Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 7.605,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.267,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Über Vermittlung durch den Beklagten wurde der Kläger im April 1994 Mitglied der European Kings Club Re Insurance (Europe) Ltd (im folgenden kurz EKC). Er erwarb insgesamt 32 „Letters“ (= Beteiligungsscheine), wofür er einen Betrag von S 313.600,-- zu entrichten hatte. Statt der ihm in Aussicht gestellten Rendite von 70 % erhielt er lediglich Rückzahlungen im Gesamtbetrag von S 42.000,- -. Vom EKC sind weitere Zahlungen nicht zu erwarten, weil dessen Initiatoren verhaftet und zum Teil abgeurteilt wurden, sodaß dem Kläger ein Vermögensnachteil von S 271.600,-- erwachsen ist.
Der Kläger begehrte vom Beklagten (und dessen Ehegattin als Mitbeklagte, doch ist das gegen diese erhobene Klagebegehren bereits rechtskräftig abgewiesen) den Ersatz des vorher genannten Schadens mit der Begründung, daß dieser ihn über allfällige Risken der Veranlagung nicht aufgeklärt, sondern im Gegenteil seine Bedenken durch wortgewandte Argumentation zerstreut habe. Damit habe dieser vorvertragliche Sorgfalts- und Aufklärungspflichten gröblichst verletzt. Der Beklagte sei als wesentlicher Gestalter bzw als Person mit beherrschendem Einfluß auf das Betriebssystem des EKC in Österreich anzusehen. Er habe den Kläger über die tatsächliche finanzielle Situation des EKC in Irrtum geführt; der Kläger hätte bei Kenntnis der wahren finanziellen Lage des EKC keine Beteiligungen erworben. Vom Beklagten, der ein massives wirtschaftliches Interesse am Zustandekommen der Beteiligungen des Klägers gehabt habe, sei dessen persönliches Vertrauen ausgenützt worden. Er habe ihm zwar Prospektmaterial, Berechnungstabellen für die Gewinnauszahlung ua übergeben, doch seien die Bedenken gegen die in Aussicht gestellte Rendite von 70 % damit zerstreut worden, daß er ihm erklärt habe, der EKC investiere die vereinnahmten Geldbeträge im Bereich der „Hochfinanz“. Eine Information, daß es sich beim EKC um ein „Umschichtungssystem“ von Geld ähnlich einem Pyramidenspiel handle, sei dem Kläger nie zuteil geworden. Eine solche Vorgangsweise sei vielmehr entschieden dementiert und es sei erklärt worden, die auszuzahlenden Beträge ergäben sich durch Investition bei potenten Unternehmen. Das Geld sei absolut sicher angelegt; die Auszahlungen an die Mitglieder des EKC seien langfristig garantiert. Jedenfalls im Jahre 1994 sei der Beklagte ganztägig als Anlagevermittler für den EKC tätig gewesen, wofür er als Provision für jeden verkauften Letter S 700 erhalten habe.
