Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Mit Schriftsatz vom 3. 7. 1995 (ON 3) beantragte der damals noch anwaltlich vertretene Minderjährige, den Vater rückwirkend ab 1. 1. 1994 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 3.173 zu verpflichten. Der Vater anerkannte bei seiner Vernehmung am 9. 5. 1996 (ON 16) seine Leistungspflicht ab 1. 5. 1996 für einen Unterhaltsbetrag von S 2.200 und beantragte, das darüber hinausgehende Begehren abzuweisen. Der bei dieser Vernehmung ebenfalls anwesende anwaltliche Vertreter des Minderjährigen ersuchte "im Hinblick auf zwischen der Kindesmutter und dem Kindesvater geführte Vergleichsverhandlungen, insbesondere auch wegen anderweitiger Vermögensangelegenheiten, ... derzeit das Unterhaltsfestsetzungsverfahren hinsichtlich des das Anerkenntnis übersteigenden Unterhaltsbetrages innezuhalten."
Ohne dass zwischenzeitig die Unterhaltsfestsetzung betreffende Vorgänge aktenkundig geworden wären, sprach die Mutter am 25. 1. 2000 bei Gericht vor, erklärte, der Vater habe bisher keine Unterhaltsleistungen für den Minderjährigen erbracht, und stellte den Antrag, das Unterhaltsverfahren fortzusetzen und über den anerkannten monatlichen Unterhaltsbetrag von S 2.200 Beschluss zu fassen (ON 25).
Nach der - infolge Zurückweisung des Rekurses des Vaters mangels Beschwer rechtskräftig gewordenen - Beschlussfassung über den vom Vater anerkannten, ab 1. 5. 1996 zu leistenden Unterhalt von S 2.200 und Durchführung von Erhebungen über die Einkommenslage des Vaters verpflichtete das Erstgericht diesen mit Wirkung ab 1. 1. 1994, für den Minderjährigen einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 3.173 zu zahlen. Nach neuerer Rechtsprechung könne der Unterhalt auch für die Vergangenheit geltend gemacht werden. Die Verjährungsfrist hiefür betrage drei Jahre. Da der Unterhaltsantrag am 3. 7. 1995 gestellt worden sei, könne der Vater nicht die Verjährung einwenden. Im Beobachtungszeitraum ab dem Jahre 1994 hätten die Privatentnahmen des Vaters im Monatsdurchschnitt rund S 20.433 betragen. Nach dieser Bemessungsgrundlage sei der Unterhalt des Minderjährigen mit 17 % bzw 19 % festzusetzen.
Mit dem angefochtenen Beschluss änderte das Gericht zweiter Instanz infolge Rekurses des Vaters diese Entscheidung, die in der Verpflichtung des Vaters, ab 1. 1. 1997 einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 3.173 zu zahlen, als in Rechtskraft erwachsen unberührt blieb, dahin ab, dass es "die Unterhaltserhöhung für den Zeitraum 1. 1. 1994 bis 31. 12. 1996" abwies. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Im Verfahren außer Streitsachen sei zwar weder eine Unterbrechung noch Ruhen des Verfahrens möglich, doch könne der Richter mit dem Verfahren innehalten, um den Ausgang eines über eine Vorfrage anhängigen Rechtsstreits abzuwarten. Im vorliegenden Fall habe das Erstgericht zwar keinen Innehaltungsbeschluss gefasst, jedoch über Ersuchen des Vertreters des Minderjährigen keine weiteren Verfahrensschritte gesetzt. Zur Frage der gehörigen Verfahrensfortsetzung bei Untätigkeit des Gerichts habe der Oberste Gerichtshof für das streitige Verfahren ausgesprochen, dass bei Fehlen besonderer Umstände von einer gehörigen Fortsetzung im Sinn des § 1497 ABGB dann nicht mehr gesprochen werden könne, wenn die Fortsetzung des Verfahrens ausschließlich dem Gericht oblegen und der Kläger länger als drei Jahre untätig geblieben sei. Es bestünden keine Bedenken, diese Grundsätze auch auf das außerstreitige Unterhaltsverfahren anzuwenden, weil sich anderenfalls ein Unterhaltsberechtigter bei einmal erfolgter gerichtlicher Antragstellung Unterhaltsansprüche beinahe auf unbestimmte Zeit sichern könnte. Da der Vater die Verjährung eingewendet habe, sei das Begehren auf rückwirkende Unterhaltserhöhung, soweit es den Zeitraum von drei Jahren vor dem Fortsetzungsantrag übersteige, abzuweisen.
