Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit S 14.490,-- (darin enthalten S 2.415,-- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu bezahlen.
Text
Begründung
Die Streitteile schlossen im Juni 1993 eine Vereinbarung, wonach sich die beklagte Partei gemeinsam mit einer weiteren (natürlichen) Person im Einvernehmen mit dieser zur Veranstaltung einer internationalen Autorallye in Ungarn verpflichtete. Sie legten in dieser Vereinbarung fest, daß allfällige Streitigkeiten österreichischem Recht unterlägen und vor dem sachlich in Betracht kommenden Gericht für Wien-Innere Stadt auszutragen seien. Aufgrund dieses Vertrags stellte die klagende Partei der beklagten Partei ein Teilhonorar von sfr 38.000,-- in Rechnung. Diesen Betrag bezahlte die klagende Partei im Jänner 1994.
Die klagende Partei begehrt von der beklagten Partei die Rückzahlung des genannten Teilhonorars. Die Gültigkeit der Vereinbarung sei davon abhängig gewesen, daß die in Ungarn zu veranstaltende Rallye von den zuständigen Motorsportverbänden in Österreich und Ungarn als Teilwettbewerb für die österreichische bzw. ungarische Rallye-Staatsmeisterschaft anerkannt werde. Diese Bedingung sei nicht eingetreten und damit der Rechtsgrund für die von der klagenden Partei geleistete Zahlung weggefallen. Zur Zuständigkeit des angerufenen Gerichts berief sich die klagende Partei auf Punkt 12. der Vereinbarung. Die beklagte Partei bestritt die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ebensowenig wie die Vereinbarung, daß österreichisches Recht anzuwenden sei. Sie erstattete vielmehr sachliche Einwendungen, wonach die Aufkündigung der Vereinbarung durch die klagende Partei unwirksam und das Rückforderungsbegehren unbegründet seien.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Streitteile hätten die Gültigkeit der Vereinbarung von der auflösenden Bedingung abhängig gemacht, daß die Organisation der Rallye in Zusammenarbeit mit einer weiteren Person erfolge. Diese Bedingung sei nicht eingetreten, die Vereinbarung sei ex nunc aufgelöst worden. Zum Zeitpunkt der Zahlung durch die klagende Partei sei die Vereinbarung aber noch aufrecht gewesen, sodaß dieser ein Rückforderungsanspruch nicht zustehe.
Das Berufungsgericht hob das Urteil aus Anlaß der von der klagenden Partei erhobenen Berufung und das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig auf; die Klage wurde zurückgewiesen. Beide Streitteile hätten ihren Sitz nicht in Österreich, der Gegenstand der Vereinbarung (Organisation einer Rallye in Ungarn) weise keinen Inlandsbezug auf. Trotz Vorliegens einer Gerichtsstandsvereinbarung sei die Klage zurückzuweisen, weil es an der inländischen Gerichtsbarkeit mangle. Die Vereinbarung der Anwendung materiellen österreichischen Rechts in einem allfälligen Rechtsstreit stelle keine hinreichende inländische Anknüpfung dar.
Der Rekurs der klagenden Partei ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die inländische Gerichtsbarkeit im Sinne der inländischen Zuständigkeit stellt eine selbständige, allgemeine Prozeßvoraussetzung dar, die ausschließlich nach dem innerstaatlichen Verfahrensrecht in jeder Lage des Verfahrens bis zur Rechtskraft der Entscheidung von Amts wegen oder auf Antrag wahrzunehmen ist (Mayr in Rechberger, ZPO Rz 1 zu § 42 JN). Sie besteht für alle Zivilrechtssachen, die durch positiv-gesetzliche Anordnung, durch völkerrechtliche Regeln oder zufolge eines durch die inländischen Verfahrensordnungen anerkannten Anknüpfungspunktes an das Inland - zB einen inländischen Gerichtsstand - vor die österreichischen Gerichte verwiesen sind. Liegt nur ein inländischer Gerichtsstand ohne hinreichende Nahebeziehung des geltend gemachten Anspruchs zum Inland vor, ist die inländische Gerichtsbarkeit zu verneinen (RdW 1996, 63; RdW 1995, 426; EvBl 1994/154; JBl 1993, 666 mit zustimmender Besprechung von Pfersmann; ZfRV 1993, 213; RdW 1993, 111; Arb 11.117; SZ 65/74; JBl 1992, 330; 1 Ob 29/92; SZ 62/101 mit zustimmender Besprechung von Pfersmann in JBl 1990, 397 uva; Mayr aaO Rz 4 zu zu § 28 JN). Akte der Parteidisposition könne eine fehlende Inlandsbeziehung nicht ersetzen (SZ 55/95; Mayr aaO Rz 11 zu § 104 JN).
