European Case Law Identifier: AT:OGH:2014:E108056
Spruch:
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B***** und aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Subsumtion der im Schuldspruch angeführten Taten auch unter § 130 zweiter Fall StGB, demgemäß auch in den Strafaussprüchen sowie im Ferenc F***** betreffenden Verfallserkenntnis aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Wiener Neustadt verwiesen.
Im Übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden zurückgewiesen.
Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.
Ihnen fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Ferenc F***** und Robert B***** jeweils des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 3, 130 zweiter, dritter und vierter Fall und 15 StGB schuldig erkannt.
Danach haben sie zwischen 15. April und 24. Juli 2013 in M***** und andernorts im bewussten und gewollten Zusammenwirken ‑ teilweise mit weiteren Unbekannten ‑ Personenkraftwagen durch Aufbrechen der Fahrzeugtüren bzw Einschlagen von Seitenscheiben sowie durch Ausbau bzw durch Aufbrechen des Zündschlosses und Manipulation zum Umgehen von elektronischen Wegfahrsperren (US 8 f), sohin durch Einbruch mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, in im Urteilsspruch jeweils näher beschriebenen sieben Angriffen Kraftfahrzeuge im Gesamtwert von 94.900 Euro weggenommen (I./) und in weiteren elf Angriffen Kraftfahrzeuge im Gesamtwert von 167.100 Euro wegzunehmen versucht (II./), wobei sie den Diebstahl als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung begingen.
Rechtliche Beurteilung
Gegen dieses Urteil richten sich die getrennt ausgeführten, von Ferenc F***** auf Z 5a, von Robert B***** auf Z 5, 9 lit a, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten.
Die (nur gegen die Schuldsprüche I./ A./ und B./ sowie II./ A./ und B./ gerichtete) Tatsachenrüge (Z 5a) des Angeklagten F***** vermag mit der Behauptung des Fehlens von „eindeutigen“ Beweisen für die Begehung dieser Taten keine gravierenden Bedenken (RIS-Justiz RS0119583) an der Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen zu erwecken. Zudem haben sich die Tatrichter mit der Frage der Anwesenheit des Angeklagten zu den Tatzeitpunkten in Österreich ebenso wie mit den hiezu vorhandenen Beweisergebnissen auseinandergesetzt (US 9 ff, insbesondere US 11 letzter Absatz).
Entgegen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) des Angeklagten B***** sind die kritisierten Feststellungen zur subjektiven Tatseite in Bezug auf die intendierte unrechtmäßige Bereicherung durch Einbruchsdiebstähle (US 9 zweiter Absatz) mit der durch die Tatrichter erfolgten Ableitung aus den äußeren Umständen der Tat, in die sie auch die professionelle Ausrüstung und Vorgehensweise sowie die finanziellen Verhältnisse der Angeklagten einfließen ließen (US 14 letzter Absatz und US 15 oben), ausdrücklich (RIS‑Justiz RS0128679) und mängelfrei (RIS-Justiz RS0098671) begründet.
Soweit die Subsumtionsrüge (Z 10, nominell auch Z 9 lit a) hinreichende Feststellungen zur subjektiven Tatseite hinsichtlich der Wertqualifikation nach § 128 Abs 2 StGB vermisst, übergeht sie die sich eindeutig auf F***** und B***** beziehenden Feststellungen der Tatrichter, wonach „sie wussten […], dass die von ihnen ausgewählten Fahrzeuge jeweils einen Wert von über 3.000 Euro und folglich insgesamt von weit mehr als 50.000 Euro hatten“ (US 9 zweiter Absatz).
Zutreffend zeigt hingegen die weitere Kritik an der rechtlichen Annahme der Tatbegehung als Mitglied einer kriminellen Vereinigung und damit der Qualifikation nach § 130 zweiter Fall StGB einen Rechtsfehler mangels Feststellungen zu den Vereinigungsmerkmalen auf (Z 10).
Mit dem Hinweis der Tatrichter auf das Bestehen „einer kriminellen Vereinigung, die auf KFZ‑Einbruchsdiebstähle spezialisiert ist“ und der angenommenen Tatbeteiligung unbekannter Mittäter (US 8 oben, US 10 erster Absatz und US 13 erster Absatz) werden nämlich weder Konstatierungen zu einem Zusammenschluss der Tätergruppe im Sinn einer (zwar nicht ausdrücklichen, zumindest aber konkludenten) Willenseinigung, sich zur Erreichung des verpönten Zwecks zusammenzuschließen (Plöchl in WK2 StGB § 278 Rz 5), noch zum zeitlichen Element, wonach diese Vereinigung nicht bloß faktisch, sondern aufgrund korrespondierender Willensäußerungen auf längere Dauer angelegt sein muss (RIS-Justiz RS0125232; Plöchl in WK2 StGB § 278 Rz 8 ff), getroffen.
Dieser auch den Schuldspruch des Angeklagten F***** betreffende und insoweit von Amts wegen wahrzunehmende (§ 290 Abs 1 StPO) Rechtsfehler mangels Feststellungen zwingt hinsichtlich beider Angeklagter zur Aufhebung sowohl der Subsumtion der im Schuldspruch angeführten Taten unter § 130 zweiter Fall StGB als auch der Strafaussprüche, womit sich ein Eingehen auf das weitere Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B***** (Z 11 zweiter Fall) erübrigt.
Das den Angeklagten F***** betreffende Verfallserkenntnis (US 6 und US 21 vorletzter Absatz) ist ebenfalls mit Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO; RIS-Justiz RS0114233) behaftet, weil dem Urteil mangels Feststellungen zur Wegnahme von Bargeld oder der Lukrierung eines entsprechenden Lohnes für die Tatbegehung (§ 20 Abs 1 StGB) auch mit dem unsubstantiierten Verweis auf die bei ihm „durch die Diebstähle eingetretene Bereicherung“ keine hinreichenden Entscheidungsgrundlagen zu dieser vermögensrechtlichen Anordnung zu entnehmen sind. Sollten mit der Maßnahme allenfalls ein Ersatzwert (§ 20 Abs 2 StGB) oder ein Verfallswertersatz angesprochen sein, wären im zweiten Rechtsgang entsprechende Feststellungen zu treffen.
Im aufgezeigten Umfang war das angefochtene Urteil daher aufzuheben und es war die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.
Mit ihren Berufungen sind die Angeklagten auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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