Dem dagegen erhobenen Revisionsrekurs des Minderjährigen kommt keine Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Seit der Entscheidung des verstärkten Senats SZ 61/143 können Unterhaltsansprüche grundsätzlich auch für die Vergangenheit gestellt werden; Ansprüche auf gesetzlichen Unterhalt für Zeiten vor der gerichtlichen Geltendmachung unterliegen der Verjährung gemäß § 1480 ABGB. Dies gilt entgegen der vom Revisionsrekurswerber vertretenen Ansicht auch für Ansprüche minderjähriger Kinder, die im Verfahren außer Streitsachen geltend zu machen sind. Das Gesetz unterscheidet nämlich bei der Verjährung von Unterhaltsansprüchen nicht zwischen Ansprüchen von Minderjährigen, die vom Jugendamt vertreten werden, und Unterhaltsansprüchen anderer Personen (EFSlg 38.664; JBl 1995, 167). Gemäß § 1495 Satz 1 ABGB kann zwar zwischen Kindern und Eltern, solange die Kinder unter elterlicher Gewalt stehen, die Verjährung weder anfangen noch fortgesetzt werden, doch führt eine objektiv-teleologische Interpretation zu dem Ergebnis, dass die Hemmung der Verjährung nach dieser Gesetzesstelle dann nicht eingreift, wenn dem schuldnerischen Elternteil die Obsorge zur Gänze fehlt. Mit dem gänzlichen Ende des Obsorgerechts eines Elternteils endet auch die Hemmung nach § 1495 Satz 1 ABGB gegenüber der konkreten Person (JBl 1995, 167).
Dem Minderjährigen kann daher ein Unterhaltsanspruch für den strittigen Zeitraum vom 1. 1. 1994 bis 31. 12. 1996 nur dann zustehen, wenn die - wie dargestellt - auch für Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder nach § 1480 ABGB laufende Verjährung gemäß § 1497 ABGB durch den Antrag vom 3. 7. 1995 und die gehörige Fortsetzung des dadurch eingeleiteten Verfahrens unterbrochen wurde. Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, dass mit dem außerstreitigen Unterhaltsbemessungsverfahren innegehalten werden kann (EFSlg 55.367; RIS-Justiz RS0006448). Es muss nicht weiter geprüft werden, ob eine derartige Innehaltung im vorliegenden Fall überhaupt zulässig gewesen wäre, weil das Erstgericht keinen förmlichen Beschluss fasste, sondern bis zum Fortsetzungsantrag der Mutter am 25. 1. 2000, somit rund viereinhalb Jahre nach der Antragstellung und dreieinhalb Jahre nach dem Teilanerkenntnis des Vaters, im Unterhaltsverfahren keine weiteren Verfahrensschritte setzte. Die Fortsetzung des Verfahrens war somit nicht Sache des Minderjährigen, sondern oblag dem Gericht, sodass der Minderjährige vorerst auch nicht verpflichtet war, beim säumigen Pflegschaftsgericht Anträge zu stellen. Allerdings durfte er nicht auf unbegrenzte Zeit untätig bleiben. Muss die Partei erkennen, dass das Gericht von sich aus nicht mehr tätig werden wird, so kann er sich zur Rechtfertigung seiner Untätigkeit letztlich nicht mehr darauf berufen, das Gericht hätte von Amts wegen das Verfahren fortsetzen müssen. Wenngleich in Fällen, in denen die Fortsetzung des Verfahrens dem Gericht obliegt und der Partei daher nur vorgeworfen werden kann, es habe die ausstehende Prozesshandlung beim säumigen Gericht nicht betrieben, ein großzügigerer Maßstab anzulegen ist, ist doch dann von einer ungebührlichen Untätigkeit auszugehen, wenn die Partei ungebührlich lange Zeit hindurch inaktiv geblieben ist. Als zeitliche Höchstgrenze wurde in solchen Fällen von der Rechtsprechung der Ablauf der kurzen Verjährungszeit von drei Jahren angenommen (SZ 64/156; 7 Ob 15/01h; RIS-Justiz RS0034672; RS0034681). Da der dafür behauptungs- und beweispflichtige Minderjährige das Vorliegen beachtlicher Gründe für die lange Dauer der Untätigkeit nicht einmal ansatzweise behauptet hat, ist das Zuwarten durch rund dreieinhalb Jahre nach dem letzten die Unterhaltsbemessung betreffenden Verfahrensschritt als ungebührliche Untätigkeit zu qualifizieren, so dass das Verfahren mit dem Antrag vom 25. 1. 2000 nicht mehr gehörig fortgesetzt werden konnte.
Dem Revisionsrekurs ist ein Erfolg zu versagen.
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