Die Rekurswerberin bezweifelt die Richtigkeit dieser zur inländischen Gerichtsbarkeit judizierten und von der Lehre gebilligten Grundsätze nicht. Sie vertritt aber die Ansicht, daß es neben der unstrittigen Gerichtsstandsvereinbarung und der Einigung, daß österreichisches materielles Recht anzuwenden sei, zusätzliche inländische Anknüpfungspunkte gebe, die den für die inländische Gerichtsbarkeit notwendigen Inlandsbezug herstellten. Dieser Meinung kann jedoch nicht beigepflichtet werden.
Für die Bejahung der inländischen Zuständigkeit ist eine berücksichtigungswürdige Inlandsbeziehung des Verfahrensgegenstandes oder der Parteien erforderlich. Die Parteieneinigung auf die Streitschlichtung durch die Behörden eines bestimmten Staates darf nicht zu einer Beeinträchtigung der Interessen dieses Staates durch Belastung mit Angelegenheiten führen, an deren Regelung kein einleuchtendes Interesse erkennbar ist (JBl 1994, 343). Eine berücksichtigungswürdige Inlandsbeziehung hat der Oberste Gerichtshof beispielsweise dann angenommen, wenn ein Kläger für seinen ausländischen Arbeitgeber grundsätzlich in Österreich an seinem Wohnsitz erreichbar war, der Kläger seine Arbeit fallweise auch von Österreich aus antrat, sie zum Teil in Österreich ausführte und für österreichische Kunden seines Prozeßgegners tätig geworden war (SZ 65/74), wenn der Beklagte, der seinen Wohnsitz im Ausland hatte, den Klägern mit Wohnsitz in Österreich, die den Gerichtsstand begründenden Gegenstände geliefert hatte (EvBl 1991/182) oder wenn die mit einem Vermächtnis belasteten Erben nicht nur die strittige, im Ausland gelegene Liegenschaft, sondern auch einen in Österreich gelegenen Teil des Nachlasses geerbt hatten (SZ 59/205). Derartige gravierende Anknüpfungspunkte sind hier indessen nicht erkennbar:
Der Umstand, daß die von der beklagten Partei zu veranstaltende Rallye auch in Österreich als Staatsmeisterschaftslauf anerkannt werden sollte, stellt ebensowenig einen hinreichenden Anhaltspunkt für eine Nahebeziehung zum Inland dar wie der Umstand, daß die in Ungarn durchzuführende Rallye das Interesse des österreichischen Publikums und der österreichischen Sportpresse erweckt und damit einen Marketingeffekt in Österreich sowie eine Auswirkung auf den österreichischen Treibstoff- und Schmiermittelmarkt gehabt hätte. Die erforderliche Inlandsbeziehung wird auch nicht dadurch hergestellt, daß eine „Schwestergesellschaft“ der klagenden Partei in Wien etabliert sei, der Vertrag in der Rechtsabteilung dieser Schwestergesellschaft verfaßt und die Verhandlungen auf seiten der klagenden Partei von einem Angestellten dieser Schwestergesellschaft geführt worden seien. Die Unterfertigung der zwischen den Streitteilen geschlossenen Vereinbarung in Wien hat mit dem Verfahrensgegenstand bzw. mit den Parteien überhaupt nichts zu tun, auch die Wahl des Unterfertigungsortes kann sohin keine ausreichende Inlandsbeziehung begründen. Durch keinen dieser Umstände wird die für die positive Umschreibung der inländischen Gerichtsbarkeit zu fordernde Inlandsbeziehung, die sich entweder in einer Ortsgebundenheit der Parteien oder einer Ortsbezogenheit des Streitgegenstands manifestiert (JBl 1994, 343 ua), verwirklicht. Die sich auf Österreich beziehenden Umstände sind überdies von dermaßen untergeordneter Bedeutung, daß die Annahme einer die inländische Gerichtsbarkeit rechtfertigenden Nahebeziehung zum österreichischen Rechtsbereich nicht gerechtfertigt erscheint.
Dem Rekurs ist nicht Folge zu geben.
Die Entscheidung über die Kosten der Rekursbeantwortung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO, § 6 RATG.
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