Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist Eigentümer des Hinterachthalgutes im Gemeindegebiet von Lend, EZ 57 KG Puchberg, mit den Grundstücken 582, 604, 614, 615 und 625, die in der Natur einen Steilhang bilden. Der Beklagte ist Eigentümer des Ganzenhubgutes, EZ 54 KG Puchberg, mit den Grundstücken 578 und 580. Die Liegenschaft des Beklagten liegt oberhalb der Grundstücke des Klägers und ist etwas flacher als dessen Liegenschaft. Die Grenze zwischen den beiden Liegenschaften verläuft auf dem Steilhang, einige Meter unterhalb einer Böschungskante.
Die Hänge von Taxenbach bis Lend sind geologisch labil und im Bereich, in dem die Liegenschaften der Streitteile liegen, extrem instabil. In den vergangenen 15 Jahren kam es in diesem Bereich wiederholt zu Abrissen, aber auch zu echten Rutschungen und Murenabgängen. Der Hang der Liegenschaft des Beklagten war ursprünglich mit Gräsern und Sträuchern, der Steilhang des Klägers mit Stauden, einigen Lärchen und Ahornbäumen bewachsen. Der Baumbestand zeigte zum Teil Säbelbewuchs, was einen Hinweis auf veränderte Standfestigkeitsverhältnisse darstellt. Die Grundstücke des Beklagten wiesen eine wellige Geländeform mit einigen Riedeln und vielen Höckern auf. Vor Planierungsarbeiten auf dem Grundstück des Beklagten gab es weder einen natürlichen Wasseraustritt noch vernäßte Stellen, sohin gute Wasserdurchlässigkeit. Mitte der siebziger Jahre suchte der Beklagte bei der Nebenintervenientin zwecks besserer landwirtschaftlicher Nutzung des Geländes um Förderung einer Geländekorrektur des oberhalb des Steilhanges (des Klägers) gelegenen buckligen Hanges an; die Buckel und Mulden sollten ausgeglichen und durch Aufbringung von Erdreich vor allem im unteren Bereich eine gewisse Abflachung des Hanges herbeigeführt werden. Die entsprechenden Förderungsmaßnahmen wurden für das Jahr 1982 in der Form bewilligt, daß die Nebenintervenientin die Arbeiten mit eigenen Bediensteten durchführen sollte. Am 31. März 1982 besuchte Ing. Josef M***, ein Bediensteter der Nebenintervenientin, den Beklagten und besichtigte das Gelände, ohne dieses aber eingehender zu studieren. Es bestanden damals durch den Säbelbewuchs der Bäume und des Stangenholzes im mittleren Böschungsbereich sowie Schuttanhäufungen und Wasseraustritte am Böschungsfuß Hinweise auf eine verminderte Standfestigkeit des Hanggrundes des Klägers. Wird der Nebenintervenientin die Labilität eines Hanges bekannt, wird dem Landwirt eine entsprechende Entwässerung vorgeschrieben. Anfang April 1982 führte der Bedienstete der Nebenintervenientin Josef R*** mit Hilfe einer Schubraupe die Planierungsarbeiten durch. In den Tagen vor dem 17. Jänner 1983 traten im Gebiet von Lend außergewöhnlich starke und andauernde Regenfälle auf; es setzte Tauwetter ein, so daß die bestehende Schneedecke zu schmelzen begann. Dadurch wurden die obersten Bodenschichten so stark durchfeuchtet, daß die Festigkeit des Hanges überfordert wurde; unter dem gefrorenen Humus sammelte sich Fangwasser an, was schließlich im Verein mit dem Gewicht des durchfeuchteten Bodens eine Rutschung auslöste. Die Rutschung war seichtgründig, es wurden aber auch Blöcke von der Rutschung umfaßt. Das Ausfließen bewirkte einen Massenverlust an den Flanken der Rutschung, der wieder ein seitliches Eingleiten von weiteren Massen sowie eine Entwässerung der Rutschmasse und des anplanierten Geländes zur Folge hatte.