Der Beklagte wendete ein, der Kläger habe von Anfang an die Verwendung der Anlagen gekannt; er habe vom Beklagten entsprechendes Prospektmaterial erhalten. Eine Beraterfunktion sei nicht ausgeübt worden; ein Vertragsverhältnis mit dem Kläger habe daher nicht bestanden. Es sei ihm auch nicht zugesichert worden, daß es sich bei dieser Anlageform um eine risikolose Geldinvestition handle.Vielmehr habe dem Kläger klar sein müssen, daß es sichere Geldanlagen mit einer Rendite von etwa 70 % jährlich nicht gebe, daß es sich vielmehr dabei um hochspekulative Anlagen mit hohem Risiko handle. Jedenfalls liege ein gravierendes Mitverschulden des Klägers vor. Für den Beklagten sei beim Verkauf der Letters nicht erkennbar gewesen, daß die Geldanlage notleidend werden könnte. Seit April 1994 habe jeder Zeichner von Letters aufgrund von Pressemeldungen gewußt, daß die Repräsentanten des EKC bereits verhaftet worden seien. Für die Auszahlung der Rendite sei der Beklagte nicht zuständig gewesen. Es treffe ihn keine wie immer geartete Haftung; er sei passiv nicht legitimiert.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es stellte fest, seit 1991 sei der EKC mit zunehmend massiven Werbemaßnahmen an die Öffentlichkeit getreten; er habe vordergründig ideelle Ziele proklamiert, vor allem aber potentielle Geldgeber unter Zusage von phantastischen Renditen bei Fehlen jeglichen Risikos angesprochen. Ansprechpartner für Interessenten und für (spätere) Mitglieder seien sogenannte „Berater“ gewesen, die an vorletzter Stelle einer fünfstufigen Betriebshierarchie rangierten. Diese hätten als selbständige Handelsvertreter auf Provisionsbasis gearbeitet; ein unmittelbares Vertragsverhältnis sei mit einem vom EKC eingerichteten Vertriebsunternehmen begründet worden. Der Beklagte sei seit September 1993 in Österreich als Abschlußvermittler und als Betreuer von Mitgliedern des EKC tätig gewesen. Er selbst habe erstmals im Mai/Juni 1993 mit dem EKC Kontakt aufgenommen; damals habe er selbst erstmals Letters gekauft. Für den Verkauf von Letters habe er Provision bezogen und damit ein monatliches Einkommen in beträchtlicher Höhe erzielt, sodaß er schließlich bis zum Frühjahr 1995 nur noch für den EKC tätig gewesen sei. Der Kläger habe sich im Frühjahr 1994 an ihn gewandt, weil er von einem Arbeitskameraden, der sich selbst am EKC beteiligt habe, in Erfahrung gebracht habe, daß bei einer Beteiligung eine Verzinsung von 70 % zu erzielen sei. Er habe eine Beteiligung am EKC in Erwägung gezogen und deshalb den Beklagten aufgesucht, der ihm tatsächlich eine solche Rendite „versprochen“ habe. Der Beklagte habe dem Kläger die Anlagemöglichkeit ebenso verlockend dargestellt, wie sie sich aus allen Prospekten des EKC ergeben habe. Über ein dabei bestehendes Risiko sei nichts gesagt worden. Erst ab Herbst 1994 habe der EKC auf allfällige Risken hingewiesen, das aber auch nur aus „formaljuristischen Gründen“. Beim ersten Besuch des Klägers seien ihm Prospekte des EKC und sonstige Unterlagen übergeben worden, mit denen die Seriosität des EKC belegt werden sollte. Auf die Gestaltung dieser Unterlagen habe der Beklagte keinen Einfluß gehabt. Nach einer Überlegungsfrist von ein bis zwei Wochen habe sich der Kläger zwecks Zeichnung von 10 Letters mit der Ehegattin des Beklagten getroffen und einen entsprechenden Antrag an den EKC unterfertigt. Als Betreuer sei in diesem Antrag - wie auch in einem späteren - der Beklagte aufgeschienen. Der Kläger habe für diese 10 Letters insgesamt S 98.000 und überdies den Mitgliedsbeitrag von S 700 bezahlt. Die erste Auszahlung an den Kläger, der durch die ihm zugesagte „intelligente Anlagenstrategie in wenigen Jahren zu Wohlstand und Reichtum“ habe gelangen wollen, in Höhe von S 14.000 sei im Juni 1994 fällig gewesen. Die Auszahlungen für Juni und Juli 1994 im Gesamtbetrag von S 28.000 seien erst am 15.7.1994 erfolgt. Diese Zahlung und der Umstand, daß der Beklagte zugesagt habe, es werde Zahlungsstockungen nicht mehr geben, hätten den Kläger veranlaßt, am 16.8.1994 noch weitere 22 Letters um den Betrag von S 215.600 zu kaufen. Trotz bereits negativer Presseberichte (zB über Verhaftungen von Verantwortlichen des EKC in der Schweiz) habe der Beklagte auch beim zweiten Ankauf die Seriosität der Geldanlage dem Kläger gegenüber hervorgehoben, weil er selbst von einer „nahezu religiösen Gläubigkeit bezüglich der von der Clubleitung des EKC verkündeten Dogmen“ gewesen sei. In der Folge sei nur noch der für August 1994 fällige Betrag von S 14.000 ausgezahlt worden, der dem Kläger am 9.9.1994 überwiesen worden sei. Danach habe sich dieser zunächst mit Reinvestitionen einverstanden erklärt; als man aber im Herbst 1994 von ihm verlangt habe, einen „Risikohinweis“ nachweislich zur Kenntnis zu nehmen, habe er seine Unterschrift verweigert. Es bestehe für den Kläger keine realistische Chance, vom EKC noch Zahlung zu erlangen.
Rechtlich meinte das Erstgericht, der Beklagte sei als bloßer Vertragsvermittler tätig gewesen, der deshalb aus dem Vertrag selbst nicht hafte. Für den Fall eines Irrtums könne eine „Rückabwicklung“ nur dem EKC gegenüber stattfinden. Es käme nur eine deliktische Haftung des Beklagten als Erfüllungsgehilfe des EKC in Frage. Mangels eigenwirtschaftlichen Interesses sei eine Haftung des Beklagten als Vertreter des EKC zu verneinen, weil sonst die „kumulative“ Haftung jedes Provisionsvertreters aus den von ihm vermittelten Verträgen angenommen werden müßte. Allein der Provisionsanspruch dem EKC gegenüber rechtfertige die Annahme eines wirtschaftlichen Eigeninteresses des Beklagten nicht. Dem Kläger gegenüber habe auch für den Beklagten weder eine Aufklärungs- noch eine Warnpflicht bestanden. Im August 1994 sei selbst bei kritischer Betrachtungsweise für ihn objektiv nicht erkennbar gewesen, daß sein den Verkauf von Letters förderndes Verhalten einen Schaden herbeiführen würde. Es fehle daher an einer schuldhaften Handlungsweise des Beklagten, der selbst von der Grundidee des EKC und dessen reellen Vorgangsweise überzeugt gewesen sei.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem Klagebegehren mit einem Teilbetrag von S 135.800 samt 4 % Zinsen seit 16.8.1994 statt, wies das Mehrbegehren (von weiteren S 135.800 sA) ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es führte aus, der Beklagte sei Vertragsvermittler gewesen; die Verletzung (vor-)vertraglicher Pflichten durch den Vertragsgehilfen sei grundsätzlich dem Geschäftsherrn zuzurechnen, für den er tätig geworden sei; diese hafte gemäß § 1313a ABGB. Ein Geschäftsgehilfe werde in eigener Person verantwortlich, wenn sein Verhalten einem Geschäftsherrn nicht zugerechnet werden könne, wenn er im Verhältnis zum Dritten ein ausgeprägtes eigenes wirtschaftliches Interesse am Zustandekommen des Vertrags verfolge oder wenn er bei den Vertragsverhandlungen persönliches Vertrauen in besonderem Maß in Anspruch genommen und dadurch die Verhandlungen beeinflußt habe. All diese Voraussetzungen seien nicht gegeben. Dennoch sei der Beklagte direkt deliktisch schadenersatzpflichtig, weil er die Widerrechtlichkeit seines Handelns habe einsehen können. Bei einigermaßen ernsthafter Beschäftigung mit dem vom EKC entwickelten System wäre nämlich für ihn zu erkennen gewesen, daß es sich bei der „Geldanlage“ um einen groß angelegten Schwindel handle. Habe der Beklagte selbst nach den Medienberichten über die Verhaftung von für den EKC tätigen führenden Personen die Seriosität der von ihm angepriesenen Geldanlage weiterhin hervorgehoben und dadurch den Kläger zum Erwerb von weiteren Letters veranlaßt, so sei er für den daraus entstandenen Schaden verantwortlich. Daran könne auch der Umstand nichts ändern, daß sich der Beklagte der gebotenen Einsicht verschlossen habe. Darüber hinaus hafte der Beklagte aber auch deshalb, weil er Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten aus einem stillschweigend zwischen ihm und dem Kläger zustandegekommenen Beratungsvertrag vernachlässigt habe. Er habe sich als Anlagevermittler betätigt, im Interesse des EKC den Vertrieb von Kapitalanlagen übernommen, selbst Klub- bzw Informationsabende veranstaltet und sich daher als besonders fach- und sachkundig geriert. Der Kläger habe sich an ihn gewandt, um über den Erwerb von Letters informiert und beraten zu werden, sodaß ein Beratungsvertrag schlüssig zustandegekommen sei. Das Fehlen sonstiger vertraglicher Beziehungen schließe einen solchen haftungsbegründenden Auskunftsvertrag nicht aus; dieser komme gerade mit der Erteilung der Auskunft zustande. Der Beklagte habe die Beteiligung am EKC - entgegen den Tatsachen - als seriös und sicher hingestellt und dadurch den Kläger zum Erwerb von Beteiligungen bestimmt. Diese Vorgangsweise begründe seine vertragliche Haftung. Der Mitverschuldenseinwand des Beklagten sei jedoch berechtigt. Auch der Kläger hätte bei halbwegs vernünftiger Betrachtungsweise Zweifel an der Seriosität der Geldanlage hegen müssen. Er hätte nicht allein auf die Auskünfte und Versprechungen des Beklagten vertrauen dürfen, sodaß ihm außerordentliche Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten vorzuwerfen sei; das rechtfertige eine Verschuldensteilung zu gleichen Teilen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Beklagten ist zulässig, indessen nicht berechtigt.
Nach den vorinstanzlichen Feststellungen war der Beklagte „einer der ca. 100 in Österreich - als Abschlußvermittler und bei der Mitgliederbetreuung - tätigen Berater“, der „als selbständiger Handelsvertreter auf Provisionsbasis“ für den EKC den Verkauf von Letters vermittelte. Der Beklagte war somit bei dieser Verkaufsvermittlung für den EKC als dessen Vertragsgehilfe tätig, für den dieser dem Geschädigten deshalb gemäß § 1313a ABGB haftet (Koziol/Welser, Grundriß10 I 207). Der Geschäftsgehilfe wird jedoch dann in eigener Person verantwortlich, wenn sein Verhalten keinem Geschäftsherrn zugerechnet werden kann (SZ 64/104 ua), wenn er im Verhältnis zum Dritten ein ausgeprägtes wirtschaftliches Interesse am Zustandekommen des Vertrags hat oder bei den Vertragsverhandlungen im besonderen Maß persönliches Vertrauen in Anspruch nahm und dadurch den Verhandlungsverlauf beeinflußte. Jenes Vertrauen, das jedermann seinem Vertrags- oder Verhandlungspartner entgegenbringt, rechtfertigt indes für sich allein noch nicht die Annahme, daß der Geschäftsgehilfe Vertrauen im besonderen Maß für sich in Anspruch nimmt, würde er dann doch wohl in jedem Fall haftbar gemacht werden können. Der bloße Entgeltanspruch im Innenverhältnis zum Geschäftsherrn genügt wiederum nicht, um das die eigene Verantwortlichkeit rechtfertigende wirtschaftliche Interesse des Gehilfen bejahen zu können; es muß sich vielmehr um ein ausgeprägtes wirtschaftliches Interesse handeln, das der Vertragsgehilfe gerade dem Kontrahenten seines Geschäftsherrn gegenüber verfolgt (JBl 1997, 37; WBl 1997, 124 uva). Zu den damit anstehenden Fragen, ob schon die Tatsache, daß der Beklagte schließlich seinen gesamten Lebensunterhalt aus den für die Vermittlung des Verkaufs von Letters des EKC bezogenen Provisionen bestritt, für sich allein zur Annahme seiner persönlichen Haftung wegen eines ausgeprägten wirtschaftlichen Eigeninteresses ausreicht (vgl dazu BGH in BGHZ 74, 103, 107) bzw ob der Beklagte bei seiner Vermittlertätigkeit - etwa dadurch, daß er sich zur Zerstreuung von Bedenken gegen die mit der angebotenen Kapitalanlage verbundenen Risken darauf berief, er hätte doch dann nicht selbst solche Letters gezeichnet, oder bei deren Vertrieb einen geradezu religiösen Eifer entfaltete, - im besonderen Ausmaß das persönliche Vertrauen der Anlageinteresenten in Anspruch nahm, wird noch später Stellung zu nehmen sein; die Verantwortung des Beklagten allein deshalb, weil sein Verhalten keinem Geschäftsherrn zugerechnet werden könnte, kommt bei der hier gegebenen Sachlage allerdings nicht in Betracht. Die - vom Gericht zweiter Instanz offenbar bejahte - Frage, ob der Beklagte dem Kläger schon deliktisch einzustehen hat, weil er sich der jedem „vernünftigen, durchschnittlich intelligenten“ Menschen zugänglichen Einsicht, daß es bei der Beteiligung am EKC letztlich um nichts anderes als um die Teilnahme an einem Pyramidenspiel gegangen sei, kann im vorliegenden Fall auf sich beruhen, weil der Beklagte - wie noch darzulegen sein wird - dem Kläger aus einem schlüssig zustandegekommenen Auskunftsvertrag verantwortlich ist. Demnach bedarf es auch keiner Erörterung der Frage, inwieweit ein Verstoß gegen § 168 StGB (die Anwendung der einschlägigen, jedoch erst am 1.3.1997 in Kraft getretenen Bestimmung des § 168a StGB kommt angesichts deren zeitlichen Geltungsbereichs nicht in Betracht) als Verletzung eines Schutzgesetzes (im Sinne des § 1311 ABGB) haftungsbegründend sein könnte.
