OGH 1Ob1502/91

OGH1Ob1502/916.3.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****

Gesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr. Ivo Greiter, Dr. Franz Pegger, Dr. Stefan Kofler und Dr. Christian Zangerle, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei N***** & B***** S.p.A., ***** vertreten durch Dr. Helga Hönel-Jankoncig, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen

S 647.440,80 s.A., infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 6. November 1990, GZ 1 R 169/90-69, den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Revisionsgegners auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Begründung

Die klagende Partei bezeichnet in ihrer außerordentlichen Revision lediglich die Frage, ob bei Beurteilung des Haftungsbefreiungstatbestandes gemäß Art. 17 Abs. 4 Buchst. c CMR mit dem Berufungsgericht zwischen dem "eigentlichen Verladevorgang", also der Beladung des Fahrzeugs bis zum Abstellen des Frachtgutes auf der Ladefläche, und dem Befestigen des Guts auf dieser Fläche zu unterscheiden oder eine solche Differenzierung abzulehnen sei, als erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs. 1 ZPO. Damit führt sie indessen eine Rechtsfrage ins Treffen, von deren Lösung die Entscheidung - wie im folgenden zu zeigen sein wird - gar nicht abhängt.

Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR), das im vorliegenden Fall unbestrittenermaßen anzuwenden ist, verschärft die Sorgfaltspflicht des Frachtführers gegenüber § 429 HGB. Zum Ausgleich dieser verschärften Haftung sieht das Übereinkommen jedoch in Art. 17 Abs. 2 und 4 für den Frachtführer besondere Haftungsbefreiungsgründe vor, unter anderem in Buchst. c, wenn der Verlust oder die Beschädigung des Guts aus dessen Behandlung, Verladen, Verstauen oder Ausladen durch den Absender, den Empfänger oder Dritte, die für diese handeln, entstanden ist. Wer zur Verladung bzw. Verstauung verpflichtet ist, ist in der CMR nicht geregelt (SZ 57/150 ua). Eine Vereinbarung hierüber, deren Gültigkeit Art. 41 CMR nicht entgegenstünde (SZ 60/159 ua), wurde weder behauptet noch festgestellt. Bei Schäden am Frachtgut als Folge unsachgemäßer Verladung bzw. Verstauung vertritt der Oberste Gerichtshof nunmehr in ständiger Rechtsprechung (SZ 60/159; SZ 58/28; SZ 57/150; SZ 50/43 ua; anders noch HS 6509/38 und 7426/21) den Standpunkt, habe der Frachtführer die Verladung weder übernommen noch tatsächlich ausgeführt, hafte er für derartige Schäden selbst dann nicht, wenn sie erst während der Fahrt aufgetreten sind (so auch der BGH in VersR 1979, 417). Loewe (in ETR 558 f), dem Helm (im GroßK HGB3 § 452 Anh. III Art. 17 CMR Rz 16) beipflichtet, führt zutreffend aus, die Haftungsbefreiung nach Art. 17 Abs. 4 Buchst. c CMR richte sich ausschließlich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Maßgebend sei allein, wer die Operationen tatsächlich durchgeführt habe. Haben jedoch Leute des einen und Personal des anderen Teils zusammengewirkt, sei die Operation als von jenem Teil vorgenommen anzusehen, der persönlich oder durch seine Leute die Oberaufsicht innehatte. Nichts anderes kann gelten, wenn der Frachtführer vom Verlader den Ersatz seines infolge der mangelhaften Verladung am Transportmittel entstandenen Schadens begehrt, auch wenn der Regelungszweck des Art. 17 Abs. 4 Buchst. c CMR - die Haftung des Frachtführers - eine Analogie zu dieser Bestimmung ausschließt (SZ 55/48 ua). Der Oberste Gerichtshof hat schon ausgesprochen, daß der Versender eines Guts, der das Transportfahrzeug beladen hat, dem Frachtführer für Schäden an diesem Fahrzeug, die durch die nicht transportsichere Beladung herbeigeführt wurden, einzustehen habe (SZ 57/205).

