European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0150OS00048.24H.0904.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Sexualdelikte
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * S* der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (1./), des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (2./) sowie der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (3./) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er in L* * H*
1./ am Körper verletzt, und zwar
a) zwischen Herbst 2021 und September 2022, indem er ihr mit der Hand auf den Hinterkopf schlug, in Form von mehrere Stunden anhaltenden Schmerzen an der Nase;
b) Anfang des Jahres 2022, indem er ihr heftig mit dem Handrücken ins Gesicht schlug, in Form von längere Zeit anhaltenden Schmerzen an der Nase;
c) am 29. September 2022, nach der zu 2./ angeführten Tat, indem er sie an den Haaren packte, zu Boden warf, mit der Faust auf sie einschlug und mit den Füßen auf sie eintrat, in Form von Schwellungen am Kopf und zwei Tage andauernden Kopfschmerzen;
2./ am 29. September 2022 mit Gewalt zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er sie an den Oberarmen festhielt, zu Boden drückte, sich mit seinem gesamten Gewicht auf sie legte, sie mit einer Hand festhielt, mit der anderen Hand entkleidete, auf den Bauch drehte und gegen ihren Willen (US 5) den Analverkehr an ihr vollzog;
3./ von Sommer 2022 bis 29. September 2022 mit einer Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er mehrfach äußerte, von ihm angefertigte intime Videos von ihr zu veröffentlichen und an ihre Familie zu senden.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 lit a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
[4] Soweit die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) die Urteilskonstatierungen in Ansehung der subjektiven Tatseite zu Schuldspruch 3./ als offenbar unzureichend begründet kritisiert, versäumt sie es – wie zur gesetzmäßigen Ausführung des Nichtigkeitsgrundes geboten (RIS‑Justiz RS0119370 [T1]) – an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe Maß zu nehmen. Mit Blick auf die Urteilserwägungen (US 12 f) ist nämlich der vom Schöffengericht gezogene Schluss aus der Reaktion des in Furcht und Unruhe versetzten Opfers und der Tatbegehung des Angeklagten, der die Äußerungen im vollen Bewusstsein ihres Bedeutungsgehalts mehrfach wiederholte, unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden.
[5] Inwiefern den dazu getroffenen Feststellungen (US 4) der Sachverhaltsbezug fehlen sollte (siehe dazu RIS‑Justiz RS0119090) erklärt die Beschwerde nicht. Solcherart verfehlt sie auch unter dem Aspekt einer Rechtsrüge (dSn: Z 9 lit a) die Ausrichtung am Prozessrecht (RIS-Justiz RS0116569).
[6] Entgegen der weiteren Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) leiteten die Tatrichter die Urteilskonstatierungen zur subjektiven Tatseite zu den Schuldsprüchen 1./a) und 1./b) methodisch unbedenklich und rechtsstaatlich vertretbar (RIS‑Justiz RS0116882) aus dem objektiven Tatgeschehen ab (US 11).
[7] Die Tatsachenrüge (Z 5a) soll nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern (RIS‑Justiz RS0118780).
[8] Indem der Beschwerdeführer die Angaben des Opfers auf Basis eigenständiger Bewertung der Beweisergebnisse in Zweifel zieht, darauf verweist, dass es mit Ausnahme dessen Angaben „keinerlei objektivierte Beweise“ gäbe (vgl aber RIS-Justiz RS0128874), sowie, dass die Angaben der Zeugin * D* nicht auf unmittelbaren Wahrnehmungen beruhen würden, kein Video verfügbar sei und das Opfer sich in Widersprüche verstrickt habe, vermag er keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundeliegenden entscheidenden Tatsachen zu erwecken.
[9] Ferner übt die Beschwerde unter Hinweis auf die Aussagegenese des Opfers in Ansehung dessen Glaubwürdigkeit bloß unzulässige Beweiswürdigungskritik nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung.
[10] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) leitet nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz ab (RIS‑Justiz RS0116569), weshalb die – von der Beschwerde übergangenen – Konstatierungen zu mehreren Stunden, längerer Zeit und zwei Tage dauernden, somit anhaltenden Schmerzen zu den Schuldsprüchen 1./a) bis 1./c) die rechtliche Annahme einer zeitlich über die unmittelbare Einwirkung auf den Körper jeweils hinausreichenden Gesundheitsschädigung nicht tragen sollten (RIS‑Justiz RS0092475, RS0092612).
[11] Im Übrigen kommt dem Umstand, ob eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung (zur Gleichwertigkeit der Begehungsweisen vgl Burgstaller/Schütz in WK2 StGB § 83 Rz 13) tatsächlich eingetreten ist, mit Blick auf den festgestellten Verletzungsvorsatz (US 4 und 6) keine Schuld- oder Subsumtionsrelevanz zu (vgl RIS‑Justiz RS0122137).
[12] Der – unbegründet gebliebene – Vorwurf des substanzlosen Gebrauchs der verba legalia zu Schuldspruch 3./ betreffend die Konstatierungen zur Ernstlichkeit, zum Bedeutungsgehalt der Äußerungen sowie zur Absicht des Beschwerdeführers, das Opfer in Furcht und Unruhe zu versetzen, erklärt nicht, warum es den dazu getroffenen Feststellungen (US 4 und 12 f) am gebotenen Sachverhaltsbezug fehlen sollte.
[13] Indem die Sanktionsrüge (Z 11 dritter Fall) vom Erstgericht ins Kalkül gezogene Umstände – in Form der Tatwiederholung – in Bezug auf die gemäß § 43a Abs 4 StGB anzustellende Prognose bloß anders bewertet und davon ausgehend die Annahme des Erstgerichts zum Vorliegen einer ungünstigen Prognose als rechtsfehlerhaft qualifiziert, da dieses bloß spezial-, nicht aber generalpräventive Überlegungen angestellt habe, zeigt sie keinen in unvertretbarer Weise erfolgten Verstoß gegen die Bestimmungen der Strafbemessung auf, sondern macht lediglich einen Berufungsgrund geltend (RIS‑Justiz RS0099865, RS0091489).
[14] Der in diesem Zusammenhang mangelnden Sachverhaltsbezug und fehlende Begründung monierenden Beschwerde ist entgegenzuhalten, dass § 281 Abs 1 Z 11 dritter Fall StPO auf keine Sachverhaltsschilderung der Entscheidung abstellt (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 665, 677, 691).
[15] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
[16] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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