Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der 23-jährige Hubert K*** und der 26-jährige Peter T*** auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen, welche die für jeden der beiden Angeklagten anklagekonform gestellte Hauptfrage jeweils mehrheitlich (im Stimmenverhältnis 7 : 1) bejaht hatten, des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 (zweiter Fall) StGB schuldig erkannt. Darnach haben sie am 25.Feber 1986 in Linz im bewußten und gewollten Zusammenwirken der Martha R*** durch Vorhalten einer Pistole und die Äußerung "Überfall, Geld her!", somit durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe eine fremde bewegliche Sache, nämlich 900 S Bargeld, mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch die Zueignung dieses Geldes unrechtmäßig zu bereichern.
Dieses Urteil bekämpfen die beiden Angeklagten mit (getrennt ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden, mit welchen sie die Gründe des § 345 Abs. 1 Z 6 und Z 12 StPO, Peter T*** überdies auch der Z 10 a der zitierten Gesetzesstelle, geltend machen. Eine Nichtigkeit im Sinn der Z 6 der bezeichneten Gesetzesstelle erblicken beide Beschwerdeführer zunächst darin, daß den Geschwornen lediglich eine Hauptfrage nach schwerem Raub, nicht aber auch eine Eventualfrage nach (einfachem) Raub im Sinn des § 142 Abs. 1 StGB gestellt worden ist, wiewohl durch das Vorbringen in der Hauptverhandlung indiziert gewesen sei, daß die Tat ohne Verwendung einer Waffe begangen worden sein könnte.
Rechtliche Beurteilung
Diese Rüge ist schon vom Ansatz her verfehlt. Denn die Stellung einer Eventualfrage ist nur zulässig, wenn es sich um solche rechtlich verschiedene Beurteilungen derselben Tat handelt, von denen diejenige, die der Hauptfrage zugrundeliegt, die in die Eventualfrage aufzunehmende ausschließt (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr. 15 zu § 314). Vorliegend lautete die Hauptfrage in Ansehung jedes der beiden Angeklagten auf Raub nach § 142 Abs. 1 StGB, allerdings qualifiziert nach § 143 (zweiter Fall) StGB, während die reklamierte Eventualfrage hiezu gleichfalls auf Raub nach § 142 Abs. 1 StGB, nur ohne diese Qualifikation, lauten sollte, mithin weder eine andere Erscheinungs- oder Täterschaftsform dieses Delikts noch gar ein anderes Delikt, sondern dieselbe rechtliche Beurteilung der Tat wie in der Hauptfrage zum Gegenstand haben sollte (vgl. 14 Os 121/88). Der Sache nach wenden sich die Beschwerdeführer vielmehr dagegen, daß der im Gesetz namentlich angeführte Erschwerungsgrund des § 143 zweiter Fall StGB nicht zum Gegenstand einer (uneigentlichen) Zusatzfrage (§ 316 StPO) gemacht, sondern in die Hauptfrage nach Raub aufgenommen worden ist, was indes keine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung bedeutet, weil der Schwurgerichtshof die Geschwornen ohnedies auf die Möglichkeit hingewiesen hat (siehe die allgemeine Rechtsbelehrung gemäß § 325 Abs. 2 StPO !StPOForm RMB 1 sowie die allgemeinen Ausführungen in der schriftlichen Rechtsbelehrung S 161), eine Frage nur teilweise zu bejahen, womit sie darüber unterrichtet waren, daß sie die Hauptfrage nach Raub unter Ausklammerung der Worte "unter Verwendung einer Waffe" beantworten können (vgl. Mayerhofer-Rieder aaO ENr. 8 zu § 316). Ebenso verfehlt ist aber auch die weitere Rüge aus § 345 Abs. 1 Z 6 StPO, wonach eine Eventualfrage nach "minderschwerem" Raub gemäß § 142 Abs. 2 StGB zu stellen gewesen wäre. § 142 Abs. 2 StGB umschreibt nämlich nicht ein eigenes Delikt, sondern (lediglich) strafsatzändernde Umstände, unter welchen ein Raub nach § 142 Abs. 1 StGB einer geringeren Strafdrohung unterliegt (vgl. ÖJZ-LSK 1985/8 = SSt. 55/68), sodaß auch in dieser Richtung eine Eventualfrage nicht in Betracht kommt (10 Os 152/85). Der Beschwerdeeinwand zielt vielmehr auch diesbezüglich auf die Stellung einer (uneigentlichen) Zusatzfrage ab, die indes vorliegend nach dem Vorbringen in der Hauptverhandlung nicht indiziert gewesen ist. Denn nach der Verantwortung der beiden Angeklagten sollte die mitgeführte Schußwaffe bei der Tatausführung dazu benützt werden, dem "Geschehen mehr Wirkung" bzw. "ein gefährlicheres Aussehen" zu verleihen (S 145, 152); daß der Waffeneinsatz zu diesem Zweck erfolgte, bestätigt auch die Aussage der Zeugin R*** (S 153 f). Wurde aber der Raub unter Verwendung einer Waffe verübt, scheidet eine Tatbeurteilung nach § 142 Abs. 1 und Abs. 2 StGB kraft Gesetzes aus. Nicht indiziert war schließlich auch die vom Angeklagten T*** vermißte Stellung einer Eventualfrage nach räuberischem Diebstahl gemäß §§ 127, 131 StGB. Ein solcher liegt nämlich nur dann vor, wenn die (Gewalt oder) Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben erst nach Gewahrsamserlangung zwecks Erhaltung des Sachbesitzes angewendet wird, während der Tatbestand des Raubes verwirklicht ist, wenn der Einsatz eines der bezeichneten Begehungsmittel erfolgt, um den Gewahrsam an einer fremden Sache zu erlangen. Daß aber die gegenüber Martha R*** angewendete Drohung nur zur Sicherung der bereits im Gewahrsam der Angeklagten oder eines von ihnen befindlichen Beute eingesetzt worden sein könnte, ist in der Hauptverhandlung nicht vorgebracht worden, weshalb eine Tatbeurteilung nach §§ 127, 131 StGB nicht in Betracht kam. Als nicht berechtigt erweist sich auch die Rüge des Angeklagten T*** aus der Z 10 a des § 345 Abs. 1 StPO, mit welcher unter Hinweis auf die Angaben der Zeugin R*** erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschwornen in bezug auf die Waffenverwendung getroffenen Tatsachenfeststellungen geltend gemacht werden. Denn aus der Aussage der genannten Zeugin kann den Beschwerdeausführungen zuwider das Fehlen eines (sachlichen) Zusammenhangs zwischen der Drohung mit der Waffe und der Herausgabe des Geldes schon deshalb nicht abgeleitet werden, weil für die Überfallene ohne den gegen sie geübten Zwang kein erkennbarer Grund zur Erfüllung der Geldforderung bestanden hat. Im übrigen wurde die vom Beschwerdeführer in Zweifel gezogene Verwendung der Waffe als Mittel zur Abnötigung des Geldes auch von dem die Tat unmittelbar ausführenden Mitangeklagten K*** bestätigt (S 144). Die Beschwerde vermag somit weder schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Verpflichtung des Gerichtes zur amtswegigen Wahrheitserforschung zustandegekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung noch an Hand der Akten Beweisergebnisse aufzuzeigen, die nach den Denkgesetzen oder nach der allgemeinen Lebenserfahrung erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der im Verdikt festgestellten entscheidenden Tatsachen entstehen lassen (EvBl. 1988/116 ua).
In ihren Subsumtionsrügen (§ 345 Abs. 1 Z 12 StPO) schließlich bekämpfen beide Angeklagten die Unterstellung der Raubtat unter die Qualifikation des § 143 (zu ergänzen: zweiter Fall) StGB mit der Begründung, die zur Tatbegehung verwendete Gaspistole sei infolge Fehlens wesentlicher Bestandteile (Magazin, Hammer, Schlagbolzen, Sicherungsflügel) und ihrer dadurch bewirkten Funktionsuntauglichkeit einer Waffenattrappe gleichzuhalten. Mit diesem Vorbringen wird jedoch der reklamierte materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht, weil die Beschwerden nicht den im Verdikt als erwiesen angenommenen Sachverhalt mit der darauf anzuwendenden Strafbestimmung vergleichen. Haben doch die Geschwornen auf Grund der ihnen erteilten Rechtsbelehrung - in welcher sie zutreffend darüber unterrichtet wurden, daß auch funktionsuntüchtige Schußwaffen Waffen im Sinn des § 143 StGB sind und lediglich Schußwaffenattrappen nicht dem Waffenbegriff entsprechen (vgl. S 173, 175) - durch die uneingeschränkte Bejahung der Hauptfrage die Verwendung einer Waffe festgestellt, ohne daß sich aus ihrem Wahrspruch, der allein der Erledigung der Rechtsrüge zugrundezulegen ist, Anhaltspunkte für die behauptete fehlende Waffeneigenschaft ergeben. Demnach könnte die in Rede stehende Qualifikation nur im Wege einer Bemängelung der Rechtsbelehrung (Z 8) oder aber der Fragestellung wegen unzulänglicher Konkretisierung (Z 6) angefochten werden, wobei aber derartige Urteilsnichtigkeiten von keinem der Beschwerdeführer reklamiert wurden.
