OGH 1Ob194/17m

OGH1Ob194/17m29.11.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Mag. Wurzer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Univ.‑Prof. Dr. Kodek, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Marktgemeinde W*, 2. G* V*, und 3. * E* H*, alle vertreten durch die Saxinger Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH, Wien, gegen die beklagte Partei ÖBB‑Infrastruktur AG, Wien 2, Praterstern 3, vertreten durch Dr. Martin Wandl und Dr. Wolfgang Krempl, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen Unterlassung, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 6. September 2017, GZ 12 R 8/17k‑30, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt, vom 29. November 2016, GZ 56 Cg 44/15v‑25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E120385

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die von den Revisionswerbern vermutete Judikaturdivergenz besteht nicht. Während zu 8 Ob 128/09w Lärmimmissionen zu beurteilen waren, die von einem (privaten) Hubschrauberlandeplatz ausgingen, hatte sich der Oberste Gerichtshof zu 1 Ob 47/15s (erstmals) mit der Frage zu befassen, ob es sich bei „gemeinwichtigen Anlagen“ unabhängig davon, ob betroffenen Nachbarn Parteistellung im Genehmigungsverfahren zukam, um behördlich genehmigte Anlagen iSd § 364a ABGB handelt.

Für diese Einordnung wurde es in der genannten Entscheidung als ausreichend angesehen, dass im betreffenden Genehmigungsverfahren auf die schutzwürdigen Interessen der Nachbarn immerhin generell Rücksicht zu nehmen ist, was für das eisenbahnrechtliche Genehmigungsverfahren bejaht wurde. Da es auch im vorliegenden Fall um Einwirkungen geht, die von einer Eisenbahnanlage ausgehen, hat das Berufungsgericht zutreffend die zu 1 Ob 47/15s angestellten Erwägungen auch hier angewendet. Gegen die damit übereinstimmende Beurteilung, es komme nicht entscheidend darauf an, ob die Eisenbahnbehörde die Interessen der Kläger als Nachbarn im konkreten Fall tatsächlich berücksichtigt hat, führen die Revisionswerber nichts Überzeugendes ins Treffen.

2. In der zitierten Entscheidung führte der erste Senat unter anderem aus, dass auch bei gemeinwichtigen Anlagen eine Betriebsanlagengenehmigung den Betreiber nicht zu Immissionen jeglicher Art und Intensität berechtigt. Es ist vielmehr anerkannt, dass die Duldungspflicht der Nachbarn schon nach der ratio der Regelung des § 364a ABGB mit der Reichweite der erteilten Genehmigung begrenzt ist: Werden von der Behörde bestimmte Grenzwerte festgesetzt, sind diese jedenfalls einzuhalten; ansonsten sind von den Nachbarn (nur) solche Immissionen hinzunehmen, die für den Betrieb der genehmigten Anlage typisch sind und auch nicht durch zumutbare Vorkehrungen hintangehalten oder verringert werden können.

Wenn die Revisionswerber nun die Auffassung vertreten, es sei jener Lärm nicht hinzunehmen, der durch eine mögliche „andere Sicherungsart“ vermeidbar wäre, wobei insbesondere auf eine Sicherung durch Lichtzeichen, Schranken oder Bewachung hingewiesen wird, übersehen sie offenbar, dass nicht die Beklagte die hier zu beurteilende „Sicherungsart“ (Abgabe von akustischen Signalen bei Annäherung an die Eisenbahnkreuzungen) gewählt hat, sondern ihr diese durch – rechtskräftige (vgl dazu nur 1 Ob 127/15f) – Bescheide aufgetragen wurde. Inwieweit es der Beklagten möglich sein sollte, diese konkreten Anordnungen zu missachten und eigenmächtig durch andere Sicherungsarten zu ersetzen, wird in der Revision nicht einmal andeutungsweise ausgeführt.

3. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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