OGH 17Os4/15i

OGH17Os4/15i8.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Juni 2015 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden, die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek und Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oberressl in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kampitsch als Schriftführer in der Strafsache gegen Hannes T***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Hannes T***** gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 24. November 2014, GZ 8 Hv 55/14h‑26, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Angeklagten Hannes T***** auf außerordentliche Wiederaufnahme wird abgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Hannes T***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hannes T***** des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 27. September 2012 in N***** mit dem Vorsatz, dadurch den Staat an dessen Recht auf richtige Meldung und Erfassung sowie Überprüfbarkeit des Besitzes einer meldepflichtigen Schusswaffe zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ, nämlich als „mit hoheitlichen Aufgaben beliehener Waffenhändler“ (Gewerbetreibender im Sinn der §§ 30 ff WaffG 1996 idF vor BGBl I 2010/43 kurz: WaffG), in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht, indem er eine Bestätigung über die Meldung des Erwerbs einer (im angefochtenen Urteil näher bezeichneten) Repetierbüchse durch Christian L***** ausstellte und Gerhard U***** übergab, obwohl Christian L***** eine solche Meldung nicht erstattet hatte und Hannes T***** wusste, dass Gerhard U***** der tatsächliche Erwerber der Schusswaffe war.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Hannes T***** ist nicht im Recht.

Die Tatrichter sind ohnehin davon ausgegangen, dass Gerhard U***** die gegenständliche Meldung einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe (mit seinem Namen) unterschrieben hat (US 3und bei den), und haben dies ihren Feststellungen zugrunde gelegt (US 4). Die daraus von der Mängelrüge unter dem Aspekt von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall, nominell auch Z 9 lit a) gezogenen Schlussfolgerungen erschöpfen sich in einer unzulässigen Kritik an der Beweiswürdigung.

Der im Zusammenhang mit Erwägungen des Erstgerichts zu einem Verkauf von Patronen erhobene Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) betrifft weder eine entscheidende Tatsache (RIS-Justiz RS0117499) noch einen Umstand, der eine notwendige Bedingung für die Feststellung einer solchen Tatsache darstellt (RIS‑Justiz RS0116737).

Der bisherige ordentliche Lebenswandel des Beschwerdeführers wurde im Urteil ebenso berücksichtigt (US 2 und 10) wie die Aussage des Zeugen Rudolf B***** (US 5). Weshalb sich das Schöffengericht mit dem angeblichen Fehlen eines ‑ für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage nicht entscheidenden (vgl RIS-Justiz RS0088761) ‑ Motivs hätte auseinandersetzen sollen, erklärt die weitere Rüge nicht. Ob „Bedenken wegen der 3-tägigen Abkühlphase“ (US 2; vgl § 34 Abs 1 und 2 WaffG) tatsächlich der Grund für das inkriminierte Vorgehen waren, kann daher auf sich beruhen. Feststellungen zu einem Beginn der „Abkühlphase“ waren entgegen der Rechtsrüge (Z 9 lit a), die im Übrigen einen Hinweis auf derartige Konstatierungen indizierende Verfahrensergebnisse unterlässt (RIS-Justiz RS0118580), ebenfalls nicht zu treffen.

Aus welchem Grund es für die Beurteilung der Entgegennahme von Meldungen des Erwerbs von Schusswaffen als hoheitlich (zum hier maßgeblichen funktionalen Beamtenbegriff vgl RIS-Justiz RS0058878 T3, RS0116591) von Bedeutung sein soll, dass Gewerbetreibende nach der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung des WaffG hiefür nicht vom Bundesminister für Inneres ermächtigt wurden (vgl hingegen § 32 WaffG idgF), erklärt die Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht. Im Übrigen ließ § 31 Abs 4 WaffG schon in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung keinen Zweifel daran, dass es sich bei dieser Tätigkeit von Gewerbetreibenden um die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben im Rahmen der Waffen- und Sicherheitspolizei handelte (vgl die unmissverständlichen Gesetzesmaterialien EBRV 457 BlgNR 20. GP 51 ff). Weshalb dies dadurch in Frage gestellt sein sollte, dass Gewerbetreibende vor dem (seit 1. Oktober 2012 geltenden) System des computergestützten Waffenregisters Sicherheitsbehörden nur auf Verlangen Einsicht in die von ihnen aufzubewahrenden Meldungen zu gewähren und Auskünfte aus ihnen zu erteilen hatten (§ 31 Abs 3 WaffG), bleibt ebenso unklar. Die hier inkriminierte Entgegennahme und Bestätigung einer offensichtlich tatsachenwidrigen Meldung stellte daher einen Befugnismissbrauch dar. Durch die hier inkriminierte Vorgangsweise wurde der Zweck der Meldung (der Waffenpolizei ein verlässliches Bild über den Inhaber der meldepflichtigen Schusswaffe zu vermitteln) vereitelt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Der mit Schriftsatz vom 8. April 2015 vom Angeklagten Hannes T***** gestellte Antrag auf außerordentliche Wiederaufnahme war gemäß § 362 Abs 3 StPO „abzuweisen“, also der Sache nach mangels Antragslegitimation ‑ ohne meritorische Prüfung ‑ zurückzu-weisen (RIS‑Justiz RS0101133).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte