OGH 15Os79/88

OGH15Os79/882.8.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.August 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Hörburger, Dr. Reisenleitner und Hon.Prof. Dr. Brustbauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Forsthuber als Schriftführer, in der Strafsache gegen Wolfgang S*** wegen des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1 und Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11.April 1988, GZ 7 d Vr 11.802/87-16, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Stern zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die Tatbegehung ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes, in der Unterstellung der Tat (auch) unter § 142 Abs. 2 StGB und im Strafausspruch aufgehoben sowie nach § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in diesem Umfang in der Sache selbst erkannt:

Wolfgang S*** wird für das ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruchs zur Last liegende Verbrechen des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1 StGB nach der zuletzt angeführten Gesetzesstelle zu 18 (achtzehn) Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Gemäß § 43 a Abs. 3 StGB wird ihm ein Teil dieser Strafe in der Dauer von 14 (vierzehn) Monaten bedingt nachgesehen. Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf die Strafneubemessung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Wolfgang S*** des Verbrechens des versuchten (sogenannten "minderschweren") Raubes nach §§ 15, 142 - zu ergänzen (vgl. SSt. 55/68 ua): Abs. 1 und - Abs. 2 StGB schuldig erkannt, weil er am 17.September 1987 in Wien dem Walter K*** ohne Anwendung erheblicher Gewalt eine Sache geringen Wertes mit dem Vorsatz wegzunehmen "bzw" (gemeint: und) abzunötigen versucht habe, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er dem Genannten einen Schlag ins Gesicht versetzte, wodurch jener zu Boden stürzte (und eine Schwellung der Oberlippe sowie eine Hautabschürfung am Ellbogen erlitt), während er selbst dem K*** dessen Geldbörse mit ca. 1.000 S Bargeld zu entreißen trachtete und letzteren zudem unter Androhung des Todes dazu aufforderte, die Börse auszulassen.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs. 1 Z 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen dieses Urteil, mit der sie auf die Ausschaltung der Privilegierung des (versuchten) Raubes nach § 142 Abs. 2 StGB abzielt, kommt Berechtigung zu.

Ein Schlag ins Gesicht eines (jungen, keineswegs körperlich behinderten) Menschen mit solcher Heftigkeit, daß der Getroffene dadurch nicht nur leicht verletzt wird, sondern auch zu Boden stürzt und hiebei eine weitere (leichte) Verletzung erleidet, bedeutet entgegen der vom Erstgericht vertretenen Ansicht sehr wohl den Einsatz beachtlicher Kraft in derart vehementer Weise, daß vom Fehlen einer erheblichen Gewaltanwendung iS der bekämpften Privilegierungsbestimmung nicht mehr gesprochen werden kann (vgl. JBl. 1986,468, 12 Os 129/81, 9 Os 208/77 ua; Kienapfel BT II2 § 142 RN 109, 111).

Schon deswegen war daher die Subsumtion der Tat (auch) unter § 142 Abs. 2 StGB, dessen Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen, im gegebenen Fall tatsächlich verfehlt.

Demnach bedurfte es keiner Erörterung darüber, ob, allenfalls inwieweit, angesichts der durch das StRÄG 1987 angehobenen qualifizierenden Wertgrenzen auch jene des geringen Wertes nach § 142 Abs. 2 StGB, gegenüber bisher (500 S), höher anzusetzen wäre. In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war dementsprechend die Unterstellung der Tat auch unter § 142 Abs. 2 StGB aus dem bekämpften Urteil auszuschalten und die Strafe neu zu bemessen. Dabei wurden als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen und die Verletzung des Raubopfers gewertet, mildernd hingegen der bloße Versuch der Tat.

Das verhängte Strafmaß erschien tat- und tätergerecht. Frühere Verurteilungen des Angeklagten stehen zwar der Anwendung des § 43 a Abs. 2 StGB entgegen, nicht aber jener des Abs. 3 leg. cit., weil der Rechtsbrecher bisher überhaupt noch kein Strafübel verspürt hat und daher wohl anzunehmen ist, daß er nach Verbüßung eines Teils der Strafe und der Drohung eines offenen, weit größeren Strafrestes, sich künftighin wohl verhalten wird. Generalpräventive Überlegungen erfordern vorliegend ebenfalls nicht den sofortigen Vollzug der Gesamtstrafe.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte