OGH 18OCg6/16f

OGH18OCg6/16f2.3.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Lovrek als Vorsitzende und den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger sowie die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****, vertreten durch Puttinger Vogl Rechtsanwälte GmbH in Ried im Innkreis, gegen die beklagte Partei Ö*****, vertreten durch Dr. Guido Bach, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufhebung eines Schiedsspruchs (Streitwert 50.000 EUR), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:018OCG00006.16F.0302.000

 

Spruch:

Das Begehren auf Aufhebung des Schiedsspruchs des Ständigen Neutralen Schiedsgerichts der Fußball-Bundesliga vom 3. Juni 2016, SchG 1‑15/16, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 5.151,44 EUR bestimmten Verfahrenskosten (darin 857,84 EUR USt, 4,40 EUR Barauslagen) zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Der beklagte Verein veranstaltet die österreichischen Fußballmeisterschaften der beiden obersten Spielklassen. Teilnahmeberechtigt sind Vereine, denen der Beklagte eine diesbezügliche „Lizenz“ erteilt. Die sportlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen und das Verfahren für die Erteilung der Lizenz sind in einem „Lizenzierungshandbuch“ des Beklagten (in der Folge auch „LHB“) geregelt, dem sich die Lizenzwerber im Lizenzierungsantrag unterwerfen. Über die Erteilung der Lizenz entscheidet nach diesem Handbuch der „Senat 5“ des Beklagten, dessen Entscheidung der Lizenzwerber beim „Protestkomitee“ bekämpfen kann. Dabei handelt es sich jeweils um Vereinsorgane. Die Entscheidung des Protestkomitees kann der Lizenzwerber beim „Ständigen Neutralen Schiedsgericht der Bundesliga“ (idF: Schiedsgericht) bekämpfen, einem Schiedsgericht iSd §§ 577 ff ZPO, dessen Zuständigkeit der Beklagte und die Lizenzwerber anlässlich des Lizenzantrags schriftlich vereinbaren; die Lizenzwerber unterwerfen sich dabei auch der Verfahrensordnung des Schiedsgerichts. Diese sieht für die Anfechtung der Protestentscheidung eine Frist von einer Woche vor.

Der klagende Verein hatte für das Spieljahr 2016/2017 eine Lizenz zur Teilnahme an der Meisterschaft in der zweiten Spielklasse beantragt. Die sportlichen Voraussetzungen lagen vor, der „Senat 5“ des Beklagten bezweifelte jedoch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Der Kläger hatte im Antrag Zahlungen eines Sponsors von 500.000 EUR angegeben, die für die Finanzierung des Budgets zwingend erforderlich waren. Bei diesem Sponsor handelte es sich um eine Wiener Bauträger GmbH, deren Geschäftsführer und mittelbarer Gesellschafter Vizepräsident des Klägers war (idF: Dr. F.). Der Senat 5 forderte den Kläger auf, eine Bankgarantie für die Sponsorleistung nachzuweisen, sonst würde der Antrag abgewiesen. Der Präsident des Klägers lehnte dies mit der Begründung ab, dass die Bonität des Dr. F. nicht bezweifelt werden könne, Dr. F. aber keine Bankgarantie legen wolle. Daraufhin wies der Senat 5 den Lizenzierungsantrag ab. Als Abweisungsgrund nannte er (neben anderen, hier nicht relevanten Umständen) den fehlenden Nachweis für die Ausfinanzierung der Saison 2016/2017.

Mit dem rechtzeitig erhobenen Protest legte der Kläger eine Haftungserklärung des Präsidenten und von Dr. F. für den strittigen Sponsorbetrag vor, jedoch keine Nachweise für deren oder die Bonität des Sponsors. Das Protestkomitee gab dem Protest nicht Folge, ohne zuvor vom Kläger weitere Bonitätsnachweise zu verlangen.

Der Kläger bekämpfte diese Entscheidungen vor dem Schiedsgericht. Darin brachte er insbesondere vor, dass der Sponsor über Liegenschaftsvermögen verfüge, und belegte das mit Grundbuchsabschriften.

