Spruch:
Die Wiedereinsetzung wird verweigert.
Die Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung werden zurückgewiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Alfred K*** wurde mit dem oben bezeichneten Urteil wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs. 1 StGB verurteilt.
Unmittelbar nach Urteilsverkündung und Erteilung der Rechtsmittelbelehrung durch den Vorsitzenden des Schöffensenates erklärte der Angeklagte, sich drei Tage Bedenkzeit vorzubehalten (S 172).
Erst am 19.Jänner 1988 - einem Dienstag - meldete der Angeklagte in einem im Gefangenenhaus aufgenommenen Protokoll die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung gegen das Urteil vom 15. Jänner 1988 an.
Nach der am 12.Februar 1988 erfolgten Zustellung einer Urteilsausfertigung an den Verteidiger (S 186) wurde eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung am 22.Februar 1988 zur Post gegeben (S 195).
Die "am 19.1.1988 zu Protokoll gegebene (Anmeldung der) Nichtigkeitsbeschwerde" - nicht auch deren Ausführung - wurde vom Vorsitzenden des Schöffengerichtes mit Beschluß vom 2.März 1988 gemäß § 285 a Z 1 StPO (als verspätet) zurückgewiesen (S 205). Eine Ausfertigung dieses Beschlusses wurde dem Verteidiger am 15. März 1988 zugestellt. Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluß wurde nicht erhoben, wohl aber am 27.März 1988 ein Antrag zur Post gegeben, mit dem die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wider die Versäumung der Frist zur Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung begehrt wurde (S 207); vorgebracht wurde, der Angeklagte hätte durch einen Beamten der Gefangenenhausverwaltung vor der verspäteten Anmeldung der Rechtsmittel die Rechtsbelehrung erteilt erhalten, ein Sonntag - hier der 17.Jänner 1988 - werde nicht in die dreitägige Anmeldungsfrist einbezogen, weil an diesem Tag keine Amtszeit bestehe.
Der hiezu vernommene Wiedereinsetzungswerber behauptete, er sei aber der Meinung gewesen, der Sonntag werde in die Anmeldungsfrist nicht eingerechnet, Mithäftlinge seien der gleichen Meinung gewesen, "vorsichtshalber" habe er am Sonntag (dem 17.Jänner 1988) auch noch "irgendeinen Justizwachebeamten" befragt, der ihn in dieser Meinung bestärkt habe, er könnte aber auch bei einer allfälligen Gegenüberstellung mit allen an diesem Tag Dienst versehenden Beamten diesen nicht identifizieren (S 213).
Die begehrte Wiedereinsetzung war zu verweigern.
Daß die durch den Vorsitzenden des Schöffengerichtes erteilte Rechtsmittelbelehrung unrichtig gewesen wäre, wird nicht einmal behauptet. Die unzutreffende, von der erteilten Rechtsmittelbelehrung abweichende Ansicht des Angeklagten über den Lauf der Rechtsmittelfrist fällt in den Bereich seines Verschuldens, das nicht dadurch aufgehoben wird, daß er in seiner fehlerhaften Meinung durch Mithäftlinge bestärkt worden sein könnte. Die Behauptung, auch noch durch einen Justizwachebeamten darin bestärkt worden zu sein, ist hingegen unglaubwürdig. Das zeigt sich daraus, daß der Angeklagte schon vorweg behauptet, nicht in der Lage zu sein, jenen Beamten bei einer allfälligen Gegenüberstellung bezeichnen zu können; dies läßt es bei dem begrenzten Kreis der in Frage kommenden, an einem Sonntag Dienst versehenden Justizwachebeamten überhaupt fraglich erscheinen, ob ein derartiges Gespräch geführt wurde oder, wenn dies doch der Fall gewesen sein sollte, ob dieses auch tatsächlich den von ihm behaupteten Verlauf hatte; dies ganz abgesehen davon, daß der Angeklagte nicht zu behaupten vermag, daß ihm unter Erteilung einer unrichtigen Belehrung die Gelegenheit zu einer von ihm begehrten rechtzeitigen Rechtsmittelanmeldung verweigert worden sei (SSt. 40/41). Die Verweigerung der Wiedereinsetzung hat die Zurückweisung der - vom Zurückweisungsbeschluß des Vorsitzenden des Schöffengerichtes nicht erfaßten - Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde (als verspätet) zur Folge.
Rechtliche Beurteilung
Zugleich war auch die verspätete Berufung des Angeklagten zurückzuweisen (§ 294 Abs. 4, 296 Abs. 2 StPO). Dem steht § 285 i StPO neue Fassung nicht entgegen, denn durch diese neue Bestimmung sollte nur die schon bisher in den Fällen des § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO geübte Praxis, die meritorische Erledigung einer Berufung dem hiefür an sich zuständigen Gerichtshof zweiter Instanz zu überlassen, auch auf die Fälle des § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO ausgedehnt werden (Justizausschußbericht zum Strafrechtsänderungsgesetz, 359 der Beil. zu den StProt des NR, VXII. GP, S 45). Die bisher vom Obersten Gerichtshof (auch in den Fällen der Z 1) in Anspruch genommene Kompetenz zur formellen Berufungsentscheidung durch Zurückweisung gemäß §§ 294 Abs. 4, 296 Abs. 2 StPO (Mayerhofer/Rieder, StPO2, E 10 a zu § 296 uva) wird hingegen durch die neue Regelung nicht tangiert (12 Os 36/88).
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