Spruch:
Eine (privatrechtliche) gütliche Übereinkunft über die Aufteilung der Instandhaltungskosten einer Wasserbenutzungsanlage unter mehreren Wasserberechtigten kann nicht durch einseitige privatrechtliche Auflösungs- oder Kündigungserklärung, sondern nur durch eine andere gütliche Übereinkunft oder durch Bescheid der Wasserrechtsbehörde nach § 50 Abs. 3 Satz 3 WRG außer Kraft gesetzt werden
OGH 2. Juli 1975, 1 Ob 113, 115/75 (OLG Linz 3 R 14, 15/75; LG Linz 11 Cg 1/74)
Begründung:
Die L-Fabrik, deren Alleininhaber nunmehr der Erstbeklagte ist, war eine Offene Handelsgesellschaft, deren Gesellschafter ab 1962 bis zumindest Mitte 1972 die beiden Beklagten waren. Als Rechtsnachfolgerin der Firma J. M. R ist die L-Fabrik Inhaberin eines Wasserrechtes (Stau-, Einlaß- und Leitungsvorrichtungen für den W-Bach), das im Wasserbuch für den politischen Bezirk Linz eingetragen ist. Weiterer Wasserberechtigter ist die klagende Partei als Rechtsnachfolgerin der Spinnerei J D und der S-Spinnerei. Die klagende Partei und die L-Fabrik sind auch noch Inhaber eigener Wasserrechte am W-Bach. Laut Wasserbucheintragungen haben die Besitzer der am W-Bach gelegenen Werke zur Erzielung eines gleichmäßigen Wasserquantums von 10.5 m3/sec sämtliche Objekte oberhalb der sogenannten L-Brücke bis zum Einlaß aus der Traun (mit Ausnahme zweier Brücken) und die in diese Strecke fallenden Uferschutzbauten gemeinschaftlich zu erhalten, die jährlichen Bachräumungen durchzuführen und die W-Bacheinlaßschleuse zu bedienen. Zu den Kosten hatten ursprünglich die Spinnerei J M R und die Spinnerei J D je ein Viertel und die S-Spinnerei zwei Viertel beizutragen. Die wasserrechtlich vorgeschriebenen Erhaltungs- und Bedienungsarbeiten wurden zumindest bis zum Ablauf der ersten Jahreshälfte 1972 durch die klagende Partei allein erbracht. Die L-Fabrik ersetzte zunächst der klagenden Partei jeweils 25 % dieser Kosten. Nach Errichtung und Inbetriebnahme eines durch die klagende Partei um das Jahr 1950 errichteten und finanzierten neuen Traunwehrs, womit die Mehrzahl der bis dahin eingesetzten Bacharbeiter entbehrlich, ein neuer Verbindungskanal zum W-Bach geschaffen und eine längere Bachstrecke stillgelegt wurden, kam es zwischen der klagenden Partei und der durch den damaligen Einzelprokuristen Johann N vertretenen L-Fabrik durch Schreiben der klagenden Partei vom 15. Jänner 1951 und Antwortschreiben der L-Fabrik vom 16. Jänner 1951 zu einer Regelung in der Form, daß die L-Fabrik ab Juli 1950 der klagenden Partei pauschal die Spesen für einen Bacharbeiter in der Höhe von 275 Normalstunden pro Monat zuzüglich eines Regieanteiles von 30 % für Sozialversicherungsbeiträge usw. ohne Rücksicht darauf ersetzte, wieviele Bacharbeiter durch die klagende Partei beim Wehreinlaß und zur Erhaltung der Bachdämme beschäftigt wurden. Dieses Bachabkommen war nicht befristet, wurde jedoch, nachdem die Beklagten die L-Fabrik gekauft hatten und als Offene Handelsgesellschaft führten, dahin geändert, daß der Regieanteil entsprechend der allgemeinen Steigerung der Lohnnebenkosten zuerst auf 45 % und im Jahre 1966 auf 55 % erhöht wurde. Mit Schreiben vom 30. Dezember 1969 kundigte Fritz B jun., der Sohn des Erstbeklagten, der damals Prokurist der L-Fabrik war, in deren Namen und mit Einverständnis der beiden Beklagten der klagenden Partei das geschlossene Abkommen über die Bachbenützung "mit heutigem Tage" ohne Angabe von Gründen auf; er lud die klagende Partei ein, sich mit der L-Fabrik wegen einer Neuregelung (Mitbenützung der Energie der klagenden Partei aus ihrem geplanten - bis heute nicht errichteten - Kraftwerk) in Verbindung zu setzen. Die Kündigung wurde von der klagenden Partei zurückgewiesen. Sie stellte auch die Kosten in der bis dahin vereinbarten Weise der L-Fabrik weiterhin in Rechnung. Die entsprechend dem Bachabkommen vorgeschriebenen Beträge wurden jedoch von den Beklagten nicht mehr bezahlt.
Für die Zeit bis Ende Juni 1972 begehrt die klagende Partei von den Beklagten den der Höhe nach nicht strittigen Betrag von 286.232.24 S samt Anhang. Die Beklagten erhoben Gegenforderungen, die vom Erstgericht rechtskräftig als nicht zu Recht bestehend festgestellt wurden, und stellten den Zwischenbetrag auf Feststellung, daß das durch die Schreiben vom 15. und 16. Jänner 1951 abgeschlossene sogenannte Bachabkommen über die Verrechnung der Erhaltungskosten des W-Bach-Einlaufes kundbar bzw. auflösbar sei, in eventu, daß das Bachabkommen von den Beklagten rechtswirksam mit Schreiben vom 30. Dezember 1969 gekundigt bzw. aufgelöst worden sei. Die Beklagten behaupteten, sie hätten das sogenannte Bachabkommen wegen Unangemessenheit und mangelnder Überprüfbarkeit der vorgeschriebenen Zahlungen aufgekündigt. Die Vereinbarung habe nur die Kosten der eigentlichen Bacherhaltungsarbeiten und der Erzielung einer gleichmäßigen Wassermenge, nicht aber die Errichtung des neuen Traunwehrs, die überwiegend im Interesse der klagenden Partei erfolgt sei, betroffen. Grundvoraussetzung der Vereinbarung des pauschalierten Kostenersatzes sei für die L-Fabrik im Jahre 1951 gewesen, daß diese Kosten niemals die Kosten eines Fremdstrombezuges übersteigen würden. Es sei für keinen der Streitteile voraussehbar gewesen, daß bei relativ langsamer Steigerung der Strompreise eine so abnorme Steigerung der Bacherhaltungsaufwendungen (Lohnkosten) eintreten würde. Die klagende Partei erwiderte, daß ein Viertel der Erhaltungsaufwendungen einschließlich der Kosten für die Erzielung der vorgeschriebenen Dotationswassermenge, die von der klagenden Partei tatsächlich ausgelegt worden seien, noch immer über dem mit der L-Fabrik vereinbarten Pauschalpreis lägen.
Das Erstgericht wies den primär gestellten Zwischenfeststellungsantrag mit Beschluß zurück, den Eventualantrag mit Urteil ab und stellte fest, daß die eingeklagte Forderung zu Recht, die Gegenforderungen nicht zu Recht bestünden und verurteilte die Beklagten im Sinne des Klagebegehrens. Es könne nicht festgestellt werden, daß das Bachabkommen solange gelten sollte, als die L-Fabrik den Wasserrechtsnutzen habe; die Geschäftsgrundlage, unter welcher das Bachabkommen geschlossen worden sei, habe nicht objektiviert werden können. Es stellte fest, die Lebenshaltungskosten zwischen 1950 und 1972 seien um 104.77 %, die Stromkosten der L-Fabrik um 86.36 % und die Personalkosten für Bacharbeiter um 990.67 % gestiegen. Die L-Fabrik erzeuge Strom mit einer aus dem Jahre 1907 stammenden, völlig überalterten, als nicht mehr betriebsfähig anzusehenden Turbine, die nur eine effektive Leistung von 48 KW aufweise; bei Einsatz einer 182-PS-Turbine und Drei-Schichten-(statt tatsächlichen Einhalb-Schichten‑)Betrieb wäre die Wasseranlage der L-Fabrik nur im geringfügigen Maße unrentabel. Berücksichtige man den Lohnindex, hätten die Beklagten für die strittigen Jahre der klagenden Partei verhältnismäßig weniger zu bezahlen als 1950.
Rechtlich führte das Erstgericht aus: Gemäß § 50 WRG erfolge, wenn mehrere Wasserberechtigte zur Erhaltung und Bedienung von Anlagen verpflichtet seien, die Aufteilung der aufzuwendenden Kosten primär nach gültiger Übereinkunft und mangels einer solchen durch Bescheid der Wasserrechtsbehörde. Ursprünglich sei die Regelung des Wasserbuches maßgeblich gewesen, dann sei die Kostenaufstellung durch das sogenannte Bachabkommen neu geregelt worden. Dieses Abkommen sei als einvernehmliches Abgehen von der Wasserbucheintragung durch gütliche Übereinkunft nach § 50 Abs. 3 WRG und damit als gänzlich neuer Titel zu qualifizieren. Die Gültigkeit des im Wasserbuch niedergelegten Kostenaufteilungsschlüssels sei durch das Bachabkommen nicht nur überlagert worden, sondern eine Rückkehr zur früheren Rechtslage unmöglich geworden, zumal durch die Errichtung des Traunwehrs neue Grundlagen für die Kostenaufteilung geschaffen worden seien. Sofern das Bachabkommen als Privatrechtstitel der Kostenaufteilung etwa durch Kündigung wegfalle, liege es an den Wasserberechtigten, entweder sich neuerlich zu einigen oder über Antrag eine hoheitsrechtliche Entscheidung der Wasserrechtsbehörde herbeizuführen. Das Bachabkommen schaffe eine beiderseitige Verpflichtung zu fortgesetzter Erfüllungstätigkeit und sei damit als echtes Dauerschuldverhältnis zu qualifizieren.
Dauerschuldverhältnisse könnten bei Vorliegen eines wichtigen Gründes, der den Vertragspartnern die Fortsetzung des Schuldverhältnisses nicht mehr zumutbar erscheinen lasse, durch einseitige Willenserklärung aufgelöst werden. Sie könnten von einem Vertragspartner aber auch mit der Wirkung gekundigt werden, daß nach Ablauf einer durch Vereinbarung, Verkehrssitte oder Gesetz bestimmten Kündigungsfrist das Dauerschuldverhältnis erlösche.
Da die Beklagten keine Frist gesetzt hätten, scheide diese Auflösungsmöglichkeit aus. Die Verschlechterung der Rentabilität des Bachabkommens liege allein in der auffallenden unterschiedlichen Entwicklung der Lohnkosten und der Strompreise. Ohne Bachabkommen und ohne Errichtung des Traunwehrs müßten die Beklagten aber noch wesentlich höhere Beträge an die klagende Partei bezahlen als nach dem Bachabkommen. Ein wichtiger Grund zu dessen Aufhebung liege also nicht vor. Ein solcher wäre nur anzunehmen gewesen, wenn die Beklagten wegen der Unrentabilität der Turbine gleichzeitig auf ihren Wasserrechtsnutzen verzichtet hätten. Im Zeitpunkt der Auflösungserklärung wäre bei einem Drei-Schichten-Betrieb und Einsatz einer 182-PS-Turbine der Betrieb der Wasserkraftanlage auch noch als rentabel anzusehen gewesen. Der von den Beklagten gestellte Zwischenantrag auf Feststellung, daß das Bachabkommen kündbar bzw. auflösbar sei, sei zurückzuweisen, weil sich der Zwischenantrag nicht auf die Feststellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses, sondern auf die Zulässigkeit und Wirksamkeit einer Rechtshandlung beziehe. Über das Eventualbegehren sei meritorisch abzusprechen, weil darin dem Inhalt nach die negative Feststellung des Fortbestandes des im Bachabkommen bekundeten Dauerschuldverhältnisses begehrt werde.
Das Begehren sei jedoch abzuweisen, da das Dauerschuldverhältnis weiterhin bestehe.
Das Oberlandesgericht gab der als Rekurs zu behandelnden Berufung gegen die Zurückweisung des Zwischenfeststellungsantrages nicht Folge, hob aus Anlaß der Berufung das erstgerichtliche Urteil in seiner Abweisung des Eventualzwischenfeststellungsantrages auf und wies auch diesen zurück. Es erachtete das erstgerichtliche Verfahren nicht für mangelhaft, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und bestätigte dessen Entscheidung in der Hauptsache. Aus § 50 Abs. 3 WRG ergebe sich, daß eine behördliche Entscheidung über die Kostenaufteilung unter mehreren Wasserberechtigten subsidiär zu erfolgen habe. Eine gütliche Einigung könne eine behördliche Anordnung außer Kraft setzen. Die Wasserrechtsbehörde könne aber bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse auch den Aufteilungsschlüssel wieder neu festlegen. Die Möglichkeit der Änderung einer gütlichen Übereinkunft durch die Wasserrechtsbehörde ändere aber nichts daran, daß den Vertragspartnern als weitere Möglichkeit auch alle im bürgerlichen Recht vorgesehenen Möglichkeiten der Abänderung oder Aufhebung einer gütlichen Vereinbarung offenstünden. Richtig habe das Prozeßgericht ein Dauerschuldverhältnis angenommen, das aus wichtigen Gründen sofort aufgelöst werden könne. Der Nachweis eines solchen wichtigen Grundes sei den Beklagten nicht gelungen. Da sie nach wie vor den Wasserrechtsnutzen innehätten, sei ein besonders strenger Maßstab anzulegen, weil bei Auflösung des Abkommens die Beklagten bis zur Neuregelung im Sinne des § 50 Abs. 3 WRG lediglich den Nutzen aus dem Wasserrecht zögen, über die Kostentragung aber keine Regelung vorhanden wäre. Die unterlassene Rationalisierung der Wassernutzung liege allein in der Vermögensphäre der Beklagten; die sich daraus ergebenden Folgen könnten nicht als Auflösungsgrund dienen. Auf Wegfall der Vertragsgrundlage könnten sich die Beklagten auch nicht berufen, da Feststellungen über die seinerzeitige Vertragsgrundlage nicht getroffen hätten werden können. Den Zwischenfeststellungsantrag habe das Erstgericht zu Recht zurückgewiesen. Seine Auffassung, die Feststellung, ob das Bachabkommen kündbar bzw. auflösbar sei, sei als Antrag auf Feststellung einer Rechtshandlung zu werten, sei zwar nicht richtig, die Judikatur lasse aber auch Zwischenanträge nicht zu, die auf Feststellung einzelner Rechte oder Rechtsverhältnisse gerichtet seien, welche nur für einzelne Vorfragen der Entscheidung über das Hauptbegehren präjudiziell seien; Zwischenanträge auf Feststellung mit dem Ziel, einzelne Rechtsfragen zu klären und zum Gegenstand eines Urteils zu machen, seien daher unzulässig. Für den Eventualzwischenfeststellungsantrag träfen die Erwägungen des Erstgerichtes, die es für den primär gestellten Antrag angestellt habe, zu; die begehrte Feststellung, die Beklagten hätten rechtswirksam aufgekündigt bzw. aufgelöst, ziele auf die Feststellung der Rechtswirksamkeit einer bestimmten Rechtshandlung hin. Ein solcher Antrag sei unzulässig und daher mit Beschluß zurückzuweisen. Da das Erstgericht den Antrag abgewiesen habe, sei dieser Teil des Urteiles aufzuheben und auch der Eventualantrag mit Beschluß zurückzuweisen.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten gegen das bestätigende Urteil des Oberlandesgerichtes nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Der nach Auffassung des OGH für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites allein maßgebliche Sachverhalt ist unbestritten. Danach sind die klagende Partei und die L-Fabrik, die in dem für diesen Rechtsstreit maßgeblichen Zeitraum von 1969 bis Mitte 1972 eine offene Handelsgesellschaft mit den Beklagen als Gesellschaftern war, gemeinsam Inhaber von Wasserrechten am sogenannten W-Bach und verpflichtet, zur Erzielung eines gleichmäßigen Wasserquantums von
10.5 m3/sec die im Wasserbuch genannten Objekte und Uferschutzbauten gemeinsam zu erhalten. Den Fall, in dem an einer Wasserbenutzungsanlage mehrere, auf selbständigen Verleihungsakten beruhende Wasserrechte bestehen (Krzizek, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz 228) und daher mehrere Wasserberechtigte zur Instandhaltung einer Wasserbenutzungsanlage verpflichtet sind, regelt die Bestimmung des § 50 Abs. 3 WRG 1959, die im Wesen der Bestimmung des § 45 Abs. 3 WRG 1934 i.d.F. der Wasserrechtsnovelle 1945 entspricht. Mangels gütlicher Übereinkunft hat die Aufteilung der aufzuwendenden Kosten die Wasserrechtsbehörde durch Bescheid zu regeln (Satz 1), Der Regelung hat als Grundlage das Verhältnis der bewilligten Wassernutzungen zu dienen, jedoch ist auf frühere Regelungen öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Art sowie auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten Rücksicht zu nehmen (Satz 2). Ändern sich die Voraussetzungen, unter denen die Aufteilung der Kosten vorgenommen wurde, wesentlich, so hat die Wasserrechtsbehörde auf Antrag eine neue Entscheidung zu treffen (Satz 3). Diese Privat-("gütliche Übereinkunft") und öffentliches Recht (Bescheid der Wasserrechtsbehörde) ineinander verzahnende Bestimmung ist, wirtschaftlich gesehen, durchaus vernünftig. Wie sich aus § 50 Abs. 1 WRG 1959 ergibt, haben die Wasserberechtigten, sofern keine rechtsgültigen Verpflichtungen anderer bestehen, die öffentlich-rechtliche Pflicht, ihre Wasserbenutzungsanlagen in dem der Bewilligung entsprechenden Zustand und, wenn dieser nicht erweislich ist, derart zu erhalten und zu bedienen, daß keine Verletzung öffentlicher Interessen oder fremder Rechte stattfindet. Da ein Streit unter mehreren Wasserberechtigten über die Aufteilung der aufzuwendenden Kosten dem öffentlichen Interesse abträglich sein kann, sieht § 50 Abs. 3 WRG 1959 vor, daß diese Aufteilung auch durch Bescheid der Wasserrechtsbehörde geregelt werden kann. Die Instandhaltungspflicht ist nämlich eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung von größter Bedeutung und darf nicht wegen eines Streites über die Kostenaufteilung etwa ausgesetzt oder vernachlässigt werden (Hartig - Grabmayr, Das österreichische Wasserrecht 192 Anm. 161). Das Gesetz zieht es aber vor, daß sich die Wasserberechtigten untereinander gütlich einigen und damit eine Entscheidung der Wasserrechtsbehörde überflüssig wird. Nur wenn keine solche gütliche Übereinkunft erfolgt, greift demnach die Wasserrechtsbehörde ein. Kommt eine gütliche Übereinkunft zustande, gibt es wiederum zwei Möglichkeiten. Wird die Übereinkunft im Zuge eines Wasserrechtsverfahrens getroffen, ist sie im Bescheid über die Bewilligung des Wasserrechtes zu beurkunden; über die Auslegung und die Rechtswirkung eines solchen Übereinkommens hat dann im Streitfall die Wasserrechtsbehörde zu entscheiden, weil Gegenstand des