OGH 15Os55/14y

OGH15Os55/14y8.7.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Juli 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Dr. Michel‑Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Anscheringer als Schriftführer im Verfahren zur Unterbringung des Manuel K***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11. November 2013, GZ 114 Hv 121/13v‑47, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das in seinem Ausspruch über die Begehung der Anlasstat (einschließlich der Zurechnungsunfähigkeit) und deren Subsumtion unberührt bleibt, in der Unterbringungsanordnung aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, welches verfehlt auch Aussprüche über die Anordnung von Bewährungshilfe (§ 50 StGB) und die Erteilung einer Weisung (§ 51 StGB) enthält (US 3, vgl RIS‑Justiz RS0120887), wurde Manuel K***** gemäß § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, weil er am 22. Juli 2013 in Wien unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich einer schizoaffektiven Störung, beruhte, einen Beamten durch Versetzen eines Fußtritts, sohin mit Gewalt, an einer Amtshandlung, nämlich seiner Festnahme zu hindern versucht, und dadurch eine Tat begangen hat, die ihm, wäre er zur Tatzeit zurechnungsfähig gewesen, als das Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB zuzurechnen gewesen wäre. Die Unterbringung wurde unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen die entgegen § 45 Abs 1 letzter Satz StGB erfolgte Bestimmung der Probezeit mit drei anstelle mit fünf Jahren wendet sich die Staatsanwaltschaft mit auf § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO gestützter Nichtigkeitsbeschwerde.

Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof von dem Urteil anhaftender, jedoch nicht geltend gemachter Nichtigkeit nach Z 11 zweiter Fall des § 281 Abs 1 StPO (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):

Die Anordnung der Unterbringung eines Betroffenen in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB setzt (unter anderem) eine ausreichende Feststellungsgrundlage für das Vorliegen einer Prognosetat voraus. Diese ist im Urteil zumindest ihrer Art nach näher zu umschreiben, um solcherart die rechtliche Beurteilung der zu erwartenden mit Strafe bedrohten Handlung(en) mit schweren Folgen zu ermöglichen (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 721; ders in WK2 StGB § 21 Rz 27). Diesem Erfordernis wird das Urteil mangels Feststellungen zu schweren Verletzungsfolgen oder qualifizierter Bedrohung des Beamten (vgl 14 Os 143/11b; RIS‑Justiz RS0116500; Ratz in WK² StGB § 21 Rz 28) weder durch die Annahme „äquivalenter Straftaten“ (US 5 unten; US 10 letzter Absatz) noch durch die weiters erfolgte bloße Anführung der verba legalia, wonach Taten bzw Handlungen „mit schweren Folgen“ zu befürchten seien (US 5 letzter Absatz, US 11 zweiter Absatz), gerecht (RIS‑Justiz RS0113980 [T8, T10], RS0118581 [T9, T10]).

In Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur war daher aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) das angefochtene Urteil, das in seinem Ausspruch über die Begehung der Anlasstat (einschließlich der Zurechnungsunfähigkeit) und deren Subsumtion unberührt zu bleiben hatte, in der Unterbringungsanordnung aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien zu verweisen (§ 285e StPO).

Die vom Urteil im kassierten Umfang rechtslogisch abhängigen Verfügungen gelten damit gleichermaßen als beseitigt (RIS‑Justiz RS0100444).

Mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde war die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

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