu jenem Zeitpunkt, in dem er die Aufwendungen tätigte, nicht davon ausgehen können, dass das Projekt jedenfalls verwirklicht und sein Aufwand somit durch den zukünftigen Gewinn abgedeckt werden werde. Er habe auch nach seinem eigenen Vorbringen die Aufwendungen gerade nicht in der klaren Erwartung tätigen können, dass das Projekt realisiert werde, sondern lediglich in der Hoffnung, dass es dazu kommen würde, da der Beklagte auch nach den Vorarbeiten noch von einer Beteiligung am Projekt Abstand nehmen hätte können. Damit fehle in Bezug auf die Vorlaufkosten die für den Ersatz von frustrierten Aufwendungen notwendige Rentabilitätsvermutung, womit ein Ersatz jedenfalls ausscheide. Die Revision sei zulässig, weil keine gesicherte Rechtsprechung dazu vorliege, ob nur solche Aufwendungen im Fall späterer Frustration ersatzfähig sind, die in Erwartung späterer Amortisation geltend gemacht wurden, oder ob es auf diese Erwartung für die Frage der Ersatzfähigkeit nicht ankommt.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene Revision des Klägers ist entgegen den den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, weil der Revisionswerber keine im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage erörtert.
Die Abweisung der von ihm geforderten „Darlehensbeträge“ für vier Monate spricht der Kläger in seiner Revision nicht an, sodass darauf schon deshalb nicht eingegangen werden kann (vgl nur RIS‑Justiz RS0043338).
Im Zusammenhang mit den geltend gemachten Projektvorlaufkosten ist er vor allem auf seine Prozessbehauptungen im Verfahren erster Instanz zu verweisen, in denen er sich darauf gestützt hatte, er habe im Vertrauen auf die Zuhaltung der Vereinbarungen mit dem Kläger umfangreiche Investitionen gemacht und aufgrund der Vertragsverletzung einen finanziellen Schaden im Ausmaß der Vorlaufkosten erlitten. Dem haben die Vorinstanzen zutreffend entgegengehalten, dass er seine behaupteten Aufwendungen keinesfalls im Vertrauen auf eine Vertragszuhaltung durch den Beklagten gemacht hat. Vielmehr war von Anfang an klar, dass diese Kosten vom Kläger auf eigenes wirtschaftliches Risiko aufzuwenden sind. Nach den (unbekämpften) Tatsachenannahmen der Vorinstanzen hat der Kläger die gesamten geltend gemachten Aufwendungen bereits vor dem Vertragsabschluss mit dem Beklagten gemacht, also zu einem Zeitpunkt, zu dem noch kein von diesem geschaffener Vertrauenstatbestand vorlag. Selbst wenn der Beklagte die später eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen verletzt haben sollte, konnte dies nicht – im Sinne des klägerischen Vorbringens – zur Verursachung eines Schadens in Gestalt der Projektvorlaufkosten führen. Selbst wenn der Kläger, der offenbar selbst von einem endgültigen Scheitern des Projekts ausgeht, in Wahrheit nicht den angesprochenen Vertrauensschaden, sondern vielmehr einen Nichterfüllungsschaden (im Ausmaß der Vorlaufkosten) durch Entfall seiner zu erwartenden künftigen Gewinnanteile geltend machen wollte, würde er übersehen, dass er den Gewinnentgang ohnehin im Rahmen der begehrten „Darlehensbeträge“ begehrt, die ja wirtschaftlich als Vorschüsse auf seine künftigen Gewinnanteile anzusehen sind. Ein doppelter Zuspruch kommt auch hier nicht in Betracht.
Nur der Vollständigkeit halber ist auf seine Ausführungen zur „Rentabilitätsvermutung“ einzugehen, in denen er sich auf die zu 1 Ob 715/85 (= SZ 59/8) ergangene Entscheidung beruft, die allerdings zu einem erheblich abweichenden Sachverhalt ergangen ist. Dort ging es um die Kosten eines Akkreditivs, das die Käuferin dem Verkäufer vereinbarungsgemäß im Zuge der Abwicklung eines bereits perfekten Kaufvertrags zur Verfügung gestellt hatte. Nachdem der Verkäufer den Vertrag (schuldhaft) nicht erfüllt hatte und es zu keinem Leistungsaustausch gekommen war, wurden der Verkäuferin (auch) die für die Erlangung des Akkreditivs aufgewendeten Kosten als Schadenersatz zugesprochen: Auch wenn es richtig sei, dass die Klägerin das Akkreditiv auch bei vertragsgetreuem Verhalten der Beklagten zu erstellen gehabt hätte, bestehe kein Anhaltspunkt dafür, dass bei Durchführung des Vertrags die Klägerin nicht in der Lage gewesen wäre, den gesamten damit verbundenen Aufwand aus dem Vertrag mit ihrem Auftraggeber zu decken. Insoweit gelte die „Rentabilitätsvermutung“.
Der von der Revisionswerberin angesprochenen Entscheidung lag also ein Fall zugrunde, in dem die (frustrierten) Aufwendungen in Ausführung eines bereits rechtswirksam abgeschlossenen Vertrags (vereinbarungsgemäß und notwendigerweise) entstanden sind, womit die Vermutung durchaus berechtigt erscheint, dass dieser Aufwand aus dem zu erwartenden Geschäftsgewinn zumindest gedeckt sein würde. Warum dieser Gedanke auf den vorliegenden Fall zu übertragen sein sollte, vermag der Revisionswerber nicht darzulegen. Hier hatte er lange vor einer vertraglichen Bindung des Beklagten Projektvorlaufkosten, ohne zu diesem Zeitpunkt zu wissen, ob sich letztlich überhaupt eine Rentabilität des angedachten Projekts ergeben werde und ob sich ein Investor finden würde, der die erforderlichen finanziellen Mittel aufbringen wird. Unter diesen Umständen kann keineswegs von einer vergleichbaren „Rentabilitätsvermutung“ der Aufwendungen gesprochen werden. Sollte sich ein vertragswidriges Verhalten des Beklagten ergeben, stünde dem Kläger gegebenenfalls der Ersatz der ihm entgangenen Gewinnanteile zu, der ohnedies Gegenstand des in erster Instanz fortzusetzenden Verfahrens ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 50 Abs 1 iVm § 41 Abs 1 ZPO. Der Revisionsgegner hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, womit ihr Schriftsatz als zweckentsprechende Rechtsverteidigungsmaßnahme zu qualifizieren ist.
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