Übereinkommens ein Rechtsverhältnis bildete, zu dessen Regelung in Ermangelung eines solchen die Wasserrechtsbehörde zuständig gewesen wäre (§ 111 Abs. 3 WRG 1959 = § 93 Abs. 3 WRG 1934). Die Anrufung der Gerichte ist dann ausgeschlossen (Krizek, 229). Wurde hingegen das Übereinkommen nicht im Zuge eines Wasserrechtsverfahrens getroffen, ist es dennoch gültig, es ist jedoch rein privatrechtlicher Natur, Ansprüche daraus sind im gerichtlichen Verfahren geltend zu machen. Da das Gesetz der gültigen Übereinkunft der Wasserberechtigten den Vorzug gibt, kann eine solche auch eine zuvor bescheidmäßig getroffene Regelung ersetzen, jedenfalls dann, wenn sich die Voraussetzungen wesentlich geändert haben und daher auf jeden Fall eine neue Regelung zu treffen ist. Ohne Rücksicht darauf, um welche Regelung es sich also bei der im Wasserbuch eingetragenen ursprünglichen Kostenregelung handelte, wurde sie also durch das inhaltlich unbestrittene, durch die Schreiben vom 15. Jänner und 16. Jänner 1951 zustandegekommene sogenannte Bachabkommen ersetzt. Da die damit zustandegekommene gütliche Übereinkunft nicht im Zuge eines Wasserrechtsverfahrens erfolgte, waren Ansprüche daraus, wie die Untergerichte auch bereits bindend darlegten, im Rechtsweg zu verfolgen.
Welche rechtlichen Möglichkeiten haben nun die Parteien, wenn sie sich aus gerechtfertigten und wichtigen Gründen an die getroffene gütliche Übereinkunft nicht mehr halten können oder wollen? Die Wasserberechtigten können selbstverständlich eine andere gütliche Übereinkunft treffen, die die vorhergehende ersetzt. Sie können aber auch trotz Bestehens einer privatrechtlichen Vereinbarung die Wasserrechtsbehörde anrufen, die eine Entscheidung zu treffen hat, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Aufteilung der Kosten vorgenommen wurde, sich wesentlich geändert haben. Dem Berufungsgericht ist beizupflichten, daß die Wasserrechtsbehörde hiebei die Möglichkeit hat, die Kosten der Instandhaltung den jeweiligen Verhältnissen entsprechend, wie es im öffentlichen Interesse wünschenswert erscheint, ohne zwingende Berücksichtigung früherer Bescheide oder privatrechtlicher Abmachungen auf die Verpflichteten neu aufzuteilen (Motivbericht zu § 45 der Wasserrechtsnovelle 1945, abgedruckt bei Hartig - Grabmayr, 192 f. Anm. 16). Privatrechtliche Abmachungen stehen also der Erlassung eines Bescheides der Wasserrechtsbehörde nach § 50 Abs. 3 Satz 3 WRG 1959 nicht entgegen (Hartig - Grabmayr, 193 Anm. 19). Auch wenn sich die Voraussetzungen, unter denen eine vertragliche Regelung erfolgte, ändern, kann also die Wasserrechtsbehörde eingreifen und einen neuen Verteilungsschlüssel festsetzen (Krzizek, 229). Die Wasserrechtsbehörde kann damit zumindest was die öffentlichrechtlichen Verpflichtungen des § 50 Abs. 1 WRG 1959 betrifft, die Titel getroffener Vereinbarungen der mehreren Wasserberechtigten außer Kraft setzen, was nur nicht ausschließt, daß die Wasserberechtigten allenfalls getroffene gegenteilige privatrechtliche Verpflichtungen untereinander im Rechtsweg durch Regreß geltend machen können (Hartig - Grabmayr, 193 Anm. 16 und 20); hiebei wird es sich allerdings um Vereinbarungen handeln müssen, die über eine bloße gültige Übereinkunft nach § 50 Abs. 3 Satz 1 WRG 1959, die nur einen Bescheid der Wasserrechtsbehörde unnötig machen, hinausgehen, was vom Bachabkommen wohl nicht gesagt werden kann.