Das Schiedsgericht wies die Schiedsklage ab. Im vereinsinternen Verfahren dürften neue Beweismittel nur bis zum Ende der Protestfrist vorgelegt werden. Dies sei sachlich gerechtfertigt, weil nur dadurch eine Gleichbehandlung aller Lizenzwerber sichergestellt sei. Mit der Vorlage der Grundbuchsabschriften erst in der Schiedsklage habe der Kläger gegen dieses „Neuerungsverbot“ verstoßen. Der Kläger habe mit dem Protest zwar Haftungserklärungen vorgelegt, nicht aber Bonitätsnachweise. Dem Kläger habe aufgrund des vorjährigen Lizenzierungsverfahrens bewusst sein müssen, dass solche Nachweise erforderlich sein würden.

Mit der vorliegenden Aufhebungsklage bekämpft der Kläger den Schiedsspruch wegen Verstoßes gegen den formellen und materiellen ordre public (§ 611 Abs 2 Z 2, Z 5 und Z 8 ZPO).

Das Schiedsgericht habe das Neuerungsverbot so verstanden, dass auch im Schiedsverfahren keine neuen Beweise vorgelegt werden dürften. Der „für das Schiedsverfahren bindende Sachverhalt“ sei damit im Ergebnis vom Beklagten selbst festgelegt worden. Das Recht der Parteien auf eine Beweisaufnahme und eine freie Beweiswürdigung sei aber Teil des Anspruchs auf faire Justizgewährung; die Vereinsbeschlüsse unterlägen einer vollständigen Überprüfung. Bei Beachtung der Grundbuchsabschriften hätte das Schiedsgericht zum Ergebnis kommen müssen, „dass die Finanzierung ausreichend nachgewiesen ist und die Verweigerung der Lizenzerteilung zu Unrecht erfolgte.“ Die Klägerin sei auch nicht zu einer Auskunft des KSV gehört worden, die der Entscheidung des Protestkomitees zugrunde gelegen sei. Die Frist für die Schiedsklage gegen die Entscheidung des Protestkomitees habe nach dem LHB sieben Tage betragen. Obwohl die Zustellung erst am 17. Mai 2016 erfolgt sei, sei der Kläger vom Beklagten aufgefordert worden, die Klage bis 20. Mai 2016, 14:00 Uhr, einzureichen. Die Klagebeantwortung habe sie am 25. Mai 2016 erhalten, die Verhandlung habe am 30. Mai 2016 stattgefunden. Die kurzen Fristen hätten bewirkt, dass sich der Kläger nicht ausreichend vorbereiten konnte. In Unterlagen des Beklagten habe er erst am Tag der Verhandlung Einsicht nehmen können. Das Schiedsgericht habe sich vom Beklagten drängen lassen und sei daher nicht unabhängig gewesen. Der Beklagte verfüge über eine marktbeherrschende Stellung. Er dürfe daher die Lizenz nur aus sachlichen Gründen verweigern. Solche hätten hier nicht vorgelegen, weil der Sponsor über Aktiva von 12 Mio Euro verfügt habe und zusätzlich der Präsident des Klägers und Dr. F. die Haftung übernommen hätten. Es sei daher nicht notwendig gewesen, eine Bankgarantie zu verlangen; der Beklagte habe dadurch seine marktbeherrschende Stellung missbraucht. Dem Kläger sei es wegen der Weigerung des Sponsors nicht möglich gewesen, die geforderte Bankgarantie vorzulegen. Es hätte ausgereicht, dem Kläger aufzutragen, die Bonität nachzuweisen oder andere Sicherheiten vorzulegen.

Der Beklagte bestreitet das Vorliegen eines Aufhebungsgrundes. Der Auftrag zum Erlag der Bankgarantie sei – wie auch im Vorjahr, als der Kläger dem Auftrag entsprochen habe – durch Art 10.6.1.b LHB gedeckt gewesen; die Nichtvorlage habe zwingend zur Verweigerung der Lizenz geführt. Den mit dem Protest vorgelegten Haftungserklärungen seien keine Bonitätsnachweise beigelegt gewesen. Die (unrichtige) KSV‑Auskunft zum Fehlen von Liegenschaftsvermögen sei irrelevant gewesen, weil allfälliges Liegenschaftsvermögen kein Liquididätsnachweis gewesen wäre. Zudem diene das im Lizenzierungshandbuch vorgesehene Neuerungsverbot der Gleichbehandlung der Lizenzwerber und sei daher unbedenklich. Das Schiedsgericht habe anstelle der ordentlichen Gerichte prüfen müssen, ob die vereinsinterne Entscheidung materiell und formell den Statuten (einschließlich des LHB) entsprochen habe. Insofern habe es umfassend und unabhängig entschieden. Die Bonitätsauskunft des KSV habe sich seit Ende März im Akt befunden und sei mehrfach erörtert worden. Das „zeitlich gedrängte Verfahren“ sei im LHB und in der Verfahrensordnung des Schiedsgerichts vorgesehen, denen sich der Kläger unterworfen habe. Er habe den Ablauf des Verfahrens entgegen § 579 ZPO nicht gerügt, was zur Heilung allfälliger Mängel geführt habe.

Das Unterbleiben der Rüge wurde vom Kläger zugestanden. Der Kläger gestand in der mündlichen Streitverhandlung auch zu, dass er – nach „Druckausübung“ durch den Beklagten – im Vorjahr im Protestverfahren eine Bankgarantie vorlegte.

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in die von den Parteien vorgelegten Urkunden. Auf dieser Grundlage wird folgender weiterer Sachverhalt festgestellt:

Der Kläger beantragte beim Beklagten am 13. März 2016 die Lizenz für die Teilnahme an der Meisterschaft der zweithöchsten Spielklasse. Im Antrag unterwarf er sich unter anderem dem Lizenzierungshandbuch und der Verfahrensordnung des Schiedsgerichts; weiters schloss er mit dem Beklagten eine Schiedsvereinbarung, die Streitigkeiten aus dem Lizenzverfahren erfasste (Lizenzantrag und Schiedsvereinbarung ./5). Das LHB sieht vor, dass neues Vorbringen und neue Beweismittel im Lizenzierungsverfahren nur „bis zum Ablauf der Protestfrist zulässig“ sind (LHB ./2, 5.4.E). Die Schiedsklage gegen Entscheidungen des Protestkomitees ist nach § 2 Abs 2 der Verfahrensordnung binnen einer Woche nach deren Zustellung zu erheben (Verfahrensordnung ./4).

Die Entscheidung der Vereinsorgane beruhte insbesondere auf einer Auskunft des KSV vom 25. März 2016, wonach beim Sponsor „erhöhtes Risiko“ bestehe, weswegen „zusätzliche absichernde Maßnahmen“ empfohlen würden (./G = ./15). Dasselbe Kalkül ergab sich aus einer KSV‑Auskunft vom 12. März 2016, die der Kläger selbst mit dem Lizenzantrag vorgelegt hatte (./F).

Die Entscheidung des Protestkomitees wurde dem (damaligen) Vertreter des Klägers am 13. Mai 2016 zugestellt (Faxbestätigung ./6). Die Schiedsklage wurde am 18. Mai 2016 erhoben (Schiedsspruch ./A, Rz 1), die Verhandlung auf den 30. Mai 2016, 12:00 Uhr, anberaumt. In Unterlagen des Beklagten, die dieser dem Schiedsgericht vorgelegt hatte, konnte der Vertreter des Klägers erst am Tag der Verhandlung Einsicht nehmen (./L).

Im Schiedsverfahren wurden alle vom Kläger geführten Zeugen gehört und in die von ihm vorgelegten Urkunden Einsicht genommen (./A, Rz 5 f). Auf dieser Grundlage nahm das Schiedsgericht insbesondere an, dass der Sponsor über Liegenschaftsvermögen verfüge, dies dem Protestkomitee aber aufgrund einer unrichtigen KSV‑Auskunft nicht bekannt gewesen sei (Rz 16).

Rechtlich führte das Schiedsgericht aus, dass die Entscheidung, ob bei Vorliegen einer Sponsorzusage weitere Sicherheiten erforderlich seien, im pflichtgemäß zu übenden Ermessen des Beklagten liege. Im konkreten Fall sei das Verlangen weiterer Sicherheiten jedenfalls nicht zu beanstanden gewesen, weil es sich beim Sponsor um ein junges Unternehmen gehandelt habe, dessen Erfolg von den jeweiligen Projekten abhängig gewesen sei, und eine schon dem Senat 5 vorliegende KSV‑Auskunft zukünftigen Geschäftspartnern des Sponsors eine „Absicherung“ empfohlen habe (Rz 40 f). Ob statt der Bankgarantie allenfalls auch die Haftungserklärung von Dr. F. ausgereicht hätte, könne offen bleiben, weil der Kläger eine solche Haftung im Verfahren vor dem Senat 5 nicht angeboten habe und die mit dem Protest vorgelegte Haftungserklärung nicht mit Nachweisen zur Bonität verbunden gewesen sei (Rz 41 ff). Der Kläger habe aufgrund der Erfahrungen im vorjährigen Lizenzierungsverfahren wissen müssen, dass bei Haftungserklärungen solche Bonitätsnachweise erforderlich seien; daher liege insofern auch keine unzulässige Überraschungsentscheidung des Protestkomitees vor (Rz 47). Gleiches gelte für die Haftungserklärung des Präsidenten (Rz 48).

Diese Feststellungen gründen sich auf die jeweils genannten Urkunden. Einander widersprechende Beweisergebnisse gab es nicht.

Rechtliche Beurteilung

Rechtlich folgt:

1. Gegenstand dieses Verfahrens ist die Anfechtung des nach Abschluss des verbandsinternen Lizenzierungsverfahrens des beklagten Vereins (dazu Schrammel, Lizenzierung – am Beispiel des Fußballsports, in Marhold/Schneider [Hrsg], Österreichisches Sportrecht [2016] 69 ff) ergangenen Schiedsspruchs des „Ständigen Neutralen Schiedsgerichts“. Dabei handelt es sich um ein Schiedsgericht iSd § 577 ff ZPO, dessen Zuständigkeit die Parteien (insbesondere) für Streitigkeiten aus dem Lizenzierungsverfahren vereinbart hatten (vgl dazu Korn, Die Schiedsgerichtsbarkeit im Rahmen der österreichischen Fußball‑Bundesliga, in Grundei/Karollus [Hrsg], Berufssportrecht IV [2011] 99 ff). Es ist daher – anders als der Kläger anzunehmen scheint – nicht zu prüfen, ob dem Kläger die Lizenz materiell zu erteilen (gewesen) wäre. Vielmehr könnte die Klage nur Erfolg haben, wenn in Bezug auf den Schiedsspruch ein Aufhebungsgrund iSv § 611 Abs 2 ZPO vorläge. Gegenstand dieses Schiedsspruchs war die Überprüfung der vereinsinternen Entscheidung, nicht eine davon losgelöste Sachentscheidung auf eigenständig ermittelter Sachverhaltsgrundlage.

2. Zum behaupteten Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public (§ 611 Abs 2 Z 2 und Z 5 ZPO):

2.1. Nach § 611 Abs 2 Z 5 ZPO ist der Schiedsspruch aufzuheben, wenn das Schiedsverfahren in einer Weise durchgeführt wurde, die Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung widerspricht; § 611 Abs 2 Z 2 ZPO regelt mit dem Entzug des rechtlichen Gehörs einen besonderen Fall dieses Tatbestands (18 OCg 3/16i). Beide Aufhebungsgründe sind nur erfüllt, wenn gegen tragende Grundsätze eines geordneten Verfahrens verstoßen wurde. Einen Anhaltspunkt bilden dabei die Nichtigkeitsgründe des Zivilprozessrechts. Nur ein Mangel des Schiedsverfahrens, der diesen Gründen gleichkommt, kann zur Aufhebung führen (18 OCg 3/16i mwN). Im Aufhebungsverfahren ist daher– anders als nach § 1052 Abs 2 lit d dZPO – nicht zu prüfen, ob das Schiedsverfahren den verfahrensrechtlichen Bestimmungen der §§ 594 ff ZPO oder einer diesbezüglichen Vereinbarung zwischen den Parteien (insbesondere dem vereinbarten Regulativ einer Schiedsinstitution) entsprochen hat. Prüfungsmaßstab sind vielmehr die Mindesterfordernisse eines fairen Verfahrens, wie sie sich aus Art 6 EMRK und jenen Wertungen ergeben, die auch dem Verfahren vor den staatlichen Gerichten zugrunde liegen (18 OCg 5/16h). Ein Mangel kann nach § 579 ZPO nicht mehr geltend gemacht werden, wenn eine im Schiedsverfahren mögliche Rüge unterblieb (18 OCg 3/16i).

2.2. Ein aufzugreifender Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public liegt nicht vor.

(a) Der Kläger rügt unter den Anfechtungsgründen des § 611 Abs 2 Z 2 und Z 5 ZPO die (angebliche) Nichtberücksichtigung der im Schiedsverfahren vorgelegten Urkunden zum Liegenschaftsvermögen des Sponsors. Das Schiedsgericht hat diese Urkunden aber ohnehin verwertet und auf ihrer Grundlage festgestellt, dass die dem Protestkomitee vorliegende Auskunft des KSV über angeblich fehlendes Liegenschaftsvermögen inhaltlich falsch war. Es hat diesen Umstand allerdings im Ergebnis als rechtlich irrelevant angesehen, weil es (nur) zu prüfen habe, ob die Entscheidung der Vereinsorgane den Statuten und dem Lizenzierungshandbuch entsprochen hätte oder nicht. Dabei hatte es insbesondere das Verfahren und die Entscheidung des Protestkomitees zu beurteilen, die auf der Grundlage der diesem vorliegenden Beweisergebnisse ergangen war. Das Ergebnis dieser Beurteilung könnte allenfalls gegen den materiellen ordre public verstoßen (unten 3.2.), der formelle ordre public wird dadurch aber nicht berührt. Die Rechtslage entspricht hier im Kern jener im staatlichen Zivilprozess: Auch dort ist das mit rechtlichen Erwägungen begründete Unterbleiben von Feststellungen („sekundärer Feststellungsmangel“) mit Rechtsrüge geltend zu machen (RIS‑Justiz RS0043304).

(b) Die kurze Frist für das Erheben der Klage und die erst am Tag der Verhandlung bestehende Einsichtmöglichkeit in Unterlagen der Beklagten hat der Kläger im Schiedsverfahren nicht gerügt. Damit kann er diese Mängel im Schiedsverfahren nicht mehr geltend machen. Es kann daher offen bleiben, ob insofern ein (relevanter) Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public vorlag.

3. Zum behaupteten Verstoß gegen den materiellen ordre public (§ 611 Abs 2 Z 8 ZPO).

3.1. Dieser Aufhebungsgrund ist nur verwirklicht, wenn das Ergebnis des Schiedsspruchs Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung in unerträglicher Weise verletzt (18 OCg 3/15p mwN; RIS‑Justiz RS0110743). Hingegen ist nicht zu prüfen, ob das Schiedsgericht die im Schiedsverfahren aufgeworfenen Tat‑ und Rechtsfragen richtig gelöst hat; eine révision au fond ist unzulässig (18 OCg 3/15p mwN; RIS‑Justiz RS0045124).

3.2. Zwar ist die Annahme vertretbar, dass dieser Aufhebungsgrund strenger zu prüfen ist, wenn der Aufhebungskläger aufgrund einer Monopolsituation faktisch gezwungen war, sich der Schiedsklausel zu unterwerfen (vgl zur in diesem Fall faktisch fehlenden Freiwilligkeit der Schiedsklausel Mayr, Vereinsstreitigkeiten zwischen Schlichtungseinrichtung, Gericht und Schiedsgericht, ÖJZ 2009, 539 [545]). Selbst unter dieser Prämisse liegt hier aber kein Aufhebungsgrund vor.

(a) Nach Auffassung des Klägers soll im Aufhebungsverfahren geprüft werden, ob ihm die Lizenz aufgrund der Bonität des Sponsors und der haftenden Personen, die er im Schiedsverfahren nachgewiesen habe, auch ohne Vorlage einer Bankgarantie zu erteilen gewesen wäre. Das trifft aber nicht zu. Denn Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ausschließlich die Frage, ob die Auffassung des Schiedsgerichts, die Organe des Beklagten hätten die Lizenz nach dem damaligen Stand des vereinsinternen Verfahrens zutreffend verweigert, gegen Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung verstößt.

(b) Ein solcher Verstoß wäre etwa anzunehmen, wenn dem Kläger im Schiedsverfahren der Nachweis eines schwerwiegenden Verfahrensfehlers oder Ermessens-missbrauchs auf Seiten der Vereinsorgane gelungen und die Schiedsklage dennoch abgewiesen worden wäre. In diesem Zusammenhang behauptet der Kläger allerdings nur, dass das Fordern einer Bankgarantie als Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung zu werten sei, weil „der Sponsor über Aktiva von 12 Mio Euro verfügte, davon annähernd das Doppelte der Sponsorsumme in flüssigen Mitteln und zusätzlich Haftungen zweier Privatpersonen mit ausreichendem Vermögen vorlagen“ und weil der Sponsor zudem „ausreichend Liegenschaftsvermögen“ besessen habe. Er setzt sich aber nicht mit der Begründung des Schiedsgerichts auseinander, wonach

- das Eigenkapital des Sponsors negativ und das Fordern von Sicherheiten nach beiden den Vereinsorganen vorliegenden KSV‑Auskünften angezeigt war,

- das Protestkomitee weder über Urkunden zum Liegenschaftsvermögen noch über Belege zur Bonität der nun die Haftung übernehmenden Personen verfügte,

- das Protestkomitee seine Entscheidung auf dieser Grundlage treffen konnte, ohne den Kläger dazu neuerlich anzuhören.

(c) Das Schiedsgericht hat seine Aufgabe in der Überprüfung der Entscheidung des Protestkomitees gesehen. Das ist wegen der im LHB vorgesehenen Präklusion von Vorbringen und Beweismitteln mit Ablauf der Protestfrist nicht zu beanstanden. Denn diese Präklusion würde unterlaufen, müsste das Schiedsgericht aufgrund der ihm vorgelegten Beweismittel und des bei ihm erstatteten Vorbringens neuerlich in der Sache über die Erteilung der Lizenz entscheiden. Die Präklusion als solche ist auch unter Berücksichtigung der Monopolstellung des Beklagten unbedenklich, da sie die Gleichbehandlung der Lizenzwerber und eine zeitgerechte Entscheidung über die Lizenzanträge sicherstellt.

(d) Das Schiedsgericht hatte daher nicht eine Sachentscheidung aufgrund einer neu ermittelten Sachverhaltsgrundlage zu treffen, sondern lediglich zu prüfen, ob das Protestkomitee nach einem mangelfreien Verfahren aufgrund der ihm vorliegenden Beweismittel richtig entschieden hatte. Insofern hatte das Schiedsgericht zweifellos volle Kognition auch im Tatsachenbereich; es hätte also aufgrund der dem Protestkomitee vorliegenden Beweismittel zu anderen Sachverhaltsannahmen kommen oder auch dessen Verfahren als mangelhaft ansehen können.

(e) Auch das Ergebnis der vom Schiedsgericht vorgenommenen Überprüfung ist unbedenklich: Im vereinsinternen Verfahren lagen zwei KSV‑Auskünfte vor, wonach beim Sponsor „erhöhtes Risiko“ bestand und „zusätzliche absichernde Maßnahmen“ empfohlen wurden; eine dieser Auskünfte hatte der Kläger selbst vorgelegt. Auf dieser Grundlage verstößt es nicht gegen den materiellen ordre public, wenn das Schiedsgericht die Auffassung der Vereinsorgane billigte, die Sponsorverpflichtung müsse durch eine Bankgarantie abgesichert werden. Dem Kläger war das Erfordernis der Vorlage einer Bankgarantie aus dem vorjährigen Lizenzierungsverfahren bekannt. Die Weigerung des Sponsors zur Legung einer Bankgarantie fällt dem für die Ausfinanzierung beweispflichtigen Lizenzwerber zur Last. Das Schiedsgericht hat offen gelassen, ob die Haftungserklärungen des Präsidenten und von Dr. F. bei Vorliegen von Bonitätsnachweisen ausgereicht hätten. Seine Auffassung, der Kläger sei von sich aus verpflichtet gewesen, den mit dem Protest vorgelegten Haftungserklärungen Bonitätsnachweise anzuschließen, ist in diesem Zusammenhang unbedenklich. Denn die Vorlage neuer Beweismittel war nur bis Ablauf der Protestfrist zulässig.

4. Aus diesen Gründen muss die Aufhebungsklage scheitern.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 ZPO.

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