Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß das Ersturteil wie folgt zu lauten hat:
"Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 100.000 DM samt 5 % Zinsen seit 1. Dezember 1995 binnen 14 Tagen zu bezahlen, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 161.732,40 S (darin 26.455,40 S Umsatzsteuer und 6.904 S Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu bezahlen."
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 98.734 S (darin 8.724 S Umsatzsteuer und 46.390 S Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei vereinbarte mit der beklagten Partei die Entwicklung und Lieferung einer "BCD Testanlage" zur Aufbereitung schadstoffbelasteter Öle. Dieser Vereinbarung lag - auszugsweise - folgendes Angebot der beklagten Partei zugrunde:
"1. Umfang der Lieferungen und Dienstleistungen:
Dieses kaufmännische Angebot betrifft die Konstruktion und die Lieferung von Ausrüstungen, wie in der in unserem technischen Angebot Nr. 2800 vom 5. Mai 1994 enthaltenen Ausrüstungsliste dargestellt.
(...).
1.2. Konstruktionspaket:
Konstruktion ist jener Teil der 'BCD-Erdreich' Pilotanlage (2 Einheiten), welcher für diese Anlage zur Behandlung von Flüssigkeiten benötigt wird. Diese Konstruktion ändert sich nicht, wenn zwei derartige Einheiten gemeinsam bestellt werden. ADI-ASG-BIP sollten sich über eine Aufteilung dieses Betrages auf die ASG-Anlage und die ADI-Anlage einigen. (...).
3. Lieferbedingungen:
Die Lieferdauer beträgt ungefähr 14 Wochen ab Auftrag oder Vertrag. Bitte beachten Sie, daß Lieferzeiträume von der Auslastung der Kapazität unserer Sublieferanten abhängen, deswegen können bis Auftragserteilung Änderungen auftreten. (...)."
Angeschlossen war das "technische Angebot Nr. 2800", das neben einer technischen Beschreibung auch Planskizzen enthielt. Sein Wortlaut ist unter anderem folgender:
"1. Einführung:
Die ... (klagende Partei) ... beabsichtigt, eine Testanlage für die Entwicklung von chemischen Prozessen, für Demonstrationszwecke und für die Produktion von Handelsmustern, unter Anwendung der BCD-Technologie, bauen zu lassen und zu betreiben. Der Teil der Testanlage enthält einen BCD-Ölbehandlungs-Anlagenteil. Die Zentraleinheit dieses Anlagenteils ist ein Reaktor mit einem Hochdruck-BCD-Flüssigkeitsbehandlungs-Anlagenteil. (...).
8. Zeitplan:
Der Zeitplan wurde unter der Annahme erarbeitet, daß die tatsächlichen Bestellungen des Materials in der Woche, die am 17. April beginnt, erfolgen. Die Verzögerungen, welche daraus resultieren, daß die tatsächlichen Bestätigungen der Materialbestellungen erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, hat die direkte Verzögerung der Auslieferung der Anlage zur Folge. Auftragsbestätigungen bis Mitte Mai würden eine Auslieferung Ende August nach sich ziehen. (...).
Ausrüstungs- und Verfahrensablauf-Garantien für BCD Testanlage.
2. Leistungsgarantien.
...
Die Reaktorheizung ist aufgrund von Explosionsschutzanforderungen beschränkt. Die Aufheizung des Reaktorinhalts, einschließlich des 'Spenderöls' bis zu einem Volumen von 200 Litern, für das System Kohlenwasserstoff Öl- Askarel - NaOH, erfolgt innerhalb von vier Stunden (Hervorhebung durch den erkennenden Senat) von 20o C auf 350o
C."
Die klagende Partei bestätigte dieses Angebot im Schreiben vom 27. Mai 1994 mit folgender Änderung:
"3. Die ... (beklagte Partei) ... wird ein fixes Lieferdatum (Hervorhebung durch den erkennenden Senat) bekanntgeben, welches keinesfalls später als 14 Wochen nach dem Datum dieses Auftrages liegen darf."
Im Bestätigungsschreiben der beklagten Partei vom 19. Juli 1994 wird unter anderem ausgeführt:
"2. Liefertermin:
Da der Auftrag später als erwartet eingegangen ist, haben die meisten unserer Lieferanten wegen der sommerlichen Urlaubszeit längere Lieferfristen als vor einigen Monaten angegeben. Wir erwarten daher, daß der Liefertermin ca. in der 42. Woche sein wird."
Beabsichtiges und erklärtes Ziel der klagenden Partei war es, mittels der bestellten Anlage einen vollständigen Betriebsablauf zur Reinigung kontaminierten Materials in einem Arbeitstag von 8 Stunden zu ermöglichen. Demnach wurde ein Zeitbedarf von 4 Stunden für die Aufheizung von 20o C auf 350o C ausdrücklich vereinbart, weil die Streitteile aufgrund von Laboranalysen angenommen hatten, die für die Reinigung erforderliche chemische Reaktion werde 3 Stunden beanspruchen.
Die beklagte Partei war von einer deutschen Gesellschaft, die die Streitteile gemeinsam gegründet und betrieben hatten, beauftragt worden, "eine Pilotanlage (Anlage 1)" zur Erprobung der Anwendungsmöglichkeit der BCD-Technologie "zu planen und zu errichten". Diese Gesellschaft, der Anlage 1 geliefert wurde, sollte die BCD-Technologie in der Bundesrepublik Deutschland erproben und vermarkten. Sie wurde jedoch später aufgelöst. Deren Vermögenswerte wurden einer "100 %-igen Tochtergesellschaft der klagenden Partei" in der Bundesrepublik Deutschland übertragen. Die von der klagenden Partei bestelle Anlage 2 sollte in Australien verwendet werden und war in ihrer ursprünglichen technischen Spezifikation mit der Anlage 1 identisch. Die beklagte Partei konnte daher auf die Planung der Pilotanlage zurückgreifen. Nach deren Bau stellte sich jedoch heraus, daß es nach ihren sonstigen technischen Eigenschaften - infolge einer unterdimensionierten Heizungsanlage - "unmöglich" war, die vereinbarte Aufheizzeit von bloß 4 Stunden zu verwirklichen. Die Verantwortung für die Konstruktion der Heizungsanlage lag bei einem Subunternehmer der beklagten Partei. Durch den "Einbau einer entsprechenden Heizungsanlage" wäre die Erfüllung der vereinbarten technischen Spezifikation "durchaus möglich" gewesen.
Erst nach der Auftragserteilung verlangte die klagende Partei an der Anlage 2 "Modifikationen", um damit dem Sicherheitsstandard in Australien zu genügen. Zur Erledigung dieser Arbeiten wurde die Lieferfrist der beklagten Partei bis zur 12. Kalenderwoche 1995 verlängert. Diese Erstreckung war für die Verwirklichung der Modifikationen ausreichend; letztere "bewirkten für sich keine wesentliche Verzögerung des Liefertermins".
In Ansehung der Aufheizzeit bestand bei beiden Anlagen dasselbe Problem. Die beklagte Partei arbeitete an der Problemlösung nur an der Anlage 1. Über den Verlauf dieser Arbeiten war die klagende Partei informiert. Die Problemlösung gelang nicht im vorgesehenen Zeitrahmen. Daraufhin wurde für die Anlage 1 im Juni oder Juli 1995 eine Aufheizzeit von 6 Stunden vereinbart. Im Dezember 1995 eröffnete sich die Möglichkeit einer Verkürzung der chemischen Reaktionszeit, sodaß ein Arbeitsgang während eines Arbeitstags auch mit einer Aufheizzeit von 6 Stunden erreichbar war. Selbst dieser Wert konnte damals "nicht annähernd erreicht werden". Am 6. Dezember 1995 gelang es der beklagten Partei jedoch erstmals in der Anlage 1 (zumindest) die Solltemperatur von 350o C in etwa 6 Stunden zu erreichen.Die Streitteile trafen für die Anlage 2 keine Absprachen zur Verlängerung der ursprünglich vereinbarten Aufheizzeit von 4 Stunden. Eine technisch mögliche Verringerung des Druckbehälters zur Reduktion der Aufheizzeit war wegen der Sicherheitsanforderungen in Australien undurchführbar.
In den Schreiben vom 12. April und 8. Mai 1995 teilte die beklagte der klagenden Partei "unter Hinweis auf die Probleme mit der Heizung" eine Verzögerung bei Fertigstellung der Anlage - ohne nähere Zeitangabe - mit. Sie hielt fest, noch "auf der Suche nach einer Lösung" des Aufheizproblems zu sein. Die klagende Partei verlangte im Schreiben vom 10. Mai 1995 die Bekanntgabe eines endgültigen Fertigstellungstermins zur Ermöglichung der weiteren Geschäftsplanung. Schon am 28. Februar 1995 hatte die klagende der beklagten Partei ihre Erwartung mitgeteilt, "die Anlage für Testzwecke zum Ende der 12. Woche zu erhalten". Im Schreiben von 20. Juni 1995 teilte die klagende dem "kaufmännischen Leiter" der beklagten Partei folgendes mit:
"Haben Sie vielen Dank dafür, daß Sie mich bei unserem Telefongespräch vom 19. Juni über den neuesten Stand bei der australischen BCD-Pilotanlage informiert haben.
Die Angelegenheit scheint sich wie folgt darzustellen:
1. Die Anlage wurde physisch vollständig hergestellt; allerdings kann der festgelegte Aufheizungswert (maximal 4 Stunden zur Aufheizung des Reaktionskessels und seines Inhalts von 20o C auf 350o C) nicht erreicht werden.
2. Uns wurde von der ... (beklagten Partei) ... direkt nicht
mitgeteilt, welche Werte erreicht werden können; wir nehmen aber an, daß die Aufheizung ungefähr 10 Stunden in Anspruch nimmt.
3. Die ... (deutsche Gesellschaft) ... hat sich entschlossen, eine
provisorische Übergabe ihrer Anlage zu akzeptieren und wird die Verwendung einer externen Öl-Heizanlage prüfen.
4. Die ... (klagende Partei) ... hat sich in der derzeitigen Lage
geweigert, die Lieferung ihrer Pilotanlage zu akzeptieren (eine
solche Lieferung wurde von der ... [beklagten Partei] ... auch gar
nicht angeboten).
5. Die Auslieferung der Anlage ist nun bereits seit etwa 6 Monaten überfällig.
6. Die ... (beklagte Partei) ... hat kaufmännische und möglicherweise
rechtliche Probleme mit den Sublieferanten für das Heizsystem, deren Lösung möglicherweise einige Zeit in Anspruch nehmen wird.