Für den vorliegenden Fall wesentlich ist die Beurteilung der Frage, ob es den Parteien auch unbenommen ist, eine getroffene gütliche Übereinkunft ohne Ersetzung durch eine andere und auch ohne Anruf und Bescheid der Wasserrechtsbehörde nach § 50 Abs. 3 Satz 3 WRG 1959 durch Auflösungserklärung oder Kündigung einseitig außer Kraft zu setzen, wie es die Untergerichte grundsätzlich bejahen, wenn auch mangels Vorliegens wichtiger Gründe im konkreten Fall verneinen. Es wurde bereits hervorgehoben, daß § 50 Abs. 3 WRG deswegen jederzeit ein Eingreifen der Wasserrechtsbehörde vorsieht, weil die öffentlichrechtliche Instandhaltungspflicht unter keinen Umständen wegen eines Streites über die Kostenaufteilung ausgesetzt werden darf. Daraus muß aber geschlossen werden, daß das Gesetz eine Regelungsvakanz ausschließen wollte. Die Bestimmung des § 50 Abs. 3 Satz 3 WRG 1959 ist auch so formuliert, daß eine nicht einverständliche Änderung der Aufteilung der Kosten nur durch die Wasserrechtsbehörde erfolgen kann. Es kann also zwar nach Abänderung einer privatrechtlichen gütlichen Übereinkunft durch einen Bescheid der Wasserrechtsbehörde allenfalls über eine in andere Richtung gehende privatrechtliche Vereinbarung nach Zahlung der Kosten, wie sie abändernd von der Wasserrechtsbehörde aufgeteilt wurden, ein Rechtsstreit geführt werden, es kann jedoch eine gütliche Übereinkunft oder aber eben durch einen Bescheid der Wasserrechtsbehörde außer Kraft gesetzt werden. Die L-Fabrik bzw. die Beklagten waren daher nicht berechtigt, gegenüber der klagenden Partei, noch dazu ohne Angabe von Gründen, die einseitige Erklärung abzugeben, daß sie das getroffene Bachabkommen und damit die im Gesetz vorgesehene gütliche Übereinkunft mit sofortiger Wirksamkeit aufkündigen. Sie konnten vielmehr nur unter Hinweis auf die geänderten Voraussetzungen eine neue gütliche Übereinkunft zu erreichen trachten oder aber bei der Wasserrechtsbehörde eine bescheidmäßige Neuregelung der Kosten beantragen. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Beklagten gleichzeitig der Wasserrechtsbehörde auch den Verzicht auf ihr Wasserrecht zur Kenntnis gebracht hätten (§ 27 Abs. 1 lit. a WRG 1959), obwohl selbst in diesem Fall unter Umständen noch geprüft hätte werden müssen, ob die Beklagten damit nicht Pflichten ihrem Mitberechtigten, der klagenden Partei, gegenüber verletzt hätten (vgl. Hartig - Grabmayr 114. Anm. 3).
