European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0010OB00156.23G.1023.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind schuldig, den erst-, zweit‑ und viertklagenden Parteien die mit 2.826,46 EUR (darin 471,08 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Die Beklagten haben jeweils sowohl den Erstrichter als auch die Mitglieder des Berufungssenats (mit und ohne namentliche Nennung) bereits mehrfach erfolglos abgelehnt (siehe etwa 1 Ob 138/21g; 1 Ob 231/21h; 1 Ob 112/22k).
[2] In ihrer gegen das im zweiten Rechtsgang ergangene Berufungsurteil vom 8. 2. 2023 gerichteten, mit einem Zulassungsantrag verbundenen Revision lehnten sie die Mitglieder des Berufungssenats neuerlich als befangen ab. Als Ablehnungsgrund behaupteten sie eine zu ihren Lasten gehende unrichtige rechtliche Beurteilung in dieser Entscheidung. Außerdem wurde die Ablehnung darauf gestützt, dass die abgelehnten Richter in früheren Entscheidungen (im vorliegenden Verfahren) unrichtig entschieden hätten. Dies sei nur durch unsachliche Beweggründe zu erklären.
[3] Das Berufungsgericht wies den Ablehnungsantrag (insoweit als Erstgericht) als unbegründet und, soweit die Ablehnung auf frühere Entscheidungen des Rechtsmittelsenats gestützt wurde, (teilweise) auch als verspätet zurück.
Rechtliche Beurteilung
[4] Der dagegen erhobene Rekurs der Ablehnungswerber ist gemäß § 24 Abs 2 JN zulässig, aber nicht berechtigt:
[5] 1. Als Befangenheitsgründe kommen in erster Linie private persönliche Beziehungen zu einer Prozesspartei, eine auffallend einseitige Verhandlungsführung, unsachliche persönliche Bemerkungen zu Parteien und Parteienvertretern oder herabwürdigende Äußerungen in Betracht (RS0045935). Das Ablehnungsrecht soll den Parteien nicht die Möglichkeit bieten, sich eines ihnen nicht genehmen Richters entledigen zu können (RS0109379 [T1]). Sinn und Zweck der Ablehnung wegen Besorgnis einer Befangenheit ist daher insbesondere nicht die Abwehr einer unrichtigen Rechtsauffassung des Richters. Eine angebliche Unrichtigkeit einer Gerichtsentscheidung oder die Vertretung einer bestimmten Rechtsmeinung durch den Richter können somit nicht als Ablehnungsgrund geltend gemacht werden (RS0111290; RS0045916).
[6] 2. Weder die behauptete unrichtige rechtliche Beurteilung im Berufungsurteil (mit dem der Berufung der Beklagten im Übrigen teilweise stattgegeben wurde) noch die angebliche Unrichtigkeit der zuvor gefällten Entscheidungen des abgelehnten Rechtsmittelsenats lassen auf unsachliche Entscheidungsmotive schließen. Was die Rekurswerber daraus ableiten wollen, dass sich die abgelehnten Richter zwar als nicht befangen erklärten, dabei auf die geltend gemachten Befangenheitsgründe aber nicht im Detail eingingen, erschließt sich nicht. Eine das Gericht bindende „Außerstreitstellung“ von Befangenheitsgründen – wie sie den Rechtsmittelwerbern offenbar vorschwebt – ergibt sich daraus keinesfalls.
[7] 3. Dass das Erstgericht jene Ablehnungsgründe, zu denen es den Antrag der Beklagten als verspätet zurückwies, als inhaltlich berechtigt angesehen hätte, ist unrichtig und kann der angefochtenen Entscheidung auch nicht implizit entnommen werden. Soweit die Rekurswerber auf Basis dieser unrichtigen Annahme argumentieren, ist darauf nicht einzugehen.
[8] 4. Dass die Ablehnung hinsichtlich bestimmter Befangenheitsgründe (angeblich unrichtige rechtliche Beurteilung in früheren Entscheidungen des abgelehnten Richtersenats) verspätet erfolgt sei, bedarf keiner Korrektur durch den Obersten Gerichtshof. Die Beklagten zeigen in ihrem Rekurs nicht überzeugend auf, warum es sich erst bei der behaupteten unrichtigen rechtlichen Beurteilung im Berufungsurteil vom 8. 2. 2023 um den „letzten Mosaikstein“ gehandelt haben soll, der das „Fass zum Überlaufen“ gebracht und aus dem sich die Befangenheit daher erst insgesamt ergeben habe. Im Übrigen sind die Ablehnungswerber auch in diesem Zusammenhang darauf zu verweisen, dass sich aus den Entscheidungen des abgelehnten Senats – schon nach dem Antragsvorbringen – weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit unsachliche Entscheidungsmotive ergeben.
[9] 5. Insgesamt ist dem Rechtsmittel entgegenzuhalten, dass die Ablehnung der Mitglieder des Berufungssenats erkennbar darauf abzielt, eine für die Beklagten (teilweise) nachteilige Entscheidung im Hauptverfahren auszuhebeln. Dem Rekurs kann daher kein Erfolg beschieden sein.
[10] 6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 50 Abs 1 iVm § 41 Abs 1 ZPO. Das Ablehnungsverfahren bildet einen Zwischenstreit, über dessen Kosten nach den Regeln des Ausgangsverfahrens unabhängig von dessen Ausgang zu entscheiden ist (RS0126588).
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