7. Die ... (klagende Partei) ... hat bislang 100.000 DM an Zahlung
für ihre Pilotanlage geleistet.
8. Ich (Anm.: ein Vertreter der klagenden Partei) habe telefonisch
mitgeteilt, daß die ... (klagende Partei) ... in der derzeitigen Lage
der Dinge nicht bereit wäre, einer Lieferung ihrer Pilotanlage im
derzeitigen Zustand zuzustimmen und daß die ... (klagende Partei) ...
diese Entscheidung nur dann überdenken wird, wenn Versuche (der
Anlage für die ... [deutsche Gesellschaft] ...) zeigen, welche in den
nächsten Wochen geplant sind, ob die externen Heizanlagen wirksam sind oder nicht. Selbst wenn sich das verstärkte Ölheisystem nachweislich zur Durchführung von PCB Reaktionen als wirksam erweist, würden wir dies dennoch als schlechte oder sogar unakzeptable Lösung für eine Anlage, die für Testzwecke benötigt wird, empfinden.
9. Die ... (beklagte Partei) ... hat zugesagt, uns mit vollständigen Einzelheiten über die Ergebnisse von Versuchen, die derzeit in ihrer Fabrik im Zusammenhang mit dem Aufheizungsproblem durchgeführt werden, zu informieren.
10. Wie ich (Anm.: ein Vertreter der klagenden Partei) Ihnen nunmehr bereits seit mehreren Monaten mitteile, erfordert die Lage rasche Entscheidungen; ich (Anm.: ein Vertreter der klagenden Partei) freue mich auf unsere weitergehenden Gespräche in dieser Angelegenheit."
Das nachfolgende Schreiben der klagenden Partei vom 16. August 1995 an den "kaufmännischen Leiter" der beklagten Partei hat unter anderem folgenden Inhalt:
"Im genannten Brief (Anm.: dem vom 20. Juni 1995) haben wir zu verstehen gegeben, daß die ... (klagende Partei) ... nicht bereit ist, eine Pilotanlage abzunehmen, die so stark hinsichtlich der kritischen Heizleistung zurückbleibt, aber daß wir das Ergebnis verschiedener Tests mit der Schwesteranlage in der Tschechischen Republik abwarten würden, bevor wir eine endgültige Entscheidung treffen.
Sie werden nun einsehen müssen, daß ... nun ein Punkt erreicht wurde,
ab dem es der ... (klagenden Partei) ... nicht länger möglich ist,
die fortdauernde Verzögerung der Auslieferung der Anlage und die
Unsicherheiten über die Leistung hinzunehmen. Die ... (klagende
Partei) ... betont nochmals, daß wir nicht bereit sind, die Lieferung
einer derart unzulänglichen Anlage hinzunehmen.
Da wir von der ... (beklagten Partei) ... keine Nachricht darüber
erhalten haben, wie und wann das Heizsystem in Ordnung zu bringen wäre, sind wir zu dem Schluß gelangt, daß eine Behebung des Mangels innerhalb absehbarer Zeit nicht möglich ist und daß die Anlage nicht dahingehend modifiziert werden kann, daß sie die im ursprünglichen Vertrag vereinbarte Leistung erreicht.
Die ... (klagende Partei) ... teilt daher nunmehr mit, daß die ...
(klagende Partei) ... diesen Vertrag mit der ... (beklagten Partei)
... aufzulösen wünscht und Rückzahlung der gemäß diesem Vertrag
bereits an die ... (beklagte Partei) ... gezahlten Geldmittel
verlangt."
Die klagende Partei begehrte den Zuspruch von 100.000 DM und brachte vor, die beklagte Partei hätte die Anlage 2 nach den ursprünglichen vertraglichen Absprachen bis Dezember 1994 liefern müssen. Später sei jedoch diese Frist bis zum 31. März 1995 erstreckt worden. Die beklagte Partei sei außerstande gewesen, die Ölaufbereitungsanlage vereinbarungsgemäß zu konstruieren und herzustellen, weshalb die klagende Partei im Schreiben vom 16. August 1995 nach mehrmaligen Interventionen und fruchtloser Nachfristsetzung den Rücktritt vom Vertrag erklärt habe. Die beklagte Partei habe eine Konstruktion, die der vereinbarten Aufheizzeit von 4 Stunden genügt hätte, nicht zeitgerecht herstellen können. Sie müsse daher die erhaltene Anzahlung zurückzahlen. Entgegen deren Ansicht seien die Verträge über den Bau der Anlagen 1 und 2 einerseits wegen der Verschiedenheit der Vertragspartner, andererseits aber auch mangels technischer und wirtschaftlicher Einheit nicht verknüpfbar. Der beklagten Partei sei die maßgebliche Technologie bereits im Zeitpunkt der Anbotstellung bekannt gewesen.