Es ist allerdings grundsätzlich richtig, daß Dauerschuldverhältnisse, zu denen gewiß auch gütliche Übereinkünfte über die Aufteilung der Kosten unter mehreren Wasserberechtigten gehören, aus wichtigen Gründen aufgelöst werden können; wichtige Gründe sind dabei solche Umstände, die es einer Partei üblicherweise nicht mehr zumutbar erscheinen lassen, das Vertragsverhältnis aufrecht zu erhalten, vor allem Verstöße gegen Treu und Glauben (JBl. 1975, 34; SZ 45/20 und 29; SZ 42/15 u.v.a.; Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 446 und in Schuldrecht, Allgemeiner Teil 15; Koziol - Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechtes[3] I, 147; Bydlinski in Klang[2] IV/2, 194), unter Umständen aber auch eine nachträgliche Erschwerung der geschuldeten Leistung selbst dann, wenn die Schwierigkeit nicht so weit geht, daß die Leistung rechtlich als ummöglich angesehen werden müßte (SZ 31/116). Diese Grundsätze sind nach Auffassung des erkennenden Senates jedoch auf gütliche Übereinkünfte nach § 50 Abs. 3 Satz 1 WRG 1959 bei Aufrechterhaltung des Wasserrechtes nicht anwendbar, weil, wie oben ausgeführt wurde, die primär öffentlich-rechtliche Pflicht zur geteilten Kostentragung mehrerer Wasserberechtigter zwar durch gütliche Übereinkunft privatrechtlich geregelt, aber zumindest ohne gleichzeitigen Verzicht auf das Wasserrecht nicht ersatzlos einseitig aufgehoben werden kann; man benötigt sie aber auch nicht, weil das Gesetz ohnehin die Möglichkeit einer Beendigung der Wirksamkeit der gütlichen Übereinkunft auch ohne Zustimmung des anderen Wasserberechtigten durch Bescheid der Wasserrechtsbehörde, noch dazu unter weniger strengen Voraussetzungen als es bei Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses an sich zugelassen wird, nämlich bei wesentlicher Änderung der Voraussetzungen, vorsieht. Hiebei ist nach ausdrücklicher Gesetzesbestimmung auch noch, wie es die Beklagten gerade wünschen, auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten Rücksicht zu nehmen (§ 50 Abs. 3 Satz 2 WRG 1959). Die gütliche Übereinkunft kann aber auf andere als auf die dargestellte Weise auch nicht etwa wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (s. dazu insbesondere SZ 43/63) - abgesehen davon, daß eine solche Vertragsaufhebung die Feststellung der gemeinsam dem Vertragsabschluß zugrundegelegten Voraussetzungen, die im vorliegenden Rechtsstreit nicht möglich war, voraussetzt (SZ 35/47 u.a.) - einseitig außer Kraft gesetzt werden. Die öffentlichrechtliche Instandhaltungspflicht verlangt vielmehr eine kontinuierlich geltende Regelung der Kostenaufteilung. Das Revisionsgericht will dabei nicht übersehen, daß nach der bestehenden Regelung zwischen den Streitteilen die klagende Partei die wasserrechtlichen Instandhaltungsverpflichtungen ohnehin aus eigenem erbracht hat, so daß die klagende Partei im vorliegenden Rechtsstreit nur die Refundierung der aufgewendeten Kosten beansprucht. Sie war zur alleinigen Durchführung der Instandhaltungsarbeiten aber nur auf Grund des Bachabkommens verpflichtet. Die derzeitige Lage hat sich nur daraus ergeben, daß die Beklagten ihren sich aus der gütlichen Übereinkunft ergebenden Verpflichtungen nicht nachgekommen sind, ohne die allein in Betracht kommende Entscheidung über eine Neuaufteilung der Kosten bei der Wasserrechtsbehörde zu beantragen. Bis zu deren Entscheidung muß sie aber das Bachabkommen erfüllen. Die klagende Partei ist ihrer Pflicht zur Klarstellung, daß sie die (ohne Begründung abgegebene) Auflösungserklärung nicht akzeptiere, durch die Zurückweisung der Kündigung nachgekommen. Eine unbegründete sofortige Auflösungserklärung, die dazu noch nicht eine Neuaufteilung der Kosten, sondern den völligen Wegfall der Zahlungsbeteiligung der L-Fabrik bzw. der Beklagten trotz Aufrechterhaltung des Wasserrechtes zur Folge haben sollte, konnte die klagende Partei auch ohne nachteilige Rechtsfolgen für sich auf diese Weise beantworten; sie war also keineswegs etwa von sich aus verpflichtet, eine Entscheidung der Wasserrechtsbehörde zu beantragen, zumal sie gar nicht der Meinung war, daß die Voraussetzungen dafür vorlagen.
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