OGH 1Ob17/01h

OGH1Ob17/01h26.6.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Gerhard G*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Walter E*****, wider die beklagte Partei O***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Walter Rinner, Rechtsanwalt in Linz, wegen Anfechtung (Streitwert S 817.729,50) sA infolge Revision der klagenden Partei (Revisionsstreitwert S 270.000,- -) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 30. Oktober 2000, GZ 1 R 50/00d-16, womit das Teilurteil des Landesgerichts Wels vom 4. Jänner 2000, GZ 1 Cg 37/99g-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Am 24. 3. 1999 wurde über das Vermögen des Gemeinschuldners der Konkurs eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Bereits in den letzten sechs Monaten vor Konkurseröffnung war der Gemeinschuldner zahlungsunfähig. Die beklagte Partei war bereits vor Konkurseröffnung Gläubigerin des Gemeinschuldners. Sie hatte ihm bei einem Kreditrahmen von 1 Mio S fortlaufend Kredit gewährt; innerhalb der letzten sechs Monate vor Konkurseröffnung war der Kreditrahmen stets überzogen. In dieser Zeit erfolgten Einzahlungen auf das bei der beklagten Partei bestehende Kreditkonto von zumindest S 817.729,50. Infolge zumindest gleich hoher Auszahlungen führten diese Einzahlungen aber zu keiner Minderung des Debets. Auf dem Kreditkonto haftete zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung ein zumindest gleich hoher Debetsaldo wie sechs Monate vor Konkurseröffnung aus. Die beklagte Partei hätte von der Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners Kenntnis haben müssen.

Der Kläger begehrte ursprünglich - unter Geltendmachung der Anfechtungsgründe nach den §§ 30, 31 KO - die Zahlung von S 1,487.729,50 sA. Nach Abschluss eines Teilvergleichs, mit dem sich die beklagte Partei zur Zahlung von S 670.000 verpflichtet hatte, verblieb ein restliches Urteilsbegehren von S 817.729,50 sA, wobei dieses Anfechtungsbegehren "ausdrücklich nur noch auf die der Beklagten diesbezüglich zugegangene Befriedigung als Gläubigerin in Kenntnis (fahrlässiger Unkenntnis) der Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners" - also auf § 31 Abs 1 Z 2 Fall 1 KO - gestützt wurde. Zum Zeitpunkt der jeweiligen Zahlungseingänge sei der Gemeinschuldner zahlungsunfähig gewesen und habe die beklagte Partei diesen Umstand gekannt, zumindest sei ihr aber fahrlässige Unkenntnis anzulasten. Der Kreditrahmen sei zum Zeitpunkt der einzelnen Zahlungseingänge überzogen gewesen, weshalb die neuerliche Kreditgewährung durch die beklagte Partei als Gewähren von Einzelkrediten aufzufassen sei und sämtliche Zahlungen auf das Kreditkonto anfechtbar seien.

Die beklagte Partei wendete unter anderem ein, dass sämtliche Zahlungseingänge in der kritischen Frist dem Gemeinschuldner wieder zur Verfügung gestellt worden seien und somit keine Minderung des Debets eingetreten sei. Es habe daher keine Befriedigung der beklagten Partei als Gläubigerin stattgefunden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren im Umfang von S 270.000 sA mittels Teilurteils ab. Der Anfechtungsgegner habe bei einer Anfechtung nach § 31 Abs 1 Fall 1 KO nur jenen Betrag an die Masse zu leisten, um den sich der Kredit im Zeitpunkt der Konkurseröffnung gegenüber dem Höchststand während der kritischen Frist vermindert habe. Stelle ein Gläubiger nach einer anfechtbaren Zahlung dem Befriedigungsfonds ohnedies wieder den Wert zur Verfügung, um den er (anfechtbar) Deckung erhalten habe, so seien die anderen Gläubiger durch die vorangegangene Deckung ebensowenig benachteiligt wie der Gläubiger selbst begünstigt worden wäre. Dies gelte auch im Fall der Überziehung des Kreditrahmens; auch in einem solchen Fall sei die Anfechtung auf die Saldosenkung (Verminderung des Kredits im Zeitpunkt der Konkurseröffnung gegenüber dem Höchststand während der kritischen Zeit) beschränkt.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es schloss sich der Rechtsansicht des Erstgerichts an, Deckungshandlungen im Überziehungsbereich, die nicht zu einer Saldoreduktion führten, unterlägen nicht der Anfechtung nach § 31 Abs 1 Z 2 Fall 1 KO.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig und im Ergebnis berechtigt.

