Spruch:
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung
Die Klägerin begehrt vom Beklagten, dieser möge eine Jagdhütte
geräumt von seinen Fahrnissen übergeben.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahingehend ab, dass dem Klagebegehren Folge gegeben wurde. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 4.000 EUR, nicht jedoch 20.000 EUR übersteige, und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig.
Dagegen erhob der Beklagte „außerordentliche Revision" mit dem an den Obersten Gerichtshof gerichteten Antrag ,diese für zulässig zu erklären. Der Revisionswerber vertritt im Rahmen seiner Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision den Standpunkt, es liege nach den Behauptungen der Klägerin eine Bestandstreitigkeit iSd § 49 Abs 2 Z 5 JN vor, weswegen „ein Antrag an das Berufungsgericht, die Revision zuzulassen, wohl verfehlt wäre". Damit lässt die Revision einen ausdrücklichen Antrag an das Berufungsgericht iSd § 508 Abs 1 ZPO idF WGN 1997 vermissen.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen der Meinung des Revisionswerbers liegt jedoch eine Rechtssache iSd § 49 Abs 2 Z 5 JN nicht vor, sodass ein Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO erforderlich gewesen wäre:
Nach den Klagsbehauptungen, von denen bei Beurteilung der Frage nach dem Vorliegen einer Bestandstreitigkeit gemäß § 49 Abs 2 Z 5 JN auszugehen ist (7 Ob 76/00b; 9 Ob 107/99x), wird das auf eine Jagdhütte bezogene Räumungsbegehren darauf gestützt, die Klägerin sei Eigentümerin eines Grundstücks, auf welchem der Beklagte vereinbarungsgemäß die Jagdhütte aufstellen durfte. Das Bauholz sei von der klagenden Partei unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden; die Hütte sollte nach Ablauf der Jagdperiode am 31. 12. 2000 in das Eigentum der Klägerin fallen. Seit damals benütze der Beklagte die Hütte titellos. Er stelle sich auf den Standpunkt, die Klägerin müsse ihm die Jagdhütte ablösen, obwohl Derartiges niemals vereinbart worden sei.
Mit der Klagserzählung, die Hütte solle nach Ablauf der Jagdperiode in das Eigentum der Klägerin fallen, gesteht diese selbst zu, der Beklagte wäre vorerst Eigentümer der Jagdhütte - die damit offenbar ein Superädifikat darstellte - gewesen. Daraus resultiert, dass die Klägerin das Vorliegen eines Mietvertrages hinsichtlich der Hütte nicht behauptet, würde dies doch voraussetzen, dass sie selbst ab Errichtung deren Eigentümerin gewesen wäre. Mit diesem Ergebnis und der bisher wiedergegebenen Klagserzählung steht jedoch der erste Satz der Klagserzählung im Widerspruch, der wie folgt lautet: „Die beklagte(n) Partei(en sind) ist Mieter des nachstehenden Objekts im Hause der klagenden Partei: Die ... am Grundstück ... befindliche Jagdhütte bestehend aus ....". Im Kontext mit dem weiteren, oben wiedergegebenen Klagsvorbringen kann dieser Einleitungssatz aber nur dahin verstanden werden, die Klägerin wollte damit darlegen, es bestehe hinsichtlich des Grundstücks, auf welchem sich die Jagdhütte befindet, ein Bestandvertrag (Jagdpachtvertrag). Ausgehend von diesem Verständnis liegt eine Streitigkeit über eine Benützungsvereinbarung besonderer Art, verbunden mit einem Jagdpachtvertrag vor, nicht aber eine Bestandstreitigkeit gemäß § 502 Abs 5 Z 2 ZPO (§ 49 Abs 2 Z 5 JN). Somit ist der Bewertungssausspruch des Berufungsgerichts zu Recht erfolgt, da das Räumungsbegehren gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO zu bewerten war. Da das Berufungsgericht aussprach, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 4.000 EUR, nicht jedoch 20.000 EUR übersteigt, widerspricht die Vorgangsweise des Erstgerichts, die „außerordentliche Revision" unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, der seit Inkrafttreten der Erweiterten Wertgrenzennovelle 1997 (WGN 1997) geltenden Rechtslage:
Gemäß § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision - außer im Fall des § 508 Abs 3 - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar 4.000 EUR, nicht aber insgesamt 20.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann die Partei gemäß § 508 Abs 1 ZPO idF WGN 1997 einen Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde; in diesem Antrag sind die Gründe dafür anzuführen, warum - entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts - die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird. Mit demselben Schriftsatz ist die ordentliche Revision auszuführen. Ein solcher Antrag, verbunden mit einer ordentlichen Revision, ist gemäß § 508 Abs 2 ZPO idF WGN 1997 beim Prozessgericht erster Instanz binnen vier Wochen ab Zustellung des Berufungserkenntnisses einzubringen. Im vorliegenden Fall hat der Rechtsmittelwerber das Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und darin ausgeführt, warum er die Revision für zulässig erachte. Der Revision fehlt allerdings ein ausdrücklicher Antrag an das Berufungsgericht im Sinne des § 508 Abs 1 ZPO idF WGN 1997. Aus der Formulierung, ein Antrag an das Berufungsgericht „wäre wohl verfehlt", ist zugleich ableitbar, dass der Rechtsmittelwerber die Stellung eines derartigen Antrags nicht jedenfalls ablehnt.
Im Hinblick auf die geschilderte Rechtslage war der Rechtsmittelschriftsatz jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (§ 507b Abs 2 ZPO idF WGN 1997). Mangels Antrags, das Berufungsgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern, wird es einen - mit Fristsetzung verbundenen - Verbesserungsauftrag zu erteilen haben, weil es dem Rechtsmittelschriftsatz an einem Inhaltserfordernis iSd § 84 Abs 3 ZPO mangelt.
Aus diesen Überlegungen ist der Akt dem Erstgericht zurückzustellen.
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