Die beklagte Partei wendete ein, eine deutsche Gesellschaft habe sie mit der Konstruktion und Lieferung einer BCD-Pilotanlage beauftragt. Die klagende Partei sei für solche Anlagen Lizenznehmer für Australien gewesen und habe bei der beklagten Partei deshalb den Bau einer mit der Pilotanlage identischen Anlage bestellt. Vertragsgegenstand sei nur der Bau, dagegen nicht auch die Planung gewesen. Diese sei im Rahmen der Rechtsbeziehung zur deutschen Gesellschaft erfolgt, die während der Projektsabwicklung ihren Betrieb eingestellt und ihr Vermögen auf die klagende Partei übertragen habe. Daraufhin habe die klagende Partei eine 100 %-ige Tochtergesellschaft gegründet, die die vorher von der ursprünglichen Vertragspartnerin besorgten Agenden in Hinsicht auf die Anlage 1 weitergeführt habe. Die Auftragsannahme zum Bau der Anlage 2 habe die Errichtung der Anlage 1 vorausgesetzt. Im Zuge der Entwicklung dieser Pilotanlage habe sich eine Aufheizzeit von 4 Stunden als unerreichbar herausgestellt. Infolgedessen habe die deutsche Gesellschaft ein geänderters Anlagenkonzept mit einer Aufheizzeit von 6 Stunden gestattet. Die Verkürzung der chemischen Reaktionszeit habe die mit der klagenden Partei vereinbarte Bearbeitung einer Tankfüllung innerhalb einer Arbeitsschicht von 8 Stunden auch aufgrund einer Aufheizzeit von 6 Stunden ermöglicht. Ein bestimmter Liefertermin sei nicht vereinbart worden. Genannte Fristen hätten bloß Prognosecharakter gehabt. Verzögerungen seien auf nachträgliche technische Änderungen in Anpassung an Sicherheitsbestimmungen in Australien zurückzuführen. Die klagende Partei habe schließlich im Schreiben vom 16. August 1995 den Rücktritt vom Vertrag ohne Nachfristsetzung für die Lieferung der Anlage 2 erklärt.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Nach seiner Ansicht hatten die Parteien einen fixen Liefertermin vereinbart. Danach hätte die Lieferung in der 42. Kalenderwoche 1994 erfolgen müssen. Später sei dieser Termin einvernehmlich auf die 12. Kalenderwoche 1995 erstreckt worden. Die beklagte Partei sei allerdings außerstande gewesen, das bestellte Werk auf die bedungene Weise herzustellen, weil ihre Konstruktion wegen Unterdimensionierung der Tankkesselheizung nicht die vereinbarte Aufheizzeit von 4 Stunden habe erreichen können. Im Schreiben vom 20. Juni 1995 habe die klagende der beklagten Partei ausdrücklich mitgeteilt, sie wolle dann keinen Leistungsaustausch mehr, wenn die Heizungsprobleme nicht durch Versuche in den nächsten Wochen gelöst werden könnten. Sie habe also für diesen Fall einen Rücktritt vom Vertrag unmißverständlich zum Ausdruck gebracht. Die Gewährung einer Nachfrist könne sich auch in einem faktischen Zuwarten des Gläubigers erschöpfen. Eine solche tatsächliche Nachfrist habe die klagende der beklagten Partei durch ihr wochenlanges Zuwarten auf eine vertragsgemäße Erfüllung nach Verstreichen der Lieferfrist auch eingeräumt. Jene sei daher gemäß § 918 ABGB rechtswirksam vom Vertrag zurückgetreten. Nicht stichhältig sei die Ansicht der beklagten Partei, die klagende Partei habe die Leistungsverzögerung durch nachträgliche Modifikationswünsche selbst zu vertreten. Wegen der erforderlichen Anpassung der Konstruktion an die Sicherheitsbestimmungen in Australien sei die Leistungsfrist ohnehin bis zur 12. Kalenderwoche 1995 erstreckt worden. Innerhalb dieses Zeitrahmens sei auch die Realisierung der geänderten Konstruktion möglich gewesen. Das für den Rücktritt vom Vertrag bedeutsame Kriterium sei daher die Unfähigkeit der beklagten Partei gewesen, die zugesagte Leistung zu erbringen.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, daß die Vertragsbeziehung der Streitteile nach österreichischem Recht zu beurteilen sei. Die Parteien hätten einen Werkvertrag abgeschlossen. Danach habe die beklagte Partei einen bestimmten Erfolg - die Übergabe einer betriebsbereiten und funktionsfähigen Anlage entsprechend der vereinbarten technischen Spezifikation - geschuldet. Zweck der von der beklagten Partei gerantierten Aufheizbarkeit des Reaktorinhalts in 4 Stunden sei die Reinigung kontaminierten Materials innerhalb eines Arbeitstags von 8 Stunden gewesen. Pkt. 3. des Bestätigungsschreibens der klagenden Partei vom 27. Mai 1994 sei Vertragsinhalt. Daraufhin habe die beklagte Partei eine Lieferung der Anlage in der 42. Kalenderwoche 1994 zugesagt. Dieser Termin sei zur Erfüllung spezifischer behördlicher Anforderungen in Australien einvernehmlich auf die 12. Kalenderwoche 1995 erstreckt worden. Danach habe die beklagte Partei die Fertigstellung der Anlage in der 16. Kalenderwoche 1995 zugesagt und die klagende Partei auch noch später "eine Frist zur Nachholung tatsächlich gewährt". Im Schreiben vom 10. Mai 1995 habe die klagende Partei auf die Bekanntgabe eines endgültigen Fertigstellungstermins gedrängt und im Schreiben vom 20. Juni 1995 "hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht", daß sie ohne eine Lösung der bestehenden Probleme innerhalb der nächsten Wochen keinen Leistungsaustausch mehr wolle. Durch "ihr weiteres zweimonatiges Abwarten" habe sie der beklagten Partei eine angemessene Nachfrist zur Erbringung der vereinbarten Leistung eingeräumt. Da es der beklagten Partei am 6. Dezember 1995 erstmals gelungen sei, eine Aufheizzeit von 6 Stunden zu erreichen, sei die von der klagenden Partei im Schreiben vom 16. August 1995 erklärte Vertragsauflösung rechtswirksam. Für diese Beurteilung sei maßgeblich, daß als Nachfrist im Sinne des § 918 ABGB nur eine Frist ab der Rücktrittserklärung von Belang sei, eine solche Nachfrist aber nach ständiger Rechtsprechung "im allgemeinen nicht gesetzt, sondern nur gewährt werden" müsse. Die Rücktrittserklärung sei nicht formgebunden. Gegenüber dem Säumigen müsse nur unzweideutig ausgesprochen werden, eine verspätete Leistung nicht mehr als Erfüllung annehmen zu wollen. Nicht zu folgen sei der Ansicht der beklagten Partei, das Schreiben der klagenden Partei vom 20. Juni 1995 sei nach den Kriterien der Entscheidung JBl 1988, 447 "als bloße Stundung der Leistungsfrist" zu werten, bestehe doch der entscheidende Unterschied jenes Falls darin, daß der Gläubiger dort der Erklärung des Schuldners, die Lieferung werde sich noch weiter verzögern, nichts entgegnete. Dagegen habe die klagende Partei hier wiederholt auf die außerordentliche Wichtigkeit eines verbindlichen Liefertermins hingewiesen. Daher sei auch nicht rechtserheblich, ob die klagende Partei in ihrem "Auflösungsschreiben" vom 16. August 1995 eine Nachfrist gesetzt" habe und noch "nach diesem Zeitpunkt" zu einer Leistungsannahme bereit gewesen wäre. Die beklagte Partei könne sich zur Durchsetzung ihres Prozeßstandpunkts auch nicht mit Erfolg auf eine einheitliche und unteilbare Rechtsbeziehung aufgrund der Verträge über die Anlagen 1 und 2 berufen. Die klagende Partei habe ihren Rücktritt vom Vertrag auch angesichts der Entwicklung einer neuen Technologie nicht überraschend erklärt, sodaß sie gegenüber der beklagten Partei - entgegen deren Ansicht - auch keine aus der Besonderheit des Vertragsverhältnisses allenfalls ableitbaren Treuepflichten verletzt haben könne.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist, wie sich aus den nachstehenden Erörterungen ergeben wird, zulässig; sie ist auch berechtigt.
Die zutreffende Beurteilung des hier maßgeblichen Vertragsverhältnisses der Streitteile nach österreichischem Sachrecht gemäß § 36 IPRG ist zwischen den Parteien kein Streitpunkt und bedarf daher hier keiner weiteren Erörterung.
Der erkennende Senat teilt ferner die Ansicht der Vorinstanzen, daß die beklagte Partei mit ihrer Leistung Ende März 1995 in Verzug geriet. Für einen Erfolg des Klagebegehrens auf Rückzahlung der Anzahlung ist daher entscheidend, ob die klagende Partei infolge Unteilbarkeit der Erfüllungsleistung der beklagten Partei rechtswirksam den Rücktritt vom Vertrag gemäß § 918 Abs 1 ABGB erklärte.
Das gesetzliche Rücktrittsrecht nach § 918 ABGB wird bereits durch den objektiven Schuldnerverzug ausgelöst (1 Ob 2172/96k; JBl 1988, 447; EvBl 1987/2 uva; Binder in Schwimann, ABGB2 Rz 71 zu § 918; Gschnitzer in Klang2 IV/1 453; Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 2 zu § 918). Rücktrittserklärung und Nachfrist stellen eine Einheit dar. Deshalb kommt als Nachfrist im Sinne des § 918 ABGB, wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausführte, nur eine Frist ab der Rücktrittserklärung in Betracht (1 Ob 2172/96k; SZ 60/287; JBl 1988, 447 mwN; JBl 1976, 535 = EvBl 1976/32 uva; Binder in Schwimann aaO Rz 102 zu § 918; Gschnitzer in Klang2 aaO 457; Reischauer in Rummel aaO Rz 15 zu § 918). Nach ständiger Rechtsprechung, der im Schrifttum teilweise mit kritischer Distanz begegnet wird (Binder in Schwimann aaO Rz 101 zu § 918; Gschnitzer in Klang2 aaO 457; Koziol/Welser, Grundriß I10 241; Mayrhofer/Ehrenzweig, Schuldrecht AT3 379; Wilhelm, Festsetzung oder Gewährung der Nachfrist beim Rücktritt vom Vertrag?, JBl 1976, 515 [520 ff]; zustimmend dagegen etwa Reischauer in Rummel aaO Rz 15 zu § 918), braucht die Nachfrist im allgemeinen nicht gesetzt, sondern nur gewährt zu werden (1 Ob 2172/96k; SZ 60/287; JBl 1988, 447; JBl 1976, 535; JBl 1975, 262 ua), sodaß bloßes Zuwarten oft als ausreichende Form der Nachfristgewährung nach der Rücktrittserklärung genügt. Der Rücktritt vom Vertrag kann auch mittels Klage zum Ausdruck gebracht werden (1 Ob 2172/96k; SZ 55/152;
JBl 1968, 370; SZ 37/91 uva; Reischauer in Rummel aaO Rz 3 zu § 918;
Binder in Schwimann aaO Rz 97 zu § 918 ABGB je mwN aus der Rsp). Nach mehreren Entscheidungen soll demnach die Rücktrittserklärung auch durch eine Klage gemäß § 921 ABGB ersetzt werden (ÖBA 1995, 720; JBl 1992, 318; siehe ferner die zahlreichen weiteren Rechtsprechungsnachweise bei Binder in Schwimann aaO Rz 97 zu § 918;
Reischauer in Rummel aaO Rz 3 zu § 918). Wie weit dieser Grundsatz trägt, wenn der Gläubiger als Kläger - wie hier - den Prozeßstandpunkt vertritt, er habe nach Vertragsauflösung Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung für die Erfüllungsleistung, wird noch zu erörtern sein.