Am 17. Jänner 1983 kam es auf der Liegenschaft des Klägers unterhalb der Böschungskante zu einer Hangbewegung, wodurch diese beschädigt wurde. Vom Hangrutsch war fast genau jener Teil des Steilhanges erfaßt, der sich unterhalb des planierten Geländes befindet. Obwohl die östlich und westlich angrenzenden Teile des Steilhanges von gleicher Beschaffenheit und von gleichem Bewuchs wie der Rutschhang waren, kam es auf ihnen zu keinen Abgängen. Wohl kam es in der näheren Umgebung zu zwei vergleichbaren Vorfällen, beim Lafferbauer zu einem Abriß mit geringer Trassenverlagerung und beim Scheibengut zu einem Wegabriß.
Die Nebenintervenientin bot dem Kläger an, die Wegschaffung des abgerutschten Materials mit Mitteln des Katastrophenhilfsfonds des Landes Salzburg zu finanzieren; auch von der Gemeinde Goldegg wurde dem Kläger nahegelegt, um Mittel aus dem Katastrophenhilfsfonds anzusuchen. Der Kläger stellte keine Ansuchen, weil er der Ansicht war, daß für seine Schäden der Beklagte bzw. die Nebenintervenientin verantwortlich und schadenersatzpflichtig seien. Der Beklagte, dessen Schäden bedeutend geringer waren, erhielt einige tausend Schilling Zuschüsse.
Der Kläger begehrt den Zuspruch des Betrages von S 1,703.000,-- für Sanierungskosten (S 1,660.000,--), Minderertrag des zerstörten Waldes (S 33.000,--) und entgangenen Gewinn aus dem Gemüseverkauf (S 10.000,--). Der Beklagte habe im Jahre 1982 auf seinen Grundstücken Erdbewegungsarbeiten durchführen lassen, durch die im wesentlichen eine Abflachung bzw. Begradigung seiner rund 50 % geneigten Grundstücke bewirkt worden sei. Das oben abgetragene Material sei im untersten Bereich der Wiese oberhalb des dem Kläger gehörigen Steilhanges abgelagert worden. Am 17. Jänner 1983 sei es zum Abgang einer Mure gekommen, die durch die unsachgemäße Ablagerung des abgegrabenen Materials, Unterlassung entsprechender Befestigung und Abstützung des abgelagerten Erdreiches sowie durch die Veränderung der Ablaufverhältnisse des Oberflächenwassers verursacht worden sei.
Der Beklagte und die Nebenintervenientin beantragten Abweisung des Klagebegehrens. Die auf dem Grundstück des Beklagten durchgeführte Planierung sei fachkundig ausgeführt worden; der Bereich der Kante zwischen den Grundstücken der Streitteile sei nicht berührt worden; der Hangrutsch stehe in keinem Zusammenhang mit der ausgeführten Planierung, vielmehr sei das Grundstück des Klägers seit jeher stark gefährdet gewesen. Durch Abholzung des wertvolleren Baumbestandes und Entfernung der Tiefwurzler habe der Kläger die Rutschgefahr begünstigt. Auslösende Ursache sei eine dreitägige Regenwetterperiode mit gleichzeitig einsetzender Schneeschmelze gewesen, die zu mehreren Hangrutschungen geführt habe. Der Erdrutsch sei eine Naturkatastrophe gewesen; der Kläger hätte vom Katastrophenhilfsfonds des Landes Salzburg seine Schäden ersetzt erhalten, habe sich jedoch geweigert, diese Hilfe in Anspruch zu nehmen. Im übrigen werde die Berechtigung des Klagebegehrens auch der Höhe nach bestritten.
