OGH 1Ob159/15m

OGH1Ob159/15m27.8.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr.

Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** R*****, vertreten durch Dr. Werner Goeritz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S***** R*****, vertreten durch Lackner & Hausmann Rechtsanwälte OG, Eisenstadt, wegen Räumung, aus Anlass der „außerordentlichen“ Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Berufungsgericht vom 8. Juni 2015, GZ 13 R 73/15f‑12, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Eisenstadt vom 15. Jänner 2015, GZ 2 C 844/14m‑7 , bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00159.15M.0827.000

 

Spruch:

Der Akt wird dem Berufungsgericht zurückgestellt.

Begründung

Gegenstand des Verfahrens ist ein Begehren auf Räumung des im Eigentum der Klägerin stehenden Hauses. Dazu brachte sie vor, dass der Beklagte das Objekt titellos nutze und lediglich ein rein familienrechtliches, jederzeit widerrufbares Nutzungsverhältnis vorgelegen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte das der Klage stattgebende Urteil des Erstgerichts und sprach aus, dass die (ordentliche) Revision nicht zulässig sei; eine Bewertung des Entscheidungsgegenstands unterließ es. Die gegen diese Entscheidung erhobene „außerordentliche“ Revision legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Vorlage ist verfrüht, weil noch nicht beurteilt werden kann, ob der Oberste Gerichtshof überhaupt zur Entscheidung berufen ist.

Nach § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision - außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO ‑ jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar 5.000 EUR, nicht aber insgesamt 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat.

Gestützt auf § 502 Abs 5 Z 2 ZPO hat das Berufungsgericht einen

Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO unterlassen. Dabei hat es jedoch übersehen, dass Räumungsklagen nur dann als Bestandstreitigkeiten im Sinne des § 49 Abs 2 Z 5 JN anzusehen sind und damit der Regelung des § 502 Abs 5 Z 2 ZPO unterliegen, wenn ‑ als Haupt- oder Vorfrage ‑ über das Bestehen eines Bestandverhältnises selbst oder seine wirksame Beendigung zu entscheiden ist (RIS‑Justiz RS0043261; vgl auch RS0122891). Klagen auf Räumung, die darauf gestützt werden, dass die Benützung der Räumlichkeiten von Anfang an ohne Rechtsgrund erfolgt sei, fallen nicht darunter (RIS-Justiz RS0046865; E. Kodek in Rechberger, ZPO4 § 502 Rz 9b). Auch das Begehren auf Räumung wegen titelloser Benützung nach Widerruf eines Prekariums unterliegt nicht § 502 Abs 5 Z 2 ZPO (7 Ob 130/11k: Benützungsvereinbarung unter Familienangehörigen; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 502 ZPO Rz 194 mwN). Ob ein solches Begehren vorliegt, oder der Ausnahmetatbestand des § 502 Abs 5 Z 2 ZPO erfüllt ist, richtet sich grundsätzlich nach den Behauptungen in der Klage (RIS-Justiz RS0043003; RS0046865 [T12]; Zechner aaO Rz 191).

Die Klägerin hat geltend gemacht, dass ein familienrechtliches, jederzeit widerrufbares Nutzungsverhältnis vorgelegen sei, und der Beklagte ihr Haus titellos nutze. Damit liegt keine Streitigkeit gemäß § 502 Abs 5 Z 2 ZPO vor, weshalb das Berufungsgericht den unterlassenen Bewertungsausspruch gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO nachzuholen haben wird. Erst danach kann beurteilt werden, ob überhaupt eine Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofs gegeben ist.

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