Die dargestellte Rechtslage gilt aber im allgemeinen dann nicht, wenn für den zur Leistung Verpflichteten keineswegs mit Sicherheit feststeht, daß der andere Vertragsteil überhaupt noch auf dem Boden des Vertrags zur Leistungsannahme bereit ist. Bestehen daher für den Schuldner Zweifel an der Annahmebereitschaft des Gläubigers, so wirkt der Rücktritt ohne Fristsetzung nicht, es sei denn, der Gläubiger würde seine noch gegebene Annahmebereitschaft verdeutlichen (1 Ob 2172/96k; JBl 1988, 447; JBl 1976, 535; Koziol/Welser aaO 241; Mader in Schwimann aaO Rz 101 zu § 918; Reischauer in Rummel aaO Rz 15 zu § 918), was etwa in der Form einer Rücktrittserklärung unter ausdrücklicher Setzung einer - wenn auch in zeitlicher Hinsicht nicht näher bestimmten - Frist zur Nachholung der Leistung geschehen kann.
Im vorliegenden Fall fällt zunächst auf, daß die klagende Partei im Verfahren erster Instanz gar nicht vorbrachte, es sei bereits das Schreiben vom 20. Juni 1995 als Rücktrittserklärung anzusehen. Sie stützte das Klagebegehren vielmehr ausschließlich darauf, den Rücktritt vom Vertrag erst im Schreiben vom 16. August 1995 erklärt zu haben (ON 1 und ON 8 S. 6). Die Vorinstanzen unterstellten daher eine bestimmte Willensäußerung der klagenden Partei als rechtsgestaltende Rücktrittserklärung, die abgegeben zu haben die klagende Partei selbst gar nicht behauptet hatte, übrigens ein auch in der Revision unerwähnt gebliebener Gesichtspunkt. Hätte die klagende Partei aber ihrem Begehren das Schreiben vom 20. Juni 1995 als Rücktrittserklärung zugrundegelegt, ließe sich das angestrebte Ergebnis damit auch nicht zureichend begründen.
Bereits der textliche Gesamtzusammenhang dieser Mitteilung - insbesondere zwischen ihren Punkten 4. und 8. bis 10. - erweist, daß die klagende Partei darin entgegen der Ansicht der Vorinstanzen einen Rücktritt vom Vertrag nicht erklären wollte. Sie bringt in erster Linie nur ihr dringendes Interesse an einer raschen Klärung der Erfüllbarkeit einer vertragsgemäßen Leistung zum Ausdruck, ohne auch nur anzudeuten, sie werde eine solche Leistung "in den nächsten Wochen" nicht mehr akzeptieren. Sie ließ ferner offen, ob sie künftig allenfalls eine im kritischen Punkt der Aufheizzeit technisch modifizierte Anlage mit geringerer als der ursprünglich vereinbarten Leistung noch als - wenngleich mangelhafte - Erfüllung akzeptieren werde. Gerade darauf verweist die klagende Partei auch in der Revisionsbeantwortung (S. 5 und 9), indem sie den Zweck der Formulierung in Pkt. 8. des erörteren Schreibens in einem Alternativvorbehalt allfälliger "Preisminderungsansprüche" sieht. Im übrigen betonte sie in diesem Schreiben nur das Erfordernis einer raschen "Entscheidung" und freute sich auf "weitergehende Gespräche". Dieses Auslegungsergebnis wird unmißverständlich auch dadurch gestützt, daß die klagende Partei ihre Erklärungen im Schreiben vom 20. Juni 1995 im weiteren Schreiben vom 16. August 1995 selbst im Sinne des einleitend dargelegten Verständnisses interpretierte, hat sie doch dort dargetan, im Schreiben vom 20. Juni 1995 nur erklärt zu haben, nicht bereit zu sein, "eine Pilotanlage abzunehmen, die so stark hinsichtlich der kritischen Heizleistung" zurückbleibe, sie jedoch vor einer "endgültigen Entscheidung" das "Ergebnis verschiedener Tests mit der Schwesteranlage" habe abwarten wollen, die "Unsicherheiten über die Leistung" aber nunmehr nicht mehr länger hingenommen werden könnten, eine "Behebung des Mangels innerhalb absehbarer Zeit" unmöglich und die Anlage nicht mehr so modifizierbar sei, um der ursprünglichen Leistungszusage zu entsprechen. Diese Beurteilung macht verständlich, weshalb sich die klagende Partei als Stütze für ihr Zahlungsbegehren gerade nicht auf eine Rücktrittserklärung im Schreiben vom 20. Juni 1995 berief. Sind aber die Äußerungen in diesem Schreiben, wie die beklagte Partei zutreffend darlegt, nicht als rechtsgestaltende Rücktrittserklärung gemäß § 918 Abs 1 ABGB aufzufassen, stellte sich, wäre dieses Schreiben für die Beurteilung des Vorliegens einer wirksamen Rücktrittserklärung nicht schon ohnehin aufgrund der einleitenden Begründung irrelevant, auch deshalb gar nicht mehr die Frage, auf welche Weise eine angemessene Nachfrist für die Nachholung der längst fälligen Leistung einzuräumen gewesen wäre.