Das Erstgericht erkannte mit Zwischenurteil das Klagebegehren dem Grunde nach als zu Recht bestehend. Der Erstrichter stellte fest:
Der Bedienstete der Nebenintervenientin Josef R*** habe schon mehrere Geländekorrekturen durchgeführt, weshalb ihm von der Nebenintervenientin keine näheren Anweisungen für die Durchführung der Arbeit erteilt worden seien. Auch der Beklagte selbst habe sich auf Josef R*** verlassen und ihm keine Anweisungen erteilt. Josef R*** habe die Planierungsarbeiten in der üblichen Weise durch Einziehen von Füßen in den teilweise harten Untergrund (Riedel) durchgeführt, wodurch eine Verzahnung des Oberbodens mit dem Untergrund und damit eine bessere Sicherung gegen Erosionen erreicht werden sollte. Damit sei aber eine großflächige Verletzung der Grasnarbe und eine Auflockerung des Erdreichs bewirkt worden, was wiederum nachhaltige Folgen für die Wasserbindungsfähigkeit und Wasserdurchlässigkeit der Bodenschwarte gehabt habe. Josef R*** habe vom größten Riedel die hauptsächlich aus Humus bestehenden oberen Schichten in den unteren Hangteil abgeschoben, wodurch in einem Abstand von einem bis zwei Metern von der Böschungskante ein Erdwall gebildet worden sei. In weiterer Folge habe er mit dem Reißzahn der Schubraupe die steinigeren, festeren, tiefer gelegenen Schichten des Riedels, aber auch Teile des außerhalb des Riedels gelegenen buckligen Geländes aufgeschoben und die aufgerissenen Schichten zunächst an den unteren Rand des Hanges befördert. Schließlich habe er das im unteren Teil des Hanges angeschobene Material wieder nach oben befördert, um damit die bestehenden Unebenheiten auszugleichen und eine Abflachung des Hanges zu erreichen. Das aufgelockerte Erdreich habe er dadurch gefestigt, daß er mit der schweren Raupe darübergefahren sei. Durch die Planierungsarbeiten sei zufolge Entfernung der Humusdecke und der Begrünung die Wassergängigkeit des flachen Hangstückes und damit die untertägige Abflußgeschwindigkeit und Abflußmenge erhöht worden. Die Wiederaufbringung der Humusdecke und die Wiederbegrünung hätten das ursprüngliche Rückhaltevermögen der obersten Bodenschicht in der kurzen Zeitspanne bis zum Schadensereignis nicht mehr bewirken können. Im größten Riedel sei die Felsunterlage aufgelockert worden, wodurch fließende Wässer in tiefere Bereiche des flacheren Hanges eindringen konnten, vor allem zur Inhomogenitätsfläche Grünschiefer/Bodenschwarte, die damit auch das Porenvolumen stärker durchströmen konnten. Es sei auch das Einzugsgebiet für den untertägigen Abfluß erhöht worden, da zumindest der seinerzeit bestandene größte Riedel eine gewisse Dämmfunktion gehabt habe, weil er schlechter wassergängig gewesen sei als die Bodenkrume und so den Zutritt von Wässern aus dem Nordosten behindert habe. Durch Planierung des Geländes mit einer sogenannten Rüttelwalze hätte eine stärkere Verdichtung des angeschobenen Materials und damit die höhere Versickerungsgeschwindigkeit der Oberflächenwässer verhindert werden können. Dadurch wäre aber der Zweck der landwirtschaftlichen Geländekorrektur, die bessere landwirtschaftliche Nutzbarkeit, verhindert worden, weil im stark verdichteten Boden wenig Bewuchs möglich ist. Ohne stärkere Verdichtung des Bodens mittels Rüttelwalze entstehe erst im Laufe einiger Jahre langsam wieder eine dem früheren Zustand vergleichbare Verdichtung dadurch, daß es zu Verschlemmungen komme und der durch die Planierungsarbeiten, insbesondere durch das Aufreißen, zunächst entwurzelte Bewuchs erneut ausgiebig Wurzeln fasse und damit für eine zunehmende Kohäsion des Untergrundes sorge. Die gesamte planierte Fläche sei als Einzugsgebiet für die Infiltration des Rutschgebietes anzusehen, da oberflächlich kein Abfluß konstatiert werden konnte und könne, die Niederschläge also auf dieser Fläche versickern. Auch eine zur Ableitung des Oberflächenwassers in der Nähe der Böschungskante gezogene Rinne habe entgegen den ursprünglichen Intentionen keine bessere oberflächige Ableitung der Meteorwässer, sondern eine Auflockerung des Hangbereiches und eine Vergrößerung der versickerungsfähigen Bodenfläche und damit ein größere Versickerungsfähigkeit der Bodenschwarte bewirkt. Insgesamt habe aber die Rinne, gemessen an der gesamten Einzugsfläche der Meteorwässer, nur in einem verhältnismäßig geringen Ausmaß zur Wassereinspeisung in das Rutschgelände beigetragen. Auch der Landesgeologe Dr. Rudolf V***, der am 27. Jänner 1983 eine Besichtigung des Geländes durchführte, sei zum Ergebnis gelangt, daß die landwirtschaftliche Planierung des Oberhanges für die Rutschung zweifellos eine Rolle gespielt habe. Er habe die Anlegung einer Drainage empfohlen, die als mindestens 40 cm breite und 80 cm tiefe Künette herzustellen sei, auf deren Sohle ein halbseitig gelochtes, nach unten geschlossenes Kunststoffrohr zu verlegen und mit Überlaufschotter zu füllen sei. Die Plaike müsse durch Verschließen der Anrisse und Ausgleich der stärksten Unebenheiten, Aufarbeitung des Unholzes, Begrünung und Aufforstung des Geländes, saniert werden; ebenso müsse die Quellfassung des Brunnens überprüft und allenfalls saniert werden. Nicht festgestellt werden könne, daß der Beklagte über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügte, die ihn erkennen lassen konnten, daß durch die im Rahmen der Planierungsarbeiten zu erwartende Auflockerung des Erdreiches die Rutschgefahr am Steilhang erhöht werde und welche Gegenmaßnahmen zu treffen gewesen wären; er habe sich voll auf die Fachleute der Nebenintervenientin verlassen. Die Fällung einiger Lärchen auf den Grundstücken des Klägers habe keinen Einfluß auf die Bodenstabilität gehabt.
In rechtlicher Hinsicht führte der Erstrichter aus, ein verschuldensunabhängiger Ausgleichsanspruch stehe dem Nachbarn grundsätzlich nur zu, wenn Schäden durch eine behördlich genehmigte Anlage verursacht worden seien. Der Ausgleichsanspruch bilde das Äquivalent dafür, daß dem Nachbarn die Möglichkeit der Untersagung der Immissionen genommen worden sei. In anderen Fällen nachbarrechtlicher Haftung könne das Entstehen eines Schadens durch die Untersagung des Eingriffs verhindert werden, so daß Schadenersatz nur bei einem verschuldeten Eingriff nach allgemeinen Regeln gebühre. Es gebe jedoch Grenzfälle, in denen eine Analogie zu § 364 a ABGB angezeigt sei, um extrem unbillige Ergebnisse zu vermeiden. Gesichtspunkte für die Anerkennung verschuldensunabhängiger Ersatzansprüche könnten die Gefährlichkeit der Handlung, die Nutznießung durch Eingriff in fremdes Eigentum, allenfalls auch die durch eine baubehördliche Genehmigung begründete faktische Vermutung der Gefahrlosigkeit, die eine Abwehr erschwere, wenn auch nicht rechtlich ausschließe, sein. Im vorliegenden Fall berufe sich der Beklagte darauf, daß die Herbeiführung einer Gefahr für ihn nicht erkennbar gewesen sei; dies müsse dann aber auch dem Kläger zugutegehalten werden. Der Beklagte könne sich daher nicht auf den Standpunkt stellen, der Kläger hätte ohnehin die Möglichkeit gehabt, der Gefahr durch die Einbringung einer Unterlassungsklage zu begegnen. Praktisch hätte der Kläger die von der Nebenintervenientin durchgeführten Arbeiten von Anfang an ständig beobachten und sich durch einen Fachmann beraten lassen müssen, ob die durchgeführten Erdbewegungsarbeiten nun tatsächlich eine Gefahr für ihn darstellten. Mit großer Wahrscheinlichkeit wäre aber selbst der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu spät gekommen, zumal die Frage der Gefährdung, wie der vorliegende Prozeß erweise, nicht leicht zu bescheinigen gewesen wäre. Faktisch sei dem Kläger demnach keine Abwehrmöglichkeit zur Verfügung gestanden, so daß die Anerkennung einer verschuldensunabhängigen Haftung gerechtfertigt sei. Ein Verstoß gegen die dem Kläger obliegende Pflicht zur Geringhaltung des Schadens liege nicht vor, weil er nicht verpflichtet sei, Leistungen des Katastrophenhilfsfonds in Anspruch zu nehmen, sondern sich unmittelbar an seinen Schädiger wenden könne. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten und der Nebenintervenientin nicht Folge. Es verneinte die geltend gemachte Mangelhaftigkeit und billigte die Beweiswürdigung sowie die rechtliche Beurteilung des Erstrichters. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines verschuldensunabhängigen Ausgleichsanspruchs in Analogie zur Bestimmung des § 364 a ABGB seien gegeben. Es sei zwar kein Behördenakt vorgelegen, der dem Kläger die Abwehrmöglichkeit genommen hätte, sie sei ihm aber faktisch nicht zu Gebote gestanden. Infolge Durchführung der Planierungsarbeiten durch die Landwirtschaftskammer habe für den Kläger die faktische Vermutung der Gefahrlosigkeit bestanden. Der Beklagte sei auch Nutznießer der Maßnahmen gewesen, die schließlich zur Beeinträchtigung des Eigentums des Klägers geführt hätten, so daß die verschuldensunabhängige Schadenshaftung auch unter diesem Gesichtspunkt zu bejahen sei. Daß der Schaden auch ohne Ausführung der Arbeiten ungefähr zur gleichen Zeit in gleicher Weise und im gleichen Umfang eingetreten wäre, hätten weder der Beklagte noch die Nebenintervenientin behauptet. Nach den Bekundungen des Sachverständigen hätte es bei weiteren Regenfällen zu einem anderen Zeitpunkt zu einem Hangrutsch kommen können, doch sei diese bloße Möglichkeit nicht relevant. Das Fällen von Bäumen sei nach den Feststellungen des Erstrichters für die Hangbewegung nicht ursächlich gewesen. Die Inanspruchnahme von Mitteln aus dem Katastrophenhilfsfonds des Landes Salzburg hätte den Schaden nicht gemildert, sondern bloß zu einer Überwälzung der Schadenstragung geführt. Insgesamt sei der erhobene Anspruch dem Grunde nach gerechtfertigt.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision des Beklagten und der Nebenintervenientin kommt Berechtigung nicht zu.
Gemäß § 364 Abs. 1 ABGB darf die Ausübung des Eigentumsrechtes nicht so stattfinden, daß dadurch in die Rechte eines Dritten eingegriffen wird. Nach § 364 Abs. 2 ABGB hat der Eigentümer eines Grundstückes u.a. dafür Sorge zu tragen, daß den Nachbarn die von seinem Grund ausgehenden Einwirkungen durch Abwässer und ähnliches nicht wesentlich beeinträchtigen; unmittelbare Zuleitung ohne besonderen Rechtstitel ist unter allen Umständen unzulässig. Zweck der Bestimmungen der §§ 364 ff ABGB ist es, im Interesse eines friedlichen Zusammenlebens der Nachbarn die Kollision zwischen gleichrangigen Eigentumsrechten zu regeln und die Befugnisse benachbarter Grundeigentümer abzugrenzen (SZ 56/94; Koziol-Welser, Grundriß7 II 38; Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 364). Der Abwehr unzulässiger Immissionen oder unmittelbarer Zuleitungen dient die Eigentumsfreiheitsklage, an deren Stelle im Falle des § 364 a ABGB ein auf Vergütung des Schadens gerichteter (verschuldensunabhängiger) nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch tritt (vgl. Spielbüchler a.a.O. Rz 4 zu § 364, Rz 1 zu § 364 a ABGB). Das Schwergewicht der Revisionsausführungen liegt in der Bekämpfung der Rechtsansicht der Vorinstanzen, daß im vorliegenden Fall ein vom Verschulden unabhängiger Ausgleichsanspruch anzuerkennen sei. Es trifft zu, daß in der neueren Rechtsprechung ein solcher Anspruch in den Fällen des § 364 Abs. 2 ABGB und des § 364 b ABGB nur zugebilligt wurde, wenn sich ausreichende Anhaltspunkte für eine Analogie zu § 364 a ABGB ergaben (JBl. 1986, 782; SZ 58/121; SZ 55/105; SZ 55/28; SZ 54/137; SZ 51/184 u.a.; vgl. Spielbüchler a.a.O. Rz 18 zu § 364 und Rz 6 zu § 364 a ABGB). Anknüpfungspunkt der Analogie ist die Grundsituation der Norm des § 364 a ABGB: Dem Geschädigten muß ein Abwehrrecht genommen sein, das ihm nach dem Inhalt seines Eigentums an sich zugestanden wäre (JBl. 1986, 782; SZ 57/134; SZ 56/158; EvBl. 1983/54; SZ 51/47 u.a.). Eine analoge Situation wird in Fällen angenommen, in denen die Abwehr des Eingriffs an sich zulässig bleibt, jedoch infolge der mit einer behördlichen Genehmigung zunächst verbundenen Annahme der Gesetzmäßigkeit und Gefahrlosigkeit der bewilligten Maßnahmen praktisch erschwert oder unmöglich gemacht wird (SZ 58/121; MietSlg. 37.022; SZ 56/158 mwN). Dies trifft vor allem bei behördlich genehmigten Bau- und Abbrucharbeiten (MietSlg. 37.018, 36.021; SZ 51/47; SZ 50/160; SZ 48/61) oder Aufgrabungen in öffentlichen Verkehrs- und Erholungsflächen (SZ 55/105) zu. Trotz der anscheinend verläßlichen Vorsorge gegen Immissionen wird eine dennoch vorhandene Gefährlichkeit in solchen Fällen oft erst erkennbar, wenn der Eingriff in das Eigentumsrecht bereits stattgefunden hat.
Gemäß § 364 b ABGB darf ein Grundstück nicht in der Weise vertieft werden, daß der Boden oder das Gebäude des Nachbarn die erforderliche Stütze verliert, es sei denn, daß der Besitzer des Grundstücks für eine genügende anderweitige Befestigung vorsorgt. Zu der im wesentlichen inhaltsgleichen Bestimmung des § 909 BGB wird die Auffassung vertreten, daß eine Vertiefung keine Unterschreitung des allgemeinen Bodenniveaus voraussetze, sondern auch durch Abgraben eines Hanges erfolgen könne (Säcker in Münchener Komm.2 Rz 8 zu § 909 BGB). Für den Nachbarn ergebe sich bei jedem Festigkeitsverlust eines Grundstücks als Folge von bodenrelevanten Grundstücksarbeiten eine gleichartige Störungsbetroffenheit; wesentlich für die Anwendung der Bestimmung des § 909 BGB sei daher allein, daß das Nachbargrundstück einen Stützverlust erleidet, auf es demnach so eingewirkt wird, daß der Boden in der Senkrechten den Halt verliert oder die unteren Bodenschichten in ihrem waagrechten Verlauf beeinträchtigt werden (NJW 1980, 224; BGHZ 63, 176, 180; Säcker a.a.O. Rz 10; Beutler in Staudinger, BGB12 Rz 5 und 6 zu § 909). Auch die Bestimmung des § 364 b ABGB wurde bereits in diesem Sinne verstanden (vgl. SZ 51/47 u. SZ 11/233). Zweck dieser Bestimmung ist offensichtlich ganz allgemein die Sicherung der Festigkeit und Standsicherheit des Nachbargrundstücks gegen Vorkehrungen, die einen Eingriff in die natürliche bodenphysikalische Beschaffenheit des Nachbargrundstücks bewirken. Primär handelt es sich dabei um Eingriffe, durch die das benachbarte Grundstück oder das Grundstück des Oberliegers die Stütze verliert; im alpinen Bereich kann es aber auch umgekehrt sein. Als ein solcher Eingriff ist es auch anzusehen, wenn durch Veränderungen der Bodenbeschaffenheit die Strömungsverhältnisse im Boden zum Nachteil des Unterliegers verändert werden (vgl. BGHZ 63, 176, 180; Säcker a.a.O. Rz 12).
Die Vorinstanzen haben die (natürliche) Kausalität der auf der Liegenschaft des Beklagten vorgenommenen Erdbewegungsarbeiten für den eingetretenen Schaden insbesondere wegen der damit verbundenen Veränderung der Abflußverhältnisse der Oberflächenwässer bejaht. Das Erstgericht erachtete im Hinblick darauf, daß durch Planierungsarbeiten ausgelöste "beschleunigende Faktoren" erwiesen seien, prima facie den Beweis eines Ursachenzusammenhanges zwischen den auf der Liegenschaft des Beklagten vorgenommenen Arbeiten und dem eingetretenen Schaden als erbracht. Das Berufungsgericht pflichtete im Ergebnis dieser Auffassung bei. Die Frage, ob und nach welchen Grundsätzen der sogenannte Anscheinsbeweis möglich ist, ist revisibel (SZ 57/20; EvBl. 1983/120; RZ 1983/14 u.a.). Der Anscheinsbeweis beruht darauf, daß bestimmte Geschehensabläufe typisch sind und es daher wahrscheinlich ist, daß auch im konkreten Fall ein derartiger Ablauf und nicht ein atypischer gegeben ist (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 I 324 mwN in FN 5). Die Möglichkeit der Dartuung von Geschehensabläufen auf Grund von Erfahrungssätzen stellt eine Beweiserleichterung für denjenigen dar, der anspruchsbegründende Tatsachen zu beweisen hat; der Anscheinsbeweis kann dann vom Gegner damit entkräftet werden, daß er eine andere ernstlich in Betracht zu ziehende Möglichkeit des Geschehensablaufes als des typischen aufzeigt (SZ 57/20; EvBl. 1983/120; RZ 1982/49; ZVR 1977/231; Koziol a.a.O. 325 mwN). Gegen die Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises bestehen im vorliegenden Fall keine Bedenken, weil feststeht, daß es gerade unterhalb der Stelle, an der der Beklagte Planierarbeiten verrichten hatte lassen, nicht aber auf den östlich und westlich der Liegenschaft des Klägers gelegenen Liegenschaften, die die gleiche geologische Beschaffenheit aufweisen wie die Liegenschaft des Klägers, zu Abgängen gekommen ist und der Verlauf typisch für die Folge solcher Arbeiten war. Eine Feststellung, daß der Erdrutsch auch ohne die auf der Liegenschaft des Beklagten vorgenommenen Veränderungen (etwa in gleicher Weise) eingetreten wäre, haben im Ergebnis beide Vorinstanzen abgelehnt, weil nach den Bekundungen des gerichtlichen Sachverständigen ein solcher Geschehensablauf nur nicht mit 100 %-iger Sicherheit ausgeschlossen werden konnte (ON 47 S 30). Daß durch die Planierungsarbeiten der Schaden nur zeitlich vorverlegt wurde, weil er später jedenfalls eingetreten wäre, wurde im Verfahren erster Instanz nicht behauptet. Die allfällige Ortsüblichkeit spielt bei Ansprüchen nach § 364 b ABGB keine Rolle (MietSlg. 21.027; Spielbüchler a.a.O. Rz 1 zu § 364 b ABGB; Klang in seinem Komm.2 II 177); es könnte aber ohnehin die hier in Rede stehende Einwirkung keinesfalls als ortsüblich beurteilt werden. Es kann auch keine Rede davon sein, daß die Hangrutschung ausschließliche Wirkung von Naturkräften ist, für die der Beklagte nicht einzustehen habe (SZ 57/187).
Auch der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch nach § 364 b ABGB ist nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes unter den Voraussetzungen des § 364 a ABGB, auf dessen Wertung abzustellen ist, verschuldensunabhängig (JBl. 1981, 534; SZ 48/61; Spielbüchler a.a.O. Rz 6 zu § 364 b ABGB). Es ist den Revisionswerbern einzuräumen, daß im vorliegenden Fall eine behördliche Genehmigung der Erdbewegungsarbeiten offenbar nicht vorlag; insbesondere ist die Nebenintervenientin nicht dazu berufen, derartige Genehmigungen auszusprechen. Es mag auch zutreffen, daß der Nebenintervenientin als gesetzlicher Interessenvertretung kein qualifizierteres Personal zur Verfügung steht als jedem anderen Fachunternehmer, wie etwa einem Deichgräber. Gegen eine unzulässige "Vertiefung" ist dem gefährdeten Nachbarn grundsätzlich auch die (vorbeugende) Unterlassungsklage gegen die drohende Beeinträchtigung seines Eigentums zuzuerkennen (SZ 48/45; Jabornegg-Strasser, Nachbarrechtliche Ansprüche als Instrument des Umweltschutzes, 167, 170), auch gegen einen bloß einmalig drohenden Eingriff (Jabornegg-Strasser a.a.O. 117). Die Unterlassungsklage ist auf zumutbare Vorkehrungen zur Verhinderung von Einwirkungen auf das Nachbargrundstück zu richten (vgl. MietSlg. 38.023; SZ 44/22; Jabornegg-Strasser a.a.O. 129). Die Geltendmachung des vorbeugenden Unterlassungsanspruchs setzt allerdings voraus, daß die Gefahr einer unzulässigen "Vertiefung" besteht und erkennbar ist. Der Kläger hätte ein bestimmtes, die Festigkeit seines eigenen Grundstücks gefährdendes Verhalten des Nachbarn als materiell-rechtliche Voraussetzung des Anspruchs zu behaupten und zu beweisen (vgl. Säcker a.a.O. Rz 18 zu § 909 BGB). Der Unterlassungskläger befindet sich, was die Abwehr des drohenden Eigentumseingriffes betrifft, in einer sehr prekären Situation, auf die Jabornegg-Rummel-Strasser, Privatrecht und Umweltschutz 129, hingewiesen haben: Der Nachbar hat im allgemeinen keinen Einfluß darauf, daß auf dem benachbarten Grundstück keine gefährlichen Anlagen errichtet bzw. gefährliche Tätigkeiten ausgeübt werden; auch wenn das Gesetz im Einzelfall gegen eine derartige Gefährdung einen Unterlassungsanspruch einräumt (wie im Fall des § 364 b ABGB), ist doch der Schaden regelmäßig schon eingetreten, ehe man die Möglichkeit des Untersagungsrechtes faktisch nutzen kann. Diese Schwierigkeiten haben die Vorinstanzen zutreffend auch für den vorliegenden Fall erkannt. Wenn nicht einmal dem Beklagten, der seine Liegenschaft kennt, bewußt war, daß durch die vorgenommenen Erdbewegungsarbeiten eine gefährliche Situation für die Grundstücke des Klägers geschaffen wurde, so konnte vom Kläger noch viel weniger verlangt werden, der vom Beklagten geschaffenen Gefahrensituation mit vorbeugender Unterlassungsklage zu begegnen, wie ihm dies die Revisionswerber nunmehr zumuten wollen. Selbst die Ansprnchsbescheinigung zur Begründung einer einstweiligen Verfügung wäre dem Kläger kaum möglich gewesen, zumal die konkret gefährliche Situation erst nach dem Auftreten größerer Niederschläge bei gleichzeitiger Schneeschmelze gegeben war; dann mußte aber selbst ein Auftrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu spät kommen. Diese Umstände rechtfertigen die Annahme der Vorinstanzen, daß für den Kläger eine Situation gegeben war, die faktisch für eine Unterlassungsklage vernünftigerweise keinen Raum ließ. Auch eine Anrufung der Verwaltungsbehörde, um die von der Nebenintervenientin vorgenommenen Strukturverbesserungsmaßnahmen hintanzuhalten, hätte wohl kaum ausreichende Aussicht auf Erfolg geboten. Mit Recht führten die Vorinstanzen zur Rechtfertigung der verschuldensunabhängigen Haftung des Beklagten weiters ins Treffen, daß es der Beklagte war, der sein Grundstück durch die Vornahme der schadensträchtigen Planierungsarbeiten wirtschaftlich besser nut en wollte, was keinesfalls auf Gefahr und Kosten des Klägers geschehen darf, so daß die Auferlegung einer Gefährdungshaftung auch unter diesem Gesichtspunkt gerechtfertigt erscheint (vgl. Rummel in JBl. 1976, 314).
Die Revisionswerber machen weiters geltend, der Kläger habe seiner Verpflichtung zur Schadensminderung zuwider gehandelt, weil er es abgelehnt habe, Leistungen gemäß den Bestimmungen des Salzburger Katastrophenhilfsfondsgesetzes, LGBl. 1957/40, in Anspruch zu nehmen. Auch diesem Einwand kommt Berechtigung nicht zu. Gemäß § 3 Abs. 2 dieses Gesetzes darf Fondshilfe nur gewährt werden, wenn die Schadensbehebung zur Erhaltung der Existenzgrundlage des Geschädigten erforderlich ist und dieser den Schaden nicht aus eigenem zu tragen vermag. Von einer drohenden Gefährdung der Existenzgrundlage durch einen Schaden kann aber dann nicht gesprochen werden, wenn dem Geschädigten ohnehin ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten erwachsen ist. Zweck es Salzburger Katastrophenhilfsfondsgesetzes kann es nicht sein, denjenigen, der die Verantwortung bzw. Mitverantwortung für einen eingetretenen Schaden trägt, von seiner Verpflichtung zum Ersatz zu entlasten. Daß die vom Kläger vorgenommenen Schlägerungsmaßnahmen für den Schadenseintritt nicht kausal waren, haben beide Vorinstanzen festgestellt.
Soweit zu den Ausführungen der Revisionswerber unter den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Aktenwidrigkeit nicht bereits Stellung genommen wurde, erachtet sie der Oberste Gerichtshof nach Prüfung als nicht gegeben (§ 510 Abs. 3 letzter Satz ZPO).
Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 52 Abs. 2, 393 Abs. 4 ZPO.
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