Nach jüngster Rechtsprechung (ÖBA 1996, 96; ÖBA 1993, 987 ua) ist der Anlageberater zur Aufklärung seiner Kunden über die Risikoträchtigkeit der in Aussicht genommenen Anlage verpflichtet; welche Verhaltenspflichten ihn dabei im einzelnen treffen, kann zwar nur aufgrund der konkreten Umstände beurteilt werden, doch treffen ihn jedenfalls dem Anlageinteressenten gegenüber Schutz- und Sorgfaltspflichten. Stellt er etwa ein typisches Risikogeschäft als sichere Anlageform hin und veranlaßt er dadurch den Anleger zur Zeichnung einer solchen Beteiligung, dann haftet er für die fehlerhafte Beratung selbst dann, wenn auch er von der Seriosität des Anlagegeschäfts überzeugt gewesen sein sollte, weil er ein solches Geschäft nicht ohneweiteres als sichere Anlageform anpreisen darf.
Schadenersatzansprüche gegen einen Anlageberater wegen Verletzung (vor-)vertraglicher Schutz-, Sorgfalts- und Aufklärungspflichten kommen namentlich dann in Betracht, wenn der Berater eine auf unrichtigen bzw unvollständigen Ermittlungen beruhende und deshalb unrichtige Prognose erstellt, ohne den Anleger auf diese Umstände hinzuweisen oder ihn über seine fachliche (In-)Kompetenz aufzuklären. In solchen Fällen gibt sich der Anlageberater dem Anleger gegenüber den Anstrich der Sachkunde im Sinne des § 1299 ABGB, sodaß er dann auch dem dort geregelten Sorgfaltsmaßstab unterliegt. An diesem Ergebnis kann auch der Umstand, daß der Anlageberater vom Anleger nicht (durch eine von diesem zu entrichtende Provision) gesondert entlohnt wird, nichts ändern, weil er seine beratende Tätigkeit im Rahmen oder doch in Vorbereitung eines insgesamt entgeltlichen Geschäfts entfaltet und damit den Abschluß dieses Geschäfts entscheidend beeinflußt. Seine Tätigkeit ist daher als entgeltlich zu beurteilen und somit § 1300 erster Satz ABGB zufolge dem Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB zu unterwerfen (SZ 66/129; RdW 1991, 232 ua; Reischauer in Rummel, ABGB2 § 1300 Rz 15). Die Pflicht des Anlageberaters zur Aufklärung des Anlageinteressenten über die Risikoträchtigkeit der geplanten Kapitalanlage wird auch nicht etwa dadurch aufgehoben, daß es deshalb grundsätzlich Sache des Investors ist, die Risken einer Beteiligung abzuschätzen und zu tragen, weil ihm in der Regel unterstellt werden darf, daß er seine wirtschaftlichen Interessen selbst wahrzunehmen imstande ist (vgl dazu auch SZ 61/148).
Der Oberste Gerichtshof hat denn auch den stillschweigenden Abschluß eines Auskunftsvertrags angenommen, wenn die Umstände des Falles bei Bedachtnahme auf die Verkehrsauffassung und die Bedürfnisse des Rechtsverkehrs den Schluß rechtfertigen, daß beide Teile die Auskunft zum Gegenstand vertraglicher Rechte und Pflichten machen sollten. So wurde etwa dann, wenn die Bank klar erkennen kann, daß der Auskunftswerber eine Vermögensdisposition treffen will und die Bank durch die erheischte Auskunft das Zustandekommen des geplanten Geschäfts zwischen jenem und ihrem Kunden fördern will, unter Berufung auf die deutsche Rechtsprechung der schlüssige Abschluß eines Auskunftsvertrags angenommen (SZ 43/208; vgl auch JBl 1988, 239).
Ähnliches muß wohl auch für den (bloßen) Anlagevermittler gelten, der - abweichend vom Anlageberater, von dem häufig eine auf die persönlichen Verhältnisse des Anlageinteressenten zugeschnittene Bewertung und Beurteilung der Kapitalanlage erwartet wird, dem weitreichendes persönliches Vertrauen entgegengebracht wird und der daher besonders differenziert und fundiert beraten muß (BGH in WM 1993, 1238, 1239) - den Vertrieb einer bestimmten Kapitalanlage übernommen hat, selbst wenn er nicht mit einer besonderen Vertrauenswerbung hervortritt:
Der deutsche Bundesgerichtshof vertritt bei vergleichbarer Rechtslage in ständiger Rechtsprechung (va BGHZ 74, 103, 106 ff mwN; ähnlich WM 1993, 1238; NJW 1983, 1730; BGHZ 70, 356 ua) die Auffassung, der Anlageinteressent wende sich zwar regelmäßig in dem Bewußtsein an den Anlagevermittler, daß der werbende und anpreisende Charakter der Aussagen im Vordergrund stehe, doch befreie das diesen nicht von jedweder Verantwortung. Vielmehr kämen dabei vertragliche Beziehungen zustande, die die Beratung und Erteilung von Auskünften bei Vermittlung einer Kapitalanlage zum Gegenstand hätten. Die Haftung aus einem - stillschweigend zustandegekommenen - Beratungsvertrag sei stets dann zu bejahen, wenn der Anlagenvermittler Auskünfte erteile, die für den Interessenten erkennbar von erheblicher Bedeutung seien und die für diesen Grundlage wesentlicher Entschlüsse oder Maßnahmen sein sollen. Das Fehlen sonstiger vertraglicher Beziehungen schließe einen solchen haftungsbegründenden Auskunftsvertrag nicht aus, dieser komme vielmehr gerade mit der Erteilung der Auskunft zustande. Für die Anlageinteressenten bildeten die ihnen so erteilten Auskünfte die wesentliche Grundlage für die Entscheidung, ob sie von dem ihnen unterbreiteten Angebot Gebrauch machen wollen. Sie seien auf diese Auskünfte angewiesen, weil sie in der Regel außerstande seien, sich die erforderlichen zuverlässigen Informationen selbst zu verschaffen. Dazu komme, daß jene Personen, die Kapitalanlagen vertreiben oder vermitteln, aufgrund ihrer Erfahrungen in dieser Branche sachkundig seien oder zumindest vorgäben, sachkundig zu sein. Vielfach seien diese auch in der Lage, in jene Unterlagen Einsicht zu nehmen, auf welchen die von ihnen erteilten Auskünfte beruhten; sie könnten jedenfalls aber ihre Vertriebs- bzw Vermittlungstätigkeit davon abhängig machen, daß ihnen der nötige Einblick gewährt oder ihnen anderweitige Nachweise erbracht werden. Die Interessenlage erfordere es deshalb zum Schutz der Kapitalanleger, die von den Anlagevermittlern erteilten Auskünfte nicht bloß als unverbindlichen Rat im Sinne des § 676 BGB, sondern als Vorgang zu beurteilen, der die volle vertragliche Haftung nach sich ziehe.
