OGH 15Os57/22d

OGH15Os57/22d27.7.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juli 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Marko, BA, BA, als Schriftführerin in der Strafsache gegen * H* wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirchals Geschworenengericht vom 28. März 2022, GZ 26 Hv 6/22w‑85, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0150OS00057.22D.0727.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde * H* des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 11. April 2021 in H* * R* zu töten versucht, indem er ihr mit einem Küchenmesser mit einer Klingenlänge von 12 Zentimetern in den zentralen Rückenbereich stach, wobei die Klinge mehrere Bekleidungsschichten und die Haut des Opfers durchstieß und etwa vier Zentimeter tief in den Körper eindrang.

Rechtliche Beurteilung

[3] Gegen dieses Urteil richtet sich die auf Z 8 und Z 10a des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, welche sich als nicht berechtigt erweist.

[4] Ein Nichtigkeit begründender Mangel der schriftlichen Rechtsbelehrung gemäß § 345 Abs 1 Z 8 StPO liegt nur dann vor, wenn sie eine erhebliche sachliche Unrichtigkeit enthält oder hinsichtlich wesentlicher rechtlicher Begriffe unvollständig oder so undeutlich und widerspruchsvoll ist, dass die Geschworenen bei der Lösung wesentlicher Rechtsbegriffe irre geleitet werden konnten (RIS‑Justiz RS0100949).

[5] Die Instruktionsrüge (Z 8) führt aus, „in Bezug auf den Vorsatz bzw bedingten Vorsatz“ wäre die Rechtsbelehrung unvollständig geblieben, sie hätte „präziser und genauer erfolgen müssen“, es genüge nicht, dass lediglich der Gesetzestext angeführt werde. Damit nimmt die Beschwerde nicht Maß an der den Geschworenen erteilten Rechtsbelehrung (ON 84 S 36 bis 38, S 45) und legt nicht dar, weshalb diese mangelhaft sein sollte. Der Rechtsmittelwerber argumentiert, deren Unvollständigkeit ergebe sich daraus, dass „sich die Geschworenen von äußeren Umständen (Mitführen des Messers, gezielter wuchtiger Stich) leiten ließen und die Belehrung im Zusammenhang mit Vorsatz bzw bedingtem Vorsatz nicht richtig verstanden“ hätten, aus diesen Umständen allein ergäbe sich nämlich nicht, ob der Angeklagte mit Tötungsvorsatz handelte. Damit wird jedoch ein Vorbringen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung erstattet, ohne den angesprochenen Nichtigkeitsgrund aufzuzeigen.

[6] Urteilsnichtigkeit nach § 345 Abs 1 Z 10a StPO ist gegeben, wenn die Geschworenen das ihnen nach § 258 Abs 2 zweiter Satz StPO gesetzlich zustehende Beweiswürdigungsermessen in geradezu unerträglicher Weise gebraucht haben und damit eine Fehlentscheidung bei der Beweiswürdigung qualifiziert nahe liegt (RIS‑Justiz RS0119583 [T13]). Mit dem Vorbringen, ein mitgeführtes Messer lasse nicht darauf schließen, dass der Täter einen Mord plane, ein einziger Stich lasse nicht den Schluss zu, dass der Angeklagte das Opfer töten wollte, dieser hätte den Tötungsvorsatz in der Hauptverhandlung in Abrede gestellt, außerdem habe er als Rechtshänder mit der linken Hand zugestochen, vermag die Tatsachenrüge keine erheblichen Bedenken gegen die im Wahrspruch festgestellten Tatsachen zu erwecken.

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§§ 344, 285i StPO).

[8] Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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