Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hugo R***** der Verbrechen (zu 1.) des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB, (zu 2.) des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB sowie der Vergehen (zu 3.) der sittlichen Gefährdung von Personen unter sechzehn Jahren nach § 208 Abs 1 StGB und (zu 4.) des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er, soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz,
1.) zu nicht näher bekannten Zeitpunkten vom Sommer 2006 bis zum 20. Oktober 2006 mit der am 14. Jänner 2000 geborenen Michelle P***** und der am 15. Mai 1998 geborenen Jasmin P*****, sohin mit unmündigen Personen, dem Beischlaf gleichzusetzende Handlungen unternommen, indem er einen Finger in ihre Scheide einführte und hin und her bewegte.
Rechtliche Beurteilung
Lediglich gegen den Schuldspruch nach § 206 Abs 1 StGB richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl.
Die Verfahrensrüge (Z 4) bemängelt die Abweisung des Antrags auf „Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachbereich der Kinderpsychologie" zum Beweis dafür, dass die Darstellungen der beiden minderjährigen Tatopfer gegenüber der Sicherheitsbehörde, wonach der Angeklagte sie „lediglich" an der Scheide gestreichelt habe (S 31, 35), „den Tatsachen entsprechen" und „im eklatanten Widerspruch" zu den Angaben dieser Zeuginnen bei ihren kontradiktorischen Vernehmungen (ON 20, 21) stehen (S 243). Die Erkenntnis, dass die Angaben der Zeuginnen vor der Untersuchungsrichterin (in denen über ein Streicheln im Scheidenbereich hinaus erstmals auch von Penetrationen mit dem Finger die Rede war) von denen bei der Polizei abweichen - wovon auch das diesen Umstand erörternde Schöffengericht ausgegangen ist (US 7) -, bedarf keiner besonderen Fachkenntnisse und ist daher einem Sachverständigenbeweis nicht zugänglich (vgl Hinterhofer, WK-StPO § 118 Rz 3).
Ob die Aussagen der Mädchen bei den kontradiktorischen Vernehmungen aber den Tatsachen entsprachen, hatte das Schöffengericht im Rahmen der ihm zukommenden freien Beweiswürdigung zu lösen. Zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Zeugen bedarf es dabei nur ausnahmsweise der Hilfestellung durch einen Sachverständigen, etwa bei Entwicklungsstörungen oder geistigen Defekten unmündiger oder jugendlicher Zeugen (RIS-Justiz RS0120634; Hinterhofer, WK-StPO § 118 Rz 4; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 350). Hier wurde ein solcher Ausnahmefall im Antrag nicht dargetan, wobei es auch nach der Aktenlage an Anhaltspunkten für eine habituelle und demzufolge die Aussagen im Strafverfahren erschütternde Falschbezichtigungstendenz fehlt (vgl RIS-Justiz RS0120109), zumal die Zeuginnen bei ihren polizeilichen Vernehmungen - inhaltlich der Protokolle - zu allfälligen Penetrationen mit dem Finger nicht befragt worden sind und solche weder verneint noch ausgeschlossen haben. Erst aufgrund ausdrücklichen Nachfragens durch die Untersuchungsrichterin haben sie sich schließlich auch zum Thema Penetration geäußert. Schließlich sind Zeugen nicht verpflichtet, sich zum Zweck einer Gutachtenserstattung einer Untersuchung zu unterziehen oder sonst an der Befundaufnahme mitzuwirken, weshalb der darauf gerichtete Beweisantrag auch darzulegen gehabt hätte, warum anzunehmen sei, dass sich die Zeuginnen zur Befundaufnahme bereit finden (und ihre gesetzlichen Vertreter das Einverständnis hiezu erklären) werden (13 Os 15/07s, RIS-Justiz RS0118956).
Grund für eine Maßnahme nach § 290 Abs 1 StPO betreffend den Schuldspruch wegen des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB bestand - entgegen der Äußerung des Verteidigers gemäß § 35 Abs 2 StPO - nicht, findet dieser doch in den für die Beurteilung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes allein maßgeblichen Feststellungen der Tatrichter (US 5) Deckung, während (in der Äußerung lediglich relevierte) Fragen der Beweiswürdigung einer amtswegigen Wahrnehmung - sieht man vom Fall (hier jedoch nicht gegebener) erheblicher Bedenken iSd § 362 StPO ab - entzogen sind.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als offenbar unbegründet bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO), woraus die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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