Den Nichtigkeitsbeschwerden kommt somit nach keiner Richtung hin Berechtigung zu, weshalb sie zu verwerfen waren.
Das Geschwornengericht verurteilte die Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB unter Anwendung des § 41 StGB sowie unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf Vorverurteilungen, nämlich bei Hubert K*** auf die Urteile des Amtsgerichtes Münster/BRD vom 29.Juli 1986, 10 KLs 31 Js 920/86, des Bezirksgerichtes Linz-Land vom 24.Juni 1987, 3 U 395/87, des Landesgerichtes Linz vom 16.März 1988, 30 E Vr 1425/87, und des Landesgerichtes Linz vom 15.Juli 1988, 30 E Vr 964/88, und bei Peter T*** auf die Urteile des Bezirksgerichtes Linz vom 18. Juni 1986, 17 U 366/86, und des Landesgerichtes Linz vom 12. September 1986, 21 E Vr 1696/86, zu Zusatz-Freiheitsstrafen, und zwar Hubert K*** zu 2 (zwei) Jahren und Peter T*** zu 3 (drei) Jahren.
Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend beim Angeklagten K*** keinen Umstand und beim Angeklagten T*** die acht einschlägigen Vorstrafen, als mildernd hingegen bei beiden Angeklagten das Geständnis und die objektive Schadensgutmachung sowie beim Angeklagten K*** überdies dessen Unbescholtenheit. Mit ihren Berufungen streben beide Angeklagten die Herabsetzung der Strafe sowie deren bedingte bzw. teilbedingte Nachsicht an. Auch die Berufungen sind nicht berechtigt.
Die vom Geschwornengericht festgestellten Strafzumessungsgründe bedürfen zunächst insoweit einer Korrektur, als beiden Berufungswerbern im Hinblick auf die gemäß §§ 31, 40 StGB berücksichtigten Vorverurteilungen das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen (verschiedener Art) als erschwerend anzulasten ist. Beim Angeklagten K*** hinwieder kommt, worauf er zutreffend verweist, die Begehung der Tat knapp vor Vollendung des 21. Lebensjahres als weiterer Milderungsgrund (§ 34 Z 1 StGB) hinzu, wobei allerdings diesem mildernden Umstand kein allzu großes Gewicht beizumessen ist. Hingegen kann dem Berufungsvorbringen dieses Angeklagten und des Mitangeklagten T*** zuwider nach der Aktenlage nicht davon gesprochen werden, daß sie durch eine drückende Notlage zur Tat bestimmt worden wären; der Milderungsgrund des § 34 Z 10 StGB wurde ihnen daher zu Recht nicht zugute gehalten. Ebensowenig kann beim Angeklagten T*** davon die Rede sein, daß er die Raubtat unter der Einwirkung des Angeklagten K*** begangen habe und daran nur in untergeordneter Weise beteiligt gewesen sei, hat doch er nach den Verfahrensergebnissen dem Tatplan des K*** sogleich zugestimmt und dem Genannten die Waffe, die dieser bei Begehung des Raubes verwendet hat, zur Verfügung gestellt. Schließlich fehlt es auch an den Voraussetzungen des von T*** reklamierten Milderungsgrundes des § 34 Z 18 StGB, weil zum einen die Tat nur rund 3 Jahre zurückliegt und zum anderen (und vor allem) keine Rede davon sein kann, daß sich der Berufungswerber seither wohlverhalten habe, was gleichermaßen auch für den Angeklagten K*** gilt.
Ausgehend von den gegebenen besonderen Strafzumessungsgründen und unter gebührender Beachtung der allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung erweisen sich die in erster Instanz verhängten Zusatzstrafen bei beiden Berufungswerbern als nicht überhöht; die Summe der Strafen (§ 40 StGB) entspricht
vielmehr - jeweils - durchaus jener Strafe, die bei gemeinsamer Aburteilung aller in Rede stehender strafbarer Handlungen unter Anwendung des § 41 StGB schuldangemessen ist.
Im Hinblick auf die Art der urteilsgegenständlichen Straftat, das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen und beim Angeklagten T*** überdies des getrübten Vorlebens fehlt es aber auch an den Voraussetzungen für die Gewährung bedingter oder teilbedingter Nachsicht der Strafe; zur Erreichung der Strafzwecke bedarf es vielmehr bei beiden Angeklagten des Vollzuges der über sie verhängten Sanktion.
Über die Rechtsmittel der Angeklagten war sohin insgesamt spruchgemäß zu erkennen.
Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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