Der Bundesgerichtshof führt - etwa in WM 1993, 1238, 1239 - weiters aus, der Anlageinteressent trete dem Anlagevermittler, der für eine bestimmte Kapitalanlage im Interesse des Kapitalsuchenden und auch mit Rücksicht auf die von diesem versprochene Provision den Vertrieb bzw die Vermittlung übernommen hat, zwar regelmäßig „selbständiger“ gegenüber als dem von einem noch größeren Pflichtenkreis betroffenen Anlagenberater, sodaß der zwischen Anlageinteressent und Anlagenvermittler zustandegekommene Vertrag bloß auf Auskunftserteilung abziele, doch verpflichte auch dieser Vertrag den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über jene Tatsachen, die für den Entschluß des Interessenten zu einer bestimmten Anlage von besonderer Bedeutung sind. Dazu bedürfe es schon vorweg der eigenen Information des Vermittlers über die Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage und die Bonität des Kapitalsuchenden. Ohne zutreffende Angaben über die hiefür maßgeblichen Umstände könne der Anlageinteressent sein Engagement nicht zuverlässig abschätzen und deshalb auch keine sachgerechte Anlageentscheidung treffen. Lägen dazu objektive Daten nicht vor oder verfüge der Vermittler mangels eingeholter oder gar einholbarer Informationen insoweit bloß über unzureichende Kenntnisse, so müsse er das dem anderen Teil offenlegen.
Diese Auffassung teilt - soweit überblickbar - im wesentlichen auch das Schrifttum in der Bundesrepublik Deutschland (vgl nur Werner/Machunsky, Rechte und Ansprüche geschädigter Kapitalanleger3, 214 ff; Wittmann in Staudinger, BGB12 § 676 Rz 7, 10 f und 13; vgl auch Emmerich in MünchK3, vor § 275 BGB Rz 138).
Diese vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung entwickelten Grundsätze hat sich der Oberste Gerichtshof schon bei der Bejahung der Haftung des Anlageberaters aus stillschweigend zustandegekommenem Auskunftsvertrag zueigen gemacht (vgl dazu auch die Stellungnahmen Harrers in Schwimann, ABGB2 § 1300 Rz 4 und Reischauers aaO). Mit überzeugenden Argumenten hat der Bundesgerichtshof diese vertragliche Haftung auch auf den - selbständigen - Anlagenvermittler ausgedehnt, soweit der Anlageinteressent klarmacht, er wolle - bezogen auf eine bestimmte Anlagenentscheidung - die einschlägigen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen, und dieser die gewünschte Tätigkeit auch entfaltet (vgl vor allem WM 1993, 1238, 1239 mwN). Der dadurch zustandegekommene Vertrag beschränkt sich auf Auskunftserteilung und verpflichtet den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über jene tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluß des Interessenten von besonderer Bedeutung sind (BGH in NJW 1990, 506, 507). Um dieser Verpflichtung entsprechen zu können, muß sich der Anlagenvermittler wohl vorher selbst auf verläßliche Weise über die Wirtschaftlichkeit (Ertragsfähigkeit) der Anlage und - nicht zuletzt - über die Bonität des Kapitalsuchenden informieren, weil seine Auskünfte sonst jeder objektiven Grundlage entbehren; zumindest aber muß der Anlagenvermittler, ist er dazu nicht imstande, das dem Interessenten offenlegen (BGH in WM 1993, 1238, 1239 mwN).
Es wäre nicht einzusehen, weshalb diese Grundsätze nicht auch im Geltungsbereich des österreichischen Privatrechts Anwendung finden sollten, kann doch die Interessenlage der daran Beteiligten in Österreich nicht anders beurteilt werden als in der Bundesrepublik Deutschland und ist auch die Rechtslage in den beiden Staaten durchaus vergleichbar.
Nach den Feststellungen hat der Beklagte nicht nur damit geworben, daß er selbst auch in beträchtlichem Umfang Letters erworben habe (gewiß ein gängiges und probates Mittel, um Bedenken gegen die Risikolosigkeit von Anlagen zu zerstreuen), und er entfaltete bei der „Mitgliederbetreuung“ (der Beklagte veranstaltete seinen Bekundungen [ON 10, S 20] zufolge Informations- und Klubabende) einen nachgerade missionarischen Eifer („nahezu religiöse Gläubigkeit“ gegenüber den „von der Klubleitung des EKC verkündeten Dogmen“), mit dem er ganz augenscheinlich die mangelnde objektive Information über die Ertragsfähigkeit der beworbenen Kapitalanlageform und der Bonität des EKC ersetzte oder überspielte und mit dem er selbst dann noch - auch dem Kläger gegenüber - fortfuhr, als in den Medien bereits über den EKC abträglich berichtet worden war. Bei dieser Sachlage kann es nicht zweifelhaft sein, daß der Beklagte im Zuge seiner Werbung über das gewöhnliche Maß hinaus persönliches Vertrauen in Anspruch nahm und die Interessenten ihm das auch entgegenbrachten (vgl dazu BGHZ 74, 103, 108).
Zentrales Argument bei der Werbung für die Letters war selbstredend die extrem hohe „Verzinsung“, die auf dem regulären Kapitalmarkt auch nicht annähernd erzielt werden könnte; die Fragen nach der Risikoträchtigkeit dieser Anlagen wurden dagegen nicht thematisiert, obwohl bei derartigen Erträgen nichts näher lag als eine erhöhte Risikoträchtigkeit, die ertragreiche Anlageformen zu begleiten pflegt. Für den deutschen Rechtsbereich wird vom Anlagevermittler auch gefordert, den hoch spekulativen Charakter der Kapitalanlage deutlich zu machen, wenn im Prospekt Risken verschleiert, verniedlicht bzw die Rendite als sicher hingestellt wird (Werner/Machunsky aaO 216 mwN). Nichts anderes kann auch für Österreich gelten.
Bei einer Kapitalanlage mit einer Rendite von 70 % (jährlich) hätte es dem Beklagten - wird auch nur eine minimale Sachkunde unterstellt - klar sein müssen, daß sie nicht auch risikolos sein konnte; wäre dem nicht so, wäre es geradezu unverständlich, würden sich nicht auch professionell agierende Anleger daran beteiligen; die Werbemethoden, deren sich der EKC bediente, wären dann wohl überflüssig. Dem Kläger haben sich auch Bedenken aufgedrängt, die der Beklagte indes mit dem - objektiv durch nichts belegten - Argument zu zerstreuen wußte, daß er die Kapitalanlage als völlig risikolos darstellte und dabei mit geradezu missionarischem Eifer zu Werke ging; auch noch bei seiner Parteiaussage (am 30.5.1996) zeigte er sich von der Seriosität der Klubleitung des EKC vollkommen überzeugt (ON 10, S 20 f). Soweit der Beklagte die von ihm beworbene Kapitalanlage als gleichzeitig extrem ertragreich und sicher darstellte, ohne aber offenzulegen, daß es sich dabei allein um seine völlig subjektive Überzeugung handelte, die keineswegs auf objektiven Informationen über die Bonität des EKC beruhte und die er trotz Fehlens zuverlässiger Quellen über die wirtschaftliche und finanzielle Situation des Kapitalsuchenden mit „religiöser Gläubigkeit“ - die hier gewiß fehl am Platz war - verbreitete, liegt darin eine schuldhafte Verletzung seiner auskunftsvertraglichen Verpflichtungen, selbst wenn er - wie er beteuert - gutgläubig gewesen sein sollte, weil er sich dann seine eigene unzulängliche Beurteilungsgrundlage nicht bewußt machte. Wer sich aber als Anlagenvermittler betätigt, hat über die dafür erforderlichen und von den Anlageinteressenten, die gerade bei dieser Vertriebsmethode regelmäßig ohne jede Geschäftserfahrung und ohne ausreichenden konkreten Kenntnisstand sind, erwarteten Kenntnisse zu verfügen bzw offenzulegen, daß dies bei ihm nicht der Fall ist (vgl dazu WM 1993, 1238, 1240).
Daß dem Kläger ein erhebliches - vom Berufungsgericht im Ausmaß von 50 % angenommenes - Mitverschulden zur Last fällt, hat dieser unbekämpft gelassen; den auch insoweit zutreffenden Ausführungen des Gerichts zweiter Instanz (vgl dazu auch BGH in WM 1993, 1238, 1240) ist im übrigen auch in dieser Hinsicht beizutreten.
Der außerordentlichen Revision des Beklagten ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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