Vorweg ist klarzustellen, dass der Kläger die Anfechtungsklage in der Tat bei Schluss der Verhandlung nur auf den Anfechtungsgrund des § 31 Abs 1 Z 2 Fall 1 KO stützte und die von ihm behauptete Aktenwidrigkeit daher nicht vorliegt: Er hat in der Verhandlungstagsatzung vom 18. 11. 1999 die "Anfechtbarkeit des restlich streitverfangenen Betrags" von S 817.729,50 nur noch auf die der beklagten Partei "diesbezüglich zugegangene Befriedigung als Gläubigerin in Kenntnis (fahrlässiger Unkenntnis) der Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners gestützt" (S 2 f des Protokolls vom 18. 11. 1999).

Das Erstgericht hat unzulässigerweise über einen Teil der Klagssumme (S 270.000) mittels Teilurteils entschieden. Dieser Umstand kann vom Obersten Gerichtshof aufgegriffen werden, weil die Frage, ob die Erlassung eines Teilurteils gesetzlich zulässig sei, im Rahmen des Revisionsgrundes nach § 503 Z 4 ZPO überprüft werden kann (SZ 59/64 mwN; aA Rechberger in Rechberger, ZPO2 § 391 Rz 5).

Teilurteile gemäß § 391 Abs 1 ZPO - nur ein solches kommt hier in Betracht - sind zulässig, wenn der Streitgegenstand quantitativ geteilt werden kann, ohne dass dadurch eine Veränderung der Ansprüche oder eine Präjudizierung der noch nicht erledigten Ansprüche eintritt (9 ObA 2292/96s; Fasching ZPR2 Rz 1416). Nun hat das Erstgericht völlig wahllos aus dem noch streitverfangenen Betrag von S 817.729,50 einen Teilbetrag von S 270.000 herausgehoben, insoweit die Verhandlung geschlossen und mit Teilurteil entschieden (S 4 des Protokolls vom 18. 11. 1999). Es ist nicht ersichtlich, warum das Anfechtungsbegehren im verbliebenen Teilbereich nicht das gleiche Schicksal erleiden müsste wie in jenem Teilbetrag, mit dem das Erstgericht über das Begehren abgesprochen hat, gründete sich doch das Klagebegehren insgesamt auf ein und denselben Rechtsgrund.

Es ist aber auch nicht ersichtlich, welche der angefochtenen Zahlungen von dem der Abweisung im Teilurteil verfallenen Teilbetrag von S 270.000 konkret umfasst sein sollten, sodass es völlig unklar ist, über welche der angefochtenen Einzahlungen noch mittels Endurteils zu entscheiden sein wird. Dies ist aber schon deshalb von Bedeutung, weil der Kläger zwischenzeitig mit Schriftsatz vom 10. 2. 2000 - also fristgerecht (§ 43 Abs 2 KO), wenngleich bedingt durch den Vortrag in der Streitverhandlung (SZ 62/69) - eine Klagsausdehnung vorgenommen und sein Anfechtungsbegehren nunmehr (wieder) auf die §§ 30 f KO gestützt hat. Wenn er auch bei dieser Ausdehnung den Betrag von S 270.000, über den mit Teilurteil entschieden wurde, berücksichtigte, ändert dies nichts daran, dass die Differenz zum zuvor streitverfangenen Betrag von S 817.729,50 nach wie vor Entscheidungsgegenstand ist, aber nicht nachvollzogen werden kann, welche Zahlungen auf das Kreditkonto des Gemeinschuldners konkret diesem Restbetrag zuzuordnen sind und welche dem mit Teilurteil erledigten Teilbegehren von S 270.000 entsprechen. Demnach bleibt es unklar, welchen Teil des Klagsanspruchs das Erstgericht als zur Endentscheidung reif erachtete; die Entscheidung ist demnach nicht nachvollziehbar und die Erlassung eines Teilurteils über den willkürlich herausgegriffenen Betrag von S 270.000 unzulässig.

Die Unzulässigkeit der Erlassung des Teilurteils führt in Stattgebung der Revision zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen, ohne dass auf die aufgezeigten Rechtsfragen einzugehen ist.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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