Soweit die klagende Partei unter Berufung auf die Entscheidung des erkennenden Senats 1 Ob 688/87 (= SZ 60/287 = JBl 1988, 317) festhält, die beklagte Partei wäre als säumige Schuldnerin verpflichtet gewesen, auf "den Anspruch auf Setzung einer angemessenen Nachfrist hinzuweisen und auch die geschuldete Leistung innerhalb dieser Frist anzubieten", unterstellt sie erst im Revisionsverfahren, ihr sei als "australischem Unternehmen" verborgen geblieben, daß ein wirksamer Vertragsrücktritt nach österreichischem Recht eine gleichzeitig gewährte, jedoch dann ungenützt verstrichene angemessene Nachfrist zur Nachholung der fälligen Leistung voraussetzt. Auch dieses Argument vermag ihren Prozeßstandpunkt indes nicht zu begründen:
Zum einen beruht diese Ansicht auf einer Qualifikation des Schreibens vom 20. Juni 1995 als unmißverständliche Rücktrittserklärung, was aber, wie bereits dargelegt wurde, zu verneinen ist, zum anderen wurde in der Entscheidung 1 Ob 688/87 - zu beachten ist der dort bedeutsame Sachverhalt (Hausfrau als Gläubigerin) - ausgesprochen, ein Konsument müsse als Gläubiger, der die gesetzliche Pflicht zur Setzung einer Nachfrist offenbar nicht kenne, von einem Unternehmer als säumigem Schuldner "auf den Anspruch auf Setzung einer angemessenen Nachfrist" hingewiesen werden und dieser Schuldner habe dann die fällige Leistung innerhalb dieser Frist auch anzubieten. Sonst wird gerade dort verdeutlicht, es wisse wohl jeder Unternehmer über das Erfordernis einer Nachfristsetzung Bescheid. Die klagende Partei behauptete im Verfahren erster Instanz nicht, ihr als "australischem Unternehmen" sei diese österreichische Rechtslage fremd gewesen. Sie brachte im Gegensatz dazu vielmehr vor, sie habe der beklagten Partei vor der Rücktrittserklärung vom 16. August 1995 ohnehin mehrfach Nachfristen, die dann fruchtlos verstrichen seien, gesetzt (ON 8 S. 6). Nachfristen ab dem Zeitpunkt des Verzugseintritts, aber noch vor der Rücktrittserklärung können aber - nach der einleitend dargestellten Rechtslage - keine Vertragsauflösung aufgrund des Schreibens vom 16. August 1995 bewirkt haben, sondern sind nur als Erfüllungsstundung zu werten.
Die Entscheidung der Streitsache verlagert sich daher auf die
Beantwortung der Frage, ob die Rücktrittserklärung vom 16. August
1995, auf die das Klagebegehren allein gestützt wird, deshalb die von
der klagenden Partei angestrebte Wirkung haben konnte, weil die
beklagte Partei auch noch am 6. Dezember 1995 infolge der nach dem
seinerzeitigen Stand der Entwicklung erforderlichen Kesselaufheizzeit
von 6 Stunden weiterhin nicht vertragsgemäß erfüllen konnte und eine
bis zu diesem Zeitpunkt tatsächlich verstrichene Nachfrist allenfalls
angemessen gewesen wäre. Eine solche rechtliche Schlußfolgerung
verbietet jedoch der schon erörterte Grundsatz, daß der Rücktritt vom
Vertrag ohne Nachfristsetzung nicht die vom Gläubiger beabsichtigte
Gestaltungswirkung haben kann, wenn für den zur Leistung
Verpflichteten keineswegs mit Sicherheit feststeht, daß der andere
Vertragsteil überhaupt noch auf dem Boden des Vertrags zur
Leistungsannahme bereit ist. Selbst wenn für den Schuldner infolge
eines mehrdeutigen Verhaltens des Gläubigers bloß Zweifel an dessen
weiteren Annahmebereitschaft bestehen, bedürfte es bereits deren
Verdeutlichung durch den Gläubiger, um das Ziel der Vertragsauflösung
am Ende möglicherweise doch noch zu erreichen. Das muß umso mehr dann
gelten, wenn den Vertragsparteien - wie hier - bekannt ist, daß das
abzuliefernde Werk als Nachbau einer Pilotanlage auf einer noch nicht
ausgereiften Technologie beruht und es daher an Erfahrungswissen über
die übliche Produktionszeit vergleichbarer Werke mangelt. In solchen
Fällen hat der Gläubiger jedenfalls klarzustellen, in welchem
zeitlichen Rahmen der säumige Schuldner noch mit einer Annahme der
verspäteten Leistung rechnen kann, um sich den Anspruch auf die
Gegenleistung zu erhalten. Es wäre in Abwägung der Interessen beider
Vertragsparteien untragbar, den Schuldner, dessen Erfüllungsleistung
die Entwicklung und Realisierung einer neuen Werktechnologie bei - in
Ermangelung eines standardisierten Erzeugungsprozesses - meist schwer
kalkulierbaren Kosten voraussetzt, im ungewissen darüber zu lassen,
wie lange das bestellte Werk im Falle seiner Fertigstellung nach