Die vorher erörterten Grundsätze müssen in gleicher Weise für Verladung und Verstauung gelten (vgl. SZ 57/150 bzw. Helm aaO), sodaß die vom Berufungsgericht, das die Befestigung des Ladeguts, die gewiß zur Verstauung zu rechnen ist, unter Hinweise auf straßenpolizeiliche Vorschriften in jedem Fall dem Frachtführer überantworten will, vorgenommene Differenzierung abzulehnen ist. Auch wenn der Lenker danach für die Verstauung und Befestigung des Ladeguts zu sorgen hat, damit das Fahrzeug betriebssicher bleibt, so handelt es sich dabei doch um eine Pflicht des öffentlichen Rechts und nicht um eine solche aus dem Beförderungsvertrag (Loewe aaO 558; Groth, Übersicht über die internationale Rechtsprechung zur CMR, 62). Diese zu Unrecht differenzierende Sicht des Gerichts zweiter Instanz ist aber im vorliegenden Fall für den Streitausgang ohne Belang:

Der Fahrer der klagenden Partei, der über die Eigenheiten des von ihm gelenkten Fahrzeugs zweifellos besser Bescheid wußte, bestimmte nach den vorinstanzlichen Feststellungen Art und Weise der Ladung und Befestigung des Frachtguts. Er bezeichnete dem Kranwagenfahrer jene Stelle auf der Ladefläche, auf der die Maschine abzustellen war. Obgleich er Gurten mit sich führte, begnügte er sich mit der gänzlich unzureichenden Fixierung des Ladeguts mit Keilen und Seitenleisten. Auf die Frage eines der anwesenden Mitarbeiter der beklagten Partei, die zudem für deren Transportwesen gar nicht zuständig waren, ob denn nicht die Ladung mit Seilen oder Ketten zu befestigen sei, entgegnete er lediglich, das sei nicht nötig. Bei dieser Sachlage kann es nicht zweifelhaft sein, daß er die Oberaufsicht über die Verladung und Verstauung des Frachtguts führte, auch wenn der Mitarbeiter der beklagten Partei dem Kranwagenfahrer die Arbeitsbestätigung unterzeichnete. Der Revers über die Sorgfaltspflicht der beklagten Partei, der im Akt der Staatsanwaltschaft Düsseldorf erliegt, war an den Messespediteur gerichtet, der das Kranwagenunternehmen beauftragt hatte; er enthält lediglich eine Freizeichnung dieses Unternehmens. Im übrigen hat sich die klagende Partei auf diesen Revers in erster Instanz gar nicht berufen.

Hat aber der Fahrer der klagenden Partei, der dessen Verhalten zuzurechnen ist, tatsächlich auf diese Weise für die Verladung und Verstauung Sorge getragen, so fallen nach den vorher angestellten Erwägungen auch die Folgen dieser unsachgemäßen Beladung ausschließlich der klagenden Partei zur Last. Schon deshalb kommt eine Ersatzpflicht der beklagten Partei nicht in Betracht.

Es ist deshalb auch belanglos, ob die Streitteile miteinander in einem Vertragsverhältnis (Art. 34 CMR bzw. § 432 Abs. 2 HGB) standen, daß im Hinblick auf die festgestellte Vertragskette nur bei durchgehendem Frachtbrief anzunehmen wäre; einen solchen hat die klagende Partei in erster Instanz aber gar nicht behauptet. Auch bei Anwendung deutschen Rechts, das im Hinblick auf den Ort des schadenstiftenden Verhaltens berufen wäre (§ 48 IPRG; Schwimann in Rummel, ABGB, § 48 IPRG Rz 4 und 6), wenn die klagende Partei mangels vertraglicher Beziehung auf deliktische Ansprüche angewiesen wäre, wäre der Fall nicht anders zu beurteilen (BGH in VersR 1979, 417; Helm aaO mwN).

Einer weitergehenden Begründung bedarf die Entscheidung nicht (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Die außerordentliche Revision ist deshalb gemäß § 508 a Abs. 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Die schon erstattete Revisionsbeantwortung ist nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig (§ 508 a Abs. 2 letzter Satz ZPO); für sie gebührt deshalb kein Kostenersatz.

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