OGH 15Os80/12x

OGH15Os80/12x22.8.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. August 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Dr. Michel-Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Karlicek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mahamadu S***** wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall, Abs 3 SMG, AZ 161 Hv 96/11k des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des genannten Gerichts vom 11. November 2011, GZ 161 Hv 96/11k-26, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Geymayer, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 11. November 2011, GZ 161 Hv 96/11k-26, verletzt in Ansehung des Widerrufs der mit Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 23. Dezember 2010, AZ 44 BE 621/10t, gewährten bedingten Entlassung § 53 Abs 1 zweiter Satz StGB.

Dieser Teil des genannten Beschlusses wird aufgehoben und gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO vom Widerruf dieser bedingten Entlassung abgesehen.

Text

Gründe:

Mit dem am 3. Dezember 2010 rechtskräftig gewordenen Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 29. November 2010, AZ 36 Hv 121/10h, wurde Mahamadu S***** des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter und achter Fall, Abs 3 SMG schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünfzehn Monaten verurteilt. Gemäß § 43a Abs 3 StGB wurde der Vollzug eines Teils dieser Freiheitsstrafe im Ausmaß von zehn Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Mit Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Vollzugsgericht vom 23. Dezember 2010, AZ 44 BE 621/10t, wurde Mahamadu S***** aus dem unbedingten Teil der genannten Freiheitsstrafe (nach Verbüßung deren Hälfte) bedingt entlassen. Die Probezeit wurde mit drei Jahren bestimmt.

Schließlich wurde Mahamadu S***** mit -gekürzt ausgefertigtem - Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 11. November 2011, GZ 161 Hv 96/11k-26, des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall, Abs 3 SMG schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten verurteilt. Zugleich fasste das genannte Gericht den Beschluss, die zu AZ 44 BE 621/10t des Landesgerichts Wiener Neustadt als Vollzugsgericht gewährte bedingte Entlassung (aus dem unbedingten Teil der mit Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt zu AZ 36 Hv 121/10h verhängten Freiheitsstrafe) gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO zu widerrufen. Vom Widerruf der im letztgenannten Urteil des (richtig:) Landesgerichts Wiener Neustadt gewährten bedingten Nachsicht eines Teils der Freiheitsstrafe (im Ausmaß von zehn Monaten) sah das Landesgericht für Strafsachen Wien „gemäß § 494a Abs 1 Z 1 und Abs 6 StPO iVm § 53 Abs 3 StGB“ unter Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre ab.

Das Urteil und der Beschluss erwuchsen in Rechtskraft.

Mahamadu S***** wurde zwischenzeitlich aus dem Strafvollzug entlassen (ON 46).

Rechtliche Beurteilung

Der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 11. November 2011, GZ 161 Hv 96/11k-26, verletzt - wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde ausführt - in Ansehung des Widerrufs der zu AZ 44 BE 621/10t des Landesgerichts Wiener Neustadt gewährten bedingten Entlassung das Gesetz:

Gemäß dem durch das Strafrechtsänderungsgesetz 2008, BGBl I 2007/109, eingefügten zweiten Satz des § 53 Abs 1 StGB können die bedingte Nachsicht eines Teils einer Freiheitsstrafe und die bedingte Entlassung aus dem nicht bedingt nachgesehenen Strafteil nur gemeinsam widerrufen werden. Ein Widerruf der bedingten Entlassung aus dem nach § 43a Abs 3 oder 4 StGB nicht bedingt nachgesehenen Teil einer Freiheitsstrafe ist daher unzulässig, wenn zugleich (wie hier) in Ansehung des bedingt nachgesehenen Teils dieser Strafe vom Widerruf abgesehen wird (RIS-Justiz RS0125448).

Vorliegend hat das Landesgericht für Strafsachen Wien in seinem Beschluss vom 11. November 2011, GZ 161 Hv 96/11k-26, die vom Landesgericht Wiener Neustadt zu AZ 44 BE 621/10t gewährte bedingte Entlassung aus dem unbedingten Teil der mit Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 29. November 2011 zu AZ 36 Hv 121/10h verhängten Freiheitsstrafe widerrufen, jedoch vom Widerruf des bedingt nachgesehenen Teils dieser Freiheitsstrafe unter Verlängerung der Probezeit abgesehen und damit die Bestimmung des § 53 Abs 1 zweiter Satz StGB verletzt.

Diese Gesetzesverletzung hat sich zum Nachteil des Verurteilten ausgewirkt (§ 292 letzter Satz StPO), weshalb sich der Oberste Gerichtshof veranlasst sah, den Beschluss in diesem Umfang aufzuheben und vom Widerruf dieser bedingten Entlassung abzusehen.

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