einer Rücktrittserklärung des Gläubigers noch als Vertragserfüllung
akzeptiert werden wird, hat doch die Regelung des § 918 ABGB den
Zweck, dem Schuldner eine objektiv begrenzbare und deshalb auch
realistische Nachholchance zu eröffnen, nachdem ihm die drohende,
aber durch schließliche Leistung noch abwendbare Vertragsauflösung
vor Augen geführt und dadurch sein Erfüllungswille mobilisiert wurde
(Wilhelm, JBl 1976, 521)
Der Wortlaut der Rücktrittserklärung vom 16. August 1995 ließ aber gar keine Zweifel entstehen. Der Vertragsauflösungswille der klagenden Partei war vielmehr - unschwer erkennbar - unabänderlich, sodaß die beklagte Partei jedenfalls nicht mehr damit rechnen durfte, sie könnte durch den schließlichen Versuch der Übergabe des bestellten Werks noch eine verspätete Erfüllung bewirken, hatte doch die klagende Partei auch schon die Refundierung der Anzahlung verlangt. Dieser - im Gegensatz zum vorhin abgehandelten Thema im umgekehrten Sinn eindeutigen - Willenserklärung lag jedoch die unzutreffende Vorstellung zugrunde, eine Vertragsauflösung gemäß § 918 Abs 1 ABGB sei auch dann erreichbar, wenn die dem Schuldner eingeräumte Nachfrist zwischen Verzugseintritt und Rücktrittserklärung lag. Die Rücktrittserklärung vom 16. August 1995 konnte daher, wie somit zusammenzufassen ist, nicht zur Vertragsauflösung führen, weshalb der säumige Schuldner an der Fertigstellung des Werks in der Gewißheit weiterarbeiten durfte, er werde schließlich noch erfüllen können und sich dadurch den Anspruch auf die Gegenleistung erhalten.
Wird ein in der Frage der Nachfrist unbestimmter Rücktritt
ausdrücklich oder schlüssig erst mittels Klage erklärt, gilt nichts
anderes wie im Fall einer inhaltlich vergleichbaren
außergerichtlichen Rücktrittserklärung. Es kann daher auch eine
solche Rücktrittserklärung keine Vertragsauflösungswirkung haben,
wenn für den zur Leistung Verpflichteten nicht mit Sicherheit
feststeht, daß der andere Vertragsteil überhaupt noch auf dem Boden
des Vertrags zur Leistungsannahme bereit ist. Das hier bedeutsame
Klagebegehren auf Refundierung der Anzahlung gemäß § 921 ABGB
aufgrund der Behauptung, das Vertragsverhältnis sei nach einer
außergerichtlichen Rücktrittserklärung wegen fruchtlosen
Verstreichens mehrerer Nachfristen schon aufgelöst worden, schafft
geradezu Gewißheit, daß die klagende Partei auf dem Boden des
Vertrags eben nicht mehr zur Leistungsannahme bereit sein wird,
weshalb eine solche Klage jedenfalls nicht als Rücktrittserklärung unter Einräumung einer - wenn auch nur faktischen - Erfüllungsnachfrist aufgefaßt werden kann.
Diese Erörterungen zwingen aber, ohne daß noch die Frage der
Angemessenheit einer Nachfrist im konkreten Fall zu behandeln wäre,
zum Ergebnis, daß das Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen
nach wie vor aufrecht ist und daher - entsprechend dem allein geltend
gemachten Klagegrund - kein Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung
wegen einer schon bewirkten Vertragsauflösung bestehen kann.
Diese rechtlichen Zusammenhänge erforderten im Interesse der Wahrung
der Rechtseinheit und Rechtssicherheit im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO
eine Korrektur des angefochtenen Urteils.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 41 und § 50 Abs 1 ZPO. Die im Verfahren erster Instanz für den Schriftsatz vom 8. Jänner 1997 (ON 10) verzeichneten Kosten sind zuzuerkennen, weil die beklagte Partei auf dessen Honorierung - entsprechend der Erörterung im Verhandlungstermin vom 18. Juni 1996 (ON 5 S. 3) - nicht verzichtete und der Schriftsatzinhalt im weiteren Verfahren auch verwertet wurde. Aus dem von der beklagten Partei zu PG Nr. 345/97 erlegten Kostenvorschuß von 15.000 S wurden bloß 3.000 S verbraucht und die Rücküberweisung des Restbetrags von 12.000 S mittels Beschlusses vom 12. September 1997 (ON 30) angeordnet. Darauf war beim Zuspruch von Barauslagen Bedacht zu nehmen. Für die Berufung ist anstelle des verzeichneten Einheitssatzes von 200 % gemäß § 23 Abs 9 RATG nur ein solcher von 150.000 S zuzuerkennen, weil eine Berufungsverhandlung nach § 23 Abs 5 RATG nicht zu verrichten war. Die errechneten Kostensummen sind dem Spruch dieser Entscheidung zu entnehmen.
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